Intel Core i9-7900X im Test: Stromverbrauch, Temperatur und erste Benchmarks
tl;dr: Skylake-X ist ein richtig heißes Eisen: Die sehr hohe Leistung wird mit hoher Leistungsaufnahme und hoher Temperatur bezahlt. Dieser erste Test des Intel Core i9-7900X geht auf die wesentlichen Eckdaten der High-End-Desktop-CPU ein, der vollständige Test von Skylake-X folgt, sobald CPUs mit weniger Kernen vorliegen.
Ein sehr holpriger Start
Die Core-X-Prozessoren auf Basis von Skylake-X und Kaby Lake-X von Intel sind so schlecht in den Markt gestartet wie seit Jahren nicht mehr. Der Schnellschuss mit einem Start Mitte Juni sorgte nicht nur für fehlende vorab bereitgestellte Muster und das komplette Übergehen der Presse in Europa, auch stehen die Mainboardhersteller vielerorts mit dem Rücken zur Wand: Es gab zum Fall des NDA vor einer Woche zwar lauffähige Mainboards, es waren aber wenige und wesentliche Updates inklusive neuem Microcode erschienen erst Tage darauf. Und heute ist offizieller Marktstart weltweit.
Der (deutsche) Handel blickt nach der Ryzen-7-Markteinführung an diesem Montag das zweite Mal in die Röhre: Gab es bei Ryzen 7 allerdings neben Problemen von Anfang an CPUs, sieht es bei Core X zur Stunde in beiden Punkten düster aus.
Wir haben vom Core i7-7800X CPUs auf Lager, aber das war es. Trotz intensiver Bemühungen des Einkaufs ist die Liefersituation durch Intel momentan mehr als schlecht.
Der Core i9-7900X mit zehn Kernen im ersten Test
ComputerBase hat Wochen nach der US-Presse in der Zwischenzeit den Core i9-7900X mit zehn Kernen (Skylake-X) sowie den Core i7-7740X mit vier Kernen (Kaby Lake-X) von Intel zur Verfügung gestellt bekommen und wirft zum Marktstart einen Blick auf das vorläufige Topmodell, bevor im August der 12-Kern-Prozessor folgen soll. Wie agiert die vorerst schnellste CPU im Hochsommer in Deutschland bei 30 Grad im heimischen PC?
Ein vollständiger Test zu Intel Core X folgt, sobald auch Prozessoren mit sechs und acht Kernen aus dem Handel oder der Industrie bezogen werden konnten – von Intel gibt es diese Modelle als Muster nicht.
Testsystem und Testauswahl
Für die erste Begutachtung bezieht sich der Test nur auf das Duell im eigenen Haus: Der direkte Vorgänger Core i7-6950X (Broadwell-E) mit zehn Kernen und 20 Threads tritt gegen den Core i9-7900X (Skylake-X) mit ebenfalls zehn Kernen und 20 Threads an. Der 6950X sitzt auf einem Asus X99-Deluxe II mit BIOS 1701 vom 31. März dieses Jahres, während der Core i9-7900X auf einem Asus Strix X299-E Gaming mit BIOS 0501 vom Mittwoch vergangener Woche (21. Juni 2017) läuft.
Komponente | Intel Core i7-6950X (Broadwell-E) | Intel Core i9-7900X (Skylake-X) |
---|---|---|
Prozessor | Intel Core i7-6950X, 10C/20T, 3,0 bis 4,0 GHz |
Intel Core i9-7900X, 10C/20T, 3,3 bis 4,5 GHz |
Mainboard (BIOS) | Asus X99-Deluxe II (1701) | Asus Strix X299-E Gaming (0501) |
Arbeitsspeicher | 4 × 8 GByte DDR4-2400 (15-15-15-35-1T) |
4 × 8 GByte DDR4-2666 (15-15-15-35-1T) |
Grafikkarte | Asus Strix GeForce GTX 1080 Ti (GeForce 382.53) | |
Betriebssystem | Windows 10 64 Bit (alle Updates, Stand 21. Juni 2017) |
Neues BIOS mit Sicherheit beim CPU-Wechsel
Insbesondere das BIOS für das neue Mainboard ist ein entscheidender Punkt, denn dieses setzt auf einen neuen Microcode, der für die ersten Tests der Plattform am 19. Juni noch nicht verfügbar war. Wie Asus auf Nachfrage betonte, fallen die Änderungen dabei sehr umfangreich aus (und brauchten dementsprechend Zeit), auch wurden in die Management-Engine-Firmware nun zusätzliche Erkennungsroutinen implementiert, die beim Wechsel der CPU von Skylake-X auf Kaby Lake-X und umgekehrt ein plötzliches Sterben des Prozessors durch falsch anliegende Spannungen verhindern sollen – dieses war unter anderem in US-Tests beobachtet worden.
Beide Systeme bekommen dieselben 32 GByte Arbeitsspeicher in Form von vier 8-GByte-Riegeln, die Asus Strix GTX 1080 Ti mit dem GeForce-Treiber 382.53 übernimmt den Job der Bildausgabe.
Im Test gekühlt vom Noctua NH-U12S
Beim CPU-Kühler wurde mit Absicht kein absolutes und vollkommen neues High-End-Modell gewählt, sondern eine Variante aus der oberen Mittelklasse, der Noctua NH-U12S in der letzten Version mit zwei 120-mm-Lüftern. Dieser wurde bisher spielend mit jeder CPU fertig – doch Skylake-X bereitet neue Herausforderungen.
Leistungsaufnahme und Temperaturen
Die Leistungsaufnahme bestimmt ComputerBase immer für den kompletten PC mit eingeschaltetem Energieprofil (Ausbalanciert). Dies sorgt für die korrekte Funktion des Turbo-Modus unter Last und der Energiesparmodi im Leerlauf.
Prime95 in drei Varianten
Prime95 (Download) ist ein mathematisches Programm, das als Tool zur Bestimmung der Stabilität eines Systems bereits viele Jahre auf dem Buckel hat – und in vielen älteren und neueren Varianten vorliegt. Die aktuelleren Versionen unterstützen dabei die Befehlssatzerweiterung AVX und sorgen im Zuge der gestiegenen Rechenleistung für eine sehr hohe Leistungsaufnahme und Temperatur, ältere Varianten hingegen hängen wie viele aktuelle Softwareangebote noch zurück und lassen die Unterstützung dafür missen; Stromverbrauch und Temperatur fallen deshalb aber nicht unbedingt niedriger aus. Für den kleinen Ausblick kommen im Test heute die aktuelle Version Prime95 29.1 sowie der Vorgänger 28.1 als auch das ältere 26.6 (ohne AVX) zum Einsatz.
Dabei gibt es allerdings zu beachten: Der Turbo-Modus der CPUs von Intel sorgt für nach unten angepasste Taktraten unter AVX, für Privatanwender gibt es das seit Kaby Lake, im professionellen Bereich seit Haswell-E. In den zwei neueren Versionen von Prime kommt AVX zum Einsatz, bei der älteren Variante von Prime ist das nicht der Fall: Dort taktet der Prozessor deshalb in einem viel höheren Turbo-Modus und sorgt zusammen mit mehr Spannung bei Skylake-X fast für das Erreichen der maximal möglichen Temperatur. Mit der älteren Software ohne AVX nimmt der Prozessor am Ende sogar mehr Leistung auf, obwohl die Anwendung langsamer berechnet wird.
Intel Core i7-6950X (Broadwell-E) | Intel Core i9-7900X (Skylake-X | |
---|---|---|
Prime95 29.1 | 187 Watt bei 67 Grad (Package, 61 Grad Kern) 3,1 GHz bei 1,01 Volt |
269 Watt bei 89 Grad (Package, 83 Grad Kern) 3,6 GHz bei 1,00 Volt |
Prime95 28.1 | 190 Watt bei 68 Grad (Package, 62 Grad Kern) 3,1 GHz bei 1,01 Volt |
269 Watt bei 90 Grad (Package, 85 Grad Kern) 3,6 GHz bei 1,00 Volt |
Prime95 26.6 | 177 Watt bei 63 Grad (Package, 58 Grad Kern) 3,4 GHz bei 1,07 Volt |
281 Watt bei 98 Grad (Package, 94 Grad Kern) 4,0 GHz bei 1,08 Volt |
Generell beachtlich ist, wie viel mehr elektrische Leistung der neue Skylake-X-Prozessor aufnimmt: Unabhängig der Nutzung von AVX sind es 80 bis 100 Watt mehr. Die Temperaturen liegen 20 bis 35 Grad Celsius höher. Das ist auch im Vergleich zum Broadwell-E interessant: Der Verbrauch mit Prime95 26.6 ist zwar auch hier relativ hoch, fällt aber niedriger als bei der Nutzung von AVX aus. Fazit: Der höhere Takt von Skylake-X wird stark über die Leistungsaufnahme erkauft.
Anwendungen und Spiele
Bei der Leistungsaufnahme gilt neben Prime95 auch der Blick in echt Anwendungen und Spiele. In vielen Programmen unter Windows zeigt sich dabei ein ähnliches Bild, die zusätzliche Leistung wird auch hier mit einem erhöhten Stromverbrauch erzielt – aber nicht immer und überall. Einzel-Kern-Anwendungen sind davon zum Beispiel ausgenommen, 93 Watt für 197 Punkte im Single-CPU-Test von Cinebench R15 beim Core i9-7900X stehen 95 Watt für 169 Punkte beim Core i7-6950X gegenüber.
Im Spiel Ashes of the Singularity unter Verwendung von DirectX 12, in dem die Grafikkarte primär gefordert ist, dreht sich das Bild erstmals. Das gesamte System benötigt dann mit dem Core i7-6950X in Zusammenarbeit mit der Strix GTX 1080 Ti bis zu 475 Watt, während der Core i7-7900X mit gleicher Grafiklösung maximal auf 460 Watt kommt. Auf der anderen Seite liefert das „alte“ System aber auch noch einen Funken mehr an Leistung, nämlich 85,7 statt 82,6 Bilder pro Sekunde.
Erste Benchmarks mit Core X
Etwas mehr Takt, Skylake statt Broadwell und DDR4-2666 statt DDR4-2400 trennen die zwei Zehn-Kern-Zwanzig-Thread-Prozessoren. Was der Fortschritt bewirkt, darauf geben die folgenden Anwendungen und ein Spiel einen Ausblick. Hinzu kommen einige theoretische Tests, die sich mehr auf die Neuigkeiten der Architektur beziehen und dementsprechend mehr Unterschiede zeigen (können).
Bis zu 234 Prozent Leistung in der Theorie
AVX-512 ist eine der großen Neuerungen von Skylake-X, doch Software dafür ist quasi noch nicht präsent. So müssen theoretische Tests herhalten, die aktuelle Version von SiSoft Sandra unterstützt AVX-512 beispielsweise bereits. Und was Intel auf dem Papier bewirbt, zeigt sich dort auch: Während der Core i7-6950X im Multimedia-Benchmark mit knapp 160 Watt Leistungsaufnahme (für das gesamte System) auf knapp 609 MPix/s kommt, bietet Skylake-X in Form des Core i9-7900X beachtliche 1.427 MPix/s. Die Leistungsaufnahme in diesem Test liegt für das gesamte Skylake-X-System bei maximal 237 Watt, die CPU fährt also nicht ganz an das Limit, das Prime95 als Worst-Case-Szenario definiert hat. Und 48 Prozent mehr Stromverbrauch resultieren hier in 134 Prozent mehr Leistung.
Doch die weiteren Tests zeigen, dass das nicht immer und überall der Fall ist. Abseits von AVX skalieren Anwendungen sehr gut mit dem zusätzlichen Takt, zusätzliche Mehrleistung in Höhe weniger Prozentpunkte sind der neuen Architektur geschuldet. Doch dabei wird auch immer mehr Leistung aufgenommen – ein zweischneidiges Schwert.
L2-Durchsatz rauf, Latenzen aber auch
Vor- und Nachteile zeigen sich auch in den Cache- und Speichertests sowie GPGPU-Benchmarks von Aida64. Beim GPGPU-Test wird bei den kleinen Integer-IOPS (24 und 32 Bit) der Ausgangswert des Core i7-6950X mehr als verdoppelt, bei anderen schwanken die Zugewinne um 15 bis 30 Prozent. Beim Cache zeigen sich die Anpassungen der Architektur mit dem Wechsel von Ringbus auf Mesh: Die L2-Durchsatzraten gehen auf Kosten der Latenzen teilweise deutlich nach oben, der L3-Cache wird im Gesamtpaket langsamer und sein Durchsatz sinkt ebenfalls.
Bis zu 22 Prozent mehr in der Praxis
In Praxis-Anwendungen vermischt sich das Bild. Gut skalierende Software profitiert natürlich vom Mehr an Takt, Cinebench ist ein Paradebeispiel: Der neue Turbo-Boost 3.0 sorgt mit einem bereitgestellten Takt von 4,5 GHz für ein oder maximal zwei Kerne Last auch beim eigentlich mit 3,3 GHz ausgeschriebenen Zehn-Kern-Prozessor mit 197 Punkten für einen neuen Bestwert im Single-CPU-Testlauf. Dass der Multi-Thread-Rekord im Desktop auch fällt, ist hingegen erwartet worden. Für die 2.196 Punkte werden vom Core i9-7900X aber auch 242 Watt vom gesamtem System verbraucht, beim Core i7-6950X sind es 170 Watt für 1.810 Punkte – 21 Prozent mehr Leistung kosten deutlich mehr in der Leistungsaufnahme. Doch den Faktor Zeit einberechnet, sowohl für die Umwandlung als dann auch die längere Zeit wieder im Leerlauf als der Vergleichsprozessor, ist der Neuling nur minimal schlechter aufgestellt.
Blender und HandBrake zeigen ein ganz ähnliches Bild: Mit gestiegener Leistung erhöht sich auch die Leistungsaufnahme, aber nicht wirklich linear. Unterm Strich muss für das Mehr an Tempo deutlich mehr elektrische Leistung aufgewandt werden – das gleiche Bild wie zuvor.
Wenngleich die erhöhte Leistungsaufnahme Sorgenfalten auf die Stirn zeichnet, funktionieren die CPUs innerhalb der gesetzten Parameter und unter voller Garantie. Dies im Hinterkopf, spielt die hohe Leistungsaufnahme zudem in bestimmten Szenarien weniger ein Rolle als in anderen. Wenn bei einem Videoprojekt beispielsweise knapp 15 Minuten pro Stunde gewonnen und dafür „nur“ 50 Watt mehr an Leistung verbraucht werden, geht die Bilanz in der Hinsicht auf, dass die Personalkosten auf mehrere Tage, Wochen und Monate hochgerechnet deutlich darüber liegen.
Im Spiel kehrt sich das Bild mitunter sogar um. Im integrierten GPU-Test von AotS liegt das Broadwell-System bei Full-HD-Auflösung mit DirectX-12-Unterstützung drei Bilder pro Sekunde in Front, was einem Vorsprung von knapp fünf Prozent entspricht. Dafür benötigt es in diesem Fall wiederum aber auch drei Prozent mehr elektrische Leistung – unterm Strich tun sich beide Plattformen letztlich kaum etwas. Für Spiele sind Prozessoren mit zehn Kernen (und mehr) einfach nicht das Maß der Dinge beziehungsweise vornehmlich gedacht. Dort dürften die Sechs- und Acht-Kerner mit höheren Taktraten besser dastehen. Zu bekommen sind sie in Deutschland heute noch nicht.
Erste Einschätzung
Abwarten und nicht kaufen lautet aktuell noch die Devise, wobei die Verfügbarkeit im Handel zum heutigen Marktstart auch kaum einen anderen Schluss zulässt. Zehn Kerne und die Brechstange beim Takt ermöglichen Intel mit dem Core i9-7900X zwar die bisher höchste Leistung im Desktop zu einem gegenüber dem Vorgänger deutlich reduzierten Preis, knapp 1.000 Euro gilt es für den Prozessor aber auch weiterhin zu zahlen und die Plattform braucht noch Pflege: Mainboards mit X299 gibt es aktuell nur ausgewählte zu kaufen und neue BIOS-Updates erscheinen regelmäßig.
Mit über 30 Grad vor dem Fenster und eventuell 27 oder 28 Grad in den heimischen vier Wänden wird zudem die Kühlung gefordert wie nie zuvor bei einer Intel-CPU: Die mit 140 Watt unverändert übernommene TDP sagt dabei einmal mehr nichts über die maximale Leistungsaufnahme aus, denn diese kann beim neuen Zehn-Kern-Prozessor im Worst-Case-Verhalten 220 Watt zwischen Leerlauf und maximaler Last betragen – beim Vorgänger waren es nur 120 Watt. Mit diesen Werten ist der Intel Core i9-7900X in ausgewählten Anwendungen der AMD FX-9590 des Jahres 2017, wenngleich auch mit der wesentlichen Abweichung, dass die höchste Leistungsaufnahme in diesem Fall zumindest auch mit der höchsten Leistung einher geht.
Keine CPUs im Handel = kein Test
Der Acht- und der Sechs-Kern-Prozessor aus der Familie können das am Ende nur besser machen, aufgrund des deutlich niedrigeren Preises von 599 respektive 389 Euro sind sie ohnehin attraktiver im Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Test dieser Modelle ist geplant, der Handel wartet flächendeckend allerdings noch auf CPUs, viele Händler erwarten Ware bis Anfang Juli. Alles ist anderes bei diesem Mal.
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