Steam-Bewertungen: „Review Bombing“ als Organ für Spieler
Spieler nutzen die Renzensionsmöglichkeit auf Steam mitterweile gezielt, um ihren Unmut über Geschäftspraktiken von Unternehmen zum Ausdruck zu bringen, was Take Two und Paradox Interactive jüngst zu einem Kurswechsel bewegt hat. Auswirkungen auf die Verkaufszahlen hat die Flut negativer Wertungen noch nicht gehabt.
Dass verärgerte Spieler ihre Empörung nicht mehr nur in Foren ausdrücken, musste auch Square Enix erfahren. Das Action-Rollenspiel Nier: Automata wurde etwa ohne chinesische Lokalisierung veröffentlicht, was zusammen mit einer Preiserhöhung um 100 Prozent für diesen Markt eine Flut negativer Rezensionen provoziert hat, die auf Rise of the Tomb Raider übergriff.
Dabei sind es insbesondere chinesische Spieler, die zu diesem mitunter nachhaltigen Mittel greifen, berichtet PC Gamer: Die Wertungen des Football Manager 2017 haben sich seit dem „Review Bombing“ im Oktober 2016, das eine Reaktion auf eine in Aussicht gestellte, aber nicht umgesetzte Lokalisierung war, noch immer nicht erholt. In einer ähnlichen Situation fanden sich auch die Entwickler von Darkest Dungeon wieder; allzu gelassen fallen Reaktionen auf nicht gehaltene Ankündigungen nicht mehr aus.
Kurzfristig keine Auswirkungen auf Verkäufe
Kurzfristige finanzielle Auswirkungen haben diese Proteste für Publisher bislang aber noch nicht gehabt, schreibt Sergey Galyonkin von SteamSpy. Von Payday 2 seien im Monat nach dem Aufschrei über die Einführung von Mikrotransaktionen im Jahr 2015 mehr Exemplare verkauft worden als im Monat zuvor, wenngleich mit „einem ziemlich großen Rabatt“.
Auch das Sandbox-Spiel Ark: Survival Evolved habe im Monat nach dem Ärger um die Erweiterung trotz eines nur geringen Rabatts mehr Exemplare verkauft als im Monat vor dem Ereignis. Eine solche Reaktion bedeute allerdings, dass das „Vertrauen der Spieler in das Spiel“ schrumpfe. Die Auswirkungen sind demnach potentiell langfristiger Natur.
Bewertung variiert
Einschätzungen zum Phänomen gehen auseinander. Indie-Entwickler Lars Doucet befand in einer Stellungnahme gegenüber PC Gamer, große Publisher würden lediglich bekommen, was sie aufgrund kundenfeindlicher Praktiken verdienen. Für kleine Studios könne ein solcher Mob aber „gemein“ werden, wenngleich im Gegensatz zu Mobs auf Twitter lediglich Käufer des Spiels kommentieren dürften. Die Webseite selbst urteilt, das System lasse sich zwar „missbrauchen, funktioniert aber in einigen Fällen wie beabsichtigt: Spieler kommentieren ein Spiel und geben potentiellen Kunden wertvolle Informationen“.
Im ComputerBase-Forum ist eine solche Perspektive umstritten. Einerseits wird den Spielern zugestanden, berechtigte Kritik an Publishern zu üben, andererseits vorgeworfen, das Rezensionssystem zu missbrauchen, das eigentlich der Bewertung des reinen Spiels dienen solle. Andere Nutzer sehen hingegen den Wert dieser Strategie als Kontrollinstanz und Plattform, um überhaupt eine wirkungsvolle Stimme zu haben, die nicht einfach übergangen wird.