SFX-L-Netzteile im Test: be quiet! und FSP mit Alternativen zur Referenz

Nico Schleippmann
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SFX-L-Netzteile im Test: be quiet! und FSP mit Alternativen zur Referenz

tl;dr: be quiet! und FSP bieten mit neuen SFX-(L)-Netzteilen viel Leistung auf kleinem Raum und wollen der Referenz von Corsair Paroli bieten. Im Test stellt aber nur ein Produkt eine empfehlenswerte Alternative zum Corsair SF450 dar. Und eine Lautstärke unter Last auf Silent-Niveau bleibt in diesem Format weiterhin ein Problem.

Oberklasse-SFX-(L)-Netzteile in Kinderschuhen

Die Hürden zur Entwicklung eines erfolgreichen Oberklasse-Netzteils im SFX-Format sind wesentlich schwieriger zu überwinden als die eines ATX-Netzteils. Im ATX-Format gibt es dutzende technische Designs, auf die Hersteller aufbauen können – im SFX-Markt ist deren Anzahl hingegen überschaubar. Die Entwicklung eines Oberklasse-SFX-Netzteils, das einem ATX-Äquivalent im Hinblick auf Performance, Sicherheit, Lautstärke und Zuverlässigkeit in nichts nachstehen soll, stellt jeden Ingenieur damit vor eine heikle Aufgabe. Erst recht, weil die erwartete Absatzmenge wenig Skaleneffekte bei den Kosten verspricht.

Referenz von Corsair unter Druck

FSP zeigt mit dem Dagger 600W trotzdem eine von Grund auf neu entwickelte Plattform, während be quiet! mit dem SFX L Power 500W eine Anpassung eines bekannten Designs vorgenommen hat. Die Ausstattungsmerkmale weisen große Überschneidungen mit dem Corsair SF450 (Test) auf, das bisher diese Klasse dominiert hat.

Die Details zu der Testmethodik, der eingesetzten Teststation, den elektrischen Messungen und den Schalldruckpegelmessungen sind auch in diesem Fall im Artikel „So testet ComputerBase Netzteile“ separat nachzulesen. Eine ständig aktualisierte Übersicht empfehlenswerter Netzteile bietet die Netzteil-Rangliste mit Bestenliste.

Technische Eckdaten im Vergleich

Das be quiet! SFX L Power 500W wird bei Sirfa gefertigt und teilt daher wenig verwunderlich die technischen Details bereits existierender SFX-L-Netzteile. Mit einem Wirkungsgrad nach 80Plus Gold, einer Tiefe von 130 mm und einem 120-mm-Lüfter sind äußerlich keine Unterschiede auszumachen. Demnach reiht sich das Netzteil in das inoffizielle SFX-L-Format ein, das gegenüber dem SFX-Formfaktor tiefer ist. Das FSP Dagger 600W steht irgendwo dazwischen. Mit 110 mm ist es nämlich tiefer als die erlaubten 100 mm der SFX-Spezifikation, aber kürzer als die für SFX-L typischen 130 mm.

Hersteller be quiet! FSP Corsair
Modell SFX L Power 500W Dagger 600W SF450
80Plus 80Plus Gold
Lüfter 120 mm 80 mm 92 mm
Einbautiefe 130 mm 110 mm 100 mm
AC Eingang Spannung 100 ‑ 240 V
DC Ausgang +3,3 V 20 A 15 A
+5,0 V 20 A 15 A 20 A
+12 V 41,7 A 50 A 37,5 A
-12,0 V 0,3 A
+5 VSB 3 A 2,5 A
+3,3 V & +5 V ges. 105 W 90 W 100 W
+12 V ges. 500 W 600 W 450 W
Gesamtleistung 500 W 600 W 450 W

Die Netzteile sind für die Lastverteilung moderner Systeme ideal geeignet, weil die komplette Nennleistung auf der 12-Volt-Schiene abgegeben werden kann. Auf eine Aufteilung dieser Schiene (Multi-Rail) für eine bessere Absicherung gegen Überströme wurde verzichtet. Ansonsten sind die Schutzschaltungen aber vollständig vorhanden.

Dokumentierte Schutzschaltungen
SFX L Power 500W Dagger 600W SF 450
Unterspannungsschutz (UVP) ja
Überspannungsschutz (OVP) ja
Kurzschlusssicherung (SCP) ja
Überlastschutz (OPP) ja
Überstromschutz (OCP) ja
Überhitzungsschutz (OTP) ja

3 und 5 Jahre Garantie

be quiet! setzt für das SFX L Power auf eine konservative dreijährige Garantiedauer. FSP bietet zwei Jahre mehr. Für beide Seiten positiv zu erwähnen ist die eigene Abwicklung von Garantiefällen über eine Servicezentrale in Deutschland. Gegenüber einer Rücksendung über den Händler kann so von einer deutlich schnelleren Bearbeitung profitiert werden.

Lieferumfang und Äußeres

Äußerlich präsentieren sich die Netzteile weniger spektakulär. Das Lüftergitter des SFX L Power 500W erinnert an das der System-Power-Serie. Das Dagger 600W besitzt sogar nur Öffnungen mit Wabenstruktur, die aus dem Blech der Oberseite ausgestanzt wurden. Der funktionale Aspekt einer hohen Stabilität und eines niedrigen Strömungswiderstands wurde beim Entwurf des Gehäuses aber erfüllt.

Im Lieferumfang beider Netzteile enthalten sind mit Schrauben, einem Kaltgerätekabel und einem Handbuch typische Beigaben. Die Handbücher enthalten Informationen zur Installation, Fehlerbehebung und Garantie, zudem gibt es eine technische Dokumentation. Darüber hinaus ist eine Adapterblende enthalten, mit der die Netzteile in einem ATX-Schacht montiert werden können. Hier gilt es aber zu beachten, dass die Kabellängen nur für kompakte Systeme geeignet sind.

Kabelausstattung

Bei der Steckerausstattung kann nur be quiet! punkten. Der Vorteil eines vollmodularen Kabelmanagements liegt nämlich darin, nur die benötigten Kabelstränge anzuschließen, weshalb ein stark begrenzter Lieferumfang nicht nur die Vorteile des Kabelmanagements einschränkt, sondern auch die Ausbaufähigkeit des Systems eingrenzt. FSP hat hierbei Nachholbedarf, weil das 600 Watt starke Netzteil nur zwei PCIe- und relativ wenige Peripheriestecker besitzt, wohingegen das SFX L Power 500W bereits vier Anschlüsse für die Grafikkarte besitzt. Welche Anforderungen FSP an die beworbene Bereitschaft für VR gestellt hat, wird hieraus nicht deutlich, obwohl gerade VR-Spiele besonders viel GPU-Rechenleistung benötigen.

Einschränkungen der Systemabmessungen aufgrund kürzerer Kabel

Mit 49 cm wurde für die 24-Pin-ATX-Leitung des Dagger 600W eine großzügige Dimensionierung vorgenommen, sodass außer für Mini-ITX- auch für große Systeme vorgesorgt ist. Der CPU-Leitung wiederum hat FSP wie be quiet! 40 cm zugesprochen. Individualität gewährt be quiet! durch die unterschiedliche Dimensionierung der PCIe- und SATA-Kabelstränge, von denen es jeweils zwei gibt.

Kabelausstattung (Länge in cm) SFX L Power 500W Dagger 600W Corsair SF450
abnehmbar
24-Pin ATX 1 (30) 1 (49) 1 (30)
4+4-Pin EPS 1 (40)
6+2-Pin PCIe 2 (50 + 16), 2 (40 + 15) 2 (35) 2 (40)
SATA 6 (30 ‑ 82) 5 (35 ‑ 57) 4 (10 – 44)
Molex 3 (30 ‑ 70) 2 (56 ‑ 67) 4 (10 – 44)
Floppy 1 (66)

Was die Kabelummantelungen angeht, sind sich beide Hersteller einig. Flachbandkabel wurden hierbei als sinnvoll erachtet, weil die Kabelstränge ohnehin nur über eine sehr kurze Distanz gebündelt werden könnten.