Samsung Galaxy Note 8 im Test: Gelungenes Comeback für gut betuchte Stylus‑Fans
2/4Dual-Kamera mit Doppel-OIS
Wer sich mit dem Fingerabdrucksensor auf der Rückseite beschäftigt, kommt unweigerlich mit der neuen Dual-Kamera des Galaxy Note 8 in Kontakt. Es ist das erste Smartphone von Samsung, das mit einem Dual-Kamera-System ausgerüstet ist. Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen bei einer Dual-Kamera, drei Systeme sind bisher am stärksten etabliert.
Da gibt es zum einen Smartphones wie das LG G6 (Test) oder V30, die eine normale Hauptkamera bieten und zusätzlich mit einem extremen Weitwinkel ausgestattet sind. Eine andere Herangehensweise ist die von Huawei, etwa beim P10 (Test) oder Mate 9 (Test). Hier kommen Sensoren mit und ohne Bayer-Matrix zum Einsatz, die hinsichtlich Brennweite und Blende aber gleiche Eigenschaften aufweisen. Dieser Aufbau hat eine höhere Schärfe mit mehr Details zum Ziel.
Zu guter Letzt gibt es noch den von Apple eingeführten Aufbau aus zwei gleichen Sensoren, aber mit unterschiedlichen Optiken. Das iPhone 7 Plus nutzt Brennweiten von 28 und 56 Millimeter, kommt also mit Weitwinkel- und Teleobjektiv. Letzteres ermöglicht einen zweifachen Zoom ohne Qualitätsverlust sowie einen zehnfachen digitalen Zoom mit dem niedrigeren Qualitätsverlust eines fünffachen digitalen Zooms.
Genau diese Herangehensweise hat Samsung für das Galaxy Note 8 gewählt. Wie beim iPhone 7 Plus ist der Zweifachzoom aber nur eines der neuen Features. Das andere ist ein Porträtmodus mit Tiefenunschärfe (Bokeh), wobei Samsung dem Nutzer mehr Optionen als Apple bietet. Zunächst aber weitere Details zur verbauten Technik.
2 × 12 Megapixel
Die Hauptkamera des Galaxy Note 8 entspricht der des Galaxy S8. Es kommt ein 12-Megapixel-Sensor von Samsung zum Einsatz, der mit der sogenannten Dual-Pixel-Technologie ausgerüstet ist. Das bedeutet, dass jedes Pixel für den Autofokus per Phasenvergleich (PDAF) genutzt werden kann. Wie bei früheren Samsung-Smartphones seit dem Galaxy S7 führt das zu einem enorm schnellen Autofokus, der im Alltag blitzschnell auf Veränderungen reagiert. Der Sensor hat eine Größe von 1/2,55 Zoll und somit 1,4 µm große Pixel. Vor dem Sensor sitzt eine Optik mit 26 Millimetern Brennweite und f/1.7-Blende. Die Hauptkamera besitzt zudem einen optischen Bildstabilisator (OIS).
Der zweite Sensor arbeitet ebenfalls mit 12 Megapixel, stammt auch von Samsung, ist davon abgesehen aber nicht baugleich. Zum einen fehlt die Dual-Pixel-Technologie, zum anderen ist der Sensor mit 1/3,6 Zoll deutlich kleiner, was zu kleineren Pixeln (1,0 µm) und einer potenziell schlechteren Bildqualität führt. Darüber hinaus lässt die Blende mit f/2.4 weniger Licht auf den Sensor. Dank 56 Millimetern Brennweite ist ein zweifacher Zoom ohne sichtbaren Qualitätsverlust möglich. Das Galaxy Note 8 ist außerdem das erste Smartphone, das auch für das Teleobjektiv einen optischen Bildstabilisator bietet.
Gute Bildqualität
Die mit dem Note 8 erzielte Bildqualität kann sich durchaus sehen lassen. Seit dem Galaxy S7 liefert Samsung mit seinen Smartphone-Kameras eine überwiegend sehr gute Fotoqualität, wie der Artikel „Smartphone-Kameras im Test: Galaxy S7, iPhone 7, Pixel XL und Hasselblad im Vergleich“ verdeutlich hat. Mit dem Galaxy S8 und dem Galaxy Note 8 hat sich kaum etwas an der Hardware der Kamera respektive jetzt Hauptkamera verändert. Neu ist seit dem S8 lediglich, wie der Sensor aufgenommene Bilder verarbeitet. Samsung erklärt, dass bei Bedingungen wie wenig Licht das abgespeicherte Foto aus bis zu drei Aufnahmen generiert wird. Das Smartphone soll feststellen können, welche Bildbereiche von welcher Aufnahme die besten sind und diese zu einem finalen Foto zusammenfügen.
Im Vergleich mit einem iPhone 7 Plus schießt das Note 8 Bilder, die merklich lebendiger wirken, kräftigere Farben aufweisen und auch eine Spur schärfer sind. Apple verbucht auf der Habenseite hingegen den meistens etwas besseren Dynamikumfang, der auch in dunklen Bildbereichen noch manches Detail zum Vorschein bringt. Dafür wirken die Bilder auf demselben Monitor betrachtet aber häufig flau und leicht gräulich. Auf dem Display des iPhone 7 Plus, das auf den an DCI-P3 angelehnten Farbraum Display-P3 abgestimmt ist, kommt der Effekt hingegen nicht respektive deutlich weniger zum Tragen. Aufgrund der besseren Blende (f/2.4 vs. f/2.8) arbeitet das Note 8 bei Nutzung des Tele bei schlechtem Licht mit niedrigerem ISO-Wert, was der Qualität zugutekommt.
Zudem nutzt Samsung eine weniger starke JPEG-Kompression als Apple. Bei gleicher Auflösung ist ein Bild bei Samsung im Schnitt 3,7 MB groß, bei Apple nur 2,9 MB.
Das Galaxy Note 8 ist Samsungs erstes Smartphone mit Teleobjektiv. Außerdem kommt auf der zweiten Linse ein OIS zum Einsatz, was sich im Alltag deutlich bemerkbar macht und Samsung klar von Apple absetzt. Während der Sucher des iPhone 7 Plus auf den höheren Zoomstufen zur Zitterpartie wird, verhält sich das Note 8 angenehm ruhig. Im gewissen Maße empfindlich ist der Sucher allerdings auch hier, denn vor der Aufnahme eines Fotos sollte stets das Nachschwingen des OIS abgewartet werden.
Wie bei Apple wechselt das Note 8 für den zweifachen Zoom auf die sekundäre Kamera und nutzt diese dann für den digitalen Zoom bis zur zehnfachen Vergrößerung, sodass die Bildqualität weniger darunter leidet als bei einem zehnfach digitalen Zoom auf der Hauptkamera. Das von Samsung genutzt Kamera-UI ist allerdings leicht verwirrend aufgebaut und lässt sich beim Zoomen schlecht bedienen. Apple zeigt im Sucher den Istzustand der gewählten Zoomstufe an, bei Samsung ist der Zoomknopf hingegen mit dem Zustand beschriftet, der beim Drücken erfolgt. Dazu kommt, dass bei Apple der digitale Zoom durch Halten der Schaltfläche und Wischen auf dem Display sofort erreichbar ist. Bei Samsung gibt es eine solche Funktion nicht. Erst das Pinch-to-Zoom bringt einen Regler zum Vorschein, der dann ähnlich wie bei Apple funktioniert.
Interessante Erkenntnisse bringt die Verwendung der Sekundärkamera bei schlechten Lichtverhältnissen und beim Abdecken der zweiten Linse zum Vorschein. Denn Samsung verzichtet zugunsten einer besseren Bildqualität bei wenig Licht auf den Einsatz der zweiten Kamera zum Zoomen und verwendet stattdessen die Hauptkamera mit digitalem Zoom. Das liegt an der mit f/1.7 zu f/2.4 deutlich besseren Blende der Hauptkamera. So geht allerdings auch Apple beim iPhone 7 Plus (Test) mit den Blenden f/1.8 und f/2.8 vor. Wird beim Note 8 die zweite Kamera abgedeckt, wechselt das Smartphone beim Zoomen direkt auf die Hauptkamera und deren Digitalzoom.
Neuer Live-Focus-Modus
Zoomen ist nicht die einzige neue Funktion, die Samsung mit der zweiten Kamera realisiert. Live Focus nennt sich Samsungs Variante des Porträtmodus. Für eine Live-Focus-Aufnahme muss sich das fotografierte Objekt in circa 1,2 Metern Entfernung zur Smartphone-Kamera befinden. Daraufhin wird im Hintergrund eine Tiefenunschärfe (Bokeh) erzeugt. Bei Apple gibt es die Vorgabe zum Abstand nicht, sinnvoll ist mehr Abstand aber auch hier.
Anders als bei Apple lässt sich bei Samsung Einfluss auf die Intensität der Tiefenunschärfe nehmen. Samsung bietet dafür einen Schieberegler im unteren Bereich des Suchers an. Das muss Samsung aber eigentlich gar nicht, denn bei jeder Live-Focus-Aufnahme lässt sich auch im Nachhinein noch bestimmen, wie intensiv das Bokeh ausfallen soll. Bei Apple ist hingegen jedes einmal geschossene Porträtfoto fix auf dem Smartphone gesichert. Darüber hinaus besteht beim Galaxy Note 8 die Option, immer die Aufnahmen beider Kameras zu speichern. Das belegt natürlich mehr Speicherplatz, lässt dem Anwender aber mehr Freiheiten bei der späteren Auswahl.
Sobald der Live Focus zur Verfügung steht, wird dies mit gelber Schrift im Sucher angezeigt. Andersrum wird aber auch angezeigt, wenn gerade keine Live-Focus-Aufnahme geschossen werden kann. Qualitativ bewegt sich das Feature auf mittlerem Niveau. Wie kurz nach dem Release des iPhone 7 Plus fühlt sich das Feature noch ein wenig nach Beta an. Das bedeutet aber nicht, dass alle Bilder in diesem Modus mit Makeln zu kämpfen haben. Der Live Focus funktioniert immer dann besonders gut, wenn das Objekt im Vordergrund weit entfernt vom Hintergrund steht, der dadurch selbst bei einer normalen Aufnahme ohnehin schon etwas unscharf erscheint. Das zeigen zum Beispiel die zur Vorstellung in Berlin mit dem Note 8 geschossenen Fotos.
Komplizierter wird es in Räumen mit relativ kleinen Abmessungen. Dort wirkt die ab Werk eingestellte Tiefenunschärfe meist etwas künstlich und zu intensiv. Das lässt sich über den Schieberegler allerdings ein wenig reduzieren. Auch die Abgrenzung von Vordergrund zu Hintergrund gelingt dem Note 8 in solchen Situationen nicht mehr so gut. Vor allem feine Details wie Haare oder die Antenne des Android-Männchens können nicht mehr klar vom Hintergrund unterschieden werden – das ist auch vom iPhone 7 Plus bekannt. Auffällig ist zudem, dass Live-Focus-Bilder sehr groß sind, Dateigrößen von 10 bis 14 MB sind keine Seltenheit.
Der S Pen ist zurück
Das zweite Unterscheidungsmerkmal, das das Galaxy Note 8 vom Galaxy S8 trennt, ist der Stylus S Pen. Für diejenigen, die im letzten Jahr eines der wenigen Galaxy Note 7 ausgeliefert bekommen hatten, gibt es allerdings nur wenig Neues zu berichten. Während der Präsentation des Smartphones betonte Samsung immer wieder, welche Neuerungen der Stift jetzt zu bieten hat. Dabei wurde als Vergleich aber stets das Galaxy Note 5 herangezogen, als ob das der Vorgänger des Galaxy Note 8 gewesen ist. Tatsächlich sind hinsichtlich Stylus und Software die meisten Funktionen aber einfach vom Galaxy Note 7 übernommen worden. Kleinere Veränderungen gibt es aber doch.
Neu ist die Funktion Live Message. Dabei handelt es sich um animierte Nachrichten, die mit dem S Pen geschrieben werden. Das Galaxy Note 8 speichert diese nach dem Schreiben als animierte GIF-Datei und ermöglicht den Versand über verschiedene Messenger. Eine Live Message kann entweder über das Air-Command-Menü des S Pen oder direkt im Messenger über Samsungs Tastatur geschrieben werden. Darüber hinaus lassen sich Live Messages auf Fotos schreiben und anschließend verschicken.
Das Galaxy Note 8 beherrscht wie schon das Galaxy Note 7 und Galaxy Note 5 sogenannte Screen-off-Memos. Beim zuletzt für europäische Kunden verfügbaren Galaxy Note 4 war diese Funktion noch nicht integriert. Der S Pen wird bei ausgeschaltetem Display aus dem Gerät gezogen und kann sofort für Notizen verwendet werden. Hier hat Samsung das Limit für die Anzahl der Seiten auf 100 hochgesetzt.
Wieder mit an Bord sind die GIF-Funktion für Videos, die es zum Beispiel erlaubt, aus einem YouTube-Video einen Clip von bis zu 15 Sekunden Länge auszuschneiden und direkt als animiertes GIF auf dem Gerät zu speichern, sowie die Übersetzungsfunktion per Google Translate. Wörter lassen sich hierbei mit dem S Pen markieren und anschließend per Google Translate in die gewünschte Sprache übersetzen.
Und natürlich ist auch wieder S Note auf dem Galaxy Note 8 installiert. Mit dem Galaxy Note 7 hatte Samsung all seine Stylus-Funktionen übersichtlicher in eine Anwendung gepackt, sodass hier jetzt Notizen gespeichert, Zeichnungen angefertigt oder Screenshots (mit eigenen Modifikationen) abgelegt werden können.
Der Stylus selbst erkennt 4.096 Druckstufen und die im Vergleich zum Galaxy Note 4 nur noch 0,7 Millimeter dünne Spitze zeichnet breiter, umso flacher der Stift zum Display angewinkelt wird. Die Taste ist etwas weiter nach oben gewandert, sodass sie nun seltener aus Versehen ausgelöst wird. Wie das Galaxy Note 8 selbst ist auch der neue S Pen mit einer IP68-Zertifizierung versehen, die den Einsatz im Nassen erlaubt. Auch bei vollständig benässtem Display funktioniert der Stylus noch zuverlässig.