iPhone 8 Plus im Test: Neue Kamera und A11 Bionic schocken die Konkurrenz
2/4Dual-Kamera mit neuen Sensoren
Wer sich rein an Kennzahlen wie der Auflösung des Sensors orientiert, könnte behaupten, im iPhone 8 stecke die gleiche Kamera wie im iPhone 7. Tatsächlich handelt es sich aber um einen vollständig neuen Sensor, der zwar noch die gleiche Auflösung von 12 Megapixel bietet, dessen Pixel jetzt jedoch deutlich größer sind. Laut Apple trifft 83 Prozent mehr Licht auf die Pixel, die zudem mit einem neuen Farbfilter versehen sind, der Farbsättigung und Farbpalette verbessern und das Rauschen reduzieren soll. Zudem soll der neue Sensor energieeffizienter als der des iPhone 7 arbeiten.
Im neuen System on a Chip des iPhone 8 und iPhone X, dem A11 Bionic, stecken ein neuer ISP (Image-Signal-Processor) und ein von Apple entwickelter Video-Encoder. Der neue ISP bringt einen neuen Pixel-Prozessor mit, der laut Apple für eine höhere Schärfe und bessere Texturen sorgt. Außerdem findet ab dem iPhone 8 erstmals eine Rauschunterdrückung in Hardware statt. Der neue Bildprozessor soll zudem vor allem bei schlechten Lichtbedingungen einen schnelleren Autofokus ermöglichen.
Deutliche Verbesserungen in allen Bereichen
In Summe führen die Maßnahmen dazu, dass die Kamera des iPhone 8 Plus einen deutlich sichtbaren Sprung nach vorne macht. Zunächst einmal fällt auf, dass der oftmals auf den Bildern des iPhone 7 Plus sichtbare Grauschleier endlich der Vergangenheit angehört. Farben werden deutlich lebendiger abgebildet, ohne unnatürlich zu wirken. Der Dynamikumfang, seit jeher eine Stärke von Apple, konnte noch weiter verbessert werden. Das liegt in erster Linie daran, dass das iPhone 8 (Plus) immer im HDR-Modus fotografiert. Eine HDR-Option gibt es somit in der Kamera-App nicht mehr. Erst in den Tiefen der iOS-Einstellungen kann das bekannte HDR-Menü reaktiviert werden, um zwischen An, Aus und Automatik zu wählen. Bei Dämmerung oder Nachtaufnahmen fällt zudem auf, dass Apple das Rauschen deutlich reduzieren konnte. Alle genannten Vorzüge sind zudem von der Bildmitte bis in die Randbereiche der Aufnahmen sichtbar – vorbildlich!
Die zweite Bildergalerie zeigt eine Auswahl von Motiven aus der vollständigen ersten Galerie, diesmal allerdings im direkten Vergleich von iPhone 8 Plus, iPhone 7 Plus, Galaxy Note 8 und Pixel XL. Die Download-Größe pro zusammengesetztem Bild liegt bei etwa 35 MByte. Die Verbesserungen an der Kamera des iPhone 8 sind hier zum Beispiel an den Bäumen im Hintergrund sowie den Dachziegeln (Bild 1), dem fehlenden Grauschleier bei der Gorilla-Statue (Bild 2), dem Dynamikumfang des Zoo-Eingangs und der Alten Nationalgalerie (Bild 3 und 9) oder den Farben des Flipperautomats (Bild 6) erkennbar. Apples neuer langsamer LED-Synchronblitz überstrahlt zudem weniger, sodass das Motiv harmonischer ausgeleuchtet und schärfer abgebildet wird (Bild 10).
4K-Video mit 60 FPS
Apples eigener Video-Encoder erlaubt es dem iPhone 8, erstmals Ultra-HD-Aufnahmen mit 60 Bildern pro Sekunde anzufertigen. Bisher waren im UHD-Modus maximal 30 FPS möglich, 60 FPS hingegen nur in 1080p. Während der Aufnahme findet eine aufwendige Bildanalyse in Echtzeit statt, die das Bild in zwei Millionen Rechtecke aufteilt, den aufgenommenen Inhalt analysiert und entsprechend die Encodierung anpasst.
Beachtet werden sollte, dass es in 4K mit 60 FPS Einschränkungen beim Zoom gibt. Während in allen anderen Modi von 1 x bis 6 x über beide Objektive gezoomt werden kann, muss das Objektiv im höchsten Modus vorher gewählt werden, anschließend ist das Zoomen zwischen 1 x und 3 x auf der Primärlinse und 2 x bis 6 x möglich. Während der Aufnahme von 4K-Video mit 60 FPS kann nicht zwischen den Objektiven gewechselt werden. Außerdem belegen die Aufnahmen schnell viel Speicherplatz. Apple gibt 400 MByte pro Minute mit HEVC-Codec an (170 MByte für 4K30). Das zu Windows 10 exportierte Testvideo mit knapp vier Minuten Länge ist hingegen schon 3,3 GByte groß.
240-FPS-Zeitlupe in 1080p
Bei Videoaufnahmen in Zeitlupe kann 1080p jetzt erstmals mit 240 FPS kombiniert werden, zuvor war dies auf 720p beschränkt. In 1080p waren maximal 120 FPS möglich.
Porträtlicht
Speziell für die Dual-Kamera-Smartphones iPhone 8 Plus und iPhone X gibt es mit „Porträtlicht“ eine neue Funktion im Porträtmodus. Bereits zur WWDC 2017 hatte Apple demonstriert, was mit dem Dual-Kamera-System und dem neuen Bildformat HEIF in Zukunft theoretisch möglich sein wird – zum Beispiel die Aufteilung des Bildes in mehrere Ebenen oder die Erstellung einer dreidimensionalen Karte der Aufnahme. Diese Möglichkeiten setzt Apple auf dem iPhone 8 Plus mit iOS 11 erstmals in die Tat um.
Porträtlicht stellt verschiedene Beleuchtungsszenarien in Echtzeit nach, indem das Bild während der Aufnahme analysiert und angepasst wird. Wechseln lässt sich zwischen natürlichem Licht, Studiolicht, Konturenlicht, Bühnenlicht und Bühnenlicht Mono.
Exklusive iPhone-X-Features
Weitere Verbesserungen an der Kamera sind ausschließlich dem iPhone X vorbehalten. Dafür hat Apple die Blende des Teleobjektivs von f/2.8 auf f/2.4 verbessert, sodass mehr Licht auf den Sensor trifft. Außerdem ist das iPhone X das einzige Apple-Smartphone mit dualer optischer Bildstabilisierung. Das iPhone 8 Plus ist nur auf dem Weitwinkel optisch stabilisiert. Darüber hinaus bietet das iPhone X den Porträtmodus und das Porträtlicht auch auf der Frontkamera, was aufgrund der sogenannten TrueDepth-Kamera für Face ID auch ohne zweite Kamera möglich ist. Neu sind hier außerdem die animierten Emojis Animoji, die Gesten des Gesichts auf Figuren übertragen.
A11 Bionic plättet die Konkurrenz
Der A11 Bionic ist Apples zweites System on a Chip aus der 10-nm-Fertigung von TSMC. Es ist zudem der zweite Chip von Apple, in dem sechs CPU-Kerne zum Einsatz kommen. Im A11 Bionic feiert Apples erste selbst entworfene GPU Premiere, nachdem das Abkommen mit Imagination Technologies im April dieses Jahres aufgelöst wurde. Dass schon der A11 Bionic mit Apple-GPU kommt, war im Frühjahr noch nicht absehbar. Apples Umstieg auf die eigene Technologie mit derartigem Tempo ist mindestens ebenso überraschend wie die Ankündigung des ersten 64-Bit-Chips A7 im iPhone 5s vor vier Jahren.
In den neuen Chip integriert Apples erstmals eine Neural-Engine, die primär für Face ID des iPhone X verwendet wird, aber auch im iPhone 8 steckt, weil der A11 Bionic bei allen drei Smartphones baugleich ist. Neben dem mit Nutzung lernenden Face ID verwendet Apple die Engine für die Assistentin Siri und die Spracherkennung. Auf dem System on a Chip belegt die Engine etwas mehr Fläche als ein Kern der neuen GPU.
Apple paart den neuen Chip, der auf 4,3 Milliarden Transistoren kommt, im iPhone 8 mit 2 GByte LPDDR4-RAM und im größeren Plus-Modell mit 3 GByte RAM desselben Typs – das ist bereits vom iPhone 7 bekannt. Der interne Speicher wird von einem eigens entwickelten Apple-Controller angesprochen und ist wahlweise 64 oder 256 GByte groß. Eine im Vorfeld spekulierte 512-GB-Variante gibt es somit nicht, auch nicht beim iPhone X. Bis zum iPhone 7 konnte noch zwischen 32, 128 oder 256 GByte gewählt werden.
Monsoon und Mistral
Die sechs CPU-Kerne des A11 Bionic sind anders aufgeteilt als bei dem Hexa-Core-SoC A10X Fusion des iPad Pro und Apple TV 4K. Zwei auf dem ARMv8-A-Befehlssatz basierende, aber vollständig selbst entwickelte High-Performance-Kerne des Typs Monsoon treffen auf vier ebenfalls selbst entwickelte sparsame Mistral-Kerne. Beim A10X Fusion ist die CPU in drei Hurricane- und drei Zephyr-Kerne aufgeteilt, also jeweils einer des gleichen Typs mehr als in der Ausgangsbasis A10 Fusion des iPhone 7.
Apples Performance-Controller der zweiten Generation, der für die Lastverteilung zwischen den sechs Kernen zuständig ist, kann beim A11 Bionic alle sechs Kerne gleichzeitig aktivieren, beim A10 Fusion war hingegen immer nur eines der Pärchen aktiv. Das ist vergleichbar mit Heterogeneous Multi-Processing (HMP) bei ARMs big.LITTLE-Prinzip. Apple attestiert dem neuen Performance-Controller eine 70 Prozent höhere Leistung als dem Controller des A10. Die Monsoon- sollen 25 Prozent mehr Leistung als die Hurricane-Kerne des A10 Fusion bieten. 70 Prozent mehr Leistung werden für die sparsamen Mistral-Kerne gegenüber den Zephyr-Kernen des letzten Jahres genannt.
Eigene Apple-GPU
Wie genau Apples erste eigene GPU aufgebaut ist, ist nach wie vor unbekannt. Der Hersteller sagt nicht viel zu seinen Eigenentwicklungen und hat lediglich preisgegeben, dass es sich um einen Tri-Core-Aufbau handelt. Aufgrund der gegenüber der PowerVR GT7600 Plus mit sechs Kernen laut Apple 30 Prozent höheren Leistung sind die Kerne nicht mit denen von Imagination Technologies vergleichbar. Die Leistung der PowerVR GT7600 Plus erreicht Apples GPU wiederum mit halbem Energieverbrauch.