Deutsche Telekom: StreamOn verstößt zum Teil gegen Netzneutralität
Nach einem monatelangen Prüfverfahren hat die Bundesnetzagentur entschieden: Die StreamOn-Option der Deutschen Telekom verstößt zumindest in einigen Punkten gegen die EU-Vorschriften zur Netzneutralität. Im Kern sind solche Zero-Rating-Angebote nach Ansicht der Bundesnetzagentur aber zulässig.
Kritik: Reduzierte Streaming-Qualität und Roaming-Ausnahme
Umstritten sind Zero-Rating-Angebote wie StreamOn, weil der Datenverkehr von Partnerdiensten nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet wird. Eine vollständige Absage an solche Tarif-Optionen erteilt die Bundesnetzagentur nun aber nicht, abgelehnt werden vielmehr einige Sonderregelungen.
Ein Verstoß gegen die Netzneutralität ist demnach, dass die Telekom bei den L-Tarifen die Qualität der Videostreams reduziert. Der Datenverkehr der teilnehmenden Video-Dienste wird dabei für „mobil optimiert“, sodass die Übertragung letztlich nur mit DVD-Qualität erfolgt. Die volle HD-Qualität gibt es erst bei „StreamOn Music & Video Max“, das Kunden mit MagentaEins-Tarif hinzubuchen können.
Für die Bundesnetzagentur ist das nicht mit dem „Gebot der Gleichbehandlungen allen Datenverkehrs“ vereinbar, das die Netzneutralität vorsieht. „Dieser Grundsatz sichert, dass über das Internet weiterhin gleichberechtigt innovative Dienste angeboten werden können, insbesondere auch für Startups“, heißt es in der Mitteilung der Behörde.
Ebenso unzulässig ist es, dass StreamOn derzeit noch nicht Teil der Roaming-Freiheit in der EU ist. Denn der Datenverkehr der Partnerdienste wird nur im Inland nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet, im EU-Ausland allerdings schon. Das wäre nicht vereinbar mit dem Roam-Like-at-Home-Prinzip, so die Bundesnetzagentur.
Telekom hat zwei Wochen für Reaktion
Bereits am 6. Oktober wurde die Telekom von der Bundesnetzagentur über die Verstöße informiert. Der Konzern hat nun zwei Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben und die kritisierten Punkte zu beseitigen. Sollte die Frist nicht eingehalten werden, können weitere Maßnahmen angeordnet werden.
Die Deutsche Telekom erklärt in einer ersten Reaktion, man teile nicht die Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur. „Sie wendet hier nur ihre eigene, sehr enge Interpretation des EU-Rechts an“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage von ComputerBase. Erfreulich wäre aber, dass Zero-Rating-Angebote grundsätzlich gestattet werden. Das bestätige die Position der Telekom.
Für den Konzern ist StreamOn ohnehin mit dem freien und offenen Internet vereinbar. Entscheidend sei: „Jeder Anbieter von Musik- oder Videostreaming kann bei uns unproblematisch Partner werden und die Partner müssen uns auch nicht bezahlen.“ Eine Diskriminierung gebe es nicht.
Weniger zufrieden ist derweil der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), der im Vorfeld ein Verbot gefordert hatte. So erklärt vzbv-Vorstand Klaus Müller: „Die Entscheidung der Bundesnetzagentur StreamOn und andere Zero-Rating Angebote nicht grundsätzlich zu verbieten, geht zu Lasten des freien Internets. Dadurch wird nicht nur die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch der Wettbewerb zwischen Dienstanbietern verringert.“
Begrüßt wird zwar, dass die Bundesnetzagentur zumindest die verminderte Videoqualität und den Verstoß gegen die Roaming-Verordnung der EU moniert. Nichtsdestoweniger würden durch Zero-Rating-Angebote „Realitäten am Markt geschafften, die den Weg ins Zwei-Klassen-Internet ebnen und die Tarifpreise hoch halten“, so Müller. Dabei müsste eigentlich das Ziel sein, dass die Mobilfunkkunden schlicht mehr Inklusivvolumen erhalten, um selbst ihre Dienste auswählen zu können.
Entscheidung über Vodafone Pass folgt
StreamOn ist nicht das einzige Zero-Rating-Angebot im Markt, zuletzt hatte Vodafone mit Pass nachgelegt. Dieses Angebot prüft die Bundesnetzagentur ebenfalls, eine Entscheidung steht aber noch aus. So erklärt ein Sprecher auf Anfrage von ComputerBase: „Die Bundesnetzagentur prüft die Tarifoptionen ‚Vodafone Pass‘ auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben zur Netzneutralität und wird nach Abschluss dieser Prüfung entscheiden, ob beziehungsweise inwieweit Anpassungen erforderlich sind.“