Pixel 2 (XL) im Test: Googles beste Smartphones haben ein Display-Problem
2/4Fantastische Kamera
Googles erste eigene Smartphones Pixel und Pixel XL zählten zu denjenigen mit den besten Kameras am Markt. Und das, obwohl den Geräten mit einem optischen Bildstabilisator (OIS) ein oftmals gleichbedeutend mit hochwertiger Kamera wichtiges Bauteil fehlte. Große Pixel, eine sehr gute HDR-Automatik (HDR+) und Googles Algorithmen für die Bildverarbeitung sorgten dennoch für stellenweise fantastische Aufnahmen. Unter dem Hashtag #teampixel formte sich schnell eine Fangemeinde.
Mit der zweiten Pixel-Generation legt Google in vielen Bereichen noch eine Schippe drauf. Jetzt bieten auch die Google-Smartphones einen erstmals 2016 mit dem Samsung Galaxy S7 (Test) vorgestellten Dual-Pixel-Sensor, der jeden Pixel in zwei Segmente aufteilt und so für einen sehr schnellen Autofokus per Phasenvergleich nutzt. Für die Kurzdistanz verwenden die Pixel 2 außerdem einen Laser-Autofokus.
Google hebt das Konzept des Dual-Pixel-Sensors jedoch noch eine Stufe höher, indem auf Pixelebene durch den doppelten Aufbau der Fotodioden eine Art zweite Kamera emuliert wird. Die dank Dual-Pixel-Aufbau entstehende Parallaxe auf Mikrometerebene nutzt Google für seinen neuen Porträtmodus, der so ohne zweites Objektiv auskommt. Selbst mit der 8-MP-Frontkamera (f/2.4, 1080p-Video) des Pixel 2 funktioniert das.
Neu ist zudem der Pixel Visual Core, der erste von Google selbst entwickelte Chip, der als ISP (Image Signal Processor) fungiert. Der PVC arbeitet mit einem Cortex-A53-Kern und acht Kernen für die Image Processing Unit (IPU). Der Chip bietet ein LPDDR4-Speicherinterface und ist per PCIe an den Snapdragon 835 angebunden. Mit Android 8.0 ist der PVC noch nicht aktiv, aber mit Android 8.1, das seit Mittwochabend als erste Developer Preview angeboten wird, wird der Chip aktiviert und soll HDR+ dann fünfmal so schnell wie mit dem ISP des Snapdragon 835 verarbeiten. Google gibt im Vergleich zum SoC außerdem einen um 90 Prozent verringerten Energieverbrauch an.
Der neue Porträtmodus lässt sich über eine Wischbewegung vom linken Bildschirmrand aus einfach aufrufen und durch ein „X“ im Sucher wieder schließen. In diesem Modus besteht darüber hinaus die Option, eine Retusche zu aktivieren, um beispielsweise Hautunreinheiten zu kaschieren. Einfluss auf die Intensität der Unschärfe im Hintergrund (Bokeh) lässt sich nicht nehmen, der Porträtmodus ist entweder aus oder an.
Darüber hinaus hat Google diesmal beiden Modellen einen optischen Bildstabilisator (OIS) spendiert, der in Kombination einem elektronischen Bildstabilisator (EIS) arbeitet. Außerdem hat Google die Optik des Smartphones überarbeitet und diese von f/2.0 auf f/1.8 verbessert. Die Auflösung den Sensor ist mit neuerdings 12,2 statt 12,3 Megapixel annähernd gleich geblieben. Google setzt mit 1,4 µm weiterhin auf relativ große Pixel, die Sensorgröße ist aber geschrumpft, denn vor einem Jahr waren es noch 1,55 µm.
Fotos mit dem Pixel 2
Unabhängig davon, was man vom DxOMark hält, in dem das Pixel 2 aufgrund der Bewertung aus Fotos (99 Punkte) und Videos (96 Punkte) den ersten Platz belegt, das Samsung Galaxy Note 8 und Huawei Mate 10 Pro aber besser nur auf die Fotos bezogen abschneiden (jeweils 100 Punkte), hat Google zur Vorstellung nicht zu viel versprochen, als die Pixel 2 mit außergewöhnlich guten Kameras angekündigt wurden.
Im Test wurde das Pixel 2 stets gemeinsam mit einem iPhone 8 Plus verwendet, das im Test vor allem über die runderneuerte Dual-Kamera punkten konnte. Zunächst einmal gefällt das Pixel 2 mit einer sehr schnell über doppeltes Drücken der Power-Taste einsatzbereiten Kamera. Auch der Hybrid-Autofokus aus Laser und PDAF arbeitet sehr schnell, sodass nur in den seltensten Fällen manuell der Fokus gesetzt werden muss. Dies ist nur im extremen Nahbereich notwendig, den das Pixel 2 nicht so gut beherrscht (Bilder 21 und 63).
Davon abgesehen bietet das Smartphone eine äußerst zuverlässige Automatik, die für alle Aufnahmen des Tests verwendet wurde. In diesem Modus nutzt das Pixel 2 wie das iPhone 8 Plus stets den Auto-HDR-Modus, der für den Anwender unbemerkt im Hintergrund und vor allem verzögerungsfrei arbeitet. Die Belichtungszeit mit dem Pixel 2 fällt im direkten Vergleich immer etwas kürzer aus als mit dem iPhone 8 Plus, der Kontrast stets eine Nummer dramatischer. Google verzichtet in dunklen Bereichen der Fotos auf eine zu starke nachträgliche Aufhellung, was oftmals dennoch gut aussieht, aber nicht immer von Vorteil ist (Bilder 25 und 27). Das iPhone 8 Plus bildet helle Bereiche des Öfteren zu hell ab, sodass Details verloren gehen. Das ist zum Beispiel bei den Schildchen und der Pasta auf den Bildern 20 und 34 zu sehen, die das Pixel 2 besser abbildet.
Von der subjektiv bewerteten Stimmung her schießt das Pixel 2 ganz andere Bilder als das iPhone 8 Plus, was nicht zwangsweise besser oder schlechter ist. Der direkte Vergleich macht das in der zweiten Galerie noch einmal deutlich, die auch Schwächen des Pixel 2 hervorhebt. Gleich im ersten Bild am Abend trumpft das Pixel 2 aber zunächst einmal mit einer Stärke auf: Fotos bei wenig Licht. Farben leuchten trotz der schlechten Bedingungen und Scheinwerfer sowie andere Leuchten scheinen aus dem Bild zu strahlen. Das ist etwa auf den Aufnahmen 101 und 103 gut zu sehen. Die Aufnahmen 96 und 98 verdeutlichen zudem noch einmal, dass bei Google die Belichtung unter Berücksichtigung aller Aspekte etwas besser funktioniert. Die Fotos von Apple sind an manchen Stellen zu hell und lassen dadurch Details missen. Das Foto 102 zeigt allerdings auch, wo das Pixel 2 manchmal Fehler macht. Das Blumengesteck ist beim Pixel 2 ein fast einfarbiger Klumpen, während das iPhone 8 Plus schön die einzelnen Abstufungen zeigt. Die Hotellobby sieht hingegen wieder bei Google besser aus.
Videoaufnahmen in 4K
Im Videomodus bietet das Pixel 2 im besten Modus die Ultra-HD-Auflösung mit 3.840 × 2.160 Bildpunkten – häufig 4K genannt – mit 30 Bildern pro Sekunde. Das iPhone 8 (Plus) bleibt das einzige Smartphone mit Unterstützung von 60 FPS bei dieser Auflösung. Beim Pixel 2 ist der Snapdragon 835 trotz seiner sehr hohen Leistung der limitierende Faktor. Der neu hinzugekommene OIS sorgt für eine gute Stabilisierung, die anders als der EIS des ersten Pixel nicht so stark auffällt. Das Bild ist zwar weiterhin vergleichsweise ruhig, wirkt aber nicht mehr so robotisch fixiert wie noch im letzten Jahr. Der EIS des ersten Pixel funktionierte zwar sehr gut, hinterließ manchmal aber auch einen sehr künstlich wirkenden Effekt. Das Testvideo wurde am frühen Abend aufgenommen, weshalb unter der Brücke etwas stärkeres Rauschen sichtbar wird.
Im zweiten Video wird die Videostabilisierung aus OIS und EIS noch einmal gesondert gezeigt. Das Smartphone wurde hierfür mit einer Hand gehalten beim Gehen verwendet.
Für Nutzer von Google Fotos, die das Cloud-Backup mit Geräte-Synchronisation verwenden, ist allgemein noch zu beachten, dass das unlimitierte Speichern von Bildern und Videos in Original-Auflösung und Qualität nur für knapp über vier Jahre und nicht mehr unbegrenzt gilt. Nach dem 15. Januar 2021 erfolgt die Speicherung auf Googles Servern nur noch für Fotos und in hoher Qualität. Im Detail heißt es bei Google:
Bis zum 15. Januar 2021 unbegrenzt mit Pixel aufgenommene Fotos und Videos in Originalqualität speichern. Danach unbegrenzt mit Pixel aufgenommene Fotos in hoher Qualität speichern. Erfordert ein Google-Konto und eine Internetverbindung.
Google
Das schnellste Android-Smartphone
Neben der vorzüglichen Kamera punktet Google mit einer Software-Experience, die bei Android ihresgleichen sucht. Das liegt nicht einfach nur daran, dass Google die Pixel 2 mit Android 8.0 Oreo (Test) ausliefert und stets das aktuelle Sicherheitspatch anbietet, sondern auch daran, wie schnell sich die Geräte bedienen lassen. Android läuft auf Smartphones direkt von Google schneller als auf jeder anderen Hardware, obwohl sie baugleich zu vielen Flaggschiffen sind. Auch Google setzt auf den Snapdragon 835 von Qualcomm und 4 GByte Arbeitsspeicher, schafft es aber dennoch, schnellere Geräte zu bauen.
Damit sind nicht etwa Ergebnisse in Benchmarks gemeint, sondern wie schnell sich das Smartphone im Alltag anfühlt. Schon das erste Pixel ließ sich vor einem Jahr besser bedienen als viele gleichwertig ausgestattete Geräte. Apps öffnen sich auf dem Pixel 2 schneller, Ladezeiten innerhalb der Apps fallen kürzer aus und Animationen sind flüssiger und fallen nie unter 60 FPS. Vor allem der erste Start einer Anwendung, wenn diese noch nicht im RAM des Smartphones liegt, läuft auf dem Pixel 2 sehr schnell. Ein zum Vergleich herbeigezogenes Galaxy Note 8 von Samsung verliert das direkte Duell bei jedem Versuch. Erst wenn die App beim Galaxy Note 8 im Speicher liegt, was im Video anhand von Google Play zu sehen, ist das Gerät vergleichbar schnell.
Vor allem versierte Anwender profitieren davon im Alltag. Wer häufig zwischen Apps wechselt und viel im Alltag in schneller Reihenfolge mit dem Smartphone erledigt, für den summieren sich die Ladezeiten auf einem weniger performanten Gerät schnell und werden nervig. Auf dem Pixel 2 kann man sich jedoch sicher sein, dass das Betriebssystem so schnell läuft wie es derzeit auf einem Snapdragon 835 möglich ist.
Launcher mit kleinen Anpassungen
Rein optisch betrachtet bietet das vorinstallierte Android 8.0 Oreo eine Handvoll kleinerer Anpassungen, die exklusiv mit den neuen Smartphones kommen. Den Launcher hat Google dahingehend überarbeitet, dass die Suchleiste jetzt am unteren Ende des Bildschirms zwischen den Android-Tasten und den wichtigsten Apps liegt. Beim Öffnen des App-Drawers wandert die Leiste mit einer schönen Animation nach oben. Auf dem Homescreen sitzt ganz oben stattdessen jetzt ein neues Widget für Datum und Wetter, das beim Antippen des jeweiligen Bereichs den Kalender oder die Wetter-App öffnet. Zum Ausschalten oder Neustarten des Smartphones gibt es direkt an der An/Aus-Taste positioniert ein neues Menü, das mit Android 8.1 alle Google-Geräte erhalten sollen.
Der Google Assistant lässt sich auf den Pixel 2 wie bisher bekannt über langes Halten der Home-Taste starten, neu hinzugekommen ist die Active Edge, bei der es sich um einen drucksensitiven Rahmen in der unteren Hälfte des Smartphones handelt, der zuerst im HTC U11 verfügbar war. In den Einstellungen lässt sich festlegen, wie stark das Smartphone gedrückt werden muss, um den Google Assistant zu starten.
Update-Garantie
Google liefert die Pixel 2 mit drei Jahren Update-Garantie für neue Betriebssysteme und Sicherheitspatches aus. Das ist auf neue Android-Versionen bezogen ein Jahr mehr als bisher, Sicherheitspatches erhalten auch die ersten Pixel und frühere Nexus für drei Jahre. Laut Support-Dokument von Google läuft die Update-Garantie für beide Varianten im Oktober 2020 aus. Das letzte Betriebssysteme müsste demnach Android R werden.
Pixel 2 im Benchmark
In den synthetischen Benchmarks schneiden beide Geräte genau so ab, wie es anhand der verbauten Hardware erwartet werden kann. Die gemessene Leistung liegt auf dem Niveau anderer High-End-Smartphones mit Snapdragon 835. Das Exynos-SoC des Samsung Galaxy S8 und S8+ sowie des Galaxy Note 8 ist in den meisten Messungen einen Hauch schneller als das Qualcomm-SoC. Wie das Vergleichsvideo aber zeigt, kann Samsung diesen Vorteil in den Benchmarks nicht in reelle Alltags-Performance ummünzen. Anders sieht es beim iPhone 8 (Plus) aus dessen A11 Bionic nicht nur in den Benchmarks das Feld anführt, das Smartphone ist auch im Alltag extrem schnell.
Die hohe Leistung des Pixel 2 ist auch auf den schnellen UFS-Speicher zurückzuführen den Google von HTC und LG verbauen lässt. Glücklicherweise gibt es hier keine Einschränkungen bei den Varianten mit kleinerem Speicher respektive kleinerem Display. Getestet wurde jeweils die 64-GB-Version des Pixel 2, und auch diese Varianten erreichen durch die Bank sehr hohe Messwerte, sodass bei den Geräten mit 128 GByte nicht von einer Verbesserung auszugehen ist. Über eine Speichererweiterung per microSD-Karte verfügt wie schon zu Nexus-Zeiten keines der neuen Google-Smartphones. Käufer müssen sich im Voraus zwischen 64 und 128 GByte entscheiden.