Im Test vor 15 Jahren: Schummelei wurde beim SiS Xabre 400 groß geschrieben
tl;dr: Heute dominieren AMD und Nvidia den Markt für dedizierte Grafikkarten, vor 15 Jahren hatten die Hersteller im Consumer-Bereich noch Konkurrenz. Der Xabre 400 von SiS war ein DirectX-8-tauglicher Grafikchip für lediglich 80 Euro, der alledings vor allem durch seine Schummelei bei der Leistung beeindruckte.
Der SiS Xabre 400
Der Xabre 400 verfügte über vier Rendering-Pipelines mit jeweils zwei Textureinheiten. Mit einer Texelfüllrate von zwei GPix/s und einer Pixelfüllrate von einem GPix/s stand er der Konkurrenz in Form der ATi Radeon 7500 (Test) und Nvidia GeForce3 (Test) in Nichts nach. Die hatten zwar schon ihre Nachfolger erblickt, waren aber trotzdem noch teurer. Allen Grafikkarten gemein war auch der 128 Bit breite Speicherbus. Und durch den höheren Speichertakt von 250 MHz konnte der Xabre 400 gegenüber den anderen Modellen mit 8,0 GByte/s sogar einen höheren Durchsatz verbuchen.
Ein interessantes Feature der von ComputerBase vor 15 Jahren getesteten gleichnamigen Inno3D Xabre 400 war zudem die Unterstützung des AGP-8×-Modus. Da die Redaktion damals aber über kein geeignetes Motherboard verfügte, musste die Grafikkarte allerdings im AGP-4×-Modus, der auch von Nvidia und ATi unterstützt wurde, getestet werden.
Xabre 400 | GF4 MX 440 | Radeon 7500 | GeForce3 | |
---|---|---|---|---|
Chiptakt | 250 MHz | 270 MHz | 290 MHz | 200 MHz |
Speichertakt | 250 MHz | 200 MHz | 230 MHz | 230 MHz |
Speicheranbindung | 128 Bit DDR | 128 Bit DDR | 128 Bit DDR | 128 Bit DDR |
Speicherbandbreite | 8,0 GB/s | 6,4 GB/s | 7,36 GB/s | 7,36GB/s |
Rendering-Pipelines | 4 | 2 | 2 | 4 |
TMUs je Pipe | 2 | 2 | 3 | 2 |
Pixelfüllrate | 1,0 GPix/s | 0,54 GPix/s | 0,58 GPix/s | 0,8 GPix/s |
Texelfüllrate | 2,0 GPix/s | 1,08 GPix/s | 1,74 GPix/s | 1,6 GPix/s |
max. Texturen pro Pass | 4** | 2 | 3 | 4 |
TnL-Leistung | keine Angabe | 34,37 MT/s | 45 MT/s | 50 MT/s |
FSAA-Technik | Jitter FSAA | Accuview MS | Supersampling | HRAA MS |
MultiMonitor-Support | nein | nView | Hydravision | nein |
Auffällig bei der Xabre 400 war der winzige Kühler. Im Test stellten sich sowohl Chip als auch die 64 MByte Videospeicher aber in der Tat als so anspruchslos in puncto Kühlung heraus, dass eine wuchtigere Kühlung keine Vorteile gebracht hätten.
In Sachen Anschlüsse wurde mit DVI, VGA und einem TV-Ausgang, der über einen Zusatzchip angesteuert wurde, für damalige Verhältnisse alles notwendige geboten. Anders als bei ATi und Nvidia konnte die Grafikkarte allerdings keine zwei Monitore mit unterschiedlichen Auflösungen oder Bildwiederholfrequenzen ansteuern. Ursache dafür war, dass lediglich ein RAMDAC verbaut wurde.
Leistungsnachbrenner mit TurboTex
ATi und Nvidia hatten es teils heimlich gemacht, bei SiS wurde es als Feature verkauft: Die Bildqualität über den Treiber zu beschränken, um die Leistung zu steigern. Unter dem Namen TurboTex vermarktete SiS die Möglichkeit, sämtliche in Spielen oder Benchmarks vorgenommenen Einstellungen treiberseitig zu überschreiben. In dem theoretischen Test VillageMark konnte ComputerBase eine Leistungssteigerung um den Faktor 3,7 mit der höchsten gegenüber der niedrigsten TurboTex-Stufe erzielen.
Dafür waren einige Einschränkungen bei der Bildqualität hinzunehmen. Je nach eingestellter TurboTex-Stufe wurde beispielsweise jedwede Art von triliniearer Filterung unterbunden oder das Mipmap-Level-of-Detail soweit heruntergeschraubt, dass alle Texturen in niedrig aufgelöster Form dargestellt wurden. Und standardmäßig war die höchste TurboTex-Stufe im Treiber aktiviert.
In Spielen waren die Artefakte nicht so deutlich sichtbar, wie in dem Programm, das ComputerBase verwendete, um die Texturfilterung zu testen. Dennoch waren verwaschene Texturen und Grafikartefakte deutlich sichtbar.
Farbtiefen-Schummelei und Anti-Aliasing-Desaster
In den Spielebenchmarks lag der Xabre 400 in den höheren TurboTex-Stufen gleichauf bis leicht hinter der ATi Radeon 7500. Bei Aktivierung der niedrigsten TurboTex-Stufe sank die Leistung in vielen Spielen aber erheblich ab, sodass teilweise nicht mehr genug Bilder pro Sekunde für ein flüssiges Spielerlebnis gerendert wurden.
Eine Besonderheit, die im Test auffiel, war die gute Leistung in Jedi Knight II, das auf der Quake-3-Engine basierte. Mit aktiviertem TurboTex konnte die Xabre 400 sich hier – selbst in 1.600 × 1.200 Pixeln – sogar vor der Konkurrenz platzieren. Das Ergebnis war aber einem weiteren Trick geschuldet: Der Treiber setzte die Farbtiefe auf 16 Bit herab, während ATi und Nvidia Bilder mit 32-Bit-Farbtiefe renderten.
In synthetischen Benchmarks hatte der Treiber einen noch größeren Einfluss. Durch Herabsetzung der Bildqualität durch den Treiber konnte die Xabre 400 die Konkurrenz teils deutlich schlagen. Wenn die niedrigste Stufe gewählt wurde, dann lag die Xabre in der Regel hingegen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Das Desaster mit dem Anti-Aliasing
Der Xabre 400 unterstützte verschiedene Anti-Aliasing-Modi; im Test stellte sich allerdings heraus, dass lediglich der Supersampling-Modus praktikabel war. Die Ursache hierfür war, dass die niedrigeren Anti-Aliasing-Stufen im Treiber keinen Effekt auf Treppchen hatte, weil lediglich ein 2×2-Pixel-Blur-Filter über das Bild gelegt wurde. Zudem unterstützte der Chip keine anisotrope Filterung, sondern lediglich bi- beziehungsweise trilineare Filterung.
Da Supersampling die einzige praktikable Option war, Anti-Aliasing zu nutzen, hatte ComputerBase die Leistung mit aktiviertem SSAA mit der Konkurrenz, die resourcenschonendes Multisampling und anisotrope Filterung beherrschte, und somit Sachen Bildqualität gleichauf war, verglichen.
Aufgrund des enorm hohen Rechenaufwands, um Supersampling einzusetzen, sah der Xabre 400 so kein Land gegenüber sämtlichen Konkurrenten. Lediglich in Jedi Knight II wurden überhaupt Bildwiederholraten erreicht, die flüssiges Spielen ermöglichten. Käufern des Xabre 400 blieb somit außer in Ausnahmefällen keine Möglichkeit, Anti-Aliasing zu nutzen.
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Ich opfere dafür sogar absolut flüssige FPS
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Qualität ja, aber nicht auf Kosten von Rucklern
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Geschwindigkeit geht vor Qualität
Eine Empfehlung nur für Sparfüchse
Empfehlenswert war der Xabre 400 so nicht, gerade weil es (nahezu) unmöglich war, Anti-Aliasing und anisotrope Filterung zu nutzen oder der Multi-Monitor-Betrieb nur sehr eingeschränkt möglich war. Nur für absolute Sparfüchse bot der Chip für 80 Euro eine annehmbare Leistung, einen stabilen Treiber und eine leise Kühlung.
Auswertung der letzten Umfrage
Letzte Woche hatte die Redaktion nach der Leistung der Netzteile im Haupt-Rechner der Leser gefragt. Mit 35 Prozent verwendet die große Mehrheit aktuell ein Netzteil mit 450 bis 550 Watt, direkt gefolgt von der Gruppe 550 bis 750 Watt, die mit 33 Prozent vertreten ist. Lediglich 4 Prozent nutzen ein Netzteil mit mehr als 1.000 Watt.
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bis unter 300 Watt
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300 bis unter 450 Watt
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450 bis unter 550 Watt
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550 bis unter 750 Watt
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750 bis unter 1.000 Watt
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1.000 Watt und mehr
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