Soziale Netzwerke: Facebook-Gesetz mit Löschfristen tritt in Kraft
Heute ist das als Facebook-Gesetz bekannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft getreten, das die Große Koalition noch kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode durch den Bundestag gebracht hat. Ab sofort gelten für soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube also die verschärften Löschvorgaben.
Kritiker sehen die Einführung des Gesetzes auch weiterhin als Fehler an. Insbesondere sind es die Löschfristen, die immer noch Sorgen bereiten. Inhalte, die „offensichtlich“ rechtswidrig sind, müssen die sozialen Netzwerke binnen 24 Stunden löschen. Für die übrigen haben die Anbieter eine Woche Zeit. Zwar wurde mittlerweile klargestellt, dass Strafen nur bei systematischen Verstößen vorgesehen sind und die sozialen Netzwerke auch mit externen Gruppen kooperieren können. Außerdem besteht eine Übergangsfrist von drei Monaten, sodass die Löschfristen erst ab dem 1. Januar 2018 greifen.
Doch am Kern der Kritik änderte das nicht viel. Der zentrale Vorwurf ist nach wie vor, dass von nun an nicht Behörden, sondern private Unternehmen prüfen müssen, ob Beiträge der Nutzer rechtlich unbedenklich sind. Angesichts des Inkrafttretens des Gesetzes erklärt Frank Überall, Vorsitzender vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV): „Es bleibt dabei: Die Grenzen der Meinungsfreiheit dürfen nicht von gewinnorientierten Unternehmen gezogen werden. Das wäre auf Dauer Gift für den demokratischen Diskurs im Internet.“
Nötig wären daher Reformen, das Gesetz „gehört auf die Agenda des neuen Bundestags“, so Überall. Wichtig sei also in nächster Zeit, die Erfahrungen mit dem Gesetz zu dokumentieren.
Eigenes Referat im Bundesjustizministerium
Nun muss sich aber erst einmal zeigen, was das Gesetz in der Praxis bringt. Erste Vorbereitungen sind bereits im Bundesjustizministerium angelaufen, das für die Umsetzung verantwortlich ist. Wie der Spiegel in der aktuellen Ausgabe berichtet, werden in einer neuen Abteilung zwei Referate eingerichtet. Eines kümmert sich um Grundsatzfragen, das andere um Einzelfälle. Insgesamt sind dafür 50 Mitarbeiter vorgesehen, wovon die Hälfte im Oktober den Dienst antritt.
Interessant ist indes, wie das Bundesjustizministerium nun die Reichweite des Gesetzes auslegt. Generell gilt es für soziale Netzwerke mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern, die öffentliche Debatte drehte sich vor allem um Facebook, Twitter und YouTube. Alle drei waren auch Teil der Untersuchungen, die das Bundesjustizministerium in Auftrag gegeben hatte.
Laut dem Bericht von Spiegel Online will das Bundesjustizministerium auch weitere Plattformen kontrollieren. Dazu zählen Reddit, Tumblr, Flickr und Vimeo. Außerdem haben die Beamten noch Portale wie das russische Netzwerk VK im Visier, das insbesondere Rechtsextreme in Deutschland nutzen, die etwa von Facebook verbannt wurden. Die Frage ist allerdings, inwieweit solche Netzwerke mit deutschen Behörden kooperieren.
Soziale Netzwerke müssen Ansprechpartner für Behörden ernennen
Eine weitere Vorgabe durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist zudem der Ansprechpartner für deutsche Behörden, den die sozialen Netzwerke benennen müssen. Der muss Anfragen binnen 48 Stunden beantworten, andernfalls drohen Bußgelder. Laut dem Spiegel nutzt Facebook dafür eine Berliner Anwaltskanzlei, bei Google ist es die Rechtsabteilung vom deutschen Standort in Hamburg.
Grundsätzlich gilt der Ansprechpartner für Behörden aber als eine der Neuerungen, die allgemein begrüßt wird. Die bezeichnen nicht nur Netzaktivisten, sondern auch der DJV in der aktuellen Stellungnahme als „sinnvoll“.