Vorratsdatenspeicherung: FDP und Grüne sollen Gesetz endgültig beerdigen
Die innere Sicherheit ist eines der Themen, das bei den Sondierungsgesprächen für die Jamaika-Koalition auf der Agenda steht. Was auch wieder eine Rolle spielen könnte: Die Vorratsdatenspeicherung. Insgesamt 23 Verbände und Bürgerrechtsorganisationen richten nun einen Appell an FDP und Grüne.
Das Ziel ist, das bestehende Gesetz aufzuheben. Mit der Vorratsdatenspeicherung müsste eine der „schädlichsten Altlast der ‚Großen Koalition'“ beseitigt werden, heißt es in einem offenen Brief. Zu den Unterzeichnern zählen neben Bürgerrechtsgruppen wie der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Digitalcourage auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), Vereinigungen von Juristen und Psychologen sowie der Internetwirtschaftsverband Eco.
Vorratsdatenspeicherung: Grundgesetzwidrig und unnötig
Die Vorratsdatenspeicherung beschreiben die Verbände in dem Appell als „die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat“. Außerdem wäre die „verdachtsunabhängige und wahllose“ Datenerfassung grundgesetzwidrig und habe einer „gerichtlichen Überprüfung wiederholt nicht standgehalten“.
Dabei verfehle sie auch noch ihren Zweck. „Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine Vorratsdatenspeicherung besser vor Kriminalität schützte“, so die Verbände. Stattdessen habe sich gezeigt, dass „die gegenwärtig verfügbaren Kommunikationsdaten ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von Straftaten“ ausreichen.
Warten auf Karlsruhe
Bewusst richtet sich der offene Brief an FDP und Grüne, da beide Parteien das Aus für die Vorratsdatenspeicherung fordern. Aktuell werden die Verkehrs- und Standortdaten ohnehin nicht anlasslos erfasst. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen das Gesetz als europarechtswidrig eingestuft hatte, wurde der Provider SpaceNet von der Speicherpflicht entbunden.
Kurz danach zog dann die Bundesnetzagentur die Reißleine. Am 26. Juni, also wenige Tage vor dem offiziell für Juli 2017 anvisierten Start, erklärte die Behörde: Es gebe keine Bußgelder für Provider, die die Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzen. De facto wurde das Gesetz damit ausgesetzt.
Wie es mit dem Gesetz weitergeht, wird letztlich also das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Angesichts des Urteils vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sind die Kläger aber überzeugt, dass die Karlsruher Richter das Gesetz ebenfalls als grundgesetzwidrig einstufen.
Mit Widerstand ist zu rechnen
Solange wollen die Verbände nun aber nicht warten, das Ende der Vorratsdatenspeicherung soll möglichst noch in den Koalitionsverhandlungen besiegelt werden. Die Frage ist nun, ob es soweit kommt. CDU/CSU befürworten die Vorratsdatenspeicherung. In einer digitalen Welt müsste die Polizei auch mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden, erklärte daher der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg im Handelsblatt. Die Vorratsdatenspeicherung wäre „daher zur Verbrechensbekämpfung notwendig“.
Ebenso fordern Vertreter der Sicherheitsbehörden laut einem Bericht von Heise Online, dass die Kommunikationsdaten nun erfasst werden. „Die Ermittler haben das Pingpong-Spiel zwischen Gesetzgeber und Gerichten wirklich satt“, erklärte Sebastian Fiedler, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BdK) in NRW, dem Kölner Stadt-Anzeiger. Demnach führe das Aussetzen der Vorratsdatenspeicherung dazu, dass viele Anfragen ins Leere laufen.
Außerdem müsse das Gesetz noch erweitert werden. Neben der IP-Adressen müssten die Provider auch Portnummern erfassen, um auch Mobilfunk-Nutzer präzise identifizieren zu können. Nötige wäre daher „ein einheitliches EU-Recht, das solche Lücken schließt“, sagte BdK-Gewerkschafter Hans Hülsbeck.
Nur: Seit der Europäische Gerichtshof die alte EU-Richtlinie gekippt hat, existieren zwar Pläne für eine Wiedereinführung, noch befinden diese sich aber in einem frühen Stadium. Selbst wenn die EU also nochmals Vorgaben für die Vorratsdatenspeicherung beschließen sollte, wird das Verfahren einige Jahre in Anspruch nehmen.