Huawei Mate 10 Pro im Test: Dual-Kamera und OLED in neuem Glasgehäuse
2/2Neues Android, bekannte Leistung
Als Betriebssystem kommt Android in der aktuellen Version 8.0 Oreo (Test) zum Einsatz, das Mate 9 setzte ab Werk ebenfalls auf die damals aktuelle Version 7.0 Nougat. Der Sicherheits-Patch-Level ist mit Oktober zum Testzeitpunkt aktuell, die Regelmäßigkeit der Sicherheits-Patches muss sich aber noch zeigen, beim Mate 9 erschien bisher etwa alle zwei bis drei Monate eine Aktualisierung. Über das Betriebssystem stülpt Huawei die bekannte EMUI-Oberfläche, mit dem Mate 10 Pro hat die Versionsnummer einen satten Sprung von bisher 5.1 auf 8.0 gemacht. In den Grundzügen entspricht aber auch die neue Version dem letzten großen Facelift auf 5.0.
Gewohnte UI mit verwirrenden Einstellungen
Die UI wirkt weitgehend kohärent und schlüssig, die Bedienung ist einfach und die Einstellungsvielfalt sehr groß. Einzig an dieser Stelle können die vielen Untermenüs für etwas Verwirrung sorgen, denn wie bereits im Abschnitt zum Display angemerkt, finden sich nicht alle Einstellungen auf den ersten Blick, da sie unter Umständen in anderen Kategorien untergebracht sind. Im Alltag ist die Bedienung zu jeder Zeit leicht verständlich. Die Optik kann durch Themes an den eigenen Geschmack angepasst werden, weitere Personalisierung kann etwa durch eine flexible Ausrichtung der Software-Tasten erfolgen, wodurch sich etwa ein Schnellzugriff auf die Benachrichtigungen einbinden lässt. Zudem kann die Oberfläche mit oder App-Drawer genutzt werden.
Die Anzahl an vorinstallierten Drittanbieter-Anwendungen ist überschaubar, ab Werk vorzufinden sind etwa das Hotelportal Booking.com, Facebook oder Instagram. Erfreulicherweise lassen sie sich alle deinstallieren und nicht nur deaktivieren wie bei einigen anderen Herstellern. Auf der Rückseite sitzt wie bereits beim Mate 9 der Fingerabdrucksensor, der auch im Standby reagiert und zudem Wischgesten zum Aufrufen der Benachrichtigungen sowie zum Durchblättern von Fotos bietet. Nach einer kurzen Einrichtung sind bis zu fünf Finger einsatzbereit, erkannt wird der Nutzer mit der gleichen hohen Geschwindigkeit wie beim Mate 9.
Bekannte Leistung, wenig KI
Unter der gläsernen Haube des Mate 10 Pro steckt mit dem Kirin 970 das aktuell stärkste System on a Chip der Tochterfirma HiSilicon. Der Aufbau der CPU-Einheiten entspricht dem Mate 9, insgesamt acht Kerne teilen sich zur Hälfte in zwei Cluster auf. Diese bestehen wiederum aus vier leistungsstarken Cortex-A73- und vier stromsparenden Cortex-A53-Kernen von ARM. Die maximalen Taktraten sind mit bis zu 2,36 respektive 1,8 GHz quasi identisch zum Vorgänger mit Kirin 960. Der Fokus liegt auch weniger auf dem reinen Leistungszuwachs, sondern auf der besseren Effizienz: Der Kirin 960 wurde bereits modern in 16 nm gefertigt, der 970 im Mate 10 Pro wird derweil in 10 nm produziert, was den Energieverbrauch bei gleicher Belastung weiter verbessern soll. Hinzu kommt eine „Neural Processing Unit“ (NPU), die für maschinelles Lernen genutzt wird. Auch Apple setzt auf eine ähnliche Einheit im A11 Bionic aus dem iPhone 8, 8 Plus (Test) und iPhone X.
Die KI kann unter anderem für die Kamera genutzt werden, die dadurch automatisch Szenen erkennt und die Bildverarbeitung anpasst. Hinzu kommen eine Objekterkennung sowie die Möglichkeit, schneller per Kamera Text in Echtzeit zu übersetzen. Als Partner hat sich dafür Microsoft mit dem Bing-Translator hervorgetan. Weitere Einsatzmöglichkeiten im Alltag bietet die KI hingegen aktuell noch kaum; die Zukunft muss zeigen, ob Huaweis offener Ansatz mit der NPU Früchte trägt.
In puncto Leistung sind insbesondere die Cortex-A73-Kerne weiterhin leistungsfähig genug, um alle aktuellen Anwendungen, Spiele und Alltagsszenarien zu meistern. Das gesamte UI läuft jederzeit flüssig und ohne Hänger, dank des zusätzlich schnellen Speichers fallen auch die Ladezeiten von Apps kurz aus. In synthetischen Messungen kann sich das SoC keine Spitzenplatzierung ergattern. Im Alltag ist dies aber nicht ausschlaggebend, da das Smartphone jederzeit flink und reaktionsschnell agiert. Huawei hat es gut verstanden, seine Oberfläche zu optimieren und Gebrauch von dem länglichen Display zu machen. Wie das Galaxy S8 oder Note 8 lässt sich das Mate 10 Pro per Dock oder Kabel an einen externen Monitor anschließen, um es als eine Art Desktop zusammen mit Bluetooth-Maus und -Tastatur zu nutzen.
Großer Akku, weniger Anschlüsse
Der Energiespeicher des Huawei Mate 10 Pro bietet wie beim Vorgänger 4.000 mAh Nennladung und liegt damit auf dem Papier vor Galaxy S8, iPhone X oder LG V30. Geladen wird der Akku vom bekannten Netzteil mit Schnellladefunktion und 18 Watt Leistung, das in einer halben Stunde rund 50 Prozent auflädt. Eine volle Ladung beträgt rund 90 Minuten. Wie bereits beim Vorgänger meistert der Akku auch einen intensiveren Nutzungstag mit mehreren E-Mail-Konten, Navigation, einigen Telefonaten sowie mobiler Internetznutzung und Instant Messaging ohne Probleme. Bei gemäßigter Nutzung sind selbst bei stets aktiviertem WLAN und LTE samt Ortung zwei Tage möglich. Auch in den Akkutests kann das Mate 10 Pro überzeugen: Im YouTube-Parcours kann sich das Modell mit 12,5 Stunden vor das Mate 9 setzen und auch im PCMark ist der Vorsprung auf den Vorgänger spürbar.
Schnellstes LTE, aber keine Klinke
Bei den Übertragungsstandards und Anschlüssen hat Huawei das hohe Niveau des Vorgängers über weite Strecken gehalten oder überboten, aber auch Abstriche gemacht. Für drahtlose Verbindungen stehen WLAN ac, Infrarot und NFC zur Verfügung. Das Mate 10 Pro ist zudem das erste Smartphone mit LTE Cat. 18 und somit theoretisch bis zu 1,2 Gbit/s im Down- und 150 Mbit/s im Upstream. Anders als Galaxy S8 oder iPhone 8 kommt das Mate 10 Pro aber „nur“ mit Bluetooth 4.2. Boten Mate 9 und Mate 9 Pro noch einen Klinkenanschluss, fällt dieser beim Mate 10 Pro weg, womit sich Huawei unter anderem in die Riege von Apple, HTC und Lenovo einreiht. Kopfhörer werden per USB Typ C angeschlossen, einen Adapter von Typ C auf Klinke legt Huawei den Verkaufsmodellen bei, in der Packung des Testgerätes war allerdings keiner.
Der Anschluss wird auch zum Laden verwendet, arbeitet nach USB 3.1 und somit schneller als das Mate 9, das mit dem Standard 2.0 ausgerüstet ist. Zum Anschluss an einen externen Monitor unterstützt das Mate 10 Pro zudem DisplayPort 1.2. Ein Speicherkartenschacht fehlt dem Mate 10 Pro – das in Deutschland verfügbare Mate 9 bietet einen, der direkte Vorgänger Mate 9 Pro hingegen ebenfalls nicht. Dafür ist aber Dual-SIM in der freien Variante an Bord. Trotz des Wechsels von Metall zu Glas bietet das Mate 10 Pro zudem kein drahtloses Laden, das mittlerweile neben Samsung oder LG auch Apple anbietet.
Fazit: Starkes Stück mit kleinen Makeln
Das Huawei Mate 10 Pro ist wie der Vorgänger ein sehr gelungenes Smartphone, das kaum nennenswerte Schwächen aufweist und vor allen Dingen bei den grundlegenden Disziplinen überzeugt. Zudem hat Huawei an bestimmten Punkten, in denen die Konkurrenz im letzten Jahr teilweise noch voraus war, erfolgreich aufgeholt. Dazu zählen unter anderem das dieses Mal wasserdichte und dabei vergleichsweise kompakte Gehäuse, das bei Verarbeitung und Anmutung keine Zweifel zulässt, sowie die erneut verbesserte Dual-Kamera. Durch den effizienteren Kirin 970 und den Wechsel auf OLED erreicht das Smartphone zudem noch bessere Akkulaufzeiten als der Vorgänger.
Sehr starke Resultate bei grundlegenden Merkmalen
Das Display des Mate 10 Pro weist darüber hinaus ein ausreichend helles Display mit kräftiger Farbdarstellung und ausgewogener Farbwiedergabe auf, das mit dem länglichen Seitenverhältnis von 18:9 dem aktuellen Smartphone-Trend folgt und gleichzeitig in einem Korpus steckt, der handlicher und kompakter als der des Vorgängers ist. Auch die Android-Version ist mit 8.0 Oreo aktuell, ebenso wie der Sicherheits-Patch-Level zum Testzeitpunkt – hier sollte Huawei aber auch in Zukunft hinterher sein.
Abstriche bei der Anschlussvielfalt
Doch Huawei hat an bestimmten Stellen auch Abstriche gemacht, die sich vor allem im fehlenden Klinkenanschluss und microSD-Slot widerspiegeln. Zwar hatte der direkte Vorgänger Mate 9 Pro ebenfalls keinen Speicherkartenschacht, das hierzulande verkaufte Mate 9 aber schon. In der freien Variante ist wenigstens noch Dual-SIM verfügbar. Bei der Leistungsfähigkeit stagniert Huawei auf CPU-Ebene und macht auf GPU-Ebene Sprünge nach vorne – für Spitzenplätze in synthetischen Messungen reicht es aber nicht. Im Alltag ist das Mate 10 Pro jedoch weiterhin eines der schnelleren Modelle, die Bedienung ist jederzeit flüssig und reaktionsfreudig. Die NPU kommt abseits der Kamera selten zum Einsatz, den Einbau muss Huawei in Zukunft mit weiteren Features untermauern.
Später Marktstart und viel Konkurrenz
Im Vergleich zur Konkurrenz ist das Mate 10 Pro wie schon der Vorgänger vergleichsweise spät gestartet. Samsungs Galaxy S8 und S8+ sind bereits seit April auf dem Markt, das Note 8 seit September. In der Zwischenzeit erschienen zudem das OnePlus 5, das demnächst einen Nachfolger erhält, das Google Pixel 2 XL, das Sony Xperia XZ Premium (Test) sowie das Nokia 8. Des Weiteren sind auch iPhone 8 und 8 Plus sowie das iPhone X mittlerweile verfügbar. Demnächst erscheint mit dem LG V30 ein weiterer High-End-Konkurrent, sodass das Mate 10 Pro einige Gegenspieler hat, die um die Gunst der Käufer buhlen. In puncto Qualität braucht sich das Smartphone vor keinem der genannten Konkurrenten verstecken, der Unterschied bei der großen Vielfalt an High-End-Smartphones besteht in Details wie der Ausstattung und dem Preis. Mit 799 Euro UVP ist das Mate 10 Pro ähnlich hochpreisig wie die besagte Konkurrenz, die etwa in Form des Galaxy S8 aber durch die längere Verfügbarkeit bereits im Preis gefallen ist.
Wer zum Huawei Mate 10 Pro greift, erhält ein in praktisch allen Belangen aktuelles Smartphone und wird den Kauf nicht bereuen. Aber auch der Griff zu den genannten Konkurrenzmodellen bedeutet je nach Präferenz kein Downgrade und sollte daher vor dem Kauf genau abgewogen werden. Vor dem Weihnachtsgeschäft 2017 können Nutzer daher aus einer Vielzahl an gelungenen High-End-Smartphones wählen, zu denen das Mate 10 Pro definitiv seinen Teil beiträgt.
- sehr gute Verarbeitung, vergleichsweise kompakt
- aktuelles Android 8.0
- gegen Wasser und Staub geschützt
- sehr flüssige Bedienung
- sehr gute Kamera
- Infrarot-Sender, Dual-SIM und LTE Cat. 18
- gutes Display
- sehr starker Akku
- Speicher nicht erweiterbar
- vergleichsweise geringe Auflösung
- kein drahtloses Laden trotz Glasrückseite
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