Core i7-8700 und i5-8600K im Test: Alle Coffee-Lake-CPUs, „Auto OC“ und DDR4-4000 analysiert
4/6Overclocking von CPU und Speicher
Ein Aufschrei ging zum Start von Coffee Lake durch die Medien, die Ursache ist allerdings seit mindestens fünf Jahren bekannt: Ab Werk vom Mainboard-Hersteller „default“ eingestellte höhere Taktraten.
Nach dem dritten Start von Intel-Prozessoren in diesem Jahr, deren Mainboards machen, was sie wollen, aber nicht, was sie laut Spezifikationen ab Werk sollen, war die Zeit aber offensichtlich reif, das Thema erneut nach oben zu holen – zumal einige Tests offensichtlich mit den höheren Taktraten erstellt worden waren. Auch weil inzwischen jeder Hersteller mit macht und viele BIOS-Versionen die Funktion nicht mehr als deaktivierte sondern aktivierte Option anbieten.
Auto OC: Höhere Taktraten ohne Zutun des Anwenders
Der entsprechende Eintrag heißt beispielsweise „MultiCore Enhancement“ oder „Enhanced MultiCore Performance“, hinzu kommen weitere Optionen wie etwa „Sync all Cores“. Sie alle haben zum Ziel, die Kerne der CPUs unter Last höher takten zu lassen als es Intel offiziell vorsieht. Im Extremfall takten sie alle bei Last auf dem Niveau, das Intel eigentlich nur bei Last auf einem Kern freigegeben hat. Weil es von Intel aber nur noch diesen sowie den Basis-Takt gibt, fällt das kaum auf.
Heraus kommt ein mitunter spürbar schnelleres System, das aber auch deutlich mehr Strom verbrauchen und so natürlich auch mehr Abwärme erzeugen kann. Ist die Kühllösung eine eher günstige, kann dies zu Problemen wie lediglich zu hohen Temperaturen über das Heruntertakten des Prozessors bis hin zum instabilen System mit Absturz führen. Dass theoretisch die Garantie verloren geht, ist ein weiterer negativer Aspekt.
Erste Mainboard-Hersteller reagieren
Der Aufreger blieb indes nicht ungehört. Asus hat BIOS 0601 vom 13. Oktober 2017 für das Maximus X Hero an die Presse verteilt, welches einige Punkte beim Verhalten ohne Overclocking ändert. Wenn dort die BIOS-Defaults geladen werden, ist die Option „MultiCore Enhancement“ zwar weiterhin auf „Auto“, der Punkt „CPU Core Ratio“ mit „Sync all Cores“ allerdings auf „Per Core“ geändert. Und damit werden letztlich wieder die Intel-Auto-Vorgaben in Betrieb gesetzt und der Turbomodus arbeitet wie gewünscht. Nachvollziehbar ist das anhand der spärlichen Hinweise im BIOS allerdings nicht.
Beim zweiten Test-Mainboard, dem Gigabyte Z370 Aorus Ultra Gaming, wurde das bereits beim Wechsel von der Betaphase zum finalen BIOS so angepasst – die BIOS-Defaults übertakten dort nicht. Genau deshalb kam das Board auch in den bisherigen Tests zu Coffee Lake zum Einsatz.
Anhand des Core i5-8600K wird nachfolgend geklärt, wie hoch der Vorteil in den Benchmarks zur Aktivierung der Auto-OC-Funktion ausfällt und welche negativen Auswirkungen sich für die Leistungsaufnahme und die Kühlung ergeben. Darüber hinaus wird sich einem weiteren Thema angenommen, dem Übertakten des Speichers.
Extrem schneller DDR4-Speicher wird unterstützt
Intels Coffee-Lake-Vorstellung ging mit der Aussage einher, dass der Speicher-Controller noch einmal überarbeitet wurde. Er kann nun nicht nur ab Werk die Prozessoren mit DDR4-Speicher nach Standard 2.666 ansprechen, sondern ist laut Intel auch auf wahnwitzige Transferraten von maximal 8.400 MT/s ausgelegt – das entspricht DDR4-8400. Solche Module existieren zwar noch nicht (und es ist fraglich, ob sie das bei DDR4 jemals werden). Per Overclocking sollte trotzdem eine ganze Menge gehen. Viele Hersteller werben für die höherpreisigen Z370-Mainboards bereits mit DDR4-4133 oder sogar DDR4-4500+.
In der Praxis problemlos umzusetzen ist das aber noch nicht. Das von G.Skill zur Verfügung gestellte Kit DDR4-4133 arbeitet derzeit sowohl auf dem Gigabyte- als auch auf dem Asus-Board maximal mit DDR4-4000. Der Speicher-Hersteller betont, dass es am BIOS liegt. Auch für die kürzlich vorgestellten Module nach (inoffiziellem) Standard DDR4-4600 fehlt es damit vorerst noch an der richtigen Basis.
DDR4-4000 ist allerdings auch schon ein ordentlicher Zuwachs von 50 Prozent gegenüber dem Standard. Allerdings mussten die Timings und die Spannung deutlich angehoben werden. Empfohlen werden jenseits der Marke von DDR4-4000 1,4 oder gar 1,5 Volt, bis zu 2,0 Volt hält G.Skill selbst für unproblematisch. Wichtig ist allerdings, dass an den für den RAM relevanten Spannungen in der CPU nicht viel geändert wird, insbesondere vom I/O-Interface (IO) oder System Agent (SA). Diese haben in der Regel separat einstellbare Spannungen im BIOS und sollten – sofern keine genauen Vorkenntnisse vorhanden sind – möglichst nicht geändert werden.
Die Timings steigen von 15-15-15-35-1T, wie es dem Durchschnitt der DDR4-Riegel knapp an der 3000er-Marke entspricht, auf 19-21-21-41-2T an. Auch diese sind wiederum normal, G.Skill gibt sie beispielsweise den Riegeln bis DDR4-4200 mit auf den Weg. Bei DDR4-4600 steigen sie auf 19-25-25-45-2T an. Unterhalb von DDR4-4000 wird es langsam jedoch etwas flotter, hier dürften in naher Zukunft noch einige Fortschritte gemacht werden.
Testmethode | Taktrate | Timings | Spannung |
---|---|---|---|
Werkseinstellung | DDR4-2.667 | 15-15-15-35-1T | 1,20 Volt |
XMP 2.0 | DDR4-4133 | 19-21-21-41-2T | 1,40 Volt |
im OC-Test genutzt | DDR4-4000 | 19-21-21-41-2T | 1,40 Volt |
Benchmarks mit „Auto OC“ und DDR4-4000
Wie hoch der „Vorteil“ durch Auto OC ausfällt, hängt vom Prozessor ab. Beim exemplarisch verwendeten Core i5-8600K machen sich rund 200 MHz mehr Takt vor allem bei Anwendungen, die viele Kerne unterstützen, bemerkbar. Im Durchschnitt sind es allerdings nur fünf Prozent. Mehr profitieren würde allerdings der Core i7-8700K, der 300 bis 400 MHz mehr Takt durch das automatische Übertakten erhält.
Kerne/ Threads |
Takt (Basis) |
Turbo 1 / 2 / 4 / 6 Kerne |
|
---|---|---|---|
Core i5-8600K | 6/6 | 3,6 GHz | 4,3 / 4,2 / 4,2 / 4,1 GHz |
Core i5-8600K „Auto OC“ | 6/6 | 3,6 GHz | 4,3 / 4,3 / 4,3 / 4,3 GHz |
Der deutlich schnellere Speicher hat in normalen Anwendungen allerdings einen noch geringeren Einfluss auf die Leistung. Eine hohe Bandbreite verlangen die wenigsten Anwendungen, die schlechteren Timings fressen zudem einen Teil des Zuwachses wieder auf. Unterm Strich sind es so am Ende nur zwei Prozent mehr Leistung.
Spiele profitieren deutlich vom Speicher-OC
In den getesteten Spielen schrumpft der Vorteil durch Auto OC auf magere zwei Prozent zusammen. In erster Linie weil die GPU ein weiterer und oft der entscheidende Flaschenhals ist. Bei schnellem Speicher ist das anders. Wie bereits im Frühjahr im Artikel „AMD Ryzen & Intel Core i: DDR4-3200 bringt in Spielen teils mehr als eine teurere CPU“ gezeigt, bringt er in Spielen durchaus etwas. Sechs Prozent mehr Leistung im Durchschnitt entsprechen hier dem Sprung von einem Core i5-8400 auf einen Core i7-8700K, der mindestens das Doppelte kostet. Im Extremfall können es sogar bis zu 20 Prozent sein. Ist schneller Speicher einer schnelleren CPU also immer vorziehen?
Nicht zwingend, denn auch schnellen Speicher gibt es nicht umsonst, die Preise haben zuletzt massiv angezogen. Am Ende ist es eine Gratwanderung, einer schnellen CPU sollte aber durchaus schneller Speicher mit zudem noch niedrigen Timings zur Seite gestellt werden, sofern sich der Aufpreis in Grenzen hält.
Eine Kehrseite: Die Leistungsaufnahme und Temperatur. Im Leerlauf steigt diese beim höher taktenden und mit mehr Spannung angetriebenen Speicher leicht von 35 auf 37 Watt, das Auto-OC-Profil hinterlässt hingegen keinen Fußabdruck. Bei Last auf allen Kernen ohne AVX liegen mit DDR4-4000 nun 118 Watt an, 120 sind es im Auto-OC-Profil – statt 104 Watt in der Werkseinstellung. Das sind 13 respektive 15 Prozent mehr. Wird AVX hinzugeschaltet steigt die Leistungsaufnahme mit DDR4-4000 um 20 Watt, mit automatischem Übertakten gar um 33 Watt – ein Plus von 24 Prozent. Die Temperatur steigt in dem Fall bereits um 18 Grad an, statt 55 Grad zuvor sind es dann 73 Grad.
Testmodell | Leerlauf | Volllast | Prime | Temperatur (Prime) |
---|---|---|---|---|
Core i5-8600K | 35 Watt | 104 Watt | 137 Watt | 55°C |
Core i5-8600K (DDR4-4000) | 35 Watt | 118 Watt | 157 Watt | 67°C |
Core i5-8600K (Auto-OC) | 37 Watt | 120 Watt | 170 Watt | 73°C |
Von Glücksspiel und AVX-Offset
Drei der sechs neuen Prozessoren (Core i7-8700K, i5-8600K und i3-8350K) sind für das Overclocking ausgelegt. Bei ihnen lässt sich der Multiplikator frei wählen, der BCLK einstellen und der Speicher ein wenig mehr fordern. Außerhalb der Garantie kann dem Prozessor so ein gewisser Satz an zusätzlicher Leistung abgerungen werden, mit mehr am Ende aber meist deutlich gestiegener Leistungsaufnahme und Abwärme. Overclocking ist und bleibt darüber hinaus ein Glücksspiel.
Die wesentlichen Variablen umfassen dabei immer als Erstes den Chip selbst, der gerade zu Produktionsbeginn einer neuen Familie eine deutliche Serienstreuung haben kann. So haben Handels-CPUs eventuell sogar ein besseres OC-Potenzial als die Muster, die die Presse zum Test bekommen hatte. Doch vollkommen überraschend ist das nicht. Elf oder gar dreizehn Fertigungswochen liegen in diesem Fall zwischen den Mustern und fertigen Produkt für den Handel. Und binnen eines Quartals wird auch Intels Fertigung noch immer ein kleines Stück weiter optimiert.
Aber auch dann kann die Güte noch streuen, Stichwort „silicon lottery“. Extrem-Overclocker testen letztlich oft auch im späteren Verlauf noch weit über 100 CPUs, um den einen sehr gut übertaktbaren Prozessor zu bekommen.
Auch große und kleine Händler bieten dies als Service. Silicon Lottery aus den USA erklärt sogar, wie viele der CPUs nach dem Köpfen („Delid“) eine bestimmte Taktrate überschreiten. 59 Prozent aller dort getesteten Core i3-8350K schafften beispielsweise 5 GHz oder mehr,14 Prozent noch über 5,2 GHz – also eine von sieben CPUs. Das Glücksspiel beim Overclocking nimmt der Händler den Kunden in dem Fall ab und lässt sich das mit eigener Gewinnmarge bezahlen.
Der AVX-Offset sorgt für mehr Stabilität
Beim Übertakten von Coffee Lake ist eine Option heute wichtiger denn je zuvor: der AVX-Offset. Im Normalfall ist er nicht aktiv, doch bei eingestellten 5 GHz Takt und mehr sind die Auswirkungen durch eine nochmals automatisch erhöhte Spannung bei Nutzung von AVX markant. Im Test hat sich ein Wert von 2 in der Regel als bereits ausreichend herausgestellt, um den stabilen Betrieb auch weiterhin zu gewährleisten: Taktet die CPU sonst überall mit 5,0 GHz, sind es in AVX-Anwendungen so nur noch 4,8 GHz.
Der Intel Core i5-8600K aus dem Handel machte aber sogar 5 GHz bei AVX-Anwendungen mit – es scheint sich um eine der besseren CPUs zu handeln. Mit dem Wissen konnten der normale Takt sogar auf 5,2 GHz erhöht werden, mit AVX lagen 5,0 GHz an. Im Blender-Benchmark stieg die Leistungsaufnahme auf 188 Watt an, die CPU wurde trotz Luftkühlung maximal 85 Grad warm – ohne AVX-Last waren es allerdings gleich 15 Grad weniger.
Die Empfehlung zum AVX-Offset gibt es mittlerweile an vielen Stellen, sei es beim bereits erwähnten Shop von Silicon Lottery oder im Overclocking-Guide von Mainboard-Herstellern wie Gigabyte.