Razer Wolverine Ultimate im Test: Ein Controller zum Preis einer Xbox One
tl;dr: Wenn schon Mauspads bunt blinken, dann auch Xbox-Controller: Razer hat die zweite Generation eigener Luxus-Gamepads mit RGB-LEDs ausgestattet. Die wichtigsten Verbesserungen sind allerdings unsichtbar. Das macht den Wolverine Ultimate zu einer interessanten Alternative zum Elite-Controller – zumindest theoretisch.
Razer Wolverine Ultimate im Test
Luxus-Gamepads zum Preis einer ganzen Spielkonsole haben sich im letzten Jahr erstaunlich sicher auf dem Markt etabliert. Aus dem Schlagabtausch zwischen Razers Wildcat und Microsofts Elite-Controller (Test) konnte das Premiumsegment trotz interessanter Alleinstellungsmerkmale keinen eindeutigen Sieger produzieren. Das soll im zweiten Anlauf anders werden: Razers Wolverine Ultimate ist bunter, flexibler, besser, aber auch teurer als der Wildcat aus dem vergangenen Jahr.
Technische Daten
Wer für einige neue Merkmale des Wolverine Pate gestanden hat, erschließt sich auf den ersten Blick. Schon das Design, das neuerdings silberne Akzente und gummierte Griffe zu Markte trägt, verrät Microsofts Elite-Controller als Quelle der Inspiration.
Bei weiteren Features zieht Razer ebenfalls gleich. Wie bei Microsoft lassen sich nun Thumbsticks und D-Pad dank magnetischer Halterung tauschen, was dem Controller neue Flexibilität beschert. Dieser Freiheit werden jedoch durch den Lieferumfang unmittelbar Zügel angelegt; es liegt nur je ein Stick mit gewölbter Oberfläche und höherem Schaft in der Tragetasche.
An anderer Stelle bleiben Eigenschaften des Wildcat erhalten. Die Datenübertragung erfolgt weiterhin nur per (langem) Kabel, was das Gewicht etwa auf dem Niveau des Standard-Controllers der Xbox One hält. Beibehalten werden zudem die vier Zusatztasten, mit denen sich zwischen den beiden Profilen des Wildcat wechseln lässt sowie Tasten mit neuen Funktionen belegen lassen. Auch die Steuerung der Lautstärke wird damit möglich.
Insgesamt sechs weitere Tasten verstaut Razer darüber hinaus an Vorder- und Unterseite. Sie können mit Standardfunktionen neu belegt werden, um beim Bedienen beider Thumbsticks weiter andere Eingaben tätigen zu können. Demontieren lassen sich die Zusatztasten aber nicht länger.
Xbox-One-Standard | Xbox Elite | Razer Wildcat | Razer Wolverine Ultimate | |
---|---|---|---|---|
Größe (L × B × H) | 106 × 158 × 60 mm | 106 × 158 × 60-67 mm | 106 × 158 × 62 mm | 106 × 156 × 66 mm |
Gewicht | 231/282 g | 310/362 g | 250 g | 260 g |
Konfigurierbar | Tasten (nur an XBO) | Trigger, Sticks, Tasten | Zusatztasten | Tasten, Trigger (via Sperre), Sticks, Beleuchtung |
Anzahl Profile | 1 | 2 | 2 + Default | 2 |
Zusatztasten | – | 4 (Unterseite) | 2 (Front) + 2 (Unterseite) | 2 (Front) + 4 (Unterseite) |
Übertragungsmodi | Wireless/Kabel (Micro-USB) | Kabel (Micro-USB) | ||
Preis (Nov. 2017) | 40 Euro | 120 Euro | 80 Euro | 180 Euro |
Alltagserfahrungen
Obwohl Razer mit Gewinn gewisse Eigenschaften des Microsoft-Controllers übernimmt, ist der Wolverine keineswegs nur eine buntere Kopie von etwas Bestehendem. Analog zum Wildcat offenbaren sich einige Unterschiede erst in der Benutzung, die das von trockenen Datenblättern vermittelte Bild um weitere Details ergänzen. Durch die eigenständige technische Umsetzung vieler Standard-Elemente eines Gamepads gewinnt der Wolverine einen eigenen Fußabdruck.
Alte Stärken
Dabei zeigt sich, dass Razer alte Stärken präzise beibehalten hat. Stärker noch als der Wildcat vermittelt der Wolverine das Gefühl hoher Präzision und Eingabegeschwindigkeit, auch wenn sich diese nicht notwendigerweise in Rundenzeit oder Abschüssen niederschlägt. Ein Highlight – auch im Vergleich zum Elite-Controller – sind die leichtgängigen Schulter- und ABXY-Tasten, die mit kurzem Hubweg und einem präzise spürbaren Druckpunkt eine merkliche Verbesserung gegenüber der Standard-Ausführung sind. Der dazu genutzte Trick ändert sich nicht: Unter den vier bunten Tasten auf der Oberseite sitzen „Maustaster“.
Die größere Auflagefläche der Thumbsticks bleibt zudem auch 2017 ein wesentlicher Fortschritt zum Standard-Controller. Die Steuerung wird durch die Modifikation bequemer und, erneut zumindest gefühlt, präziser.
Zusatztasten wollen Vorteile bieten
Weitere Vorteile will Razer mit den sechs Zusatztasten bieten. Überzeugen können vor allem diejenigen der Vorderseite, weil sie sich aus normaler Handposition heraus völlig natürlich betätigen lassen. An der Unterseite hat Razer trotz Änderungen noch immer keine optimale Lösung gefunden. Die Tasten M5 und M6 lassen sich nur mit langen Fingern komfortabel erreichen. M3 und M4 überzeugen ebenfalls nicht durch maximalen Bedienkomfort; hier liegen die Extremitäten gleichfalls nicht bequem am Wolverine, so sie denn genutzt werden.
Position und Form sorgen immerhin dafür, dass die vier Tasten der normalen Handposition nicht länger in die Quere kommen. Dass sich die Tasten nicht mehr entfernen lassen, fällt so nicht ins Gewicht und erhöht den Alltagskomfort, weil der Controller nicht bedarfsgerecht umgebaut werden muss. Der Spagat zwischen Erreichbarkeit und Komfort bei unterschiedlicher Nutzung gelingt Microsoft aber noch immer wesentlich besser. Einen Nutzen haben die Tasten in beiden Fällen: Je häufiger der zweite Analogstick genutzt wird, desto eher helfen die Extra-Buttons.
Abgestellte Mängel
An anderer Stelle legt Razer erfolgreicher Hand an. Auffällig ist die hochwertigere Anmutung des Controllers. Das Material, die gummierten Griffe und insbesondere das akustische Feedback – ein dumpferes, satteres Klicken – grenzen den Wolverine positiv vom Wildcat ab. Das Klappern der ABXY-Tasten bei Force-Feedback-Effekten hat Razer zudem abgestellt und den Tastern unter dem D-Pad ihre hakende Charakteristik abtrainiert. Weitere Verbesserungen erschließen sich erst beim genauen Blick. Kanten wurden im wörtlichen Sinne abgerundet und das Anschlusskabel aus weicherem Material gefertigt, das sich besser verlegen lässt.
Nur für Windows 10 & Xbox
In diesem Punkt sowie bei der Flexibilität kann „Elite“ immer noch etwas besser abschneiden als „Ultimate“. Der schnelle Umbau per magnetischer Fixierung von Komponenten erweist sich dennoch als Gewinn, auch wenn er die Zusatztasten bei Razer nicht umschließt – solcher Komfort muss Teil eines Produktes sein, das beim Preis keine Grenze kennt.
Die Möglichkeit, diese zusätzlichen Taster mit Standardfunktionen und on the fly zu belegen, hat schon im letzten Jahr ihren Mehrwert bewiesen. Ganz ohne App kommen Spieler in diesem Jahr aber nicht mehr aus. Um den als Standard gewählten, hellen Regenbogeneffekt zu entfernen, muss die ausschließlich auf der Xbox sowie unter Windows 10 verfügbare, nur per Xbox-Controller steuerbare Synapse-App genutzt werden. Das macht die RGB-Beleuchtung vom Gimmick zum Auslöser von Ärgernis.
Der übersichtliche Aufbau der App kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Microsoft dem Nutzer mehr Stellschrauben und Freiheiten zugesteht. Die Empfindlichkeit der Thumbsticks kann bei Razer nun zwar temporär erhöht oder reduziert werden, um in Spielen schnellere Drehungen oder präzises Zielen zu erleichtern, eine globale Regelung ist aber nicht verfügbar.
Bedingte Vorteile
Solche Features sind für den Normalspieler nett, aber nicht wesentlich, sie stellen in ihrer Summe zuvorderst das dringend benötigte Premiumgefühl her – das Bewusstsein, ein Produkt in der Hand zu haben, das in jeder Hinsicht ein kleines bisschen mehr kann oder könnte, als das einfache Modell. Entscheidend sind für Spieler ohne Profi-Ambitionen am ehesten der Komfort, das Feedback, das Gefühl von Präzision, das der Wolverine hervorragend vermittelt. Ob sich tatsächlich Vorteile einstellen, ist bei Spielgefühl und -spaß zweitrangig.
Fazit
Trotz aller Bemühungen von Razer und aller Vorzüge des Wolverine Ultimate hat ein Fazit aus dem vergangenen Jahr weiter Bestand: Das beste Gesamtpaket für Otto Normalspieler bietet noch immer das Standard-Gamepad. Die extrem teuren Luxusvarianten haben nur für einen ausgesuchten Kreis von Spielern überhaupt einen Mehrwert und wollen teuerst bezahlt werden.
Ungeachtet dessen ist der Wolverine Ultimate ohne Frage in vielen Bereichen eine willkommene wie nötige Verbesserung gegenüber dem Wildcat, was ihn zu einer ernsthaften Alternative zum Elite-Modell von Microsoft macht. Das durch die Abstimmung vermittelte Gefühl von Agilität und Kontrolle ist für den Normalnutzer mehr als die zusätzlichen Funktionen der eigentliche Gewinn des Controllers – die Abstimmung gefällt und wird nun mit passender Anmutung untermalt.
Bei Premiumgefühl, Flexibilität und Layout kann Razer trotzdem noch nicht in jedem Punkt ganz mithalten. Mindestens die Position der unteren Zusatztasten und die begrenzte Kompatibilität zu lediglich zwei Systemen wollen nicht zum erheblichen (Auf-)Preis passen – buntes Licht hin oder her. Aber das sind nur kleinere negative Aspekte, die keine Ecken in ein rundes Gesamtbild schlagen.
Der eindeutige Sieger heißt Elite
Allein: 180 Euro verlangt Razer für ein solches Gamepad, also umgerechnet den Preis einer ganzen Xbox One S abzüglich ihres Controllers. Da das Xbox-Elite- Gamepad bereits für immer noch teure 120 Euro angeboten wird und schon zu diesem Kurs Mühe hat, den hohen Aufpreis rational zu rechtfertigen, endet der Schlagabtausch zwangsläufig einseitig. In der gegenwärtigen Marktsituation ist Elite definitiv besser als Ultimate. Man möchte fast sagen: die vernünftige Wahl.
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