Star Wars Battlefront 2 im Test: Im Würgegriff der Mikrotransaktionen
2/2Auch einzeln schlecht
Sprechen muss man nun nur noch über den Unterhaltungswert des Zusatzkauf-freien Einzelspieler-Teils. Es mutet in Anbetracht der Entwickleräußerungen zynisch an, dass ausgerechnet in der Kampagne keine Beschränkungen existieren. Schon von Anfang an lassen sich alle Waffen, wenngleich nicht alle Fähigkeiten, auswählen. Diese nicht aufheben sondern nur an festen Punkten ausrüsten zu können, ist zudem ein echter Dämpfer für den Spaßfaktor – hier fühlt sich Battlefront beliebig und einschränkend zugleich an. Bei näherer Betrachtung wird der Grund für solche Mechanismen aber schnell klar: „Kampagne“ heißt Appetizer beziehungsweise Werbung für den Multiplayer-Modi und all die schönen Gegenstände hinter der Grindsperre. Dass damit wenig Spaß aufkommen kann, versteht sich von selbst.
Dazu gesellen sich grundsätzliche Probleme. Der Levelaufbau etwa, bei dem sich nicht verlässlich über Hindernisse springen lässt, eine halbgare Schleichmechanik, und der Verzicht auf Recoil und das Deckungssystem, das Gegner hingegen präsentieren, zerstören die Atmosphäre. Das Spiel erlaubt es nicht, in seine Welt wirklich einzutauchen und die coolen Star-Wars-Ballereien des ersten Films in den Korridoren des Todessterns nachzuspielen. Die Hoffnung darauf stirbt jedenfalls nach fünf Minuten. Munition wird darüber hinaus durch Wartezeit ersetzt. Im Einzelspieler-Part fühlt sich der Shooter fast schon an wie ein MOBA oder, mit Blick auf den Mehrspieler-Modus, wie ein Free-to-Play-Handyspiel, bei dem nur auf das Ablaufen der Cooldowns gewartet wird.
Schlecht zusammengewürfelt
Nötig ist das aber eigentlich nicht, denn die KI ist rudimentär, die Herausforderung meist gering. Schöne Umgebungen lassen Gameplay-Ideen vermissen, aufgetischt wird immer das gleiche flache Gameplay oder gleich ein Abklatsch von Mehrspieler-Modi auf Mehrspieler-Karten, die notdürftig verknüpft werden – quasi ein Botmatch und genauso spannend. Die neuen Raumeinlagen sind ebenso hübsch wie beliebig, weil ihr einziger, dafür aber erheblicher Anspruch darin besteht, mit der schwammigen Maussteuerung nicht aus Versehen mit einem Objekt zu kollidieren. Zurück bleibt also hinter schicker Grafik und grandiosen Kulissen ein seelenloses Produkt. Bombast kann absolute Beliebigkeit nicht übertünchen.
Abgerundet wird der Gesamteindruck durch die Story. All die ewig gleichen Elemente, die Großproduktionen seit Jahren immer wieder in der ewig gleichen unterirdischen Qualität zusammenkochen, müssen auch im Star-Wars-Universum auftauchen. Sockenpuppenhelden, Cartoonschurken, Charakterentwicklungen die vorhersehbar sind oder absolut unlogisch, ein Bösewicht, der keiner mehr ist und eine Prise völlig unmotivierter Romantik für die letzten zwei Sekunden, weil noch eine Love-Story gefehlt hat: Inhaltlich ist Battlefront ein Durcheinander, das ein erstaunliches Maß Fassungslosigkeit produziert.
Story zum Abgewöhnen
Iden Versio als imperiale Spezialagentin anzukündigen hat zumindest im Vorfeld viel versprochen, zumindest aber den Mut, eine ungewöhnliche Geschichte zu erzählen. Spoilerwarnung: Praktisch passiert genau das nicht, Battlefront ist der alte Rebellen-Shooter, der jedes andere Star-Wars-Spiel schon immer war. Erzählerisch endet das Spiel in einem halbgaren Gemenge, weil DICE und EA zu viel wollen und es an der nötigen Reduzierung, einer klaren Linie fehlt.
Dass Versio überhaupt wesentlich für das Spiel ist, geht zur Mitte der Handlung völlig unter. Plötzlich muss mehrere Missionen und damit Stunden lang nur ein Held nach dem Nächsten gespielt werden. Auf Luke und Leia Skywalker folgen Han Solo und Lando Calrissian, bis Versio fast in Vergessenheit gerät. Am Ende dieser Folge wäre fast der im Spiel jüngst verstorbene Darth Vader zu erwarten, der sich im Online-Part ebenfalls freischalten lässt. Spielerisch interessanter sind diese Figuren aber auch nicht, sie mähen sich lediglich durch etwas größere Horden von Klongegnern – spannend ist das nicht.
Skript und Dialoge tun sich ebenfalls nicht durch Qualität hervor. Jan Böhmermanns Songwriter-Affen aus dem Gelsenkirchener Zoo und ihre Sammlung Plattitüden dürften fraglos auch in diesem Genre Erfolge feiern können. Dass Lando Calrissians (englische) Synchronstimme stark alkoholisiert klingt, wirkt fast schon wie subtile Kritik.
Fazit
Battlefront 2 bewegt sich spielerisch und inhaltlich auf dem Niveau von Handyspielen der Klasse, die die höchsten Gewinne einfahren. Das Spiel soll hier nur so weit unterhalten, wie es dem Absatz von Mikrotransaktionen befördert oder ihn nicht behindert. Statt Unterhaltungsprodukt kaufen Spieler ein Verkaufsprodukt, also ein Konsumgut, bei dem sich nicht sicher sagen lässt, wo und in wieweit der Spaß oder Profit im Vordergrund stehen.
Mikrotransaktionen machen Spiele kaputt
Was zumindest ein unterhaltsamer Multiplayer-Shooter hätte werden können, entpuppt sich insofern zwingend als Reinfall. Das vorübergehende Aus des Echtgeld-Kaufoptionen ändert nichts am Unterhaltungswert, weil diese Struktur fester Teil des Spielprinzips ist. Nicht einmal der Solo-Part entkommt dem Fluch der Beuteboxen. Einzelspieler treffen auf ein hübsches, aber liebloses Anhängsel, das interessante Ideen nur andeutet und sich nicht zwischen echtem eigenen Bestandteil des Gesamtproduktes und Werbeveranstaltung für Mehrspieler-Unlocks entscheiden kann.
Empfehlenswert ist Star Wars Battlefront 2 also nur dann, wenn der Klassiker von 2005 angesprochen wird. Der ist zwar kein Augenschmeichler mehr, aber günstig und einfach spaßig, weil dort das Spiel unbeschwert Spiel sein darf. Für die 2017er-Ausgabe sind der Kaufpreis von 60 Euro nur eine Eintrittsgebühr in ein Grindfest mit eingebautem Pay-to-Win-Charakter. Das lässt manche Free-to-Play-Spiele vor Scham erblassen. Cash Wars: Battlefee 2 ist einfach kein unterhaltsames Produkt.
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