Custom-Wasserkühlung: Einbau, Einrichtung und Optimierung in Eigenregie
tl;dr: Ein PC mit Custom-Wasserkühlung ist eine Besonderheit. Die Kosten sind hoch, der Aufwand enorm, aber es winken Vorteile bei Leistung, Lautstärke und eine atemberaubende Optik. ComputerBase erklärt Einbau, Einrichtung und Optimierung am Beispiel des diesjährigen Gewinnspiel-Gaming-PCs.
Viele Einzelteile für die Kühlung
Eine Custom-Wasserkühlung besteht aus etlichen Einzelteilen, deren Zusammenstellung in der Tat noch komplizierter ist als die eines üblichen Gaming-PCs. Denn hier muss im Detail geklärt sein, welche Radiatorgrößen in das Gehäuse passen, welche Pumpe das passende Leistungsprofil aufweist und welche Kühler zur Hardware passen – insbesondere bei Fullcover-Kühlern für Grafikkarten eine sehr wichtige Frage. Nicht zuletzt spielen auch die persönlichen Vorlieben eine große Rolle, sei es nun die Wahl zwischen flexiblem Schlauch und Hardtube oder auch die Farbe der Kühlflüssigkeit und die Frage nach der Steuerung und Überwachung des Systems.
Eine Anleitung am lebenden Objekt
Umfassende Erklärungen zur Funktionsweise sowie zu allen Komponenten einer Wasserkühlung hält der Artikel „Luft- & Wasserkühlung: Übersicht und Kaufberatung für jedermann“ bereit, in dieser Kurzfassung soll hingegen die Theorie in die Praxis umgesetzt werden: Beim Einbau einer internen Wasserkühlung mit möglichst großer Radiatorfläche im Phanteks Enthoo Evolv ATX, in dem der High-End-Gaming-PC aus dem diesjährigen Nikolaus-Gewinnspiel steckt. Sie soll darüber hinaus über umfassende Steuerungsoptionen verfügen.
Die tabellarische Auflistung verrät, welche Bauteile für das System zum Einsatz kommen. Genauere Beschreibungen zur Auswahl sowie den Eigenschaften der Komponenten folgen im Anschluss.
Komponente | Bezeichnung |
---|---|
CPU-Kühler | Aqua Computer Cuplex Kryos Next Acetal mit Vision |
GPU-Kühler | Watercool Heatkiller IV Titan X/1080 Ti Acryl-Nickel Black mit Backplate |
Ausgleichsbehälter | Watercool Heatkiller Tube 150 |
Pumpe | Alphacool DDC310 mit Eisdecke DDC V.2 auf Shoggy-Sandwich |
Anschlüsse | Alphacool Eiszapfen 16/10 |
Schlauch | Masterkleer PVC schwarz 16/10 |
Radiator 1 | Alphacool NexXxoS ST30 360 |
Radiator 2 | Alphacool NexXxoS ST30 280 X-Flow |
120mm Lüfter | Noctua NF-F12 PWM Chromax |
140mm Lüfter | Noctua NF-A14 PWM Chromax |
Steuerung | Aqua Computer Aquaero 6 LT |
Temperatursensoren | Aqua Computer G1/4 IG zu AG |
Durchflusssensor | Aqua Computer High Flow |
Kühlflüssigkeit | Aqua Computer Double Protect Ultra (klar) |
Kühlkörper, Pumpe und Steuerung
Prozessoren setzen auf standardisierte Montagesysteme, was den Kauf eines CPU-Wasserkühlers einfach gestaltet: Der Wasserkühler muss in diesem Fall über eine Halterung für den AMD-Sockel AM4 verfügen. Dafür gibt es eine große Auswahl, sodass der Käufer tatsächlich die freie Wahl hat.
Anders sieht die Sache jedoch beim Fullcover-Kühler für die Grafikkarte aus, denn hier kochen AMD, Nvidia sowie deren Boardpartner ihr eigenes Süppchen. Entsprechend genau muss auf die Kompatibilitätslisten der Kühler-Hersteller sowie die Produktbezeichnungen der Grafikkarten geachtet werden, sonst steht schnell ein Kondensator im Weg.
Fullcover-GPU-Kühler sind wählerisch
Am einfachsten ist es daher, eine Grafikkarte mit der Referenzplatine des jeweiligen GPU-Herstellers zu kaufen, denn für diese Platinen gibt es die größte Auswahl an Wasserkühlern. Dass Referenzplatine nicht gleich Referenzkühler bedeutet, zeigt EVGA mit der GTX 1080 Ti SC Black Edition Gaming, die im ComputerBase-System eingesetzt wird: Ein massiver Kühler mit zwei Axiallüftern ist auf der Referenzplatine der Nvidia Titan Xp montiert. Dieser Kühler wird durch einen Watercool Heatkiller IV ausgetauscht, der speziell für diese Platine ausgelegt ist und neben GPU auch die Spannungswandler sowie die Speicherbausteine kühlt – ein sogenannter Fullcover-Kühlblock.
Beim Prozessorkühler kommt ein Aqua Computer Cuplex Kryos Next (Test) zum Einsatz, der durch seine hohe Leistungsfähigkeit überzeugt. Aus optischen Gründen wird der Kühler mit Display (Test) ausgestattet, was bei Aqua Computer unter der Produktbezeichnung Vision vermarktet wird. Damit lassen sich im Betrieb verschiedene Dinge von einfachen Texten über aktuelle Sensorwerte bis hin zu Musikdaten aus Spotify darstellen.
Die Pumpe ist auf Laufruhe getrimmt
Die Pumpe als Herzstück der Wasserkühlung stammt von Alphacool und ist eine abgewandelte Form des Klassikers Laing DDC. Die Alphacool DDC310 hat eine etwas geringere Leistung, reicht für eine interne Wasserkühlung aber mehr als locker aus – und ein positiver Nebeneffekt der geringeren Drehzahl ist die niedrigere Lautstärke. Um die Platine der Pumpe vor zu hohen Temperaturen zu schützen, verfügt die DDC310 außerdem über ein Metallgehäuse mit Kühlrippen. Als passender Deckel kommt die Alphacool Eisdecke V.2 zum Einsatz, welche die Pumpenmechanik abdichtet und mit den benötigten 1/4"-Anschlussgewinden ausstattet.
Im Inneren verfügt eine DDC über einen Kugelrotor, welcher sich auf einer Keramikkugel dreht. Für die notwendige Schmierung sorgt die Kühlflüssigkeit, die von der Pumpe umgewälzt wird: Wie andere Pumpen für Wasserkühlungen auch ist die DDC eine sogenannte Nassläuferpumpe, die nicht trocken betrieben werden darf, um eine Beschädigung der Mechanik zu verhindern. Solange die Pumpe aber ordnungsgemäß eingesetzt wird, sorgt die Lagerung auf Keramik für einen quasi verschleißfreien Betrieb. Um das sirrende Laufgeräusch der DDC so gut wie möglich zu unterdrücken, wird sie zur Entkopplung auf mehreren Lagen weichem Schaumstoff gebettet – einem sogenannten Shoggy-Sandwich, das die Übertragung von Vibrationen auf das Gehäuse minimiert.
AGB als separates Reservoir, nicht als Aufsatz
Im gleichen Atemzug mit der Pumpe kann der Ausgleichsbehälter genannt werden, der für das System nicht als Pumpenaufsatz, sondern als separates Reservoir aus echtem Glas eingesetzt wird. Echtes Glas wird an dieser Stelle betont, weil die meisten transparenten Ausgleichsbehälter aus Plexiglas bestehen. Der im ComputerBase-Rechner verwendete Watercool Heatkiller Tube besteht hingegen aus „echtem“ Glas, das deutlich unempfindlicher gegen Kratzer ist und sich auch nach jahrelangem Betrieb nicht verfärbt. Aus Kompatibilitätsgründen war zunächst der Heatkiller Tube in der kurzen 100er-Version geplant. Nach dem Probesitzen im Gehäuse konnte aber doch auf die längere 150er-Glasröhre gewechselt werden. Für den Zweck eines Ausgleichsbehälters ist das unerheblich, da das Reservoir vorwiegend als Hilfe beim Befüllen des Systems dient. Das größere Reservoir wirkt aber optisch ansprechender.
Sensordaten und Drehzahlen immer im Griff
Um alle Lüfterdrehzahlen sowie die Pumpendrehzahl optimal steuern zu können, werden eine passende Steuerung samt mehreren Sensoren benötigt. Das Equipment stammt von Aqua Computer. Die Vierkanal-Lüftersteuerung Aquaero 6 LT (Test) verwaltet alle Ventilatoren sowie die Pumpe und nutzt hierfür die Daten eines Highflow-Durchflusssensors und dreier Temperatursensoren, von welchen zwei mit passenden G1/4"-Anschlüssen ausgestattet sind, um sie als Temperaturfühler für die Flüssigkeit direkt in den Wasserkreislauf zu integrieren. Der letzte Temperaturfühler dient zur Messung der aktuellen Raumtemperatur.
Per USB-Verbindung nimmt das Aquaero Kontakt zum Mainboard auf und erlaubt das Einstellen aller Parameter via Software – im Anschluss könnte das USB-Kabel sogar entfernt werden, denn die Steuerung arbeitet autark.
Radiatoren, Lüfter und Verschlauchung
Einer der wichtigsten Faktoren für eine leise Wasserkühlung ist die Radiatorfläche: Je mehr zur Verfügung steht, desto langsamer können die Lüfter drehen, um alles in einem vernünftigen Temperaturbereich zu halten. Bei einer internen Flüssigkühlung limitiert natürlich das Gehäuse, das nur eine bestimmte Anzahl und Größe an Radiatoren aufnehmen kann. Ohne größere Modding-Arbeiten ist das vernünfige Maximum im Enthoo Evolv ATX von Phanteks ein 280-mm-Radiator in der Front sowie ein 360-mm-Radiator im Deckel.
Folglich werden diese beiden Formate eingebaut, in Form der schlanken ST30-Baureihe von Alphacool. Das Modell in der Front ist außerdem als sogenannter X-Flow-Radiator ausgeführt, sodass die Flüssigkeit nicht U-förmig durch den Radiator strömt, sondern von einer Seite zur anderen – das sorgt dafür, dass die geplante Verschlauchung einfacher gestaltet werden kann.
Zur Belüftung der Radiatoren kommen Ventilatoren von Noctua zum Einsatz. Die erst kürzlich vorgestellten schwarzen Chromax-Modelle bieten sich an, weil sie durch ihre neutrale schwarze Farbe ideal zum dunklen Farbschema des Systems passen. Abgesehen von der Farbe unterscheiden sich die Lüfter nicht von den Standard-Lüftern des Herstellers: Die Datenblätter des NF-F12 Chromax und des NF-A14 Chromax stimmen mit denen der Standardversionen überein. Y-Adapter zum Anschluss mehrerer Lüfter an einem Anschluss fehlen den Chromax-Lüftern aber im Lieferumfang, weshalb hier für Ersatz gesorgt werden muss.
Im ComputerBase-System werden zwei NF-A14 Chromax auf dem Frontradiator installiert, drei NF-F12 Chromax auf dem Radiator im Deckel und ein weiterer NF-A14 Chromax als Hecklüfter, um die Radiatoren mit Frischluft zu versorgen und Abluft aus dem Gehäuse zu befördern. Für die Steuerung der Lüfter sorgt das Aquaero 6 LT, das je auf einem Lüfterkanal die Ventilatoren des Frontradiators, des Deckelradiators sowie den Gehäuselüfter im Heck ansteuert. Der letzte Kanal dient zum Drosseln der Pumpe.
Anschlüsse, Schlauch und Kühlflüssigkeit
Damit ist die Teileliste für die Wasserkühlung schon beinahe abgehakt, obwohl ein essentieller Teil noch fehlt: Eine Flüssigkühlung setzt selbstverständlich Flüssigkeit und einen Schlauch voraus, in dem sie zirkulieren kann. Außerdem wollen die Schläuche auf den einzelnen Bauteilen fixiert werden, wofür Anschlüsse im richtigen Größenformat benötigt werden.
Als Kühlflüssigkeit wird ein klares Gemisch von Aqua Computer eingesetzt, das inklusive Korrosionsschutz direkt einsatzfähig ist. Die Flasche mit einem Liter Inhalt reicht für eine durchschnittliche interne Wasserkühlung problemlos aus. Der schwarze Schlauch stammt von Masterkleer, besteht aus PVC und kommt in der gängigen Größe 16/10, also mit einem Außendurchmesser von 16 mm und einem Innendurchmesser von 10 mm.
Alphacool stellt auch die Anschraubtüllen sowie Adapter bereit, um den Schlauch im idealen Winkel an den Komponenten der Wasserkühlung fixieren zu können – aus Sicherheitsgründen sollten zu enge Biegeradien und aus optischen Gründen überlange Schlauchverbindungen vermieden werden.
Die Anschlüsse der Alphacool-Eiszapfen-Serie sind sowohl als gerade als auch als gewinkelte Anschlüsse (90°, drehbar) erhältlich. Als 45°-Zwischenstufe gibt es drehbare Adapter, die zwischen ein Bauteil und eine gerade Anschraubtülle eingebaut werden können, um keine zu engen Biegungen des PVC-Schlauchs zu erzwingen. Um für kurze und aufgeräumte Schlauchverbindungen zu sorgen, sollte die Verschlauchung schon vor dem Kauf der Komponenten geplant werden. Zur Sicherheit sollten außerdem ein paar Anschlüsse mehr als nötig geordert werden, denn Planung und Realität stimmen selten konfliktfrei überein.