Spiele für Oculus Rift: Multiplayer und Social VR rücken in den Fokus
tl;dr: Oculus hat in London neue VR-Spiele präsentiert. Bei schwankender Qualität haben sie eins gemein: Der Multiplayer steht von Marvels Superhelden bis zum an Quake erinnernden Ego-Shooter Space Junkies im Vordergrund. „Social VR“ soll den Titeln endlich zu mehr Langzeitmotivation verhelfen.
Neue Spiele für Oculus Rift
ComputerBase ist Ende November der Einladung, „aktuelle und zukünftige Highlights“ für Oculus Rift zu erleben, gefolgt und mit anderen ausgewählten Pressevertretern aus Deutschland und Frankreich einen Tag zu Oculus VR nach London geflogen. Dort galt es erst einmal klarzustellen, dass man in der Tat bereits mit VR bewandert und kein Neuling in der Materie mehr sei. Eifrige Helfer fragten zum zehnten Mal, ob Kenntnisse zu Oculus Rift und Touch vorlägen und pochten darauf, dass unbedingt die Handgelenkschlaufe genutzt werden soll. VR hat weiterhin einen schweren Stand; ein Massenphänomen, das weiß auch Oculus, ist die Plattform noch nicht.
An den meisten Ständen wurden vor Ort vor allem bekannte Experiences und Spiele gezeigt. Neu waren hingegen Marvel Powers United VR, Brass Tactics und Space Junkies. ComputerBase gibt im Folgenden erste Eindrücke aus der Ego-Perspektive und interessante Passagen aus einem Interview mit Adrian Lacey, dem Produzenten hinter Space Junkies, wieder.
Marvel Powers United VR: Vier Freunde
Marvel Powers United VR wurde in Vierergruppen getestet. Und schon als alle Gruppenmitglieder vor der ersten Mission auf den Einsatz warteten, wurden die ersten Stärken, aber auch leider die ersten Schwächen des Spiels deutlich.
Einer der Mitspieler wählte Hulk. Ich trat ein paar Schritte zurück und war beeindruckt. Die Animationen überzeugten, die Charaktermodelle waren detailreich, und alleine der Größeneindruck ließ mich staunen. Zum Staunen gesellte sich aber schnell Enttäuschung. So schön die Charaktere auch waren, die Welt wirkte lieblos. Kein Objekt ließ Interaktion zu; ein übergroßer Hund, der in der Mitte des Raumes lag, konnte nicht gestreichelt werden, die Charaktere konnten nicht interagieren. Es blieb nur, rumzustehen, bis der Timer abgelaufen war und die Gruppe zur Verteidigung des Generators teleportiert wurde. Warum der Generator verteidigt werden musste und gerade die eigene Gruppe dafür zuständig war, blieb unklar.
Wenig Übersicht, Probleme und trotzdem so etwas wie Spielspaß
Während die Gruppe im Ladebildschirm hing, kam der Hinweis, dass per Tastendruck eine Übersicht der Fähigkeiten des gewählten Helden aufgerufen werden konnte. Leider aber nicht im Ladebildschirm selbst, sondern erst, wenn der eigentliche Kampf bereits lief. Hektisch versuchten wir zu verteidigen und gleichzeitig zu lesen, wie das überhaupt funktioniert. Die ersten Wellen immer gleich aussehender Aliens waren trotzdem schnell besiegt, die Steuerung verstanden, und es kam Spielspaß auf.
Hulk sprang quer über das Schlachtfeld, Thor schleuderte Blitze und seinen Hammer, und ich flog als Racoon über allem und schoss einen Alien nach dem anderen kaputt. Dass ich den fallen gelassenen Raketenwerfer eines Gegners nicht aufheben konnte, riss mich zwar kurz aus der Immersion, aber dann erschienen Loki und Ronan der Accuser und es ging zum Bosskampf. Wir gewannen, sollten eine Siegerpose einnehmen, und die Mission war vorbei.
In den guten Momenten machte das Spaß. Meistens störte aber die Steuerung, die entweder unpräzise, zu kompliziert oder auf Grund des Entwicklungsstadiums noch nicht ausgereift war. Ähnliches galt für die Performance. Sie war meistens gut, aber eben nicht immer. Zumindest auf den Rechnern in London, die laut einem Mitarbeiter mit einem Intel Core i7 und einer GeForce GTX 1080 ausgestattet waren, kam es regelmäßig zu Rucklern. Die fehlende Geschichte und die lieblose Welt trugen ihr Übriges dazu bei, dass mit Thor und Hulk gegen Aliens zu kämpfen nur befriedigend, aber nicht gut erschien. Hoffnung gibt es aber noch, da es sich bei der gezeigten Version um eine recht frühe gehandelt haben soll. Der Erscheinungstermin wurde bisher nur vage auf 2018 festgesetzt.
Brass Tactics: Klassische Echtzeitstrategie in VR
Brass Tactics inszeniert wiederum Echtzeitstrategie auf einem gigantischem virtuellen Tisch, auf dem den eigenen Truppen per Hand der Weg gewiesen wird, Türme und Gebäude auf das Spielfeld gestellt werden und Artillerie per Fingerzeig in den Belagerungsmodus wechselt.
Wenn schon in der zweiten Mission an zwei Stellen angegriffen wird, Truppen produziert und befehligt werden wollen, die Ressourcen immer zu knapp sind und dabei Upgrades am Hauptgebäude vorgenommen werden können, kommt das Gefühl von Warcraft oder StarCraft auf. Falls nach der Veröffentlichung Balancing, Matchmaking und eventuell sogar die Kampagne gut sind, könnte für Fans von Echtzeitstrategie hier eine interessante Mischung aus bekannten Konzepten und neuer Aufmachung anstehen. Dieser Titel hat beim Probespielen Spaß gemacht.
Space Junkies: Quake in VR
„Fuck, Rematch!“ Wenn die anwesenden Journalisten zwar wiederholt gegen die Entwickler von Space Junkies verloren, aber doch noch eine Runde forderten, war das Ausdruck des besten Erlebnisses auf der Veranstaltung. Der schnelle Shooter Space Junkies von Ubisoft Montpellier erinnert in mancher Hinsicht an Klassiker wie Quake: Auf einer von bis jetzt sechs Karten geht es zwei gegen zwei, jeder gegen jeden oder eins gegen eins mächtig zur Sache.
Gekämpft wird mit neun verschiedenen Waffen, die nicht am Anfang ausgesucht werden, sondern an festen Punkten der Karten auftauchen. Zusätzlich gibt es Schilde und Laserschwerter, die aber nicht so heißen dürfen. „Kein Spiel für meine Mutter“, witzelte Produzent Adrian Lacey.
Ego-Shooter in 3. Dimension
Womit sich Space Junkies von Vorbildern abheben kann, ist die Bewegung in drei Dimensionen. Bei klassischen Shootern heißt das meistens Treppen steigen oder Springen von Ebene zu Ebene – das Geschehen bleibt aber zweidimensional. Ganz anders ist das in VR. Oben, unten, rechts und links verlieren an Bedeutung, sobald man in der Schwerelosigkeit zwischen Meteoriten entlangrast. Motion Sickness kam dabei zumindest beim Tester keine auf.
Laut Lacey liegt das an einer Mischung von verschiedenen Ansätzen. Unter anderem bietet der Helm, den jeder Charakter trägt, dem Spieler einen Fixpunkt im Blickfeld. Angeblich trägt auch die hohe Spielgeschwindigkeit dazu bei, Übelkeit zu verhindern. Ist sie nur hoch genug, gibt es weniger Probleme, behauptet das Team, weil der Kopf das Gesehene nicht mit Bekanntem versucht in Einklang zu bringen.
Das gesamte Spiel richtet sich laut Lacey an Spieler, die länger am Ball bleiben wollen. Mit verschiedenen Karten, einer ungewohnten Steuerung und im Raum verteilten Waffen sei die Lernkurve steil. Matchmaking und Leaderboards sowie ein Zuschauermodus in VR sollen zur Veröffentlichung ebenfalls bereit sein.
Space Junkies wird nächstes Jahr im April veröffentlicht und soll ein weitestgehend klassisches Bezahlmodell besitzen, bei dem einmal (ein noch nicht bekannter Preis) gezahlt wird und alle weiteren Inhalte für mindestens ein Jahr dann kostenlos sind. Verfügbar wird das Spiel auf HTC Vive, Oculus Rift und unter Umständen auch direkt im Windows Store für Windows Mixed Reality sein – über den Umweg Steam VR in jedem Fall.
Social VR wird eine treibende Kraft
Für Lacey wird Social VR, wie es in Space Junkies in Form von Multiplayer und Gestensteuerung umgesetzt ist, kurzfristig eine treibende Kraft für VR sein. Denn die Möglichkeit, per Gestik zu kommunizieren, und das Gefühl der gemeinsamen Anwesenheit trotz räumlicher Ferne gibt es so bei keiner anderen Unterhaltungsform. Als Anekdote berichtete Lacey von einem Team professioneller Spieler, die eigentlich das Spiel testen sollten, aber zunächst eine halbe Stunde in der Lobby Bälle geworfen und obszöne Gesten getestet haben.
Lacey, der für Nintendo Wii Just Dance produziert hat, sieht in Social VR ein Äquivalent zur Bewegungssteuerung der Konsole, die damals erst belächelt wurde, dem eigenen Spiel aber zu großem Erfolg verholfen hat. Jetzt früh dabei zu sein, um Erfahrung zu haben, wenn VR aus der Nische kommt, ist für ihn deshalb doppelt wichtig. Ob die Analogie in der Praxis aufgehen wird, bleibt abzuwarten.
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