Qualcomm: Snapdragon 845 bietet neue Caches und 4K-HDR mit 60 FPS
Qualcomms neuer Snapdragon 845 wird ab dem Frühjahr 2018 neue High-End-Smartphones antreiben. Im Rahmen des diesjährigen Tech Summits hat Qualcomm das neue SoC angekündigt und erstmals Details zum neuen Chip bekannt gegeben. Dazu zählen unter anderem eine neue CPU, GPU und ein Mehrzweck-System-Cache.
Mit vollem Namen heißt das neue Produkt Snapdragon 845 Mobile Platform. Die neuen Bezeichnungen für Snapdragon-Produkte hatte Qualcomm im Frühjahr dieses Jahres eingeführt. Der Snapdragon 845 setzt sich aus vielen neu entwickelten Blöcken zusammen, darunter etwa die Kryo-385-CPU, die Adreno-630-GPU, der Spectra-280-ISP oder der Hexagon-685-DSP. Einige Komponenten des SoCs hatte Qualcomm bereits zu früheren Zeitpunkten separat angekündigt, andere wiederum feierten erst heute auf dem Snapdragon Tech Summit auf Maui in Hawaii ihre Premiere.
Wie bereits im Vorfeld spekuliert, stammt der Snapdragon 845 aus der 10LPP (Low Power Plus) genannten zweiten Generation FinFET-Fertigung in 10 nm von Samsung.
Adreno 630 ist 30 Prozent schneller
Erstmals zum Snapdragon Tech Summit vorgestellt wurde die neue GPU Adreno 630. Die neue Grafikeinheit folgt auf die Adreno 540 des Snapdragon 835 (Test). Zu den Eckdaten zählen eine im Vergleich zur Adreno 540 um 30 Prozent gesteigerte Leistung oder ein um 30 Prozent reduzierter Energieverbrauch. Einfach nur schneller oder effizienter wollte Qualcomm die neue GPU aber nicht machen, es gibt auch eine Reihe neuer Features, die erstmals von einer Adreno-Grafikeinheit unterstützt werden.
Optimierungen für AR, VR und MR
Unter dem Begriff „Adreno Foveation“ versammelt Qualcomm neue Funktionen, die den Chip insbesondere für die Nutzung von AR/VR/MR-Anwendungen (kurz XR) optimieren sollen. Die Adreno 630 kommt mit Unterstützung für Foveated Rendering, das Tile-basiert und mit Eye-Tracking durchgeführt wird. Foveated Rendering bedeutet, dass abseits der Blickrichtung der Fovea Centralis in einer niedrigeren Auflösung gerendert wird, sodass der Rechenaufwand für die GPU reduziert und die Leistung gesteigert werden kann. Umso weiter vom fokussierten Bereich des Nutzers entfernt, desto niedriger fällt die Auflösung der einzelnen unterteilten Kachel aus. Gleichzeitig werden dadurch Ressourcen für eine besonders hohe Rendering-Qualität für die Blickrichtung des Nutzers frei.
Die Rechenlast reduzieren soll außerdem Multiview Rendering, das am Beispiel einer VR-Anwendung zunächst etwa für das linke Auge rendert, um im zweiten Schritt auf Grundlage des Versatzes zum rechten Auge die Darstellung entsprechend anpasst und nur den neu sichtbaren Teil rendert, anstatt vergleichsweise ineffizient für beide Augen jeweils eine vollständige Ansicht samt Überschneidung zu generieren. Fine Grain Preemption soll zudem dazu beitragen, dass die GPU schneller zwischen Aufgaben springen und diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder fortsetzen kann.
Kryo 385 erhält einen neuen L3-Cache
Eine vollständige Neuentwicklung ist auch die CPU, allerdings nutzt Qualcomm hier ein Semi-Custom-Design, das sich bei den aktuellen Cortex-Kernen von ARM bedient. Qualcomm spricht von insgesamt acht Kernen, die in zwei Cluster aufgeteilt sind. Allen Kernen hat Qualcomm allerdings die gleiche Bezeichnung Kryo 385 gegeben, anstatt zwischen Performance- und Efficiency-Kernen namentlich zu unterscheiden.
Die Performance-Kerne basieren auf dem ARM Cortex-A75, die Efficiency-Kerne auf dem Cortex-A55. Die maximal möglichen Taktraten gibt Qualcomm mit 2,8 GHz und 1,8 GHz an. Jedem CPU-Kern stehen 64+64 KB L1-Cache sowie 256 KB L2-Cache bei den Performance-Kernen und 128 KB L2-Cache bei den Efficiency-Kernen zur Verfügung. Darüber hinaus wird ein neuer, 2 MB großer L3-Cache dynamisch unterteilt je nach Bedarf den einzelnen acht Kernen zugewiesen. Speziell durch diesen neuen L3-Cache gewinnt die Kryo-385-CPU als Gesamtkonstrukt betrachtet an Leistung. Qualcomm gibt ein Plus von 25 bis 30 Prozent bei den Performance-Kernen und ein Plus von 15 Prozent für die Efficiency-Kerne im Vergleich zur Kryo-280-CPU an.
Völlig neu ist zudem ein Mehrzweck-System-Cache, der als eigener Block im System-on-a-Chip vorliegt und von allen Komponenten genutzt werden kann. Dieser 3 MB große Cache soll Speicherzugriffe auf den RAM reduzieren und so über alle Aufgabengebiete für einen Leistungsschub sorgen. Weniger Zugriffe auf den Arbeitsspeicher sollen sich zudem positiv auf den Energieverbrauch des Snapdragon 845 auswirken.
4K-Aufnahmen in HDR mit 60 FPS
Der Snapdragon 845 ist Qualcomms erster Chip, der 4K (Ultra HD), HDR und hohe Bildwiederholraten vollständig und nicht mehr wie der Snapdragon 835 nur beim Abspielen unterstützt. Videoaufnahmen mit einem entsprechend ausgerüsteten Smartphone entsprechen dem Standard Ultra HD Premium. Bei der Aufnahme und Wiedergabe von Videos werden die 4K-Auflösung mit HDR10, HLG und bis zu 60 FPS unterstützt. Videos in Zeitlupe können mit dem Snapdragon 845 erstmals mit 480 FPS bei 720p-Auflösung aufgezeichnet werden.
Die neuen Fähigkeiten erhält der Chip über ein Subsystem der Adreno-630-GPU sowie den Spectra-280-ISP, den Qualcomm separat bereits im August vorgestellt hatte, damals allerdings noch ohne Namen. Der Bildprozessor unterstützt unter anderem neue Kombinationen von Kameramodulen, die hochauflösende Erfassung von Tiefeninformationen auf Basis einer per IR-Illuminator projizierten Punktwolke mit über 10.000 Punkten oder aber auch Multi-Frame Noise Reduction für Fotos und Motion Compensated Temporal Filtering (MCTF) für qualitativ bessere Videoaufnahmen.
Höhere KI-Leistung ohne NPU
Künstliche Intelligenz (KI) löst Qualcomm nach wie vor über mehrere Blöcke des Chips verteilt, anstatt etwa wie Huawei beim Kirin 970 oder Apple beim A11 Bionic auf eine diskrete Neural Processing Unit (NPU) zu setzen. Qualcomm spricht von der dritten Generation AI-Plattform, die eine dreimal höhere Leistung als noch im Snapdragon 835 erzielen soll. Qualcomm bezieht die Leistung zum Beispiel aus CPU, GPU und neuem Hexago 685 DSP. Die aufgebohrte Plattform bringt Unterstützung für neue Deep-Learning-Frameworks mit, darunter Googles TensorFlowLite und Facebooks Caffe2.
X20-LTE-Modem für bis zu 1,2 Gbit/s
Als LTE-Modem nutzt der Snapdragon 845 wie bereits zum 4G/5G-Summit gegenüber ComputerBase bestätigt das im Frühjahr angekündigte X20-Modem mit bis zu 1,2 Gbit/s im Downlink. Die neue Maximalbandbreite wird wie beim Snapdragon X16 bereits mit einer Carrier Aggregation (CA) von drei Frequenzblöcken zu je 20 MHz erreicht. Das Antennen-Layout liegt nach wie vor bei 4 × 4 MIMO, das Plus an Geschwindigkeit ist jetzt aber dadurch möglich, dass auf allen vier Antennen drei Carrier aggregiert werden können. Beim Snapdragon X16 war dies nur mit zwei der vier Antennen möglich, die anderen beiden waren auf zwei Carrier beschränkt.
1,2 Gbit/s im Downlink, das entspricht LTE Cat. 18, erreicht das Snapdragon-X20-Modem in drei möglichen CA-Konfigurationen. Neben der beschriebenen 3 × CA im lizenzierten Spektrum ist auch eine 4 × CA mit zwei Frequenzblöcken im lizenzierten und zwei Blöcken im unlizenzierten Spektrum (LAA) möglich. Als letzte Option für 1,2 Gbit/s ist auch die 5 × CA mit nur einem Frequenzblock mit gerade einmal 10 MHz im lizenzierten und vier Frequenzblöcken im unlizenzierten Spektrum möglich.
Erstmals mit Secure Processing Unit
Im Bereich der Sicherheit legt Qualcomm mit einer Secure Processing Unit (SPU) nach, die als weitere Stufe bisheriger Absicherungen vor Manipulationen am System schützen und die Datenintegrität bewahren soll. Die SPU ist ein eigener ausgelagerter und isolierter Block auf dem SoC, der als eine Art Tresor für das Handling von sicherheitsrelevanten Daten fungieren soll. Biometrische Sicherungen und die Verschlüsselung des Smartphones sollen über die SPU besser abgesichert werden.
2018 wird das Snapdragon-845-Jahr
Das Sampling des Snapdragon 845 hat bereits begonnen, mit ersten Smartphones, die den Chip nutzen, rechnet Qualcomm für Anfang 2018. Auf Nachfrage von ComputerBase sagte Qualcomm, dass mit vielen Ankündigungen zum MWC 2018 Ende Februar zu rechnen sei. Hersteller, die das SoC in ihren Geräten verwenden werden, wurden hingegen nicht genannt. Im Android-Segment dürfte das SoC aber neben dem Exynos 9810 für Samsung-Geräte der neue High-End-Standard für 2018 werden.