AMD Wraith Spire und Max im Test: Boxed-Kühler gegen CPU-Kühler zum Nachrüsten
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Die beiden Boxed-Kühler werden mit Arctic MX-2 als Wärmeleitpaste im aktuellen ComputerBase-Testsystem für CPU-Kühler eingesetzt und nach dem Protokoll für Luftkühler getestet. Als CPU-Grundlage dient ein AMD Ryzen 7 1700X, welcher mit einer TDP von 95 Watt zwar über dem Einsatzgebiet des Wraith Spire liegt, sich in den Tests zur maximalen Leistungsaufnahme aber dem Ryzen 7 1700 nähert, welchem der Wraith Spire beigelegt wird. Die TDP-Einschätzung des Herstellers entspricht ohnehin nicht der maximal zulässigen Leistungsaufnahme, sondern soll lediglich eine Einstufung für die Kühllösung darstellen.
Der Ryzen 7 1700X im Testsystem wird aufgrund des in Abhängigkeit von der CPU-Temperatur teilweise schwankenden Turbos ohnehin nur bei seinem Basistakt von 3,4 GHz betrieben, sodass es sich im Testsystem am Ende fast um das Einsatzgebiet handelt, für das der Wraith Spire vorgesehen ist. Für den Wraith Max mit einer Zulassung bis zur TDP-Klasse von 125 Watt sollte der Prozessor sowieso keine kritische Herausforderung darstellen.
Test der Boxed-Kühler
Bevor es an den Vergleich der beiden Kühler mit größeren und stärkeren Kühlern geht, müssen sie erst einmal zeigen, dass sie dem Prozessor gewachsen sind. Und das sind sie: Sowohl der Wraith Spire als auch der Wraith Max halten den Ryzen 7 1700X bei angenehmen Temperaturen, wobei eine deutliche Skalierung mit der Lüfterdrehzahl sichtbar ist. Diese reicht bei der Steuerung über das Aquaero 6 im Testsystem beim Wraith Spire von 850 bis 2.750 U/min und beim Wraith Max von 700 bis 2.700 U/min.
Wenig verwunderlich kann sich der Wraith Max deutlich vom Wraith Spire absetzen. Mit dem Wraith Max kann der Prozessor selbst bei verhältnismäßig geringen 1.000 U/min ausreichend gekühlt werden. Der Wraith Spire macht dort hingegen schlapp und agiert mit 1.500 U/min bereits am Limit. Spätestens im Sommer oder bei einer zusätzlich heizenden Grafikkarte reicht diese Drehzahlstufe nicht mehr aus, um die CPU bei voller Auslastung unter 90 °C zu halten. Hohe Drehzahlen quittieren die kleinen Ventilatoren mit einem lauten Betriebsgeräusch: Beide Kühler können spätestens ab 2.000 U/min deutlich außerhalb des PC-Gehäuses wahrgenommen werden, die maximale Drehzahl ist störend laut.
Dabei scheint der Aufbau des Wraith Max zu stärkeren Luftverwirbelungen zu führen, denn bei Drehzahlgleichheit ist der größere Boxed-Kühler auch lauter. Gleichzeitig kühlt er aber besser als der kleinere Wraith Spire, was diesen Umstand mehr als wettmacht. Das erste Fazit für den Wraith Max lautet daher, dass er im Gegensatz zu üblichen Boxed-Kühlern eine sehr gute Figur macht. Er kann den Prozessor kühlen, ohne dabei ins Schwitzen oder Lärmen zu kommen. Der Wraith Spire hingegen wird spätestens im Sommer eindeutig hörbar, wenn die CPU für längere Zeit ausgelastet wird.
Ein Übertaktungsversuch
Da sich der Wraith Max bei der Kühlung des Ryzen 7 gut geschlagen hat, folgt ein weiterer Test mit dem für Kühlertests etablierten Übertaktungsprofil, welches 3,8 GHz auf allen acht Rechenkernen bei 1,35 Volt vorsieht. Tatsächlich schafft es der Wraith Max, die CPU bei maximaler Lüfterdrehzahl knapp unter 90 °C zu halten. Luft nach oben gibt es dabei aber nicht mehr. Fürs Übertakten ist also auch der große Boxed-Kühler von AMD nicht ausgelegt. Beim Wraith Spire kann das Übertaktungsprofil zwar erfolgreich geladen werden, das Anlegen von Last quittiert der Rechner aber mit einer Notabschaltung innerhalb von wenigen Sekunden. Kein Wunder, denn dafür ist die 65-Watt-Kühllösung schlicht nicht ausgelegt.
Vergleich mit weiteren CPU-Kühlern
Um die Leistung der beiden Boxed-Kühler besser einordnen zu können, müssen sie sich dem Vergleich mit weiteren Prozessorkühlern stellen. Eine Gegenüberstellung bei gleicher Drehzahl ergibt allerdings wenig Sinn, arbeiten Wraith Spire und Wraith Max doch mit kleineren Lüftern als bei Tower-Kühlern und Kompaktwasserkühlungen üblich. Zur Gegenüberstellung wird daher das Kühlvermögen über den Schalldruckpegel betrachtet. Als Kühlvermögen dient die mit dem jeweiligen Kühler erreichte Temperaturdifferenz zwischen CPU und Raum in Kelvin unter CPU-Vollauslastung.
Da jeder der im Folgenden betrachteten Kühler über eine andere Schallpegel-Spanne verfügt, wurden schlicht sämtliche vorhandenen Messwerte in einem Diagramm zusammengefasst. Das rechte Ende einer jeden Linie stellt den maximalen Schalldruckpegel des jeweiligen Kühlers dar. Das linke Ende markiert hingegen den Messwert bei der geringsten Lüfterdrehzahl, die für die Leistungstests angewandt wurde – prinzipiell wäre also noch weniger möglich. Als Vergleich dienen der Scythe Kotetsu Mark II, der Cryorig H7 sowie der Thermalright HR-02 Mach Rev. B aus dem Round-up von sechs Tower-Kühlern. Die Werte der beiden Kompaktwasserkühlungen stammen aus dem Test der Corsair H115i Pro.
Der direkte Vergleich zeigt klar, dass die beiden Boxed-Kühler nicht mit größeren Kühlern mithalten können. Zwischen Wraith Spire und Wraith Max klafft bereits eine Kluft, der Abstand zwischen Wraith Max und dem noch nicht allzu starken Cryorig H7 ist aber noch größer. Angeführt wird das Testfeld von den beiden Kompaktwasserkühlungen, wobei der große Tower-Kühler von Thermalright in knappem Abstand folgt. Der kompakte Preis-Leistungs-Sieger Scythe Kotetsu Mark II kann damit zwar nicht mithalten, erledigt für 30 Euro aber einen sehr guten Job und schlägt die beiden Boxed-Kühler um Längen.
Boxed funktioniert, ist aber nicht perfekt
Mit dem Wraith Spire hat AMD für die Ryzen-Prozessoren einen Boxed-Kühler entwickelt, welcher genau den thermischen Anforderungen der CPU entspricht und sie adäquat kühlen kann. Kühlerhersteller können dennoch aufatmen, denn der Wraith Spire wird ihnen das Geschäft nicht verderben: Der Boxed-Kühler reicht zwar aus, um die CPU auch unter Volllast ausreichend zu kühlen – muss dafür aber insbesondere im Sommer oder mit heizender Grafikkarte im Gehäuse den Lüfter aufdrehen. Ein kleiner Brüllwürfel ist er auf keinen Fall, doch von flüsterleiser PC-Kühlung kann spätestens dann keine Rede mehr sein.
Fairerweise muss angemerkt werden, dass der Kühler für die Messungen in diesem Test lange Phasen mit synthetischer Volllast ertragen muss – im Office-Alltag mit allenfalls kurzen Lastspitzen erledigt der Wraith Spire seinen Dienst zuverlässig und ohne jemals negativ durch die Lautstärke aufzufallen – eine vernünftige temperaturabhängige Lüfterkurve natürlich vorausgesetzt.
Legen Anwender also weder auf eine frostig-kühle CPU noch auf Übertaktungsversuche Wert, können sie getrost beim Boxed-Kühler bleiben. Im Leerlauf kann der Lüfter zwar von empfindlichen Ohren durch ein Laufgeräusch wahrgenommen werden, bei einem einigermaßen schallgedämmten Gehäuse und mit dem PC unter dem Schreibtisch ist davon aber quasi nichts mehr wahrzunehmen. Wem ein besonders leiser PC in allen Lebenslagen wichtig ist, der sollte jedoch nach wie vor auf einen größeren Prozessorkühler zurückgreifen. Die Gegenüberstellung zeigt, dass der Boxed-Kühler bereits von eher kleinen Tower-Kühlern in Sachen erreichbarer CPU-Temperatur und Schallpegel geschlagen wird.
Der Wraith Max ist eine Nummer größer
Eine für einen Boxed-Kühler erstaunlich hohe Leistung kann hingegen dem Wraith Max bescheinigt werden. Zwar ist er im direkten Vergleich mit den Tower-Kühlern immer noch abgeschlagen, doch hängt das zum Teil auch mit seiner Bauart als Topblow-Kühler zusammen. Auf der Habenseite hat der Topblow-Kühler dafür potenziell besser gekühlte Spannungswandler, weil das direkte Umfeld der CPU mit einem Luftstrom gekühlt wird. Der Wraith Max erreicht bei gleichem Schalldruckpegel ein deutlich besseres Ergebnis als der Wraith Spire, sodass die CPU selbst unter Volllast ohne merkliche Lärmentwicklung gekühlt werden kann.
Das „Problem“ des Wraith Max ist deshalb eher, dass er kaum zu bekommen ist. Aus Kostengründen wird bei den aktuellen Ryzen-Prozessoren dem Wraith Spire der Vorzug gegeben; den Wraith Max gibt AMD nur stromhungrigen älteren FX-Prozessoren mit auf den Weg zum Kunden. Die großen Ryzen 7 1700X und 1800X müssen sogar ganz auf einen Boxed-Kühler verzichten, weil AMD bei Käufern in diesen Preisregionen erwartet, ohnehin einen stärkeren Prozessorkühler mitzubestellen. Die Kühlerhersteller können es AMD danken – mit einem Wraith Max im Lieferumfang bestünde für viele kein Drang mehr nach einem größeren Prozessorkühler.
Weitere Informationen zum Thema PC-Kühlung gibt es im Grundlagen-Artikel Luft- & Wasserkühlung: Übersicht und Kaufberatung für jedermann. Das Archiv hält sämtliche Tests zum Themengebiet PC-Kühlung bereit.
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