550-W-Oberklassenetzteile im Test: BitFenix und Sea Sonic liefern ab 70 Euro gute Qualität
2/5Technik im Detail analysiert
Nach dem Lösen der Schrauben und dem Öffnen des Netzteils fällt der Blick auf die Elektronik. Wie immer gilt: Nicht nachmachen – Lebensgefahr!
Das BitFenix Formula Gold 550W weist größere technische Gemeinsamkeiten zur vollmodularen Whisper-M-Serie auf und wird erneut von CWT gefertigt. Aufgrund des verkleinerten Aufbaus und der fehlenden Modularität wurde aber ein eigenes Schaltungslayout von BitFenix entworfen. Inter-Tech hat das Armor 550W unverändert von dem chinesischen Fertiger Sama übernommen, das von diesem in Asien unter der eigenen Marke verkauft wird. Das Sea Sonic Focus Plus Gold 550W nutzt eine neue Plattform, die technisch aber große Gemeinsamkeiten mit den hauseigenen Prime-Netzteilen besitzt. So besteht der Resonanzwandler aus einer LLC-Vollbrücke – BitFenix und Inter-Tech bleiben hier bei einer Halbbrückenkonfiguration, wobei diese in der Leistungsklasse von 550 Watt absolut ausreicht.
Technische Daten | Formula Gold 550W | Sama Armor 550W | Focus Plus Gold 550W |
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Primärseite | |||
EMV-Filter | 2 X-, 4 Y-Kondensatoren, 2 CM-Drosseln, Ferrit | ||
Sicherungen | Feinsicherung, MOV | ||
Brückengleichrichter | Diodes GBU806 | Diodes GBU1006 | 2 Diodes GBU 1006 |
Aktive PFC | 2 MOSFETs (GP18S50G), 1 Diode (ST STTH8R06FP) | 2 MOSFETs (Great Power GPT21N50DG), 1 Diode (PFC) | 2 MOSFETs (Great Power GPT13N50DG), 1 Diode (NXP BYC8X-600) |
Einschaltstrombegrenzer | NTC + Relais | ||
Zwischenkreiskondensator | Rubycon (MXH-Serie) 470 µF, 450 V, 105 °C | Nippon-Chemi-Con (KMQ-Serie) 270 µF, 450 V, 105 °C | Nippon-Chemi-Con 390 µF, 400 V, 105 °C |
Standby-IC | Power Integrations TNY177PN | Excelliance MOS EM8569 | |
Konvertertopologie | LLC-Halbbrücke | LLC-Vollbrücke | |
Schalter | 2 Silan SVF20N50F | 2 Great Power GPT21N50DG | 4 Alpha & Omega AOTF8N50 |
Sekundärseite | |||
Wandlung Minor-Rails (5 V und 3,3 V) | DC-DC | ||
Gleichrichter +12 V | 4 MOSFETs (IR IRFH7004PBF) | 2 MOSFETs (Sinopower SM4021NAKP) | 2 MOSFETs (NXP PSMN2R6-40YS) |
DC-DC-Schalter 5 V und 3,3 V | je 1 Ubiq QM3004D und 1 Ubiq QM3006D | je 2 Sinopower SM3113N | MOSFETs |
Filterkondensatoren +12 V | 8 Feststoffkondensatoren 470 µF und 2 Nippon-Chemi-Con-Elkos (KZE-Serie) 2.200 µF | Feststoffkondensatoren 4 1.000 µF und 2 470 µF | 2 Nippon-Chemicon-Elkos 3.300 µF, Feststoffkondensatoren 4 470 µF und 3 270 µF |
Filterkondensatoren 5 V | 2 Feststoffkondensatoren 1.500 µF | Nippon-Chemi-Con-Elkos (KZE-Serie) 1 3.300 µF und 1 2.200 µF | 3 Feststoffkondensatoren 560 µF |
Filterkondensatoren 3,3 V | 2 Feststoffkondensatoren 1.500 µF | Nippon-Chemi-Con-Elkos (KZE-Serie) 1 3.300 µF und 1 2.200 µF | 3 Feststoffkondensatoren 560 µF |
Filterkondensatoren 5 VSB | Nippon-Chemi-Con-Elkos 1 2.200 µF (KZE-Serie) und 1 1.000 µF (KY-Serie) | 2 Nippon-Chemi-Con-Elkos 2.200 µF (KZE-Serie) | |
Supervisor-IC | Weltrend WT7518D und Sitronix ST9S429-PG14 | Grenergy GR8329N | Weltrend WT7527V |
Lüfter | |||
Modellbezeichnung | Martech DF1202512SELN | Hong Hua HA1225L12F-Z | Hong Hua HA1225H12F-Z |
Technische Daten | 120 mm, FD-Gleitlager, ? UPM | 120 mm, FD-Gleitlager, 1.600 UPM | 120 mm, FD-Gleitlager, 2.200 UPM |
Zur Eingangsfilterung nutzen die Netzteile dieselbe Anzahl an Bauelementen. Die aus Sicherheitsgründen notwendige Entladebeschaltung des X-Kondensators, der nach dem Trennen des Netzsteckers noch auf Höhe der Netzspannung geladen sein kann, ist bei allen drei Netzteilen vorhanden. Inter-Tech nutzt dafür allerdings anstatt eines intelligenten ICs einen Widerstand, der dauerhaft für minimale Verluste sorgt. Der MOV als passiver Schutz gegen transiente Überspannungen aus dem Niederspannungsnetz ist nur beim Formula Gold 550W mit Schrumpfschlauch umhüllt. Das ist notwendig, um zu verhindern, dass elektrisch leitfähige Teile nicht im Netzteil verteilt werden, falls das Bauteil wegen Überbeanspruchung explodiert. Die Gleichrichtung des Netzstroms erfolgt über einen beziehungsweise zwei Brückengleichrichter beim Focus Plus Gold 550W, die zudem sehr gut gekühlt werden.
Die nächste Station besteht aus einer aktiven PFC, die bei allen Netzteilen ähnlich gestaltet ist. Die Energie wird anschließend in großen Elektrolytkondensatoren zwischengespeichert, die von japanischen Marken stammen und aufgrund der Temperaturbewertung von 105 Grad Celsius langsam altern sollen. Große Unterschiede gibt es aber in deren Kapazität, denn der Elko des Formula Gold 550W besitzt fast den doppelten Wert des Elkos im Sama Armor 550W, sodass hier eine Sparmaßnahme feststellbar ist.
Verlustarme Energiewandlung
Der Hauptkonverter besteht aus einem LLC-Resonanzwandler, mit dem ohne Schaltverluste Energie auf die Sekundärseite übertragen werden kann. Dort wird zudem die 12-Volt-Schiene effizient mittels MOSFETs synchron gleichgerichtet. Hierbei setzen die Hersteller auf besonders verlustarme SMD-Varianten, die auf der Rückseite der Platine platziert wurden. Die Kühlkörper wurden indirekt per Lötverbindung angebunden, was aufgrund der hohen thermischen Leitfähigkeit von Lot aber eine effektive Maßnahme darstellt. Die Kühlfahne des Sama Armor 550W ist dabei relativ klein und dient gleichzeitig zur Stromübertragung. Das Aufgebot an Aluminiumfinnen von BitFenix und Sea Sonic ist an dieser Stelle mächtiger, sodass diese beiden Netzteile bessere Voraussetzungen für eine geringe Lautstärke besitzen, weil die Temperatur zur Steuerung des Lüfters in der Nähe der Synchrongleichrichter-MOSFETs ermittelt wird.
Die 3,3- und 5-Volt-Schiene (Minor-Rails) werden von DC-DC-Wandlern gespeist, die jeweils auf eine vertikale Platine verfrachtet wurden. Im Formula Gold 550W und Sama Armor 550W werden die MOSFETs ohne weitere Maßnahmen luftgekühlt – im Focus Plus Gold 550W wird die Wärme über einen Kühlblock auf eine größere Fläche verteilt. Dieses Modul setzt Sea Sonic scheinbar gleichermaßen für die Prime- wie für die Focus-Plus-Netzteile ein, worauf auch die identische Lastverteilung hindeutet. Als einziges Netzteil verfügt das Inter-Tech über einen Linearregler für die -12-Volt-Schiene, was im Allgemeinen aber nicht notwendig ist, weil die ATX-Spezifikation für diese Schiene mit +/‑ 10 Prozent besonders großzügige Toleranzen erlaubt.
Flüssige und trockene Elkos japanischer Marken
Als Ausgangsfilter setzen alle drei Hersteller auf einen Mix aus japanischen Elkos mit flüssigem und festem („Feststoffkondensator“) Elektrolyt. Letztere unterliegen einer wesentlich langsameren Alterung und besitzen eine höhere Wechselstrombelastbarkeit, bieten allerdings weniger Kapazität im Vergleich mit ihren flüssigen Derivaten. BitFenix und Sea Sonic bestücken die Minor-Rails komplett mit solchen Kondensatoren; Inter-Tech nutzt diese hingegen ausnahmslos auf der 12-Volt-Schiene, weshalb die Kapazität an dieser Stelle etwas geringer ausfällt.
BitFenix nutzt zwei Supervisor-ICs, um die drei Kanäle des Überstromschutzes auf der 12-Volt-Schiene bereitzustellen. Auch die beiden anderen Netzteile überwachen die Ausgangsströme, wobei die Absicherung der Minor-Rails im Sama Armor 550W das Durchbrennen der MOSFETs nicht verhindern konnte, wie der anschließende Test der Schutzschaltungen zeigt. Die Verarbeitung aller Netzteile ist ebenso wie die eingesetzten Materialien von hoher Qualität. Die Hauptplatine ist ein FR4-PCB mit doppelter Kupferschicht, das eine höhere Stromtragfähigkeit und ein intelligenteres Layout erlaubt. Die Anschlussplatine ist im Inter-Tech- und Sea-Sonic-Netzteil kabellos mittels Lötverbindungen angebunden, was einen besseren Luftstrom ermöglicht und aufgrund zusätzlicher Aluschienen nur geringe Übertragungsverluste bedeutet. Die Lötqualität des Formula Gold 550W und Focus Plus Gold 550W überzeugen.
Anders sieht es beim Sama Armor 550W aus, bei dem Verbesserungspotential für die Handlötstellen besteht. An diesen wurde nämlich teilweise zu viel Lot angebracht, was Lotkugeln zur Folge hat, und an einer Stelle konnte eine geringfügige Delamination einer Leiterbahn festgestellt werden, was auf einen zu heißen oder langen Lötvorgang hindeutet. Im Allgemeinen ist die Lötqualität des Inter-Tech-Musters aber auch gut und bei den geschilderten Beobachtungen könnte es sich um einen Einzelfall handeln.
Kreative sind hier keine technisch optimalen Ideen
Etwas seltsam mutet zudem das Layout des Sama Armor 550W an. Denn die Primärseite ist im Vergleich zu üblichen Designs um 90 Grad gedreht angeordnet. Nachteilig könnten sich die etwas längere Netzleitung auf die Verluste und der große primärseitige Kühlkörper auf das akustische Design auswirken, weil dieser mit seiner Ausrichtung den Luftstrom blockt, was für ein bestimmtes Fördervolumen einen höheren statischen Druck erfordert. Außerdem mutet die Umsetzung des Stromwandlers in Bild 31 der Galerie etwas komisch an, weil zum Messen des primärseitigen Magnetisierungsstroms die Leitung auf die Sekundärseite und wieder zurück geführt wurde.
Ausdauernde FDB-Lüfter
BitFenix liefert seinen Netzteillüfter erneut von Martech zu, dieser besitzt aber anders als bei der Whisper-M-Serie eine Kantenlänge von 120 statt 135 mm. Inter-Tech und Sea Sonic setzen mit Hong Hua auf einen im Netzteilbereich sehr verbreiteten Lüfterhersteller. Obwohl beide Lüfter dieselbe Größe aufweisen, unterscheiden sie sich in zwei Details. Der des Sama Armor 550W hat eine niedrigere Nenndrehzahl, aber mehr Lüfterblätter. Bezüglich des Fördervolumens dürften beide Varianten ähnliche Eigenschaften aufweisen. Die breiteren Lüfterblätter des Focus Plus Gold 550W dürften aber zu einem höheren statischen Druck verhelfen. Alle drei Modelle sollen das patentierte FD-Gleitlager nutzen, das gegenüber einfacheren Varianten aufgrund des langsameren Austrocknens für eine längere Lebensdauer sorgen soll.