Far Cry 5 im Test: Benchmarks und Eindrücke aus der schönen Sandbox
5/6Karnevalswelten
Dabei liegt der düstere Ernst der Erzählung über Kreuz mit dem heiteren Gameplay und der Präsentation im Open-World-Segment des Spiels. Die heitere Sandbox, die Ubisoft nach allzu bekanntem Muster aufzieht, hat gewohnten, explosiven Vergnügungspark-Charakter nach Schema F mit üblichen Requisiten. Heitere Waffenbeschreibungen, abgedrehte Stunts und mit launiger Rockmusik unterlegte Schießgalerien lassen jeden Gedanken an inhaltliche Tiefe vergessen, sie haben hier keine Relevanz. Willkommen in Hope County, der nächsten offenen Welt nach der Ubisoft-Formel.
Dass dieser Bruch erkennbaren Sinn im Gesamtkontext hat, dafür gibt das Spiel keinen Anhaltspunkt, obgleich eine gelungene Einbindung solche Widersprüche elegant nutzen könnte. Statt intelligenter Erzählung warten indes Klischees, Banalitäten und vor allem Entertainment bei Quests und Inhalt ohne tiefere Dimension. Teils kommt das Angebote nicht einmal über billige Beschäftigungstherapie hinaus, bei der der Spieler drei Gegenstände im Umkreis sammeln darf, weil die hilflosen Landbewohner ihre Sprinkleranlage (natürlich) nicht selbst reparieren können.
Alte Welt in neuer Umgebung
Die alte Open-World- und Ubisoft-Formel wird so einfach von Spiel zu Spiel verpflanzt und angedockt. Spielerisch tritt die Serie damit zumindest gefühlt auf der Stelle. Schätze können zwar nun mit Gewinn erst nach kleinen Rätseln geplündert, Flugzeuge und Helikopter genutzt, eine größere Anzahl Autos bewegt werden. Optionale Hilfe durch steife KI-Begleiter und kooperatives Spiel sind sicherlich ebenso sinnvolle Änderungen wie das Skillsystem, das Fertigkeitspunkte nun über Herausforderungen zugänglich macht: Nicht länger müssen drei Schweine gejagt werden, um aus ihrem Leder eine minimal größere Geldbörse zu fertigen. Die Ablöse des alten Crafting-Modells wirkt allerdings beliebig und entwertet die Aktivitäten, weil sich jede nur noch um Geld dreht. Auch hier ergibt sich daraus keine Aussage, weil das Geld nicht an den Inhalt des Spiels, sondern an Progression und Mikrotransaktionen gekoppelt wird. Erzählung und Gameplay passen so, anders als in vorherigen Serienablegern, nicht zusammen.
Far Cry bleibt zu sehr Far Cry
Am Spielgefühl selbst aber ändert sich durch all diese Änderungen quasi nichts. Das liegt daran, dass man noch immer Gebiet um Gebiet befreit, einen allzu bekannten Widerstandsbalken füllt, Außenposten säubert und Widersacher beiseite räumt, die sich von denen aus Far Cry 2, 3 und 4 nur durch ihre Kleidung unterscheiden. So fühlt sich der Stillstand in diesem Bereich bedrückend an, weil man von einer Serie spricht, die seit 2012 quasi unverändert neu aufgelegt wird. Es ist aber keineswegs so, als mache das keinen Spaß mehr.
Hübsche Explosionen, Feuer-Physik, nicht gescriptetes Chaos und die Verlockung des „Spiel wie und was du willst“ funktionieren in Far Cry kompetent genug, nur könnte dieser Sandkasten eben jeder Sandkasten sein, es braucht dazu kein neues Spiel. Dass die Bausteine anderer Ubisoft-Spiele im Arcade-Level-Editor genutzt werden dürfen, spricht Bände. Nicht einmal das Balancing passt, die Schwierigkeitskurve flacht zur Mitte des Spiels hin enorm ab: Die besten Waffen und Fahrzeuge gibt es im Laufe der Story und frühzeitig.
Wer das M60-Maschinengewehr im Inventar hat, braucht kaum eine andere Waffe. Seine Effektivität gegen Fahrzeuge und Kultisten, das große Magazin und die beeindruckende Genauigkeit machen es zum „Schweizer Taschengewehr“, während uninspirierte, weil immer gleiche Waffen-Upgrades wiederum dem Ubisoft-Standardinstrumentarium für offene Welten entstammen. Sie ergeben nur keinen Sinn, wenn jede Waffe mit Visier, Schalldämpfer und größerem Magazin verbessert werden kann und muss – hier wird das Upgrade zum pflichtbewussten Anklicken von Optionen, die kaum noch Wahlcharakter haben.
Zu tun gibt es immerhin genug. Die Welt steckt voller Dinge zum Befreien und Zerstören aus der Luft, Land und vom Wasser aus, wer mag kann selbst Fischen gehen. Vorwerfen lässt sich Ubisoft hier, die Blaupause selbst nicht weiterentwickelt zu haben. An manchen Ecken offenbart sich die Kulisse zu sehr als solche: Es nervt, wenn der Kult alle 250 Meter eine Geisel an der Straße nimmt und geduldig wartet, bis der vorbeifahrende Spieler irgendwann anhält, um an dieser Schießbude anzustehen. Von Moment zu Moment gibt es genug freizuschalten, zu erkunden und zu entdecken, um sich ordentlich zu unterhalten.
Gamedesign
Zumindest bis Ubisoft den Moment für Story gekommen sieht und den Spieler mitten in seinen Beschäftigungen durch Bildschirm-Verdunklung von wechselnden Schurken entführen lässt, um eine weitere Folterszene oder eine Audioübertragung einzubinden, in der sie natürlich nur den Spieler mit ihrer Lebensgeschichte volltexten müssen. Diese bemerkenswert unsubtile, ja brachiale Zwangsentführung mag die emotionale Achterbahnfahrt einer solchen – Wut, Ohnmacht – vermitteln, wirkt aber im Kontext übriger Abkürzungen wie schlechtes Gamedesign. Und das ist das größte Problem von Far Cry 5: Das Ergebnis wirkt, als hätte nicht der Inhalt das Gameplay, sondern das vorausgesetzte Gameplay das Ganze bestimmt.
Mikrotransaktionen
Zusätzlich Geld verdienen möchte Ubisoft in Far Cry 5 derzeit mit einem Season Pass, der drei DLC-Episoden in neuer Umgebung enthält, sowie der Möglichkeit, Grind abzukürzen. Schlüssel dazu ist die Premium-Währung „Silberbarren“, mit der sich alternativ zu den Spieldollars bei den virtuellen Händlern bezahlen lässt. Zu kaufen gibt es für Euros aber lediglich besondere Waffen- und Fahrzeug-Varianten in aufwändigerer Gestaltung sowie Kleidung für den Protagonisten, der nie im Bild zu sehen ist. Das System lässt sich daher ohne größere Mühe ignorieren.
Dass eine Schnellauswahl für Favoriten-Waffen oder bereits gekaufte Modelle fehlt, ist zudem als Werbung für das Shopsystem zu verstehen, weil die Startseite stets „Premium-Deals“ zeigt. Spielerische Vorteile haben die kaufbaren Spielelemente aber nicht und auch die Preisgestaltung liegt noch in Sichtweite ihrer einfachen Gegenstücke. Preise liegen zwischen fünf (500 Silberbarren) und fünfzig Euro (7.225 Silberbarren), Premium-Gegenstände kosten zwischen 50 und 500 Barren.