Nvidia GPP: Vorwürfe gegen das neue GeForce Partner Program
Das neue Nvidia GeForce Partner Program (GPP) soll es Spielern erleichtern, die volle Transparenz über das ihnen verkaufte GPU- und Software-Equipment zu erlangen, um daraufhin die richtige Wahl zu treffen: GeForce. Ein US-Journalist erhebt jetzt schwere Vorwürfe zu den Hintergründen. Ein Überblick.
Das hat Nvidia öffentlich gesagt
Nvidia hat die neue Initiative am 1. März im Blog des Unternehmens vorgestellt. Ziel des Programms sei es, Spielern dabei zu helfen, sich darüber im Klaren zu sein, was sie kaufen. Und auch wenn AMD und Nvidia Partnern seit Jahren vorschreiben, in Produktbeschreibungen von Grafikkarten die komplette Bezeichnung des Chip-Herstellers mitzuführen (zum Beispiel Asus ROG GeForce GTX 1070 Ti Strix), sieht Nvidia in diesem Punkt offensichtlich noch Nachholbedarf. Das Problem: Auch Partner haben Marken und die stehen nicht exklusiv für Nvidia oder AMD. Beispiel: Asus Republic of Gamers (ROG).
Ziel des Programms sei es deshalb, die Transparenz gegenüber dem Kunden zu erhöhen. Nvidia erklärt: „Diese Transparenz [für Kunden] ist nur dann möglich, wenn Nvidias Marken und die Marken der Partner konsistent sind“. Ein konkretes Beispiel nennt der Hersteller nicht.
Dafür verspricht der Hersteller den Partnern, ihre Marken „im Internet, auf Social-Media-Plattformen, Veranstaltungen und mehr“ zu bewerben und dass „GPP-Partner frühen Zugang zu den neuesten Technologien haben werden“. Auch die frühe Expertise der Ingenieure von Nvidia sei den Partnern sicher. Nvidia erklärt: „GPP stellt sicher, dass unsere Anstrengungen in der Entwicklung und im Marketing die Marken unterstützen, die Kunden mit GeForce verbinden“.
Gleichzeitig stellt Nvidia klar: „Das Program ist nicht exklusiv. Teilnehmer haben weiterhin die Möglichkeit Produkte von jedem anderen [Hersteller] zu verkaufen und zu bewerben. Partner entscheiden sich selbst zur Teilnahme und können sie jederzeit wieder beenden. Es gibt keine Verpflichtung zur Zahlung von Geld oder Rabattierung von Produkten, um am Programm teilzunehmen.“ Mehr Informationen zu dem Programm gab es bisher nicht.
Aufsehen erregt hat Nvidias Ankündigung trotz zahlreicher potentiell weitreichender Passagen vor einer Woche nicht. Zu wenig greifbar waren und sind der Titel und viele der darin getroffenen Aussagen. Eine Woche später sieht das anders aus. Auslöser ist ein Bericht von Kyle Bennett, seit 20 Jahren verantwortlich für [H]ard|OCP.
Recherchen nach einem Tipp von AMD
Der Tipp zur Recherche kam wiederum von der Konkurrenz. AMD habe Bennett und weitere US-Journalisten vor einigen Wochen auf das neue Programm von Nvidia aufmerksam gemacht – noch bevor es am 1. März über das Blog des Unternehmens öffentlich gemacht wurde. Das Vorgehen ist nicht neu, immer wieder erhalten Journalisten – auch ComputerBase – von Firmen Hinweise dieser Art. In der Regel sind sie noch derart vage formuliert, dass dem jeweiligen Tippgeber nicht unterstellt werden kann, das betroffene Unternehmen selbst an den Pranger gestellt zu haben. Ob und was an der Geschichte dran ist, müssen dann Recherchen zeigen.
Der Hinweis allein, so Bennett, hätte auch in diesem Fall noch keine Meldung ergeben. Drei Wochen Recherche in der Industrie hätten jetzt aber ein Bild gezeichnet, das nur eine Schlussfolgerung zulässt: Das Nvidia GeForce Partner Program werde die Auswahl, die Kunden treffen können, nicht positiv sondern negativ beeinflussen. Seine Bewertung der Initiative fällt durchweg negativ aus.
Republic of Gamers nur mit Nvidia GeForce?
Bennett führt das auf eine zentrale Voraussetzung für die Teilnahme an dem Programm zurück, die Interessenten vertraglich bestätigen müssen: Partner wie Asus, Gigabyte oder MSI müssten „ihre Gaming-Marke exklusiv auf GeForce ausrichten“. Nvidias wenig konkrete Aussage zur Synchronisation der eigenen Marke mit einer Marke des Partners bekommt damit ein Gesicht. Bennett habe diese Forderung in dieser Form in den Bedingungen einsehen können.
Er nennt als Beispiel die Serie Republic of Gamers (ROG) von Asus, die nach Beitritt zum GPP demzufolge nur noch GPUs von Nvidia beinhalten dürfte. Analogien wären Gaming von MSI oder Aorus von Gigabyte. Ob die Marken für andere Produktkategorien wie Mainboards weiterhin genutzt werden dürften, ist nicht ersichtlich.
If ASUS is an NVIDIA GPP partner, and it wants to continue to use NVIDIA GPUs in its ROG branded video cards, computers, and laptops, it can no longer sell any other company's GPUs in ROG products. So if ASUS want to keep building NVIDIA-based ROG video cards, it can no longer sell AMD-based ROG video cards, and be a GPP partner.
Kyle Bennett
Noch mehr Konsequenzen für die, die nicht mitmachen
Bennett übt allerdings nicht nur Kritik an den Vorschriften für Teilnehmer am Programm, sondern auch an den Konsequenzen für die, die sich dem Programm verschließen. Schon auf die von Nvidia öffentlich genannten Vorteile zu verzichten, klingt nach einem harten Einschnitt. Laut Bennett geht darüber hinaus aber auch der Zugriff auf Spiele-Bundles, von Nvidia finanzierte Rabattaktionen und den Marketing Development Fund im Handel verloren. Zudem, so Bennett, sei zwar nicht vertraglich, aber zwischen den Zeilen in Aussicht gestellt worden, GPUs mit Priorität nur an Teilnehmer zu vergeben.
Bennett schlussfolgert: „Es besteht kein Zweifel, dass Nvidia GPP bestechende Gemeinsamkeiten mit dem, was Intel in der Vergangenheit an als wettbewerbsfeindliches bezeichnetes Verhalten an den Tag gelegt hat, aufweist.“ Er sieht Parallelen zum Intel-Inside-Programm.
Die massiven Anschuldigungen stehen bei Bennett aber nicht allein im Raum. Gleichzeitig referiert er über die bereits geklärte anwaltliche Absicherung und dass er sich des Bruches mit Nvidia bereits bewusst ist. Dem eigentlichen roten Faden lässt sich so nur schwer folgen.
Nvidia verweist auf Blog
Dass Nvidia GPP Partner wie Asus dazu zwingt, ihre aktuell stärkste Marke exklusiv Nvidia bereitzustellen, oder andernfalls als Partner 2. Klasse behandelt zu werden, eine bis dato nicht unabhängig bestätigte Schlussfolgerung. Nvidias eigene Verlautbarungen sprechen nicht dagegen, sie bestätigen sie aber auch nicht.
Gegenüber Bennett hat Nvidia weder im Vorfeld noch im Nachgang zu seiner Veröffentlichung ein Statement abgegeben. Auf Nachfrage von Forbes und ComputerBase verwies der Hersteller lediglich auf den Blog-Beitrag vom 1. März.
Bisher nicht unabhängig bestätigt
ComputerBase kann die von Bennett erhobene Behauptung, Partner müssten „ihre Gaming-Marke exklusiv auf GeForce ausrichten“, bisher weder bestätigen noch belegen. Für die Beurteilung der Tragweite des Nvidia GPP ist dieser Punkt allerdings von zentraler Bedeutung.
Wie groß Nvidias Einfluss auf den Partner ist, hängt am Ende nämlich genau davon ab, ob sie dem Programm mit einer neuen und exklusiv für GeForce aufgelegten Marke, oder nur der bestehenden starken Marke beitreten können. Die von Nvidia im Blog-Beitrag vom 1. März selbst angesprochene Konsistent zwischen der eigenen Marke und der Marke eines Partners ist hier nicht eindeutig genug. Dass es die bereits bestehende starke Marke sein muss, steht dort nicht.