AMD Ryzen 2000 im Test: Ryzen 5 2600 in Spielen schneller als Ryzen 7 1800X
tl;dr: AMD legt Ryzen für den Desktop-PC neu auf. Im Test erweisen sich Ryzen 7 2700X, 2700 sowie Ryzen 5 2600X und 2600 besonders in Spielen als sehr stark. Vor allem die von AMD mit Zen+ gesenkten Speicherlatenzen lassen dem Vorgänger in dieser Disziplin keine Chance: Der Ryzen 5 2600 schneidet besser ab als der Ryzen 7 1800X.
AMD Ryzen 2000: Spiele profitieren deutlich von Zen+
Auf vielfachen Wunsch aus der Community hat ComputerBase den Artikel um Spiele-Benchmarks zum Thema Dual-Rank- vs. Single-Rank-RAM erweitert. Im Gegensatz zu den von Ryzen 1000 bekannten Leistungsvorteilen durch den Wechsel auf Dual-Rank-Speicher konnte im Test mit Ryzen 2000 aber vorerst kein Zugewinn bei den FPS oder Frametimes festgestellt werden.
Vor gut einem Jahr gelang AMD mit der Veröffentlichung von Ryzen 7 1800X, 1700X und 1700 (Test) ein Achtungserfolg: Quasi aus dem Nichts konnte der zu Zeiten von Athlon XP und Athlon 64 so erfolgreiche Intel-Konkurrent wieder wettbewerbsfähige CPUs anbieten. Ryzen 5 1600X, 1600, 1500X und 1400 (Test) standen dem einen Monat später in nichts nach. Intel erwischte das kalt. Die Topmodelle behielten zwar in Spielen dank hohen Taktraten die Oberhand, in Anwendungen zogen aber selbst günstigere Ryzen an Intels teuren CPUs vorbei. Erst mit der Einführung der Sechs-Kern-Modelle aus der Coffee-Lake-Serie im Herbst 2017 konnte Intel AMD auch in Anwendungen wieder Paroli bieten und die starke Stellung in Spielen weiter ausbauen.
Mit der 2. Generation der Ryzen-CPUs für den Sockel AM4 auf Basis der angepassten Zen-Architektur („Zen+“) ist jetzt wieder AMD am Zug. Zum heutigen Start von „Pinnacle Ridge“ gibt es vier CPUs: Das neue Topmodell Ryzen 2700X sowie der Ryzen 7 2700 mit jeweils acht Kernen und Ryzen 5 2600X sowie Ryzen 5 2600 mit sechs Kernen. Der Wechsel auf die 12-nm-Fertigung, neue Turbo-Mechanismen und Design-Anpassungen mit Auswirkungen auf die Speicherlatenz versprechen deutlich mehr Leistung gegenüber den Vorgängern. Und der Test wird zeigen, dass dieses Versprechen insbesondere bei Spielen mehr als gehalten wird.
Alle vier Ryzen-2000-CPUs im App- und Spiele-Test
ComputerBase analysiert auf den folgenden Seiten gleich alle vier neuen CPUs von AMD. Nur die beiden X-Modelle wurden dabei von AMD gestellt, Ryzen 7 2700 und Ryzen 5 2600 hat die Redaktion hingegen über andere Wege organisiert. Das neue Topmodell lag ComputerBase deshalb sogar zweimal vor, die Resultate waren identisch.
Im Fokus steht die Leistung in Spielen, denn nach den ersten Benchmarks war schnell klar: Die Entwicklung von Zen auf Zen+ ist es wert, hier tiefer ins Detail zu gehen. Dabei hat ComputerBase nicht nur die absolute Leistung ermittelt, sondern auch analysiert, welche Neuerungen dafür verantwortlich sind, ist dem Einfluss des CPU-Kühlers oder des Chipsatzes auf die Leistung nachgegangen und hat sowohl Speicher als auch die CPU übertaktet.
Neue Fertigung und höhere IPC
Die größte Änderung der Pinnacle-Ridge-Generation gegenüber dem Summit-Ridge-Vorgänger und den Raven-Ridge-APUs ist die Fertigung. AMD ist beim „Zen+“ genannten Design von 14 nm LPP (Low Power Performance) auf 12 nm LP (Leading Performance) gewechselt. Beide Fertigungstechnologien stammen von Globalfoundries. Der 12-nm-Prozess soll bei gleichem Takt eine um elf Prozent geringere Leistungsaufnahme beziehungsweise bei gleicher Leistungsaufnahme eine 16 Prozent bessere Performance ermöglichen als die 14-nm-Fertigung. AMD hat den neuen Prozess bei jeder neuen CPU auch zur Umsetzung höherer Taktraten genutzt. Einzelne Modelle legen um 500 MHz zu, der Ryzen 7 2700X erreicht mit 4,35 zu 4,10 GHz (Summit Ridge) einen um 250 MHz höheren maximalen Takt für Ryzen. Bei gleichem Takt benötigen die Ryzen-2000-Prozessoren hingegen etwa 0,05 Volt weniger Spannung als die Vorgänger, so AMD.
Wie Joe Macri, AMD Vice President & Chief Technology Officer, gegenüber ComputerBase erklärte, nutzt der Hersteller nicht alle Vorteile der neuen Fertigung. AMD nutzt einzig die schnelleren Transistoren sowie die bessere Energieeffizienz von 12LP. Allerdings nicht die kleineren Strukturen und damit die neuen Libraries. Deshalb ist der Pinnacle-Ridge-Die genau gleich groß (213 mm²) und verfügt über dieselbe Anzahl an Transistoren (4,8 Milliarden) wie Summit Ridge. Vorteil: Die Entwicklungskosten will AMD so deutlich reduziert haben.
Die Latenzen von Cache und Speicher wurden reduziert
Abgesehen vom Prozess hat AMD die meiste Arbeit in die Reduzierung der Latenzen von Cache und Speicher gesteckt. Laut AMD soll Zen+ eine bis zu 13 Prozent bessere Latenz beim L1-Cache als Zen bieten. Beim L2-Cache soll die Latenz um bis zu 34 Prozent besser ausfallen und beim L3-Cache um bis zu 16 Prozent. Auch die Speicherlatenz wurde bei den neuen Ryzen-Prozessoren verbessert, sie soll um bis zu elf Prozent besser ausfallen. In Summe über diese Verbesserung soll die IPC von Zen+ um drei Prozent höher als beim Original ausfallen.
Vorteil Zen+ zu Zen laut AMD | |
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Latenz L1-Cache | -13 Prozent |
Latenz L2-Cache | –34 Prozent |
Latenz L3-Cache | –16 Prozent |
Latenz RAM | -11 Prozent |
IPC | +3 Prozent |
Weitere Architekturänderungen hat es bei Zen+ nicht gegeben. Zusätzliche Leistungssteigerung kommt jedoch auch durch einen veränderten Turbo-Mechanismus zu Stande.
Neuer Turbo für Mehr-Kern-Lasten
Pinnacle Ridge mit Zen+ wurde wie die APU Raven Ridge mit Zen auf den Turbo Precision Boost 2 aktualisiert. Das erlaubt der CPU, den maximalen Takt feiner an das aktuelle Szenario anzupassen. Die erste Ryzen-Generation zeigte unabhängig der Auslastung ein ziemlich starres Taktverhalten: Wurden nur zwei Kerne ausgelastet, lag der schnellste Takt an, schon ab Last auf drei Kernen dann aber eine deutlich geringere Frequenz. Weitere Abstufungen gab es nicht.
Precision Boost 2, das bereits in Raven Ridge Verwendung fand, ändert das deutlich. Die 25-MHz-Schritte zur Taktanpassung sind zwar geblieben, je nach Anzahl der ausgelasteten Kerne gibt es jetzt aber deutlich mehr Zwischenschritte. Der Turbo der CPU ist unter Last damit dauerhaft Schwankungen unterlegen, deren Ziel es ist, immer das aktuelle Maximum auszuloten – das erinnert an den Turbo moderner GPUs. Neben der Auslastung spielt auch die Stromstärke sowie die Temperatur eine Rolle bei Precision Boost 2. Bei hohen CPU-Temperaturen fällt der Takt automatisch geringer als bei niedrigen aus, unabhängig von der Auslastung.
Der neue Boost ändert also bei geringer (1 oder 2 Kerne) und bei voller Last (alle Kerne) wenig bis gar nichts am Taktverhalten bei Ryzen 2000. Bei Teillast sind dagegen größere Unterschiede zu erwarten, weil Ryzen 1000 hier automatisch mit dem All-Core-Turbo gearbeitet hat, Ryzen 2000 aber mit höheren Zwischenschritten umgehen kann. So weit zum „Standard-Turbo“.
Neuer Zusatz-Turbo XFR 2 für alle Kerne
Schon die 1. Generation Ryzen bot mit XFR (Extended Frequency Range) einen weiteren Turbo, der nur dann ansprang, wenn die CPU auf maximal zwei Kernen belastet wurde, das Leistungsbudget nicht ausgeschöpft und die Heatspreader-Temperatur unter 60 °C gehalten wurde. Auch Raven Ridge setzt noch auf XFR. Pinnacle Ridge nutzt hingegen jetzt XFR 2.
XFR 2 behält die bekannten Grenzen bei Temperatur und Leistungsaufnahme bei, funktioniert jetzt aber selbst dann, wenn alle Kerne der CPU genutzt werden. Die Temperatur sollte in diesem Fall zwar meist zu hoch liegen, aber einen generellen Ausschluss für XFR gibt es mit XFR 2 bei Last auf mehr als drei Kernen nicht mehr. Eine Angabe, wie viel zusätzlichen Takt XFR 2 maximal herausholen kann, gibt es von AMD nicht mehr.
Temperatur-Offset nur noch beim Ryzen 7 2700X
Damit XFR besser greift, hat AMD beim ersten Ryzen in den X-Versionen eine Offset-Temperatur eingebaut, um der Lüftersteuerung eine um 20 °C höhere Temperatur vorzugaukeln. War die CPU eigentlich 60 Grad warm, hat bei einem 20-Grad-Offset wie beim Ryzen 7 1800X die Lüftersteuerung so reagiert als wäre die CPU eigentlich 80 Grad warm, um die CPU für XFR auch weiterhin unter 60 °C zu halten. Bei Ryzen 2000 verzichtet AMD bis auf eine Ausnahme auf dieses Offset: Nur der Ryzen 7 2700X bietet es noch, es wurde allerdings von 20 auf 10 °C halbiert. Die meisten Tools wie HWiNFO wissen bereits über diese Eigenheit und zeigen beide Temperaturen an.
XFR 2 soll auch mit dem Boxed-Kühler greifen
Der Ryzen 7 2700X soll durch XFR 2 laut AMD bereits mit dem Boxed-Kühler Wraith Prism um vier Prozent zulegen können. Mit dem Noctua NH-D15S sollen es sieben Prozent sein. Die Ergebnisse wurden im Cinebench R15 von AMD gemessen.
Precision Boost Overdrive „übertaktet“ die Spezifikationen
Zu guter letzt gibt es bei Pinnacle Ridge noch einen völlig neuen Boost Modus, der jedoch nicht den Prozessor, sondern das Mainboard beeinflusst, und nach aktuellem Stand noch nicht von Partnern umgesetzt wurde. Precision Boost Overdrive sorgt dafür, dass kurzfristig einige vom Mainboard festgelegten maximalen Parameter wie Package Power, Spannung und Stromstärke überschritten werden können, um so die Taktrate der CPU weiter anzuheben.
Technisch funktioniert Precision Boost Overdrive auf jedem Mainboard, selbst auf einer günstigen A320-Platine. Allerdings muss jeder Mainboardhersteller für jedes einzelne Board Precision Boost Overdrive freigeben, da jede Platine ein eigenes Limit hat. Man kann davon ausgehen, dass Hersteller das nur bei den X470-Mainboards machen werden, vielleicht noch bei den älteren X370-Topmodellen. Weitere Modelle erscheinen jedoch unwahrscheinlich, da dies zusätzlichen Aufwand und damit auch Kosten bedeutet.
„XFR Enhanced“ existiert nicht
Getestet werden konnte Precision Boost Overdrive noch nicht, denn weder das Mainboard von Asus noch das von MSI boten bereits diese Funktion. Ebenfalls nicht getestet werden konnte der auf im Vorfeld der Markteinführung veröffentlichten Folien genannte Turbo „XFR Enhanced“. Grund: Den gibt es nicht. Die Folien waren in diesem Punkt entweder falsch oder noch nicht auf dem finalen Stand.