HTC U12+ im Test: Der nächste Hoffnungsträger zum Drücken
tl;dr: Das HTC U12+ ist ab sofort im Handel verfügbar. Es ist der nächste Hoffnungsträger für den Hersteller. Das massive Smartphone überzeugt im Test mit einer starken Dual-Kamera, der fehlerfreien Verarbeitung und dem hohen Tempo. Das Display und die Tasten, die keine sind, bleiben dabei aber auf der Strecke.
(Wieder) ein neuer Hoffnungsträger
HTC ist noch immer nicht aus dem unruhigen Fahrwasser raus. Die Fragezeichen rund um den kriselnden Hersteller sind groß. Die Smartphone-Sparte, die ehemals das Zugpferd des Unternehmens war, kämpft mit schleppenden Verkäufen. Seit Ende Januar 2018 hat zudem ein großer Teil der Mitarbeiter, die auch an den Pixel-Smartphones arbeiteten, die Firma Richtung Google für eine Zahlung von rund 1,1 Milliarden US-Dollar verlassen.
Der neue Hoffnungsträger für das Smartphone-Geschäft ist trotzdem da: Das HTC U12+ folgt auf das letztjährige und eher weniger beachtete U11+, welches wiederum auf dem relativ erfolgreichen und positiv aufgenommenen U11 (Test) basierte. Mit dem Zusatz „+“ stellt HTC zugleich klar: Dieses Jahr wird es kein weiteres Modell darüber mehr geben.
Dabei bleibt HTC der eingeschlagenen Linie treu. Auch im U12+ gibt es das Liquid-Surface-Design sowie den druckempfindlichen Rahmen Edge Sense. Die Kamera, zuletzt ein herausstechendes Merkmal, hat HTC ebenfalls weiter verbessert. Zusätzlich folgt der Hersteller nicht dem Trend zu einer Notch, doch die Rahmen bleiben markant. Im Test kann auch das hohe Tempo überzeugen. Doch das Display und die falschen Tasten werfen das Smartphone zurück.
Technische Daten im Vergleich
HTC U12+ |
Samsung Galaxy S9+ |
Google Pixel 2 XL |
Apple iPhone X |
|
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Software: (bei Erscheinen) |
Android 8.0 | iOS 11 | ||
Display: | 6,00 Zoll, 1.440 × 2.880 537 ppi S-LCD, HDR, Gorilla Glass |
6,20 Zoll, 1.440 × 2.960 531 ppi WQHD+ Super AMOLED, HDR, Gorilla Glass 5 |
6,00 Zoll, 1.440 × 2.880 537 ppi POLED, Gorilla Glass 5 |
5,80 Zoll, 1.125 × 2.436 463 ppi, 60 Hz OLED, HDR |
Bedienung: | Touch, Fingerabdrucksensor, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor, Iris-Scanner, Gesichtsscanner, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor | Touch, 3D Touch, Gesichtsscanner |
SoC: | Qualcomm Snapdragon 845 4 × Kryo 385, 2,80 GHz 4 × Kryo 385, 1,80 GHz 10 nm, 64-Bit |
Samsung Exynos 9810 4 × Exynos M3, 2,70 GHz 4 × Cortex-A55, 1,80 GHz 10 nm, 64-Bit |
Qualcomm Snapdragon 835 4 × Kryo 280, 2,45 GHz 4 × Kryo 280, 1,90 GHz 10 nm, 64-Bit |
Apple A11 Bionic 2 × Monsoon, 2,39 GHz 4 × Mistral 10 nm, 64-Bit |
GPU: | Adreno 630 | Mali-G72 MP18 572 MHz |
Adreno 540 710 MHz |
Apple Tri-Core |
RAM: | 6.144 MB LPDDR4X |
4.096 MB LPDDR4X |
3.072 MB LPDDR4X |
|
Speicher: | 64 / 128 GB (erweiterbar) | 64 / 256 GB (erweiterbar) | 64 / 128 GB | 64 / 256 GB |
1. Kamera: | 12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/1,70, AF, OIS |
12,0 MP, 2160p LED, f/1,50, AF, OIS |
12,2 MP, 2160p Dual-LED, f/1,80, AF, OIS |
12,0 MP, 2160p Quad-LED, f/1,80, AF, OIS |
2. Kamera: | 16,0 MP, f/2,60, AF, OIS | 12,0 MP, f/2,40, AF, OIS | Nein | 12,0 MP, f/2,40, AF, OIS |
3. Kamera: | Nein | |||
4. Kamera: | Nein | |||
5. Kamera: | Nein | |||
1. Frontkamera: | 8,0 MP, 1080p Display-Blitz, f/2,00, AF |
8,0 MP, 1440p Display-Blitz, f/1,70, AF |
8,0 MP, 1080p f/2,40 |
7,0 MP, 1080p Display-Blitz, f/2,20 |
2. Frontkamera: | 8,0 MP, f/2,0, AF | Nein | ||
GSM: | GPRS + EDGE | |||
UMTS: | HSPA+ ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
DC-HSPA ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
||
LTE: | Advanced Pro ↓1.200 ↑150 Mbit/s |
Advanced Pro ↓1.200 ↑200 Mbit/s |
Advanced Pro ↓800 ↑75 Mbit/s |
Advanced ↓600 ↑150 Mbit/s |
5G: | Nein | |||
WLAN: | 802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct, Miracast |
802.11 a/b/g/n/ac | ||
Bluetooth: | 5.0 | 5.0 LE | 5.0 | |
Ortung: | A-GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo | A-GPS, GLONASS, Galileo, QZSS | ||
Weitere Standards: | USB-C 3.1, NFC | USB-C 3.0, NFC | Lightning, NFC | |
SIM-Karte: | Nano-SIM, Dual-SIM | Nano-SIM Variante Nano-SIM, Dual-SIM |
Nano-SIM | |
Akku: | 3.500 mAh fest verbaut |
3.500 mAh (13,48 Wh) fest verbaut, kabelloses Laden |
3.520 mAh (13,60 Wh) fest verbaut |
2.716 mAh (10,35 Wh), 7,5 W fest verbaut, kabelloses Laden |
Größe (B×H×T): | 73,9 × 156,6 × 8,70 mm | 73,8 × 158,1 × 8,50 mm | 76,7 × 157,9 × 7,90 mm | 70,9 × 143,6 × 7,70 mm |
Schutzart: | IP68 | IP67 | ||
Gewicht: | 188 g | 189 g | 175 g | 174 g |
Preis: | 799 € / – | ab 235 € / ab 232 € / 1.049 € | 939 € / 1.049 € | ab 330 € / ab 380 € |
Massives Smartphone ohne Notch und echte Tasten
Auch das HTC U12+ setzt auf das Liquid Surface genannte Design, das HTC mit dem U Ultra einführte und auch beim U11 und U11+ angewandet hat. Das von Glas dominierte Design spiegelt in verschiedenen Farben abhängig vom Lichteinfall, gleichzeitig verleiht die Bearbeitung des Glases dem Stoff eine gewisse Tiefe. Gleichzeitig zieht das U12+ Fingerabdrücke sehr stark an, entgegengewirkt werden kann beispielsweise direkt ab Werk mit einer beigelegten Silikon-Hülle. Auch die Front des Smartphones besteht aus Glas, der druckempfindliche Rahmen besteht aus Aluminium.
Auf der Front dominiert das 6 Zoll große Display, das an der Ober- und Unterseite von Rändern mit circa neun Millimeter Höhe umrandet wird. Die Ränder sind im Vergleich zur Konkurrenz vergleichsweise groß – der Hersteller verzichtet zudem auch eine Notch. Stattdessen befinden sich im oberen Rahmen unter anderem zwei Frontkameras. Auf der Rückseite dominieren die horizontale Dual-Kamera sowie der Fingerabdrucksensor. Die Kameraeinheit steht minimal ab, störend ist dies auf geraden Untergründen aber nicht.
Hervorragende Verarbeitung
Die Verarbeitung des Smartphone ist, wie von anderen HTC-Flaggschiffen gewohnt, fehlerfrei. Alles sitzt an Ort und Stelle, die Übergänge zwischen dem Rahmen und Glas sind sauber und ohne scharfe Kanten. All Bohrungen und Öffnungen sind sauber ausgearbeitet. Das Gerät wirkt durch seine schiere Größe und das vergleichsweise hohe Gewicht von 188 Gramm wenig zurückhaltend. Die Bauhöhe ist mit 8,7 Millimetern ungefähr auf dem Niveau vom Samsung Galaxy S9+ (Test) und rund einen Millimeter höher als bei vielen Konkurrenten wie Huawei P20 Pro (Test), LG G7 ThinQ oder Apple iPhone X (Test). Obwohl das U12+ nicht als „dick“ bezeichnet werden kann, sorgt die Kombination aus Gewicht, Bauhöhe und Größe für einen stabilen und massiven Eindruck. Dazu trägt auch der prominente Rahmen bei, der leicht über das Frontglas absteht und dieses sichtbar umhüllt.
Keine Tasten sind auch keine Lösung
Eine Besonderheit des U12+ ist die Druckempfindlichkeit. Nicht nur der Rahmen simuliert für die Edge Sense genannte Funktion eine gewisse Reaktion auf Zusammendrücken, die Knöpfe am rechten Rand sind so gesehen keine. Die Tasten reagieren ebenso zwar auf Druck, bleiben physisch aber in ihrer Position. Taktiles Feedback gibt es in Form von Vibrationen, sodass der Eindruck eines gedrückten Knopfes entsteht. Dies erinnert an die Vorgehensweise des Force Touch Trackpads oder Home-Buttons in Apples MacBook (Pro) sowie iPhone 7 (Plus) und 8 (Plus) (Test). Ganz so präzise wirkt die Ausführung und Simulation allerdings nicht, das Vibrationsfeedback erscheint nicht so authentisch wie das der Taptic Engine aus Cupertino und lässt nicht unbedingt das Gefühl echter Knöpfe aufkommen.
Zudem reagieren die „Tasten“ nicht nur auf direkten Druck, sondern auch wenn Kraft auf den Rahmen zwischen den beiden einzelnen Lautstärke-Tasten angewendet wird, wird ein Druck auf „Lauter“ erkannt, wenn auch ungewollt. Hier ist die Umsetzung nicht ganz fehlerfrei. Insgesamt wirkt der Ansatz von HTC interessant, da so ein potenzielles Verschleißteil wegfällt. Die Umsetzung ist aber alles andere als ein fehlerfreier oder gleichwertiger Ersatz. HTC hat ein Problem angegangen, das so an sich nicht akut ist und sich bei der Umsetzung nicht mit Ruhm bekleckert.
Super LCD ist nicht ganz so super
Wie für ein neues HTC-Flaggschiff üblich, präsentiert auch das U12+ alle Inhalte auf einem Super LCD. Das Display misst 6 Zoll in der Diagonale, die Auflösung im Format 18:9 (2:1) liegt bei 1.440 × 2.880 Pixel, was in einer sehr scharfen Darstellung mit 537 ppi resultiert. Schrift und Bilder sind gestochen scharf, auch hochauflösende Videos kommen bei der Menge an Bildpunkten positiv zur Geltung. Trotz des länglichen Formates, dem HTC erstmal mit dem direkten Vorgänger U11+ gefolgt ist, gibt es auch beim neuen Modell keine Notch, die etwa im Apple iPhone X, LG G7 ThinQ, OnePlus 6 (Hands-On) oder Huawei P20 Pro zum Einsatz kommt.
Keine Notch, aber größere Ränder
Dadurch hebt sich das Smartphone positiv von der Masse ab, viele der oben genannten Smartphones sehen sich aufgrund ähnlicher Materialwahl und Optik sehr ähnlich. Weniger vorteilhaft sind im Direktvergleich aber die spürbar größeren Ränder des HTC-Smartphones. Diese messen in der Höhe rund neun Millimeter und berauben das Modell zum Teil der möglichen Immersion, die bei den Konkurrenzmodellen mit kleineren Rändern gegeben ist.
Ungleichmäßige Ausleuchtung, niedrige Helligkeit
Trotz der Eigenständigkeit kann das Display des U12+ im Alltag hingegen nicht ganz überzeugen: Die maximale Helligkeit in der Mitte des Displays liegt bei 408 cd/m², im oberen Drittel liegen 390 und im unteren 400 cd/m² an, wodurch das Smartphone beim Thema Leuchtkraft deutlich hinter die aktuellen und letztjährigen Flaggschiffe zurückfällt. Auch die Farben sind nicht ganz stimmig, am unteren Rand fallen die Farben mit circa 7.300 Kelvin verglichen mit den circa 7.700 Kelvin des restlichen Bildschirms wärmer aus. Allgemein bleibt das Smartphone aber ab Werk tendentiell kühl. Neben dem standardmäßig eingestellten Modus „DCI-P3“ gibt es auch einen sRGB-Modus.
Sehr starker Kontrast
Die Farben des U12+ sind weniger satt als bei der Konkurrenz, insgesamt wirkt das Display etwas blass, trotz des tendenziell kühleren Bildes. Das Ruder etwas herumreißen kann der sehr gute Kontrast von 2.241, der für einen Bildschirm ohne OLED sehr hoch liegt. Optional gibt es auch ein Always-On-Display, das wahlweise auf Bewegung des Smartphones im Stile von Motorolas Pendant reagiert, oder immer an bleibt. Aufgrund des LC-Displays ist aber der Akkuverbrauch dabei deutlich höher als bei einem Modell mit OLED-Display. Den Vergleich zu den Konkurrenzmodellen von Apple, Huawei und Samsung verliert das U12+ deutlich, nur der Kontrast hebt es von einem gehobenen Mittelklasse-Smartphone ab.