Steam: Store wird künftig „Free For All“
In der Vergangenheit hat Valve nicht jedes Spiel in den Steam-Store aufgenommen oder dort belassen. Das soll sich künftig ändern: Der Konzern will jedes Spiel im Shop anbieten, solange es zwei Bedingungen erfüllt. Untersagt sind nur noch Spiele, die „illegal“ sind oder „trollen“ wollen.
Der bisherige Ansatz einer vage kuratierten Umgebung hatte sich als zunehmend unbefriedigend herausgestellt. Problematisch war dabei das Fehlen eines klaren Regelwerks, das zu einer Vielzahl von nicht immer nachvollziehbaren Einzelfallentscheidungen führte. Während erotische „Visual Novels“ erst erlaubt wurden und dann ohne Vorankündigung aus dem Programm flogen, entfernte Valve einen geschmacklosen Amok-Shooter erst nach Kritik und zahlreichen Diskussionen.
Valve selbst stellt die Frage nach Einschränkungen für Spiele aber in einen weiteren Kontext. Die Frage sei nicht, ob der Steam-Shop Spiele mit gewalttätigen oder erotischen Inhalten anbieten sollte, sondern ob er Spiele mit kontroversen Themen wie „Politik, Sexualität, Rassismus, Gender, Gewalt, Identität“ enthalten sollte. Bei Entscheidungen in diesem Bereich gebe es aber keinen Weg, mit dem niemand verärgert würde und nicht einmal eine eindeutige Meinung innerhalb von Valve. Die Belegschaft bilde das Meinungsspektrum ab, schreibt das Unternehmen, was erklärt, warum die bisherige Linie im Umgang mit kontroversen Spielen unklar war.
Spieler sollen entscheiden
Dieses Dilemma will Valve mit dem gleichen Ansatz lösen, der schon Steam Direct, dem Greenlight-Nachfolger, zu Grunde liegt. Künftig will Valve nicht für Spieler entscheiden, sondern Spieler entscheiden lassen. Das gleiche soll für Entwickler gelten. Valve selbst wolle sich auf eine Rolle eines Providers beschränken, der lediglich die Plattform sowie Werkzeuge zum Treffen von Entscheidungen zur Verfügung stellt. Diese Werkzeuge will Valve in den kommenden Monaten verbessern beziehungsweise erstellen. Sie sollen es Nutzern dann erlauben zu filtern, welche Art von Spielen sie sehen, indem etwa Anime-Titel ausgeblendet werden. Erst, wenn die Werkzeuge zur Verfügung stehen, soll die Plattform geöffnet werden.
Was das bedeutet, streicht Valve deutlich heraus: Die Änderung sorge dafür, dass „der Steam-Shop etwas enthält, das du hasst und von dem du denkst, dass es nicht existieren sollte“. Er wird aber auch Spiele enthalten, „von denen du glaubst, dass sie auf Steam sein sollten, die aber von anderen Nutzern gehasst werden“. Sie sind dann aber kein Ausdruck der Unternehmenswerte mehr abseits der Annahme, dass jeder Spieler das Recht habe, Spiele seiner Wahl zu spielen und zu erstellen. Wenn ein Spiel also auf Steam zu finden ist, „bedeutet das nicht, dass wir seiner Aussage zustimmen oder sie gutheißen“.
Offener Ansatz mit Problemen
Mit diesem offenen Ansatz legt Valve wie bei Greenlight und Steam Direct Verantwortung vollständig in die Hände der Nutzer und beschränkt sich auf die Rolle eines Mittelsmannes zwischen Käufer und Verkäufer. Das hat schon mit Direct nicht funktioniert; Steam wird auch nach Einführung des Programms mit Indie-Spielen fragwürdiger technischer Qualität geflutet, der eine Prüfung zumindest rudimentärer Funktionsfähigkeit von Titeln durch Valve-Mitarbeiter abhelfen könnte.
Aus diesem Grund kritisiert Polygon diesen Verzicht auf Einschränkungen als „Feigheit“: Der Konzern wolle niemanden verärgern und Profit maximieren, anstatt klar Stellung zu beziehen und gegebenenfalls Personal einzustellen, das Entscheidungen treffe, schreibt die Seite. Zu erwarten ist, dass Steam nun menschenverachtenden und rassistischen Spielen, die eine solche Haltung nicht reflektieren, sondern propagieren, eine Bühne bietet – zumindest in den Ländern, in denen solchen Spiele nicht „illegal“ sind, d.h. den gesetzlichen Rahmenbestimmungen entsprechen. Diese musste Valve bislang aber auch einhalten.