HP 15-db0500ng im Test: AMD Raven Ridge bei Lidl enttäuscht
tl;dr: Mit dem HP 15-db0500ng verkauft Lidl ab 30. Juli ein 15,6"-Notebook mit APU vom Typ AMD Raven Ridge. Das klingt nach deutlich mehr Leistung im Vergleich zu den in diesem Preissegment allgegenwärtigen Pentium N. Im Praxistest wird diese Erwartung aber nicht erfüllt. In eine SSD wäre der Aufpreis besser investiert.
Das Angebot im Vergleich
Ab dem 30. Juli gibt es bei Lidl ein Notebook mit APU vom Typ AMD Raven Ridge zum Preis von 399 Euro zu kaufen. Notebooks mit AMDs mobiler Zen-Vega-Kombination sind auch weiterhin eine Seltenheit am Markt, umso mehr lässt das Angebot beim Discounter aufhorchen. Online ist das HP 15-db0500ng bereits vorbestellbar, in den Filialen wird es zum Stichtag verfügbar sein.
Auf vielen Medien sind die letzten Tage bereits Anzeigen, teils im Stil eines Tests, erschienen. Nicht so auf ComputerBase, denn einem derartigen Format wurde in Anbetracht der Testergebnisse eine klare Absage erteilt.
AMD Raven Ridge zum Einstiegspreis
Das System setzt auf den kleinsten mobilen Zen-Prozessor, den AMD Ryzen 3 2200U. Darüber hinaus bietet es zweimal 4 GB DDR4-2400, eine 1 TB große HDD sowie ein mattes 15,6-Zoll-Display mit einer Auflösung von 1.366 × 768 Pixeln. Die Garantie beträgt zwei Jahre. Ein günstigeres Notebook mit AMDs APU Raven Ridge gibt es aktuell nicht. Das System ist allerdings nicht das einzige zu genau diesem Preis, wie der Preisvergleich zeigt.
Das HP 15-db0500ng kostet bei Lidl zum Beispiel genauso viel wie das HP 15-db0004ng aus dem freien Handel. Vorteil für Lidl: 8 statt 4 GB RAM. Nachteil für Lidl: kein Full HD. Auch das Acer Aspire 3 mit Ryzen 3 2200U kostet mit 4 GB RAM, einer 1 TB großen HDD und Full HD, aber ohne optisches Laufwerk nur 399 Euro. Bereits für 429 Euro gibt es das Acer Aspire 3 dann mit 8 GB RAM (2 × 4 GB), einer 256 GB großen SSD und Full HD. Auch Acer bietet jeweils zwei Jahre Garantie.
Mit Pentium kostet die „Konkurrenz“ weniger
Werden auch Notebooks mit CPUs von Intel zum Vergleich herangezogen, gibt es viele Systeme mit vergleichbaren Eckdaten für Display (1.366 × 768 Pixeln, matt), RAM (8 GB), Speicher (1 TB große HDD) und DVD-Laufwerk sogar schon ab 250 Euro. Es überwiegen Prozessoren vom Typ Intel Pentium N (4 Kerne/4 Threads) und mobile Core i3 (2K/4T) jeweils ohne Turbo – auch ein paar Versionen mit alten APUs von AMD gibt es für unter 400 Euro mit diesen Eckdaten zu kaufen. Einen Core i5 (2K/4T) mit Turbo bietet lediglich Lenovo für ebenfalls 399 Euro an.
Von HP gibt es den Pentium N3710 mit 8 GB RAM und 1 TB großer HDD zuzüglich Full HD im HP 15-bs012ng schon für 329 Euro. Raven Ridge kostet also 70 Euro Aufpreis und den Verzicht auf Full HD.
Die APU muss bei Lidl punkten
Der Vergleich macht klar: Das schlagende Argument für das System bei Lidl ist die APU, in Kombination mit 8 GB RAM gibt es preislich derzeit keine Alternative am Markt. Andere Raven-Ridge-Systeme bieten zum gleichen Preis allerdings bereits Full HD und verzichten zu diesem Zweck auf 4 GB RAM. Für 30 Euro mehr ist bereits die Kombination daraus samt SSD erhältlich.
AMD kehrt gegenüber der Konkurrenz dann auch deutlich die potentiellen Leistungsvorteile des Systems heraus. Per Pressemitteilung erklärt der Hersteller: „AMD macht das neue HP 15-db0500ng durch die Kombination aus dem AMD Ryzen™ 3 2200U Prozessor und der integrierten Radeon™ Vega 3 Grafikeinheit zu einem Allround-Talent. Das Zusammenspiel von beiden zeichnet sich durch eine enorme Leistungsfähigkeit in vielfältigen Anwendungsszenarien von professioneller Nutzung im Arbeitsumfeld bis zum Streamen und Gamen in der Freizeit aus.“
Der Test zeigt allerdings: In dem Marktsegment kann die APU im Vergleich zu Systemen mit CPU von Intel zwar in der Tat einen Akzent setzen. Wegen der eingeschränkten TDP bleibt sie aber weit hinter den Erwartungen zurück und krankt im Quervergleich zu anderen AMD-Systemen an der Wahl von Display und Massenspeicher.
Langsamer als erwartet
AMD Raven Ridge mit 15 Watt TDP kann sehr schnell sein, das hat der Ryzen 5 2500U im Test im Notebook von Acer bewiesen. Die aktuellen iGPUs ohne eDRAM von Intel werden insbesondere in Spielen deklassiert, in Anwendungen ist die CPU ebenfalls extrem stark. Dass OEMs die APU aber auch ganz anders konfigurieren können, hat bereits Lenovo mit dem IdeaPad 720S mit Ryzen 7 2700U (Test) bewiesen. Aufgrund des Einschnitts bei der maximalen Leistungsaufnahme ist der vermeintlich schnellere Prozessor in diesem Produkt nur noch ein Schatten seiner selbst.
Dass es das Modell von HP im Verkauf bei Lidl schon ohne Einschränkungen bei 15 Watt TDP schwer haben wird, mit dem Ryzen 5 2500U im Acer Swift 3 mit der Modellnummer SF315-41-R4W1 (NX.GV7EV.001) mitzuhalten, macht schon der Blick auf die technischen Eckdaten des Ryzen 3 2200U deutlich: Er ist stark abgespeckt, bietet bei der GPU nur ein Viertel der Shader des mobilen Topmodells.
Modell | Kerne/ Threads |
CPU-Takt/ Turbo |
L2- Cache |
L3- Cache |
Grafik | Shader | max. GPU-Takt | Speicher | TDP |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ryzen 7 2700U | 4 / 8 | 2,2 / 3,8 GHz | 2 MB | 4 MB | Vega10 Mobile | 640 | 1.300 MHz | DDR4-2400 | 15 W |
Ryzen 5 2500U | 4 / 8 | 2,0 / 3,6 GHz | 2 MB | 4 MB | Vega8 Mobile | 512 | 1.100 MHz | DDR4-2400 | 15 W |
Ryzen 3 2300U | 4 / 4 | 2,0 / 3,4 GHz | 2 MB | 4 MB | Vega6 Mobile | 384 | 1.100 MHz | DDR4-2400 | 15 W |
Ryzen 3 2200U | 2 / 4 | 2,5 / 3,4 GHz | 1 MB | 4 MB | Vega3 Mobile | 192 | 1.100 MHz | DDR4-2400 | 15 W |
Erst beim Testen des Produktes fällt auf, dass die CPU nicht nur schwächer konfiguriert ist, sondern im HP 15 auch stark eingebremst wird. Ihr Verbrauch wird unter Dauerlast nach wenigen Sekunden auf 6,0 Watt gedeckelt. Die von AMD definierten Taktraten beziehen sich hingegen auf eine TDP von 15 Watt.
Das sorgt dafür, dass der Ryzen 3 2200U im Cinebench schon im ersten Durchlauf nur 269 Punkte erreicht und damit 15 Prozent hinter einen mit 15 Watt TDP konfigurierten und gut gekühlten Core i5-7200U zurückfällt, mit dem er eigentlich auf Augenhöhe liegen und damit in diesem Preissegment ein konkurrenzloses Leistungsniveau an den Tag legen sollte. Ab dem zweiten Durchlauf stellen sich 250 Punkte als konstantes Ergebnis ein. Das liegt auf dem Niveau des Pentium Gold 4415U. Die konkurrierende 2-Kern-4-Thread-CPU vom Typ Core i5 von Intel ist 25 Prozent schneller. Das Acer Aspire 3 mit Ryzen 3 2200U zeigt dieses Verhalten nicht.
AMDs Aussage zur Leistung im Cinebench („Hier ist der Ryzen mit seinen 2 Kernen und 4 Threads performant und überhitzt zu keinem Zeitpunkt dank HPs Cool Sense-Lüftertechnologie. Einschränkungen gehören somit der Vergangenheit an.") ist damit zwar in Bezug auf die unkritischen Temperaturen korrekt, verschweigt aber das generell niedrige Leistungsniveau der CPU und die Tatsache, dass der Lüfter im Notebook trotz der 6-Watt-APU im 15,6-Zoll-Gehäuse unter Last konstant zu hören ist.
Der Vergleich mit Ryzen 5 2500U ohne eingeschränkte TDP und Ryzen 7 2700U bei 12 statt 15 Watt TDP zeigt den Ryzen 3 2200U mit 6 Watt Verbrauch im Multi-Core-Durchlauf um 55 respektive 45 Prozent zurück. Auch ein Core i5-6200U von Ende 2015, damals allerdings eher ein schnelleres Modell, ist voraus. Beim Transkodieren eines Videos in HandBrake ist der Core i5-7200U im Dell XPS 13 von Ende 2016 32 Prozent schneller unterwegs. Pentium N3710, Pentium N4200 und Core i3-6006 werden mit 160, 180 respektive 200 Punkten im Cinebench R15 wiederum klar geschlagen.
In Anwendungen erreicht das HP 15 also nicht das zu erwartende Leistungsniveau und in Spielen ist das nicht minder der Fall. Die Kombination aus auf 192 Shader reduzierter und auf 6 Watt Package-Power eingebremster Vega-GPU schlägt auch hier voll durch. Selbst in nativer Auflösung von 1.366 × 768 Pixeln ist Counter-Strike: Global Offensive nur noch bei minimalen Details mit über 45 FPS spielbar, in Overwatch sind es nur knapp 25.
In Summe erweist sich das HP 15 mit Ryzen 3 2200U bei 6,0 Watt TDP also als schneller als vergleichbare Systeme mit Pentium-N- oder kleinem Core-i3-Prozessor. Erwartungen an eine deutlich höhere Leistung, insbesondere in Spielen, werden aber nicht erfüllt. Alternative Systeme mit derselben CPU sind schneller.
Die Leistung enttäuscht
Damit enttäuscht das System in genau dem Punkt, der es gegenüber der Konkurrenz mit CPUs von Intel so einzigartig gemacht hätte und bei dem es auch mit Blick auf die Konkurrenz mit derselben CPU nicht hätte patzen dürfen. Empfehlenswert ist es damit nicht und die weiteren technischen Aspekte sind nur noch eine Randbemerkung wert.
Solides Gehäuse, lahme HDD
HP verpackt das System in einem Chassis, das bereits von anderen Varianten des HP 15 bekannt ist. Das komplett in Schwarz gehaltene Kunststoffgehäuse ist solide verarbeitet, die strukturierte Oberfläche mit dem schwarzen HP-Logo verleihen ihm ein schlichtes Antlitz. Es lässt sich einhändig öffnen. Die Qualität des Displays ist wiederum niedrig, Kontrast und Blickwinkel (auch in der Vertikalen) sind schlecht.
Die HDD nervt
Noch erschreckender ist allerdings der Einfluss der HDD auf die Arbeitsgeschwindigkeit, selbst das Aufrufen der Einstellungen unter Windows oder des Explorers ist spürbar verzögert. Und Downloads von Steam werden an der 400-Mbit/s-Leitung mitunter auf unter ein MB/s gedrosselt, weil die HDD mit dem Installieren nicht nachkommt. Da hilft auch nicht, dass der RAM in diesem Modell im Dual-Channel-Modus betrieben wird, obwohl AMD diesen Zusammenhang herstellt.
Unterstützt wird die enorme Rechenleistung von einem schnellen 8 GB DDR4-Speicher. Er ist im HP 15 im Dual Channel verbaut, was eine noch schnellere Arbeitsleistung gewährleistet. Das Öffnen von vielen Anwendungen oder die Nutzung von rechenintensiver Software wie Photoshop ist nun nicht mehr der Desktop-Arbeit vorbehalten, sondern gelingt problemlos durch den Geschwindigkeitsboost des Notebooks.
AMD
Positiv überzeugen wiederum die Tastatur und die vielen Anschlüsse, auch wenn es viel Kraft benötigt, um USB-Endgeräte ein- und auszustöpseln. Weniger überzeugen kann hingegen das Trackpad – es präzise zu bedienen, ist mit den von diesen günstigen Varianten bekannten Hürden verbunden.
Fazit
Das von Lidl ab dem 30. Juli verkaufte HP 15-db0500ng hat es zum Preis von 399 Euro schon auf dem Papier schwer: Alternative 15,6-Zoll-Notebooks mit derselben CPU bieten zwar zum gleichen Preis nur 4 GB RAM, aber die eigene Serie verfügt mit Intel Pentium N zum Preis von 70 Euro weniger auch schon über 8 GB RAM und Full HD. Und für 30 Euro mehr bietet Acer mit dem Aspire 3 die Kombination aus 8 GB RAM, 256 GB großer SSD und Full HD – nur das optische Laufwerk fehlt dann.
Geradezu aussichtslos erscheint die Lage nach den Erkenntnissen aus dem Praxistest: Der zeigt, dass HP den Ryzen 3 2200U nach wenigen Sekunden unter Last hart auf 6 Watt Verbrauch einbremst, was ungefähr 25 Prozent Leistungsverlust gegenüber Modellen bedeutet, die dieses Verhalten nicht an den Tag legen. Gegenüber den aus Notebooks von 250 bis 400 Euro bekannten Pentium N und Core i3 bleibt auch der so gedrosselte Ryzen zwar in Anwendungen in Front, aber die Unterschiede sind nicht mehr so gravierend, als dass sie den Griff zum HP 15 allein rechtfertigen. Das HP 15-db0500ng bringt eben nicht die Leistung eines Core i5-7200U in die Unter-400-Euro-Klasse.
In Anwendungen irgendwie noch vergleichsweise schnell, gilt es in Bezug auf die Leistung in Spielen sogar eine Warnung auszusprechen. Laut Hersteller zeichnet sich die CPU im HP 15 zwar „durch eine enorme Leistungsfähigkeit in vielfältigen Anwendungsszenarien von professioneller Nutzung im Arbeitsumfeld bis zum Streamen und Gamen in der Freizeit“ aus. Doch die Kombination aus kleiner Vega3 Mobile und TDP-Deckel lässt keine Freude in Spielen aufkommen – auch nicht in nativer Auflösung von nur 1.366 × 768 Pixeln. Richtig konfiguriert stehen große Ryzen Mobile zwar für vergleichsweise viel Spieleleistung, für den kleinsten Ableger in diesem Notebook gilt das aber überhaupt nicht mehr.
Ohne die Konkurrenz bei CPU und iGPU deutlich respektive überhaupt abzuhängen, wiegt der im System eingesetzte Massenspeicher damit umso schwerer: Mit der HDD werden das Starten von Windows und Anwendungen, die Installation von Programmen und Spielen sowie das Aktualisieren des Betriebssystems zur Geduldsprobe. Der Wechsel von Windows 10 1709 auf Windows 10 1803 dauert beispielsweise fünf Stunden, die Bremse ist die Festplatte.
Kein gutes Angebot
Statt auf die nur vermeintlich viel schnellere APU im Angebot von Lidl sollten Interessenten mit 400 Euro Budget für ein Notebook also lieber auf ein System mit SSD setzen. Sofern die restlichen Komponenten wie Gehäuse oder Display passen, darf die APU dann auch gerne noch etwas langsamer sein. Zum Spielen eignet sich auch das HP 15-db0500ng nicht und im Alltag unter Windows wäre das wahrgenommene Tempo dank SSD um ein Vielfaches höher. Zum gleichen Preis verkauft HP beispielsweise das HP 15-bs063ng mit langsamerem Pentium N3710, aber 256 GB großer SSD statt HDD und Full-HD-Display. Für 429 Euro gibt es das Acer Aspire 3 mit schneller konfiguriertem Ryzen 3 2200U, 8 GB RAM, 256 GB großer SSD und Full-HD-Display.
Während AMD Ryzen im Desktop-PC Medion Akoya P56000 (Test) bei Aldi Ende 2017 zum aufgerufenen Preis sehr zu überzeugen wusste, bleibt AMD Ryzen Mobile ein vergleichbarer Discounter-Auftritt mit dem Angebot beim Konkurrenten Lidl verwährt.
ComputerBase hat das HP 15-db0500ng leihweise von AMD zum Testen erhalten. Das Muster wurde unter NDA zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der Veröffentlichungszeitpunkt. Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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