Klassiker neu entdeckt: Anno 1602 (1998)
Mit Anno 1602 entstand 1998 durch den deutschen Hersteller Sunflowers und den österreichischen Entwickler Max Design ein Franchise, welches noch heute Massen begeistert. Im Kontext des diesjährig erscheinenden Anno 1800 wird nochmal ein Blick auf den Anfang der Serie geworfen und ob dieser auch noch heute begeistern kann.
Den Nerv der Zeit getroffen
In einer Zeit, in der RTS-Games wie Age of Empires, StarCraft oder Command & Conquer den Spielemarkt eroberten, trafen die beiden Studios Sunflowers und Max Design mit Anno 1602 den Nerv der Zeit. Zwar setzte das Spiel einen anderen Fokus als selbige Vertreter des Genres, dennoch verkaufte es sich so gut wie ein Age of Empires. Mit Anno 1602 entstand damit der erste Teil der beliebten Wirtschaftssimulations-Reihe und führte viele Spielelemente ein, die noch heute bei neueren Vertretern der Reihe bekannt sind. So blieb die Basis der Reihe bis heute erhalten und erfolgreich.
Im Kontext des diesjährig erscheinenden Anno 1800 wirft ComputerBase deshalb nochmal einen Blick zurück auf den Klassiker Anno 1602 und prüft, ob das Spiel heute noch begeistern kann.
Das Anno-Spielerlebnis
Beim ersten Start des Spiels werden mit dem Einführungsspiel die Grundlagen dessen vermittelt, was in den späteren Szenarien und Endlosspielen zum Einsatz kommt. Eines der wichtigsten Elemente sind die verschiedenen Inseltypen. Auf den nördlichen Inseln gedeihen Weintrauben, Zuckerrohr und Tabak. In den südlichen Ländern wachsen Gewürze, Kakao und Baumwolle. Die Wahl der Insel kann spielentscheidend sein. Dabei ist auch die Größe der Insel wichtig, damit die zukünftige Siedlung genug Platz hat. Optimalerweise sollte zudem ein Berg für die Ziegelproduktion vorhanden sein. Erz- oder Goldvorkommen sowie Anbaumöglichkeiten für Weintrauben oder Zuckerrohr runden das Gebiet ab.
Die Aristokraten lechzen nach Luxusgütern
Ist die perfekte Insel gefunden, schickt man das Schiff an die gewünschte Küste und errichtet sein erstes Kontor. Parallel tun dies auch drei weitere Computerspieler. Dort angelangt, errichtet man die ersten Versorgungsgebäude. Fischerhütte, Forsthaus, Schaffarm und die ersten Häuser stellen den Anfang des noch kleinen Imperiums dar. Mit wachsender Bevölkerung erhöhen sich auch die Bedürfnisse der Pioniere. Sind sie erfüllt, steigen die Einwohner zur nächsten Bevölkerungsstufe auf. Erst Siedler, Bürger, dann Kaufleute. Den Abschluss bilden die Aristokraten. Je höher die Bevölkerungsstufen, desto exquisiter die Bedürfnisse. Wenn am Anfang noch Stoffe und eine Kapelle reichen, verlangen die Aristokraten später Luxusgüter wie Kakao, Schmuck oder ein Theater. Damit die Wünsche erfüllt werden können, ist es nötig, früher oder später sein trautes Heim zu verlassen und neue Inseln zu erobern. Zur Not mit Gewalt. Parallel müssen aber auch die bereits erfüllten Begehren im Auge behalten werden. Denn mit jedem Aufstieg passen auch mehr Bewohner in ein Haus, was wiederum den Verbrauch der Güter erhöht. So kommt es, dass früher oder später Handelsrouten eingerichtet werden, welche die verschiedenen Güter von Insel zu Insel bringen.
Spaß nach dem Endlosmodus
Wer das Endlosspiel mit seinen vier Schwierigkeitsgraden satt hat, kann sich in 26 einzelnen Szenarien austoben. Diese sind unterschiedlich schwer, was durch Sterne gekennzeichnet wird. Wird zunächst gefordert, einige Menschen auf einer Insel anzusiedeln, soll später die Pest verhindert werden. Fordernd ist das allemal.
Mehrspielermodus übers Internet
Falls selbst die Szenarien irgendwann langweilig werden, bleibt der Mehrspielermodus. Dieser ist überraschenderweise sogar über das Internet möglich. Allerdings müssen erst einige Vorkehrungen getroffen werden, die das reibungslose Spielen ermöglichen. Eine schnelle Einrichtung nach heutigen Standards ist nicht möglich. So muss zunächst entschieden werden, wer das Spiel leitet und als „Server“ fungiert. Dieser Leiter erstellt eine Gruppe und gibt dieser einen Namen. Als Verbindungsart sollte „Internet-TCP/IP-Verbindung für DirectPlay“ ausgewählt werden, da dies der einfachste Weg ist. Nun muss die eigene IP-Adresse manuell eingegeben und den anderen Spielern mitgeteilt werden. Eine Übersicht zeigt nun die verbundenen Spieler, woraufhin das Szenario ausgewählt werden kann.
Dabei treten allerdings nicht selten Probleme beim Verbinden auf. Denn es kann vorkommen, dass die Firewall oder der Router die Verbindung der anderen Spieler blockiert. Sollte keine Verbindung aufgebaut werden können, dann müssen in den Router- oder Firewalleinstellungen der TCP-Port 47624 und der Bereich 2300-2400 freigegeben werden.
Wurden diese umständlichen Einstellungen aber einmal vorgenommen, gelingt der Spieleinstieg meistens gut. Eine Verbindung über das Heimnetzwerk funktioniert dahingehend sehr viel einfacher und schneller, denn optionale Einstellungen müssen dort nicht mehr getroffen werden. Spaß macht der Multiplayer trotzdem.
Ein Editor für eigene Welten
Für kreative Köpfe bleibt der Editor, mit dem eigene Welten kreiert werden können. Der Start findet im weiten Meer statt, wo es dann möglich ist, verschiedene Inseln zu platzieren. Darüber hinaus kann die Anzahl von Computerspielern und deren Beziehungen, die Fruchtbarkeit oder die Zufälligkeit von Ereignissen (etwa Vulkanausbrüche) beeinflusst werden. Zufallsereignisse können auf Wunsch deaktiviert werden. Zudem können der Inseltyp und die Zivilisationstypen oder das Startkapital bestimmt werden. Durch die vielen Einstellungen ist es am Ende möglich, seine eigene Welt ohne viele Einschränkungen zu gestalten.
Basis für heute
Während man die Inseln besiedelt und seiner Bevölkerung zum Reichtum verhilft, ist schnell zu erkennen, wie viel das Spiel noch in das Jahr 2018 transportiert. Viele Spielelemente wirken vertraut und sind daher schnell erlernbar. Wer Anno kennt, findet sich schnell wieder zurecht. Das Einführungsspiel ist die größte Hilfe. Diverse Mechanismen funktionieren dort noch etwas anders. Beispielsweise wird der Marktplatz nicht zwingend benötigt, um die ersten Häuser zu bauen. Ein eigenständiges Warendepot wird zudem vergeblich gesucht, denn der Marktplatz dient zusätzlich zum Bürgerhandel als solches. Allerdings schmälern diese leichten Abweichungen den Spielspaß kaum und sind schnell vergessen.
Die verschiedenen Spielelemente machen auch heute noch viel Spaß. Vom Besiedeln über den Handel bis zum Krieg ist für jeden etwas dabei. Die vier Schwierigkeitsstufen bieten genug Anlass für erneute Durchläufe. Wie es aus neueren Teilen der Serie bekannt ist, verliert man sich schnell darin, sein Imperium zu optimieren: Handelsrouten, Produktionsketten und die Militärmacht. Jeder Bereich braucht schließlich die gleiche Aufmerksamkeit, damit das Reich reibungslos funktioniert. Nebenher muss darauf geachtet werden, dass die Bilanz stimmt. Denn die Bürger zahlen nur mehr, wenn sie zufrieden sind. Schnell wird versucht, die bestehenden Produktionsketten zu optimieren und zu verlagern. Wenn der Platz knapp wird, werden halt andere Spieler ausgelöscht. Bei Anno 1602 kommt selten Langeweile auf. Es gibt immer irgendetwas zu tun, denn der optimale Ablauf des eigenen Wirtschaftsapparates ist das Ziel. Irgendwo ist immer noch Platz für eine weitere Rumproduktion. Was nicht verbraucht wird, wird verkauft. Überproduktion heißt Geld.