Ryzen Threadripper 2000 im Test: 32 Kerne sind verrückt, 16 sehr gut nutzbar
3/4Leistungsaufnahme und Temperatur
Fest steht, dass die CPUs und die Plattform durch BIOS-Updates im Vergleich zum Stand von vor einem Jahr einen Schritt nach vorn gemacht haben, die Leistungsaufnahme im Leerlauf ist leicht gesunken.
Bei Last auf einem Kern zeigt sich, dass sich die 16-Kern-CPU von 2017 und die von 2018 nichts nehmen, der 32-Kern-Prozessor hingegen schon deutlich mehr verbraucht. Mit Mehr-Kern-Last und Maximallast wird es dann extrem. Denn Precision Boost und XFR 2 sorgen für höhere Taktraten, die sich auch in einer höheren Leistungsaufnahme niederschlagen. Dass der 32-Kerner am Ende in Prime95 im AVX-Test die 450-Watt-Marke (mit dem gesamten System) knackt, überrascht deshalb nicht.
Temperatur mit Offset von 27 Grad
68 Grad darf eine Threadripper-CPU ohne manuellen Eingriff maximal warm werden, damit der Turbo-Modus nicht temperaturbedingt eingebremst wird. Wird diese Schwelle erreicht, wird der Takt angepasst, bis sie wieder gehalten wird. Die Temperatur der CPU zu messen verliert wie bei vielen GPUs damit aber etwas an ihrer Aussagekraft, denn sofern das Power-Target nicht limitiert, wird der Prozessor vom Turbo an genau dieser Zieltemperatur gehalten.
Im Testparcours ist allerdings genau das Power-Limit in der Regel die Bremse, nur in ausgewählten Tests waren mit einer All-in-One-Wasserkühlung im Schnitt um die 100 MHz mehr möglich als mit einem Luftkühler. In allen anderen Fällen war die Temperatur hingegen nicht der limitierende Faktor.
Höhere Anforderungen an die VRMs
Ryzen Threadripper 2000 läuft laut AMD auf allen bereits im letzten Jahr präsentierten X399-Platinen, alle Hersteller werden laut AMD entsprechende BIOS-Updates veröffentlichen – entsprechende Ankündigungen fehlen zum Teil aber noch aus.
In Bezug auf die beiden Topmodelle sind sich Asus, Gigabyte, MSI und Co. zusammen mit AMD aber offensichtlich sicher, dass der gestiegene Stromverbrauch der Spannungsversorgung der Platinen keine Probleme bereiten wird. Das ist insofern nachvollziehbar, als dass die teuren Mainboards im letzten Jahr bereits für übertaktete CPUs der 1. Generation ausgelegt waren.
Der Ryzen Threadripper 2990WX heizt VRMs auf
Bei bis zu 184 Watt höherem Verbrauch unter Last in Prime (Ryzen Threadripper 2990WX vs. 1950X) werden die Platinen mit dem neuen Topmodell ein Jahr später allerdings schon ohne OC in diesem Bereich betrieben und das hat Auswirkungen auf die Temperaturen der Spannungsversorgung, wie ComputerBase beispielhaft am Asus ROG X399 Zenith Extreme zeigt.
ComputerBase hat die neuen Prozessoren zum Anfang der Testreihe auf dem Asus X399 Zenith Extreme aus dem Vorjahr betrieben. Lediglich das BIOS wurde aktualisiert. Der Testaufbau erfolgte offen, genutzt wurde eine All-in-One-Wasserkühlung. Zusätzlich indirekt aktiv gekühlt wurde die Spannungsversorgung also nicht.
Die VRMs auf dem Asus ROG X399 Zenith Extreme
Das Mainboard versorgt die CPU sowohl über VRMs am oberen Rand der Platine als auch am Ende des ersten PCIe-Slots. Über dem Sockel gibt es 8 Phasen (Infineon IR3555, je 60 A) für die eigentlichen Rechenkerne (VCore), unter dem PCIe-Slot drei Phasen (Texas Instruments CSD9737, je 25 A) für die Spannungsversorgung des SoC (Speicher-Controller, PCIe etc.).
Damals wie heute werden die VRMs für die VCore über dem Sockel von einem Kühlkörper bedeckt, der über eine Heatpipe mit einem Radiator hinter dem I/O-Panel verbunden ist. Dieser wird, sofern die Temperaturen eines Sensors bei den VRMs gewisse Grenzen überschreiten (max. einstellbar sind 95 °C), von einem 40-mm-Lüfter aktiv gekühlt werden. Die drei VRMs für das SoC kommen hingegen ohne Kühler aus. Schon vor einem Jahr war das Anlass zur Diskussion, beim Betrieb mit Standardtaktraten aber kein Problem.
Mit dem 2990WX wird es deutlich heißer
Mit dem Ryzen Threadripper 2950X (16K/32T) ist das auch ein Jahr später so. Unter Dauerlast in Prime95 konnte die Redaktion 63 °C auf dem Kühler der VRMs über dem Sockel (knapp über 90 °C laut Sensor) und 78 °C direkt auf den VRMs beim PCIe-Slot messen. Beides sind unkritische Werte. Der 40-mm-Lüfter in der I/O-Blende lief.
Ein wie zu erwarten anderes Bild ergab sich allerdings mit dem Ryzen Threadripper 2990WX – hier wurden 87 °C auf dem Kühler über dem Sockel (117 °C laut Sensor) und 105 °C auf den nackten VRMs am PCIe-Slot gemessen. Zu einer Beeinträchtigung der Leistung kam es aber auch in diesem Fall nicht. Texas Instruments gibt für den CSD9737 immerhin auch 150 °C maximale Betriebstemperatur an. Nichtsdestoweniger reizt der 32-Kern-Prozessor die Fähigkeiten der Platine bereits ab Werk deutlich stärker aus als die 16-Kern-CPUs dieser und der letzten Generation.
Das Cooling Kit von Asus im Test
Um dem entgegen zu steuern, hat Asus für das Zenith ein optional erhältliches Cooling Kit veröffentlicht. Es enthält einen passiven Kühlkörper für die drei SoC-VRMs und einen zusätzlichen 40-mm-Lüfter für die VCore-VRMs. Auf einem von AMD dieses Jahr bereitgestellten weiteren Zenith Extreme war der passive Kühlkörper bereits installiert.
Der passive Kühlkörper für die SoC-VRM ist ohne Einsatz einer Grafikkarte im ersten Slot und unter Verwendung einer AiO im offenen Aufbau allerdings keine große Hilfe. Seine Oberflächentemperatur fällt zusammen mit dem 2990WX zwar auf 83 °C, das Wärmebild zeigt allerdings deutlich, dass die VRMs darunter weiterhin deutlich heißer sind. In PCs mit aktiv gekühlter Grafikkarte und/oder Luftkühlung wird der große passive Kühlkörper allerdings einen Effekt haben.
Den hat schon im offenen Aufbau in jedem Fall der zusätzliche 40-mm-Lüfter, der die Temperatur der VCore-VRMs laut Sensor von vormals 117 °C auf 97 °C fallen lässt. Die Oberflächentemperatur des Kühlkörpers liegt neben dem Lüfter nur noch bei 67 statt vormals 87 °C, direkt unter dem Lüfter noch niedriger. Weil der 40-mm-Lüfter in der I/O-Blende nur bis maximal 95 °C stillgelegt werden kann, blieb er dabei allerdings weiterhin aktiv.
Kühlung | Temp. VRM Sockel (Kühler) | Temp VRM PCIe (Kühler) |
---|---|---|
Ryzen Threadripper 2950X (16K/32T) | ||
Ohne Cooling Kit | 63 °C | 78 °C |
Ryzen Threadripper 2990WX (32K/64T) | ||
Ohne Cooling Kit | 87 °C | 105 °C |
Cooling Kit exkl. Lüfter | 87 °C | 83 °C |
Cooling Kit inkl. Lüfter | 67 °C | 73 °C |
ComputerBase wird das Thema Kühlung der VRM beim größten Threadripper auch auf anderen Platinen im Auge behalten, eine weitere Veröffentlichung ist nicht ausgeschlossen.
Overclocking: Manuell oder mit Precision Boost Overdrive
Für Ryzen Threadripper 2000 hat AMD endlich Precision Boost Overdrive (PBO) freigeschaltet, das bereits mit Ryzen 2000 angekündigt worden war. Es kann mit Ryzen Master 1.4 genutzt werden. Aus Windows heraus soll sich damit noch ein wenig mehr Leistung aus den Prozessoren kitzeln lassen. Allerdings stellt AMD auch dort gleich klar: Wer in PBO Parameter an der Spannungs- und Stromzufuhr ändert, übertaktet damit die CPU – und verliert die Garantie. Mainboards müssen PBO unterstützen.
Mit Precision Boost Overdrive an feste Grenzen gehen
PBO setzt am Power-Target an. Das ist sinnvoll, denn alle neuen Threadripper-Prozessoren werden in der Regel immer durch das Power-Target eingebremst, das laut AMD und Darstellung in Ryzen Master der offiziellen TDP der CPU entspricht. Wird es gelockert, sprich manuell erhöht, taktet die CPU insbesondere in Mehr-Kern-Szenarien höher, ohne jedoch die maximal mögliche Taktrate zu sprengen, die für die CPU definiert ist – „übertaktet“ wird der Prozessor also noch nicht. Vorher greift allerdings in der Regel ohnehin die Zieltemperatur von 68 Grad, die bestmögliche Kühlung für den Sockel TR4 ist zur Nutzung von PBO also Pflicht.
Wer PBO nutzt, kann mit dem Ryzen Threadripper 2950X aber auch dem 2990WX 150 bis 250 MHz zusätzlichen Takt unter Last freischalten. Geift das Temperatur-Limit früher, sind es aber auch nur 100 MHz. In einem Kühlertest für den Sockel TR4 wird sich ComputerBase diesem Thema in naher Zukunft noch einmal etwas ausführlicher widmen.
Klassisches Overclocking aber weiterhin auch möglich
Auch der komplett manuelle OC-Modus lässt sich in Ryzen Master aber weiterhin freischalten. Und hier überraschen AMDs Neulinge durchaus. Der 16-Kerner Ryzen Threadripper 2950X lässt sich mit 4,25 GHz über alle Kerne betreiben, bevor er die Grenzen der Kühlung im Test erreicht. Mehr Spannung war mit der AiO von Enermax oder dem großen Luftkühler von Nocuta nicht möglich, denn dann kam die Temperaturschwelle noch schneller näher und griff ultimativ bei 95 °C (ohne Offset) ein. Mit lediglich 1,375 Volt wurde das ComputerBase-Sample bei rund 80 Grad mit einer AiO-Wasserkühlung gehalten, die Leistungsaufnahme lag bei rund 400 Watt.
Der 32-Kern-Prozessor taktet erwartungsgemäß nicht so hoch, wenngleich stabile 3,9 GHz für 64 Threads ebenfalls eine positive Überraschung darstellen. Das Netzteil ist dabei aber noch mehr gefordert, denn nur durch CPU-Last bewegt man sich spielend leicht jenseits der 750-Watt-Marke. Kommt mit einer potenten Grafikkarte noch zusätzliche Last hinzu, ist der Griff zum Kilowatt-Netzteil anzuraten.