Hakenkreuze, Runen & Co: Pauschalverbot in Spielen durch die USK gekippt
Ab sofort führt die Verwendung von Hakenkreuzen, SS-Runen und weiteren Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen nicht mehr automatisch zum Verbot eines Videospiels. Stattdessen erfolgt eine Einzelfallprüfung durch die USK, die entscheidet, ob eine Altersfreigabe erteilt wird.
In Zukunft ist der Einzelfall entscheidend
Grundlage der neuen Praxis ist laut der USK „eine veränderte Rechtsauffassung der zuständigen Obersten Landesjugendbehörde“. Werden Symbole verfassungsfeindlicher Organisationen genutzt, gilt zwar noch immer § 86a des Strafgesetzbuches. Künftig darf aber die sogenannte Sozialadäquanzklausel angewendet werden, auf die § 86a Abs. 3 verweist. Die Klausel erlaubt eine Verwendung dieser Symbole zu Zwecken der Darstellung geschichtlicher Vorgänge, der Aufklärung von Bürgern, der Darstellung von Ablehnung der dahinterstehenden Ideologie, der Forschung und Wissenschaft sowie der Kunst.
Sozialadäquat bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Symbole verfassungsfeindlicher Organisationen in einem Titel verwendet werden können, sofern dies der Kunst oder der Wissenschaft, der Darstellung von Vorgängen des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient. Am grundsätzlichen Verbot von Kennzeichen gem. § 86 a StGB hat sich jedoch nichts geändert.
USK
Auf eine der Kunst dienende Darstellung dieser Symbolik haben sich Spielfilme bereits seit Jahren berufen. Dieser Weg steht nun wie lange von Anwendern gefordert auch Spielen offen. Eine generelle oder automatische Freigabe gibt es jedoch nicht. Das Spiel muss daher stets im Einzelfall durch die USK geprüft werden.
Videospiele werden Kunst
Die Organisation macht deutlich, dass die Neuregelung Ausdruck eines Bewusstseinswandels ist. Videospiele werden zunehmend stärker als Medium der Kunst und nicht nur als triviales Unterhaltungsprodukt gesehen. Betont wird dabei unter anderem das Potential, Zeitgeschehen kritisch aufzuarbeiten sowie „das große Potenzial von Computerspielen für die Gesellschaft“.
Das sieht auch Felix Falk vom Industrieverband Game, einem Träger der USK, im Interview mit Gameswirtschaft so: Spiele könnten insbesondere Jüngere erreichen und sensibilisieren, eine Freigabe sei deshalb dann sinnvoll, wenn „verantwortungsvolle und bewusste Auseinandersetzung mit unserer Historie“ erfolgt.
Neuprüfung älterer Spiele möglich
Damit besteht die Möglichkeit, dass künftig nicht mehr jedes Spiels mit verfassungsfeindlichen Symbolen in Deutschland nur zensiert auf den Markt kommt. Bethesdas Wolfenstein-Reboot etwa bringt explizit Ablehnung gegenüber dem Dritten Reich zum Ausdruck. Auch das prämierte Adventure Attentat 1942, das die Rekonstruktion des Anschlag auf Reinhard Heydrich zum Ziel hat, erscheint als Kandidat für diese Regelung. Eine rückwirkende Neuprüfung gibt es zwar nicht, die Vorlage älterer Spiele zur Neuprüfung hält Falk aber für möglich. Anstoßen muss das Verfahren der jeweilige Rechteinhaber.
Der differenziertere Umgang mit Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen in Videospielen war nicht die einzige Anpassung der Bewertungspraxis. In den vergangenen Jahren hatte sich zunächst der Blick auf die Gewaltdarstellung in Videospielen gewandelt, sodass vergleichsweise brutale, aber klar als fiktionales Werk zu erkennende Titel wie Gears of War vom Index gestrichen werden konnten.
Die Reaktion dankt ComputerBase-Lesern „Aysem“ und „Darkinterceptor“ für den Hinweis zu dieser Meldung!