Australische Untersuchung: Regulierung von Beuteboxen empfohlen
Im Rahmen einer Anhörung haben Forscher einem Komitee der australischen Regierung bestätigt, dass Beuteboxen aus psychologischer Perspektive starke Ähnlichkeiten mit Glücksspiel haben. Festgestellt wurde auch eine Verbindung von Beuteboxen und Spielsucht.
In der Anhörung stellten Dr. David Zendle und Dr. Paul Cairns die Ergebnisse von zwei Untersuchungen von insgesamt rund 8.500 Spielern vor. Die Forscher bestätigten, dass je stärker die Spielsucht sei, desto höhere Summen für Beuteboxen ausgegeben würden. Diese Beziehung nannten Dr. Zendle und Cairns vergleichbar zu der von Spielsucht und anderen Faktoren wie Alkoholabhängigkeit, Drogenmissbrauch und Depression, sie wurde als „weder klein noch trivial“ bezeichnet.
Laut den Forschern deutet das auf eines von zwei Dingen hin: Entweder sind Beuteboxen ein Einfallstor für Glücksspielsucht. Dann würden höhere Ausgaben zu stärkerer Sucht führen. Alternativ sind die Kisten nach Ansicht der Experten attraktiv für Menschen, die bereits süchtig sind und deshalb dazu tendieren, höhere Summen für die Beuteboxen auszugeben, da diese sich mit Glücksspiel „Schlüsseleigenschaften“ teilen würden. Für möglich wird aber auch gehalten, dass beide Möglichkeiten zutreffen und einen Teufelskreis erzeugen.
Beuteboxen sind keine Ü-Eier
In ihrer schriftlichen Stellungnahme (Sub 38) nehmen Dr. Zendle und Cairns außerdem auf Verteidigungsstrategien der Anbieter Bezug. Publisher würden versuchen, die Beuteboxen von Glücksspiel zu distanzieren und stattdessen Gemeinsamkeiten zwischen ihnen „und harmlosen Produkten wie Sammelkarten oder Überraschungseiern betonen“.
Dies widerspreche verschiedenen Forschungsergebnissen, laut denen Beuteboxen die psychologischen Kriterien von Glücksspiel erfüllen. Darauf deute auch das Kaufverhalten hin; viel Geld für die Kisten auszugeben könne in Verbindung gebracht werden mit problematischen Kaufverhalten bei anderen Formen des Glücksspiels. „Dies ist nicht das, was man erwarten würde, wenn die Beuteboxen stattdessen psychologisch vergleichbar mit Baseball-Karten wären“, notieren die Forscher.
to meet the psychological criteria for gambling, a given loot box system must:
1. Be purchasable for real-world currency.
2. Be accessed after payment is made.
3. Provide a reward determined at least partly by chance.
4. Be optional (i.e., players must be able to choose not to buy the loot box).
Dr. Sauer, Dr. Drummond
Dr. James D. Sauer und Dr. Aaron Drummond, die ebenfalls befragt wurden, erläuterten die psychologischen Kriterien. In ihrer Untersuchung von PC-Spielen erfüllten 45 Prozent aller Beuteboxen alle fünf „psychologischen Kriterien“ eines Glücksspiels, der Rest immerhin vier Kriterien. Das fünfte – Gewinn auf Kosten anderer – sei mit einer konservativen Definition bewertet worden. Vorhanden sein müsse eine Belohnung auf Kosten anderer, zum Beispiel durch einen spielerischen Vorteil oder zu Lasten des Anbieters wie bei Skin-Wetten. Dr. Drummond wies in der Befragung aber darauf hin, dass Begehrtheit, Seltenheit und sozialer Status ebenfalls als Gewinn beziehungsweise Wert für den Spieler betrachtet werden können.
, we don't know the long-term or short-term consequences of players engaging with these loot box mechanics. We do not know how or if that will adversely affect players long-term. What we do know is that many of these loot box systems operate on powerful psychological principles that are designed to encourage the repetition of behaviour in pursuit of a reward.
Dr. Sauer
Potentiell gefährdend
Alle vier Forscher halten die Beuteboxen daher unabhängig von ihrer rechtlichen Klassifizierung als Glücksspiel für gefährlich und zwar selbst dann, wenn kein direkter (finanzieller) Gewinn angeboten wird. Dies liege am Wunsch der Anbieter, eine Verhaltensänderung entweder in Bezug auf Ausgaben oder Spielzeit zu erzielen.
Bezug genommen wird zur weiteren Stützung dieser Einschätzung auf „wirksame Mechanismen“ der Boxen auf Basis „mächtiger psychologischer Prinzipien“, die bei Glücksspiel weit verbreitet seien. Hervorgehoben wird die Zufälligkeit der Belohnung. Diese sei eine der wirksamsten Methoden der Konditionierung: Erwünschtes Verhalten wird nicht jedes Mal, sondern auf zufälliger Basis belohnt („variable ratio reinforcement“). „Man hat die Belohnung nicht dieses Mal bekommen, wird sie aber definitiv das nächste Mal erhalten“, erläuterte Dr. Sauer die dadurch provozierten Gedankengänge.
Regulierung gefordert
Die Boxen sollen daher, fordern die vier Forscher, reguliert werden, weil sie entweder Spielsucht hervorrufen oder es Spielen ermöglichen, Glücksspiel-Abhängige für „massiven Profit“ auszunutzen – die Boxen würden laut aktuellen Erwartungen alleine in diesem Jahr 30 Milliarden US-Dollar Umsatz generieren.
Dr. Zendle und Dr. Cairns schlagen daher vor, in Beschreibungen und auf Verpackungen von Spielen mit Beuteboxen Warnhinweise anzubringen und ernsthaft über eine Altersbeschränkung analog zu klassischem Glücksspiel nachzudenken. Dr. Sauer Drummond nehmen Bezug auf Lösungen in anderen Ländern und weisen darauf hin, dass noch keine Erfahrungen zur Effektivität von Maßnahmen existieren. Sie schlagen fünf verschiedene, kombinierbare Optionen vor: Die Offenlegung der Gewinnchancen, zusätzliche Warnhinweise vor Glücksspiel auf den Verpackungen, Zugangsbeschränkungen, eine Änderung des Gesetzes, die Lootboxen als Glücksspiel klassifiziert, sowie ein generelles Verbot. Die beiden letzten Punkte werden aufgrund inhomogener Implementierung der Kisten aber als „Überreaktion“ bezeichnet.
Das Transkript beider Befragungen sowie die zuvor eingereichten Papiere, die zusätzliche Details beinhalten, können über die Homepage der australischen Regierung eingesehen werden.