EU-Urheberrechtsreform: Wikipedia warnt vor Upload-Filtern
Wer heute die Wikipedia aufruft, sieht einen Warnhinweis, der verrät: Der Kampf um Upload-Filter sowie das europäische Leistungsschutzrecht geht in die nächste Runde. Morgen stimmt das EU-Parlament über die Änderungsvorschläge für die europäische Urheberrechtsreform ab.
Die nun zur Wahl stehenden Änderungsvorschläge zielen auf den Entwurf, der bereits im Juli zur Abstimmung stand – und im EU-Parlament scheiterte. Äußerst umstritten waren dabei zwei Punkte: Artikel 13 der Reform sieht die Einführung von Upload-Filtern vor, Artikel 11 enthält Vorgaben für ein europäisches Leistungsschutzrecht.
Die Kritik bleibt gleich
Die Kritik, die Wikimedia Deutschland in einem Blog-Beitrag ausführt, entspricht den Warnungen vom Juli. Sollten Upload-Filter wie ursprünglich geplant eingeführt werden, wäre das demnach nicht nur eine Abkehr vom bisherigen Haftungsprinzip, das erst nach Hinweisen greift. Stattdessen hätte das Vorhaben weitreichende „Folgen für die Meinungsfreiheit, die sich oft genug auch über für derartige Scanner schwererkennbare Werkzitate und Parodien wie Memes ausdrückt“.
Upload-Filter selbst wurden im finalen Entwurf vom Juli zwar namentlich nicht direkt erwähnt. Die Vorgabe lautete allerdings: Von der Reform betroffene Plattformbetreiber müssen entweder Lizenzverträge mit Rechteinhabern abschließen oder die Uploads von urheberrechtlich geschützten Material mit „wirksamen Maßnahmen“ verhindern. Und im Prinzip geht das nur automatisiert mit Upload-Filtern.
Axel Voss (CDU), der federführend für die Reform verantwortliche EVP-Abgeordnete, erklärt zwar regelmäßig, dass auch Alternativen zu den Upload-Filtern eingesetzt werden können. Wie diese in der Praxis aussehen sollen, ist jedoch völlig offen.
Was Wikimedia außerdem noch kritisiert, ist die Reichweite des Gesetzes. Immer noch ist nicht klar, welche Plattformen überhaupt betroffen sind. Für Wikipedia existiere zwar eine solche Ausnahme. Die sei jedoch keine Hilfe, denn „schon für das dazugehörige Medienarchiv Wikimedia Commons ist alles andere als sicher, ob diese Ausnahme noch so weit reicht, von unzähligen Projekten außerhalb der Wikimedia-Projekte ganz zu schweigen“. Ohne ein „digitales Umfeld freier und Freiwilligen-getragener Projekte“ sei die Wikipedia jedoch nicht denkbar.
Abgelehnt werden von der Wikimedia auch die Pläne für ein europäisches Leistungsschutzrecht. Demnach müssen News-Aggregatoren künftig Gebühren an Presseverlage zahlen, wenn sie Inhalte aus den Online-Angeboten in den Suchergebnissen anzeigen. „Als Nebeneffekt drohen aber auch alle Fundstellen, die auf Presse hinweisen, kostenpflichtig zu werden“, so die Wikimedia. Vor allem Freiwilligenprojekte könnten so etwas nicht leisten.
In Deutschland existiert bereits ein Leistungsschutzrecht. Das Gesetz gilt praktisch als gescheitert.
Verlauf der Abstimmung offen
Wie genau die Abstimmung abläuft, lässt sich kaum prognostizieren. Wie Spiegel Online berichtet, müssen die EU-Abgeordneten über insgesamt 252 Änderungsanträge für die Reform entscheiden. 86 hatte der federführend für die Reform verantwortliche Rechtsausschuss bereits bestätigt, 166 sind neu.
Möglich ist nun vieles. So könnte der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission oder die Fassung vom Juli aus dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments nun doch noch eine Mehrheit erhalten. Möglich ist aber, dass einzelne Änderungsanträge durchkommen, die den Charakter der Reform womöglich gravierend wandeln. Eine weitere Option ist, dass die Reform erneut vollständig abgelehnt wird.