Huawei Mate 20 Pro im Test: Das Fast-rundum-sorglos-Smartphone
tl;dr: Das Huawei Mate 20 Pro bietet so gut wie alles, was aktuell in einem Smartphone stecken kann, und überzeugt fast auf ganzer Linie: Verarbeitung, Kamera, Akku und aktuelle Software schnüren ein sehr empfehlenswertes Paket. Nur die proprietäre „Nano Memory Card“ als microSD-Ersatz stört.
Huaweis teuerstes Großserienmodell
Ursprünglich hat ComputerBase keine Empfehlung vergeben, da die Displaymesswerte niedrig ausgefallen sind. Eine erneute Messung mit veränderter Methodik belegte aber deutlich bessere Werte, wodurch die Empfehlung ausgesprochen und der entsprechende Abschnitt sowie das Fazit angepasst wurden.
Das Huawei Mate 20 Pro ist das neue Topmodell des mittlerweile zweitgrößten Smartphone-Herstellers der Welt. Mit 999 Euro Preisempfehlung ist es auch Huaweis bisher teuerstes Großserienmodell und überbietet damit das P20 Pro (Test) aus dem Frühjahr um 100 Euro. Verglichen mit dem direkten Vorgänger Mate 10 Pro (Test) ist der Preis des Mate 20 Pro sogar um 200 Euro gestiegen. Für den hohen Preis stattet Huawei das Smartphone aber mit seinem stärksten Prozessor, einer gegenüber P20 Pro überarbeiteten Triple-Kamera, Infrarot-Gesichtserkennung und Fingerabdrucksensor im Display aus.
Das Motto des Mate 20 Pro ist „Viel hilft viel“. An vielen Details zeigt sich, dass Huawei fast jede verfügbare Technik in das Flaggschiff einbaut – oder beispielsweise mit der „Nano Memory Card“ gar gänzlich Neues einführt. Die Mate-Serie steht seit Jahren für Huaweis aktuellste Technik – doch in einem Jahr mit Samsung Galaxy S9(+) (Test), Apple iPhone Xs und Xs Max (Test), Google Pixel 3 und 3 XL (Test), LG G7 ThinQ (Test), Oppo Find X, Xiaomi Mi Mix 2s (Test) oder OnePlus 6(T) ist die Konkurrenz auch in der Oberklasse größer denn je. Der späte Marktstart für 999 Euro bedeutet auch, dass viele der genannten Modelle bereits zum Teil deutlich im Preis gesunken sind.
Im Test überzeugt das Mate 20 Pro mit hervorragender Verarbeitung, schneller Gesichtserkennung, einem klaren Display, verbesserter Software mit Android 9.0 sowie einer sehr guten, sehr variablen Kamera. Mit der „Nano Memory Card“ ist Huawei aber etwas über das Ziel hinausgeschossen.
Technische Daten im Vergleich
Huawei Mate 20 Pro |
Huawei Mate 10 Pro |
Huawei P20 Pro |
Google Pixel 3 XL |
|
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Software: (bei Erscheinen) |
Android 9.0 | Android 8.0 | Android 8.1 | Android 9.0 |
Display: | 6,39 Zoll, 1.440 × 3.120 538 ppi OLED, HDR |
6,00 Zoll, 1.080 × 2.160 402 ppi AMOLED, HDR |
6,10 Zoll, 1.080 × 2.240 408 ppi OLED |
6,30 Zoll, 1.440 × 2.960 522 ppi OLED, HDR, Gorilla Glass 5 |
Bedienung: | Touch, Fingerabdrucksensor, Gesichtsscanner, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor, Gesichtsscanner, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor |
SoC: | HiSilicon Kirin 980 2 × Cortex-A76, 2,60 GHz 2 × Cortex-A76, 1,92 GHz 4 × Cortex-A55, 1,80 GHz 7 nm, 64-Bit |
HiSilicon Kirin 970 4 × Cortex-A73, 2,36 GHz 4 × Cortex-A53, 1,84 GHz 10 nm, 64-Bit |
Qualcomm Snapdragon 845 4 × Kryo 385, 2,80 GHz 4 × Kryo 385, 1,80 GHz 10 nm, 64-Bit |
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GPU: | Mali-G76 MP10 720 MHz |
Mali-G72 MP12 850 MHz |
Adreno 630 710 MHz |
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RAM: | 6.144 MB LPDDR4X |
6.144 MB LPDDR4 |
6.144 MB LPDDR4X |
4.096 MB LPDDR4X |
Speicher: | 128 GB (erweiterbar) | 128 GB | 64 / 128 GB | |
1. Kamera: | 40,0 MP, 2160p Dual-LED, f/1,80, AF |
12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/1,60, AF, OIS |
40,0 MP, 2160p LED, f/1,80, AF |
12,2 MP, 2160p Dual-LED, f/1,80, AF, OIS |
2. Kamera: | 20,0 MP, f/2,20, AF | 20,0 MP, f/1,60, AF | Nein | |
3. Kamera: | 8,0 MP, f/2,40, AF, OIS | Nein | 8,0 MP, f/2,40, AF, OIS | Nein |
4. Kamera: | Nein | |||
5. Kamera: | Nein | |||
1. Frontkamera: | 24,0 MP, 1080p Display-Blitz, f/2,00 |
8,0 MP, 1080p f/2,00, AF |
24,0 MP, 1080p f/2,00 |
8,0 MP, 1080p Display-Blitz, f/1,80 |
2. Frontkamera: | Nein | 8,0 MP, f/2,2 | ||
GSM: | GPRS + EDGE | |||
UMTS: | HSPA+ ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
|||
LTE: | Advanced Pro ↓1.400 ↑200 Mbit/s |
Advanced Pro ↓1.200 ↑150 Mbit/s |
Advanced Pro ↓1.000 ↑75 Mbit/s |
|
5G: | Nein | |||
WLAN: | 802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct |
802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct, Miracast |
802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct |
802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct, Miracast |
Bluetooth: | 5.0 LE | 4.2 LE | 5.0 LE | |
Ortung: | A-GPS, GLONASS, BeiDou | A-GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo | ||
Weitere Standards: | USB-C 3.1, NFC | USB-C 3.1, NFC, Infrarot | USB-C 3.0, NFC | |
SIM-Karte: | Nano-SIM, Dual-SIM | Nano-SIM Variante Nano-SIM, Dual-SIM |
Nano-SIM, Dual-SIM | |
Akku: | 4.200 mAh (16,04 Wh) fest verbaut, kabelloses Laden |
4.000 mAh fest verbaut |
3.430 mAh (13,20 Wh) fest verbaut, kabelloses Laden |
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Größe (B×H×T): | 72,4 × 157,9 × 8,60 mm | 74,5 × 154,2 × 7,90 mm | 73,9 × 155,0 × 7,65 mm | 76,7 × 158,0 × 7,90 mm |
Schutzart: | IP68 | IP67 | IP68 | |
Gewicht: | 189 g | 178 g | 174 g | 184 g |
Preis: | 999 € | 799 € | ab 350 € / ab 361 € | 949 € / 1.049 € |
Galaxy S trifft iPhone X(s)
Wie bereits das P20 Pro lässt sich auch das Mate 20 Pro als Design-Mix aus bekannter Formsprache bezeichnen. Durch die schmalen Ränder und die ähnlich große und geformte Notch erinnert das Smartphone an das Apple iPhone X(s) und Xr. Die abgerundeten Ränder des OLED-Displays hingegen erinnern an Samsungs Galaxy-S- und Note-Serie. Die Materialwahl aus Glasgehäuse und Aluminiumrahmen ist in der Oberklasse zudem Quasi-Standard. Apple setzt auch beim Xr darauf, während beim Xs und Xs Max auf Edelstahl statt Alu zurückgegriffen wird.
Stabil und rutschfest in der Hand
Durch die abgerundeten Ränder auf der Front- und Rückseite liegt das Mate 20 Pro griffig in der Hand, die Rundungen wirken auch dem Glas als rutschiges Material entgegen. Zudem wirkt das Modell hierdurch noch schlanker, als es die 8,6 mm Bauhöhe suggeriert. Das vergleichsweise hohe Gewicht von 189 Gramm lässt es dennoch wuchtig, aber nicht so massiv wie etwa das noch schwerere Sony Xperia XZ2 Premium (Test) erscheinen. Komplett ausbalanciert fühlt sich das Gewicht in der Hand nicht an, der Schwerpunkt befindet sich auf der unteren Hälfte. Diese überwiegt leicht, die Bedienung oder die sichere Handhabung stört das allerdings nicht.
Flaches Kamera-Quadrat vermeidet Kippeln
Die Triple-Kamera auf der Rückseite ist wie bei Mate 9 oder Mate 10 Pro mittig im Gehäuse eingesetzt und nicht am Rand wie bei der P-Serie untergebracht. Obwohl Huawei auf den gleichen großen Hauptsensor setzt, steht die zusammen mit der LED in einem quadratischen Ausschnitt platzierte Kamera deutlich weniger hervor. Durch die gleichmäßige Erhöhung in der oberen Hälfte kippelt das Mate 20 Pro auch auf flachen Unterlagen nicht.
Alle Knöpfe sind auf der rechten Seite zu finden. Die einteilige Lautstärke-Wippe ist in Gehäusefarbe gehalten, der Einschalter unterscheidet sich durch den Rotton hingegen und sticht so hervor. Die Knöpfe bieten einen satten Druckpunkt und ein ansprechendes, kurzes Feedback. In Anbetracht der Gehäusegröße fällt der Einschalter allerdings etwas schlank und klein aus, ein wenig größer wäre komfortabler. Das Testmodell in der Farbe Twilight verfügt über den vom P20 Pro bekannten Farbverlauf von schimmerndem Blau zu Violett zu Schwarz. Selbst ohne Spiegelungen im Licht ist der Farbverlauf deutlich sichtbar, das nahtlose Erscheinungsbild ist gelungen umgesetzt. Im Licht verschiebt sich der Farbverlauf je nach Perspektive und verteilt sich subtil in die eine oder andere Richtung.
Tadellose Verarbeitung auf hohem Niveau
Die Verarbeitung des Smartphones ist tadellos, alle Bauteile sitzen präzise, sämtliche Bohrungen wurden sauber durchgeführt. Das Mate 20 Pro wirkt sehr stabil und verwindungssteif, auch das Gewicht trägt seinen Teil zu diesem Eindruck bei. Zusammen mit der hochwertigen Materialwahl zeigt das Mate 20 Pro, dass Huawei mit anderen Premium-Smartphones mithalten kann.
OLED-Display mit klarem Bild
Während das Mate 20 Pro äußerlich verglichen mit dem Mate 10 Pro kaum zugelegt hat, ist das Display aufgrund der schmaleren Ränder, der Notch und des größeren Seitenverhältnisses gewachsen. In der Vergangenheit orientierte sich die Mate-Serie oft an einer Diagonalen von 6 Zoll im Seitenverhältnis 16:9 oder – seit dem Mate 10 Pro – in 18:9. Das Mate 20 Pro bricht mit beiden Traditionen gleichermaßen, das Seitenverhältnis ist mit 19,5:9 noch mal größer geworden, gleichzeitig wächst der Bildschirm auf 6,39 Zoll an. Wie beim Vorgänger und dem P20 Pro setzt Huawei auf ein OLED-Display.
Sehr hohe Auflösung für mehr Fläche
Analog zur größeren Diagonalen wächst auch die Auflösung. Mit 1.440 × 3.120 Pixel ist die Darstellung sehr scharf. In den Einstellungen gibt es die Möglichkeit, manuell und fest oder adaptiv vom Smartphone gesteuert zwischen den Auflösungen zu wechseln. Zur Wahl stehen 720 × 1.560, 1.080 × 2.340 sowie die native Auflösung. Weitere Merkmale des Bildschirms sind HDR-Unterstützung und die Abdeckung des DCI-P3-Farbraums.
Da fast die gesamte Front des Mate 20 Pro vom Display eingenommen wird, wirkt es sehr immersiv. Huawei zieht das OLED-Panel wie beim P20 Pro bis in die Ränder. Die Notch am oberen Ende ist etwas breiter als noch bei den anderen Huawei-Modellen, beherbergt dafür aber die Technik zur Infrarot-Gesichtserkennung. Am unteren Ende findet sich auch beim Mate 20 Pro ein „Kinn“, wie es viele Smartphones bis auf iPhone X(s) und Oppo Find X bieten. Dieses fällt beim Huawei-Modell aber vergleichsweise schmal aus, sodass es die Symmetrie weniger stört. Interessanterweise ist das Mate 20 mit einem noch kleineren unteren Rand versehen worden, der Platzvorteil im Direktvergleich ist allerdings sehr gering und nur nebeneinander wahrzunehmen.
Immersives Display fügt sich nahtlos in die Linienführung
Im Alltag wirkt der Bildschirm sehr immersiv und wie aus einem Guss mit dem Gehäuse. Durch die Laminierung erscheinen Inhalte sehr nahe an der Glasscheibe und lässt manche wie gedruckt aussehen. Hinzu kommen die hohe Auflösung und die kräftigen Farben des OLED-Panels, wodurch bei frontaler Betrachtung ein subjektiv sehr klares und scharfes Bild entsteht. Durch die leicht abgerundeten Ecken sowie der den Rundungen der Front folgenden Form wirken Gehäuse und Display fast wie eine Einheit. Doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich kleine Schwächen: Von der linken Seite schleicht sich wie bei vielen OLED-Panels ein Blaustich ins Bild. Zudem spiegelt der Bildschirm auch aufgrund der abgerundeten Ecken etwas häufiger. Gleichzeitig bricht das Licht an den abfallenden Seiten, was bei seitlicher Darstellung für weitere Farbverfälschungen sorgt.
Helles Display mit ungleichmäßiger Helligskeitverteilung
Bei den Messungen kann das OLED-Display überzeugen, zeigt aber Schwankungen bei der Helligkeitsverteilung. Die maximale Helligkeit erreicht das Smartphone nur im Automatikmodus so wie viele OLED-Bildschirme – etwa bei Samsung. In der Mitte erreicht das Mate 20 Pro eine maximale Helligkeit von 610 cd/m², die Streuung ist aber relativ deutlich: Im unteren Teil sind es 584 cd/m², im oberen Drittel hingegen 654 cd/m². Im Durchschnitt ergibt dies eine Helligkeit von 616 cd/m². Der Weißpunkt von circa 7.300 Kelvin deutet ein kühles, in Richtung Blau kalibriertes Display an. Der Kontrast ist OLED-typisch dank einem echten Schwarz hervorragend.
Wer mit der Standardeinstellung des Bildschirms nicht zufrieden ist, kann auch den Farbmodus „Normal“ wählen, ab Werk ist „Lebhaft“ eingestellt. Zudem darf die Farbtemperatur selbst auf „Warm“, „Kalt“, „Standard“ oder eine farbliche Richtung eingestellt werden. Im Sinne von Apples TrueTone ist darüber hinaus optional die Anpassung der Farbdarstellung anhand des Umgebungslichtes möglich.