Core i9-9900K & i7-9700K im Test: Sehr schnell. Sehr durstig. Extrem teuer.
tl;dr: Intel Core i9-9900K und i7-9700K sind Intels erste 8-Kern-CPUs für den Sockel LGA 1151. Sie bieten dank gleichzeitig sehr hohem Takt in Anwendungen und Spielen auch eine sehr hohe Leistung. Die Kehrseite sind der hohe Stromverbrauch und der in keinem Verhältnis zur Mehrleistung ansteigende Preis.
Die erste Acht-Kern-CPU von Intel für LGA 1151
20 Monate nach dem Start der ersten Acht-Kern-Prozessoren vom Typ AMD Ryzen 1000 in der Mittelklasse und damit der Nummer-1-Plattform für Privatkunden zieht Intel nach: Acht Kerne für den Sockel LGA 1151 gibt es ab sofort auch vom Marktführer.
Die ersten beiden Prozessoren dieser Art hören auf die Namen Intel Core i9-9900K und Intel Core i7-9700K und läuten den Beginn der neunten Core-Generation bei Intel ein – die im Herzen jedoch noch auf der sechsten Generation basiert. Die Hintergründe sowie Vergleich zum bisherigen Topmodell Intel Core i7-8700K sowie AMDs schnellster Lösung im gleichen Marktsegment, der Ryzen 2700X, liefert der nachfolgende Artikel.
Intel Core i9-9900K & i7-9700K: Die Technik
Coffee Lake Refresh ist der Codename der neuen Acht-Kern-Prozessoren. Coffee Lake Refresh folgt auf die Coffee Lake. Diese Architektur brachte vor ziemlich exakt einem Jahr die ersten Sechs-Kern-Prozessoren für Intels Sockel LGA 1151 hervor: Core i7-8700K und Core i5-8600K.
Auch Coffee Lake Refresh wird weiterhin in Intels eigenen Fabriken in 14 nm++ gefertigt, also der gleichen Ausbaustufe der 14-nm-Fertigung wie der Vorgänger. Im Kern dient der Refresh letztlich nur dazu, acht Kerne bieten zu können. Ein paar weitere Detailanpassungen gibt es aber noch.
Aus vier werden sechs werden acht Kerne
Die eigentliche Basis für Coffee Lake Refresh ist allerdings noch älter als Coffee Lake: Skylake aus dem Jahr 2015. Die Entwicklung, die diese Architektur seitdem vollzogen hat, sucht allerdings ihresgleichen. Denn aus dem Skylake-Quad-Core-Prozessor, wie er in Form des Intel Core i5‑6600K und i7‑6700K (Test) im Sommer 2015 vorgestellt wurde, ist nach dem erste Refresh in Form von Kaby Lake Anfang 2017 und den ersten Sechs-Kern-Prozessor vom Typ Coffee Lake im Oktober 2018 nun ein Acht-Kern-Prozessor gereift.
Der Grund: Intels Desaster in der 10-nm-Fertigung mit am Ende vermutlich rund vierjähriger Verspätung hat alle ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen, sodass das „alte Material“ immer weiter ausgebaut werden musste. Alt bedeutet allerdings keinesfalls schlecht, wie der Blick auf die Details der neuen CPUs zeigt.
Kleiner als ein Haswell-Quad-Core-Prozessor
Acht Kerne inklusive Grafikeinheit sind bei Intel mit rund 178 mm² Die-Fläche heute quasi gleich groß wie beispielsweise ein Haswell-Quad-Core-Prozessor mit 177 mm² in der 22-nm-Fertigung war, der in vielen Systemen noch die Regel ist. Dabei ist nicht nur der reine Prozessorteil von vier auf acht Kerne gewachsen, sondern auch der L3-Cache und die Grafikeinheit, die mehr Execution Units bietet, sind wesentlich komplexer. Das kostet Platz: Die Architekturen Skylake und Kaby Lake hatten mit den ersten 14-nm-CPUs die Die-Größe für Quad-Core-CPUs auf rund 123 mm² geschrumpft, vier zusätzliche Kerne samt L2- und L3-Cache benötigen also rund 50 mm² Platz.
Zum Vergleich: AMDs Acht-Kern-Prozessor-Die eines Ryzen 2000 ist rund 213 mm² groß, bietet keine Grafikeinheit, benötigt jedoch verhältnismäßig viel Platz für das Fabric. Der Vorteil dadurch ist bekannt: Der Die kann problemlos zu einem Multi-Chip-Design wie bei Ryzen Threadripper oder Epyc zusammengefasst werden, denn über das Fabric kommunizieren alle Dies miteinander. Dies geht bei Intel nicht, dort haben die Mainstream- und High-End-Lösungen eine vollkommen andere Ausgangsbasis, nämlich immer einen eigenen monolithischen Die.
Der Die ist höher
Wie Roman „der8auer“ Hartung herausgefunden hat, ist der neue Die auf dem Core i5-9600K deutlich höher als der auf dem Core i7-8700K – 0,42 mm stehen 0,87 mm gegenüber. Ein Grund ist noch unbekannt, Spekulationen drehen sich um die Kühlung. Dazu im weiteren Verlauf mehr.
Der Ringbus nun auch bei acht Kernen
Intel nutzt für die Kommunikation innerhalb des 8-Kern-Dies die bewährte Technik der letzten Jahre. Der sogenannte Ringbus, der mit Sandy Bridge eingeführt wurde, verbindet Kerne, Cache, die Grafikeinheit und den Uncore-Bereich. Damit grenzt sich Coffee Lake Refresh allerdings deutlich zu Skylake X ab, wo es bereits seit einem Jahr auch 8-Kern-CPUs gibt: Skylake-X basiert auf der Server-Architektur und setzt auf ein Mesh-Netzwerk statt Ringbus. Dies hatte sich aufgrund höherer Latenzen unter anderem in Spielen als problematisch herausgestellt.
Der erste Core i9 für den Sockel LGA 1151
Für den ersten 8-Kern-Prozessor auf dem Sockel LGA 1151 führt Intel nach Notebook- und Sockel LGA 2066 jetzt auch in diesem Segment die Marke Core i9 ein. Allerdings nur für das absolute Topmodell, den Core i9-9900K. Nur er bietet die vollen 16 MByte L3-Cache und auch dass die acht Kerne zusätzlich von Hyper-Threading unterstützt werden, wird anfangs nur bei dem Modell zu finden sein. Schon der Core i7-9700K als zweitschnellste neue CPU der 9000er-Serie verzichtet auf Hyper-Threading sowie 4 MByte L3-Cache.
Die dritte Neuvorstellung, der Core i5-9600K, ist mit sechs Kernen ohne Hyper-Threading und 9 MByte L3-Cache im Kern hingegen „nur“ ein Core i5-8600K mit gleichem Basis-Takt aber bis zu 300 MHz höherem Turbo-Takt. Der bekannte Coffee-Lake-Die steckt allerdings nicht dahinter, denn es gibt eine weitere Neuerung im Chip.
Erste Sicherheitslücken in Hardware behoben
Die neue Acht-Kern-Maske für die Prozessoren hatte für Intel einen weiteren Vorteil. Einigen seit Beginn des Jahres aufgedeckten Sicherheitslücken um Spectre und Meltdown sowie später Foreshadow/L1TF kann erstmals bereits mit ersten Problemlösungen direkt in der Hardware begegnet werden. Das trifft laut Intel auch für den Core i5-9600K mit sechs Kernen zu, der also nicht auf dem alten Coffee-Lake-Die basieren kann. Ob hier aber auch eine neue Sechs-Kern-Maske, oder ein zu 25 Prozent deaktivierter 8-Kern-Die zum Einsatz kommt, ist hingegen noch nicht bekannt.
Alle bekannten Sicherheitslücken (die meisten davon in der Sprungvorhersage der Intel-CPUs) werden mit Coffee Lake Refresh aber auch nicht behoben: Lediglich Meltdown (Variante 3) und L1TF benötigen ab sofort keine Gegenmaßnahme per Software mehr. Für die Lücken Spectre Variante 1, 2 und 4 sowie Meltdown Variante 3a müssen weiterhin Microcode-Updates sowie Aktualisierungen per Software im Betriebssystem eingepflegt werden. Die Probleme in diesen Bereichen zu beheben erfordert grundlegende Architekturänderungen. Dies wird Jahre in Anspruch nehmen. Offizielle Termine und Architekturen sind bisher nicht bekannt.
Intel verlötet den Heatspreader wieder
Intel geht mit Coffee Lake Refresh aber nicht nur erste Sicherheitslücken, sondern auch einen jahrelangen Kritikpunkt an, den der Konkurrent AMD mit seinen Ryzen-CPUs zuletzt erneut in den Fokus gerückt hatte: Der Heatspreader wird wieder mit dem Prozessor-Die verlötet, die umgangssprachlich auch als „Zahnpasta“ bezeichnete Wärmeleitpaste gehört bei Coffee Lake Refresh der Vergangenheit an. Die letzte Architektur, bei der Intel generell so vorgegangen war, war Sandy Bridge. Bei Coffee Lake Refresh nennt Intel die neue alte Verbindung klassisch Solder-Based Thermal Interface Material (STIM).
Der Schritt erfolgt vermutlich nicht ohne Grund, wie die Messwerte noch zeigen werden. Stattdessen kann auch Intel die Physik nicht aushebeln und acht Kerne bei sehr hohen Taktraten benötigen in der 14-nm-Fertigung auf nur 173 mm² zur effizienten Kühlung jede Unterstützung. Da steuert ein verlöteter Heatspreader mit seinem besseren Wärmeübergang einen nicht unwichtigen Teil dazu bei.
Roman Hartungs Entdeckung, dass der neue Die dicker ist, dämpft den Vorteil aus dem Verlöten zwar offensichtlich leicht: Den Die um 0,2 mm abzuschleifen, senkt die Temperaturen um 5 Grad Celsius. Allerdings müsste in diesem Fall dann wiederum der Lötzinn oder der Heatspreader dicker sein – eine Aussage darüber, was Verlöten bringt, ist also derzeit noch nicht möglich.
Ein 300er-Mainboard ist Pflicht
Wie alle Coffee-Lake-Prozessoren benötigen auch die Core i-9000 als Refresh der vorangegangen Serie ein Mainboard der 300er-Generation. Da die ersten neuen CPUs drei K-Modelle sind, sie also einen frei bestimmbaren Multiplikator für das Übertakten besitzen, sollte es vorzugsweise ein Z390-Mainboard sein, denn nur dort lässt sich der Multiplikator auch frei wählen.
Alternativ geht auch ein Z370-Mainboard, Intel und die Partner haben sie per BIOS-Update fit gemacht. Und für den Normalanwender sind durch die Wahl einer etwas älteren Platine keine Einschnitte zu erwarten. Allerdings steigen die Anforderungen an die Platine beim Overclocking deutlich, denn speziell das neue Topmodell Core i9-9900K hat einen großen Leistungshunger, der beim Übertakten nur noch weiter anwächst. Z390-Mainboards könnten hier mehr Reserven bieten, aber belastbare Erkenntnisse liegen der Redaktion hierzu noch nicht vor.
Eckdaten, Taktraten und Preise im Überblick
Der Vergleich mit dem Vorgänger alias Core i-8000 zeigt die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten der Coffee-Lake- und Coffee-Lake-Refresh-CPUs. Nichts geändert hat sich beispielsweise bei der Grafikeinheit, aber auch die Speicherunterstützung bleibt gleich. Warum Intel weiterhin bei DDR4-2666 verharrt, obwohl die CPUs mittlerweile problemlos auch höhere Speichertaktraten fahren, weiß nur der Konzern. Intels Speichercontroller hat sich stets als sehr taktfreudig erwiesen, auch Werte jenseits der Marke von DDR4-4000 geht mit allen übertaktbaren K-Modellen von Intel in der Regel. AMD hat zuletzt ersten Raven-Ridge-APUs DDR4-3200 als offizielle Spezifikation mit auf den Weg gegeben und Ryzen 2000 nutzt DDR4-2933.
Kerne/ Threads |
Takt (Basis) |
Turbo 1 / 2 / 4 / 6 / 8 Kerne |
L3-Cache | Grafik | Grafik-Takt | Speicher | TDP | Preis (UVP* / Handel**) |
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Core i9-9900K | 8/16 | 3,6 GHz | 5,0/5,0/4,8/4,7/4,7 GHz | 16 MB | UHD 630 | 1.200 MHz | DDR4-2666 | 95 W | $ 488 / 699 € |
Core i7-9700K | 8/8 | 3,6 GHz | 4,9/4,8/4,7/4,6/4,6 GHz | 12 MB | UHD 630 | 1.200 MHz? | DDR4-2666 | 95 W | $ 374 / 549 € |
Core i7-8086K LE | 6/12 | 3,7 GHz | 5,0/4,6/4,4/4,3/– GHz | 12 MB | UHD 630 | 1.200 MHz | DDR4-2666 | 95 W | $ 429 / 499 € |
Core i7-8700K | 6/12 | 3,7 GHz | 4,7/4,6/4,4/4,3/– GHz | 12 MB | UHD 630 | 1.200 MHz | DDR4-2666 | 95 W | $ 359 / 459 € |
Core i7-8700 | 6/12 | 3,2 GHz | 4,6/4,5/4,3/4,3 /– GHz | 12 MB | UHD 630 | 1.200 MHz | DDR4-2666 | 65 W | $ 303 / 424 € |
Core i5-9600K | 6/6 | 3,7 GHz | 4,6/4,5/4,4/4,3 /– GHz | 9 MB | UHD 630 | 1.150 MHz | DDR4-2666 | 95 W | $ 262 / 369 € |
Core i5-8600K | 6/6 | 3,6 GHz | 4,3/4,2/4,2/4,1 /– GHz | 9 MB | UHD 630 | 1.150 MHz | DDR4-2666 | 95 W | $ 257 / 309 € |
* zum Marktstart, Angaben in USD vor Steuern/** Bei 9000er-Serie niedrigster Preis für Vorbesteller |
Offizielle deutsche UVP gibt es nicht
Während es für die neuen drei CPUs seit Wochen offizielle UVP ohne Steuern für die USA gibt, schweigt sich Intel auch auf Nachfrage weiterhin zu den offiziellen UVP in Deutschland aus. Und weil es im Gegensatz zu den USA auch keine von Intel initiierte Vorbestellungsphase gab, ist eine klare Preisaussage zum Start kaum möglich. Nur eines steht fest: Insbesondere Core i9 und Core i7 werden vorerst deutlich teurer als der Core i7-8700K sein – der zuletzt in Folge von Kapazitätsengpässen in der Fertigung ebenfalls deutlich im Preis gestiegen ist. Aus zwischenzeitig 320 Euro sind inzwischen über 400 Euro geworden.
Erste Händler haben Core i9-9900K und Core i7-9700K im Vorfeld der heutigen Markteinführung nochmals deutlich höher angesetzt, auch Mondpreise von über 1.000 Euro werden verlangt. Mit am niedrigsten hat Caseking.de die CPUs angesetzt: Mit 699, 549 und 369 Euro liegen die Preise aber immer noch sehr deutlich über den Vorgängern der 8000er-Serie.
Der Core i9-9900K wird vorerst über 600 Euro kosten
Und unter 600 Euro sind angesichts der zu erwartenden angespannten Situation für den Core i9-9900K anfangs unrealistisch, denn diese Marke hatte auch der bisherige Acht-Kerner Intel Core i7-7820X (Test) durchbrochen: Statt rund 460 Euro, die er das ganze Frühjahr und den Sommer gekostet hat, wird er nun für 650 Euro und mehr gehandelt. Und auch die Erinnerungen an den Core i7-8700K sind noch wach, der die ersten drei Monate nach Markteinführung nur zu deutlich angehobenen Preisen überhaupt verfügbar war.