Vive Wireless Adapter: High-End-VR wie mit Kabel, nur noch teurer
tl;dr: Das Vive Wireless Kit liefert eine technisch einwandfreie Lösung um HTCs Vive (Pro) auch kabellos nutzen zu können. Die Latenz und die Bildqualität liegen dabei auf Augenhöhe mit dem Kabelbetrieb und der Akku hält länger durch als der Tester. Einzig der Preis stört.
Einrichtung und technische Details
Bei der Umsetzung des Vive Wireless Adapter greift HTC auf zwei Standards zurück: Für die Funkverbindung setzt der Hersteller im Gegensatz zum bereits zuvor verfügbaren Adapter von TPCast nicht auf WirelessHD, sondern auf Intels Wireless Gigabit im 60-GHz-Band, auch als IEEE 802.11ad bekannt. Für die Kompression der Daten kommt hingegen DisplayLinks XR-Codec zum Einsatz. Dieser Codec soll es erlauben, die Bandbreite der Übertragung dynamisch an die realen Gegebenheiten anzupassen. Dadurch soll stets eine geringe, nicht wahrnehmbare Latenz geboten werden. Laut DisplayLink soll die Lösung maximal bis zu vier Megapixel pro Auge bei 90 Bildern pro Sekunde unterstützen. Das wäre mehr als genug: Die erste Generation VR-Headsets ist auf knapp 1,3 Megapixel beschränkt. Selbst die erhöhte Auflösung der HTC Vive Pro (Test) ist mit 2,3 Megapixel noch deutlich innerhalb der Spezifikationen.
Ein freier PCIe-Slot ist Pflicht
Die Ersteinrichtung des Vive Wireless Adapter geht prinzipiell in einer halben Stunde vonstatten. Im Speziellen muss aber beachtet werden, dass ein freier PCIe-Slot zur Verfügung steht, was beim verwendeten VR-Testsystem zuerst nicht der Fall war. Ausreichend leistungsfähige Laptops oder wie im Fall der Redaktion ein Mini-ITX-Systeme bleiben damit derzeit außen vor. HTC evaluiert derzeit bereits eine externe Lösung.
Viele Kabel für kabellos
Um den Adapter anzuschließen, muss zunächst das Kabel, das normalerweise PC und Headset verbindet, entfernt werden. Das gestaltet sich insbesondere bei der Vive Pro als mühsam. Anschließend muss die etwas an Hörner erinnernde Antenne hinten am Headset angebracht und mittels eines kurzen Kabels mit diesem verbunden werden. Zusätzlich führt ein Kabel von der Antenneneinheit zu der mitgelieferten Quick-Charge-3.0-Powerbank mit einer Kapazität von 10.050 mAh. Ein letztes Kabel verbindet die PCIe-Karte mit dem Sensor, der optimalerweise in Kopfhöhe angebracht und auf die Mitte der Spielfläche ausgerichtet werden soll. Dazu kann er wie eine Webcam auch oben an einen Bildschirm geklemmt werden.
Einmal eingerichtet, kann sich der Anwender dann erstmals das nicht mehr über ein Kabel mit dem PC verbundene Headtset aufsetzen und den Akku umschnallen um sich davon zu überzeugen, dass die kleinen Fallstricke bei der Installation die letzten gewesen sein sollten.
Subjektive Eindrücke
Auf den Punkt gebracht lautet das Fazit zur Anwendung des Vive Wireless Adapter im Alltag schlichtweg: Die Technik funktioniert und der einzige spürbare Unterschied zum Kabelbetrieb ist der Wegfall des Kabels.
Ganz konkret konnte in keinem Spiel und in keiner Software eine erhöhte Latenz oder eine schlechtere Bildqualität wahrgenommen werden. Auch im Abstand von bis zu vier Metern vom Sender gab es keine Aussetzer oder sonstigen Probleme. Das Erlebnis könnte also nicht besser sein.
Fehler müssen provoziert werden
Um überhaupt ein Problem zu finden, muss es explizit provoziert werden. Dies gelingt zum Beispiel, indem man mit beiden Händen die Antennen des Adapters umschließt. In diesem Fall sinkt die Bildqualität plötzlich massiv ab oder die Verbindung bricht ganz weg. Eine zweite Person, die zwischen Sender und Empfänger vorbeiläuft, reicht jedoch nicht für Verbindungsstörungen.
Mehr Spaß und einfacherer Einstieg
Mit der Kombination aus HTCs Vive Pro und dem Vive Wireless Adapter gibt es zwar kein grundsätzliches neues Spielgefühl, doch die Leine, die einen buchstäblich in die Realität zurück reißt, wenn das Kabel mal wieder zu kurz oder verdreht ist, fällt weg und die Immersion gewinnt. Im Test zeigt sich dies vor allem bei Personen, die noch wenig VR-Erfahrungen gesammelt haben. Das Headset aufzusetzen und loszulegen gelingt ohne Kabel noch einfacher als zuvor.
Für Technik- und VR-Begeisterte kann der Aha-Moment jedoch auf sich warten lassen. Nach vielen Stunden in der virtuellen Realität wird es irgendwann zur Gewohnheit, beim Umdrehen auf das Kabel zu achten und viele Drehungen um die eigene Achse zu vermeiden. Es erfordert also erst wieder eine gewisse Umgewöhnung, um nicht mehr um das Kabel herum zu spielen und damit von der neuen Freiheit zu profitieren. Im Test trat dies zuerst überraschenderweise beim Schauen eines Filmes auf.
HTC Vive | HTC Vive Pro | |
---|---|---|
Display-Technologie | OLED | |
Auflösung | 2.160 × 1.200 (2 × 1.080 × 1.200) | 2.880 × 1.600 (2 × 1.440 × 1.600) |
Pixel insgesamt | 2,59 Millionen | 4,61 Millionen |
Linsen | Fresnel-Linsen | |
Kopfhörer | – | integriert, On-Ear |
Kamera | 1 × Frontkamera | 2 × Frontkamera |
Tracking | Tracking 1.0 | Tracking 1.0 und 2.0 |
Gewicht | ||
Headset exkl. Kabel | 561 g | 750 g (±20 g) |
Headset inkl. Kabel | 883 g | 980 g (±20 g) |
Kabel | ||
PC zu Link Box | HDMI/DP USB 2.0 |
DP USB 3.0 |
Link Box zum Headset | HDMI USB Strom |
Proprietäres Kabel |
Die für VR programmierte Umsetzung der Kurzgeschichte The Great C lädt dazu ein, in alle Richtungen zu schauen, und erst nach mehreren Minuten fiel in diesem Fall auf, dass sich kein Kabel um die Rollen des Schreibtischstuhls gewickelt hat – ohne permanent darauf zu achten, sich für jede Drehung in die eine Richtung auch wieder in die andere zurückzudrehen.
Im Normalfall sind es dann aber doch die schnelleren Spiele, die von der zusätzlichen Bewegungsfreiheit profitieren. Es spielt sich hier nicht grundsätzlich anders, aber ein bisschen sorgloser.
Die Akkulaufzeit stimmt
Laut Hersteller soll die Akkulaufzeit ungefähr zweieinhalb Stunden betragen und im Test ließ sich das so auch nachvollziehen. Der einzige Wermutstropfen ist das langsame Laden des Akkus an dem im Test verwendeten Ladegerät. Am 87-Watt-Netzteil von Apple, das über den nötigen USB-C-Anschluss verfügt, dauerte der Ladevorgang über zwei Stunden, bis die Anzeige am Akku volle Ladung signalisierte. Wer also deutlich länger als eine Akkulaufzeit in kurzer Zeit spielen möchte, kommt um einen zweiten Akku nicht herum. Für rund 35 Euro gibt es die mitgelieferte Powerbank auch als zusätzliches Zubehör, doch laut HTC sollte jede Quick-Charge-3.0-fähige Powerbank funktionieren.
Die Software funktioniert
Im Test hat sich auch die zugehörige Software als funktional erwiesen. Einmal installiert, kümmert sich die Vive-Wireless-App zuverlässig um den Verbindungsaufbau zum Headset. Selbst ein Software-Update der HTC Vive Pro ließ sich kabellos aufspielen. Ansonsten gilt wie gehabt: SteamVR starten, kurz warten und loslegen. Dass im Hintergrund das Bildsignal encodiert und decodiert wird und die drahtlose Verbindung verwaltet werden muss, bleibt für den Nutzer unsichtbar.