Breitbandausbau: Engpässe beim Tiefbau verhindern Glasfaser-Ziele
Selbst wenn sich die Debatte in den letzten Wochen vor allem auf Mobilfunk und 5G konzentrierte, bleibt das Verlegen der Glasfaserkabel eine zentrale Aufgabe, um den Breitbandausbau in Deutschland voranzubringen. Die gesteckten Gigabit-Ziele könnten aber an den mangelnden Tiefbau-Kapazitäten scheitern.
Das geht aus einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) hervor, die der alternative Provider-Verband Breko zusammen mit Lösungsvorschlägen präsentiert.
Beim Status Quo droht der Glasfaserausbau zu stocken
Die Botschaft im WIK-Gutachten ist deutlich: Sollte sich nichts ändern, sind die Gigabit-Ziele der Bundesregierung kaum zu erreichen. Bis 2025 soll laut dem Koalitionsvertrag flächendeckend eine Gigabit-Infrastruktur existieren. „Mit einem ‚Weiter so‘ besteht die Gefahr, dass maximal die Hälfte aller deutschen Haushalte bis 2025 mit direkten Glasfaseranschlüssen versorgt werden können“, so WIK-Chefin Iris Henseler-Unger.
Vor allem beim Tiefbau müsse gehandelt werden. Das ist ohnehin der entscheidende Kostenfaktor, 80 bis 90 Prozent der Kosten eines Glasfaserprojekts entfallen auf den Personal-, Material- und Maschineneinsatz. Wenn sich aufgrund Engpässen im Tiefbaumarkt nun die Bauarbeiten verzögern oder die Preise steigen, hat das also unmittelbare Konsequenzen für den Glasfaserausbau.
Die Gründe für diese Trends sind der Studie zufolge vielfältig. So sind Tiefbaufirmen in Deutschland häufig stark spezialisiert, sodass nur ein Bruchteil der Kapazitäten für den FTTB/FTTH-Ausbau zur Verfügung steht. Und gerade große Baufirmen engagieren laut dem WIK bislang nicht im Glasfaserausbau, weil die Projekte zu kleinteilig und damit unrentabel sind. Hinzu kommt noch der Mangel an Fachkräften.
Was tun?
Um die Probleme zu lösen, nennt die Studie mehre Vorschläge. So sollten beim Tiefbau künftig nicht mehr Einzel-, sondern langfristige Verträge abgeschlossen werden. Damit könnten Glasfaserprojekte auch für große Unternehmen interessanter werden.
Erleichtert werden müsse zudem der Einsatz alternativer und kostensparender Verlegetechniken wie Mini- oder Micro-Trenching. Auch das Verlegen der Glasfaser in vorhandene Leer- und Abwasserrohre beschleunige den Ausbau. Erforderlich sei dafür aber auch ein Umdenken der Kommunen, die Akzeptanz alternativer Verlegemethoden müsse erhöht werden. In der Praxis würden Kommunen diese häufig noch ablehnen oder die Genehmigungsverfahren nehmen sehr viel Zeit in Anspruch.
Nachholbedarf bestehe außerdem bei den Förderprogrammen. Um Lastspitzen beim Tiefbau zu vermeiden, sollten die Fördermittel nicht mehr in Wellen, sondern kontinuierlich vergeben werden. Diesen Schritt hat das für die digitale Infrastruktur zuständige Bundesverkehrsministerium bereits im Sommer angekündigt.
Bundesregierung bestreitet Tiefbau-Engpässe
Nichtsdestotrotz bleibt aktuell fraglich, inwieweit die Bundesregierung auf die Tiefbau-Engpässe reagieren wird. Denn zuletzt hieß es in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP, das Problem wäre nicht nachvollziehbar. Das Verkehrsministerium beruft sich dabei auf ein „Spitzengespräch mit Unternehmens- und Verbandsvertretern der deutschen Bauindustrie und der TK-Wirtschaft“ im Juni. Dabei hätten sich „keine generellen Rückschlüsse auf mögliche Engpässe“ ergeben.
Ebenso wenig gebe es „Erkenntnisse über Marktpreissteigungen im Tiefbaubereich“. Auch für die kommenden Jahre gibt man sich entspannt. Selbst wenn sich durch die anvisierten Gigabit-Ziele immer mehr Ausbau-Projekte lanciert werden, sei zu erwarten, dass „in der Bauwirtschaft eine nachfragegerechte Erhöhung der Baukapazitäten erfolgen wird“.
Verbände sowie Netzbetreiber klagen allerdings schon seit Jahren über die Kapazitätsengpässe in der Baubranche. Kritisch äußerte sich daher die FDP angesichts der Antwort. Der Abgeordnete Oliver Luksic erklärte gegenüber Heise Online, die Erwartungen der Bundesregierung wären völlig unrealistisch.
Effiziente Förderprogramme und Gutschein-System
Engpässe im Tiefbau sind indes nicht das einzige Problem. WIK-Chefin Henseler-Unger: „Unsere Studie zeigt: Es gibt nicht die eine Ursache für den schleppenden Glasfaserausbau in Deutschland.“ Vielmehr müsste noch bei einer Vielzahl von Stellschrauben nachjustiert werden, um die Gigabit-Ziele zu erreichen.
Dazu zählt das WIK eine vereinfachte Bürokratie, durch die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Hilfreich wäre es bereits, wenn Kommunen einen festen Ansprechpartner benennen. Ebenso sollten Kommunen auf digitale Tools bei der Planung einsetzen. Aufwändige Außentermine auf Baustellen könnten laut WIK in vielen Fällen durch Fotos und Videokonferenzen ersetzt werden.
Ebenso gefordert wird die Einführung eines Gutschein-System, um die Nachfrage anzukurbeln. Bürger und Unternehmen, die sich für einen Glasfaseranschluss an ihr Gebäude entscheiden, würden dann eine Prämie erhalten.