Fallout 76 im Test: Postapokalypse mit VSync und FPS-Limit
tl;dr: Fallout 76 kämpft zum Start nicht nur mit den hohen Erwartungen, auch an der Technik hapert es. Denn anstatt die sichtbar gealterte Engine zu sanieren, haben ihr die Entwickler ein FPS-Limit-Pflaster verpasst. Und auch das Gameplay und die Geschichte stehen bei Spielern in der Kritik.
Eindrücke zur Technik
ComputerBase hat den Artikel um die Testergebnisse eines aktuellen Gaming-Notebooks mit Intel Core i7-8750H (6K/12T, 45 Watt TDP) und GeForce GTX 1070 Max-Q erweitert. Trotz installiertem ersten Patch offenbart sich dabei gleich das nächste technische Problem.
In Full HD kann diese Kombination im Razer Blade 15 (Test) die 60-FPS-Marke nicht mehr halten, obwohl die mobile Grafikkarte eigentlich schneller als die GeForce GTX 1060 für den Desktop-PC ist. Der Grund: Das Spiel läuft auf dem Notebook mit 144-Hertz-Display mit einem FPS-Limit von 48 und nicht den erwarteten 72 FPS, also mit einem Drittel der Bildwiederholrate und nicht der Hälfte.
Dass auch der mobile Prozessor grundsätzlich noch genug Leistung für das Spiel hat, zeigt die Gegenprobe mit einem Ryzen 5 2400G in Kombination mit der GeForce GTX 1060: Das System erreicht auf einem 60-Hertz-Monitor weiterhin die 60-FPS-Marke. Die Frametimes gehen allerdings von 45 auf 33 FPS deutlich zurück und liegen damit noch unter denen auf dem Core i7-8750H, der aber auch einen höheren Takt, zwei Kerne und vier Threads mehr bietet.
Die nachfolgenden GPU-Tests hat ComputerBase auf einem AMD Ryzen 7 2700X mit 16 GB DDR4 (DDR4-2933, 16-16-16-38, Single-Rank) mit aktuellem Windows 10 Version 1803 durchgeführt. Als Treiber waren der GeForce 416.81 WHQL und der Adrenalin 18.11.1 installiert. Alle Benchmarks wurden im Preset „Ultra“ durchgeführt.
Fallout 76 mit VSync und FPS-Limit
PC-Spieler erwartet in Fallout 76 wie in Fallout 4 ein nicht deaktivierbares VSync und – neu – ein festes FPS-Limit von 60, das ebenfalls nicht angetastet werden kann. Mit dieser Obergrenze wird verhindert, dass alle Abläufe im Spiel wie beim Vorgänger auf Systemen mit Monitoren mit mehr als 60 Hertz schneller vonstatten gehen – die Figur also schneller rennen kann etc. pp. Das eigentliche Problem, dass die Physik im Spiel an die FPS gekoppelt ist, haben die Entwickler hingegen nicht behoben.
Mit GTX 1060 und Radeon RX 580/590 am Full-HD-Limit
Sowohl Radeon RX 590 als auch GeForce GTX 1060 sind im Ultra-Preset schnell genug um an das FPS-Limit zu stoßen. Die Radeon RX 570 scheitert hingegen daran. Bei den Frametimes muss die Radeon RX 570 dann allerdings deutlicher zurückstecken, mit einem Messwert von 36 FPS fühlt sich das Spiel schon wesentlich unrunder an als mit der Radeon RX 590 mit über 50 FPS. Die neueste Grafikkarte von AMD kann sich damit auch deutlich von der GeForce GTX 1060 9 Gbps absetzen.
Schwächere Grafikkarten fallen dann schnell stark in der Leistung ab und auf 2-GB-Modellen scheint die Engine trotz unverändertem Preset auch die Details anzupassen um Speicher zu sparen, denn die Bildqualität sinkt, ohne dass das Grafikmenü andere Einträge zeigt. Dafür bleiben starke Nachladeruckler aus.
Radeon RX Vega 64 mit Frametimes auf 1080-Ti-Niveau
In Ultra HD sind beide „Full-HD-Grafikkarten“ noch zu 30 FPS in der Lage, die Frametimes fallen auf 26 FPS bei der Radeon RX 590 respektive 24 FPS bei der GeForce GTX 1060. Für die vierfache Auflösung bedarf es dann schon einer GeForce GTX 1080 Ti um im Durchschnitt über die 25 Sekunden währende Testsequenz in das FPS-Limit von 60 zu laufen. Die beiden Radeon RX Vega liegen in dem Titel bei den FPS mit den bekannten Konkurrenten GeForce GTX 1080 und GeForce GTX 1070 gleichauf beziehungsweise leicht in Führung, bei den Frametimes hat AMD auch in dieser Leistungsklasse aber die deutlich besseren Karten.
Insbesondere die GeForce GTX 1080 leidet unter den relativ niedrigen Frametimes an der 99-Prozent-Marke, mit einem Wert von unter 30 FPS fühlt sich das Spiel nicht mehr flüssig an. Nicht nur der Abstand zur Radeon RX Vega 56 überrascht, auch der Abstand zur GeForce GTX 1080 Ti verwundert. Er konnte aber reproduzierbar nachvollzogen werden.
Presets mit wenig Leistungspotential
Wer durch das Zurückschalten der Details mithilfe der vier Presets Leistung gewinnen will, wird in Fallout 76 enttäuscht: Nur 25 Prozent lassen sich auf GeForce GTX 1060 und Radeon RX 590 generieren.
Technische Macken
Die Grafik von Fallout zeichnet ansehnliche, aber keine zeitgemäßen Bilder mehr auf den Bildschirm. Zur Freigabe des Titels fallen jedoch zahlreiche Probleme auf: Abrupte Tag-Nacht-Wechsel, der oftmals ruckartig fallende Konditionsbalken auf dem UI, ein erschöpfter Spieler, der trotzdem schneller laufen konnte als normal, und in der Luft schwebende NPCs stoßen ebenso negativ auf wie die schwankenden und tendenziell sehr langen Ladezeiten. Ebenfalls störend: Für jede Einstellung in den Grafikoptionen muss der Titel neu gestartet werden.
Wie gut ist Fallout 76?
Ob Fallout Spaß macht, kann zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sicher beurteilt werden. Weil es für Tester keinen frühzeitigen Zugang gab und das Rollenspiel als MMO-Titel konzipiert ist, sind umfassende Berichte noch nicht verfügbar. Sicher sagen lässt sich allerdings, dass Interessenten geduldig auf diese Beurteilungen warten sollten: Erste Meinungsäußerungen von Spielern haben eine stark negative Tendenz.
Publikation | Wertung |
---|---|
GameStar | w.i.p. |
Kotaku | w.i.p. |
Eurogamer | w.ip. |
Metacritic (PC) | Presse: -/100 Nutzer: 3.2/10 (~1.570 Bewertungen) |
Einzel- und Mehrspieler kollidieren
Prägend bei Nutzerwertungen und ersten Medienberichten ist, dass der Spagat zwischen Einzel- und Mehrspieler-Modus zu Dehnungsrissen führt; die neuen Online-Komponenten werden nicht immer wohlwollend beurteilt. Ob die anderen Spieler eine Stütze des Spiels seien oder ihm zum Nachteil gereichen, hängt für Kotaku zwar noch in der Schwebe, typische Fallout-Schwächen wie die „steife“ Steuerung und die unübersichtlichen Menüs könne Fallout 76 aber nicht ausgleichen: Pausiert werde im Inventar nicht mehr, das Rundenkampfsystem VATS sei durch eine Autoaim-Version in Echtzeit ersetzt worden.
Im ersten Moment stört sich die Seite auch am Ressourcenmanagement, das sich negativ auf die Kämpfe auswirke. Das Autoaim-System habe aufgrund von Hunger und Durst, die Nahkampf-Waffe aufgrund von fehlenden Materialien nicht genutzt werden können; Survival- und Crafting werden hier im ersten Moment nicht als unbedingt positive Ergänzungen gesehen. Auch das Perk-System empfindet die Seite als „chaotisch“.
Besser alleine
Dennoch konnte das Spiel die Tester zunächst unterhalten. Festgehalten wird aber auch, dass die besten Momente die waren, die nicht von anderen Spielern gestört wurden; Fallout 76 könne aufgrund der großen, von nur 24 Spielern bevölkerten Karten „überraschend, aber auch erfrischend einsam sein“. Eurogamer übernimmt diese Sichtweise, geht aber noch weiter: Dass zeitweise ein Spielgefühl wie bei jedem anderen Fallout entstehe, sei dann der Fall, wenn frei erkundet werde. Die Erkundung, während der das Spiel einfach durch seine Umgebung und gut geschriebene Dokumente Geschichten erzähle, mache mehr Spaß als das Vorgehen im Team.
Fallout 76 is a multiplayer game that's much more fun to play on your own.
Eurogamer
Das Einfügen anderer Spieler sieht die Seite kritischer; alle damit verbundenen Elemente würden die Spielerfahrung trüben. Darunter fällt das überlastete HUD, der Entfall einer echten Story und NPCs, aber auch die reine Existenz der Spieler. Diese würden von der Erkundung der Welt ablenken, könnten die ansonsten leblose Welt dabei aber weder beleben noch den Story- und Spannungsbogen eines Fallout ersetzen. Vor allem aber stören sie für die Seite die Immersion: Wenn beim Verlassen des Bunkers eine Reihe Menschen in Unterhosen Herz-Emotes ausführen und über den immer hörbaren Audiochat „osteuropäische Dance-Musik“ abspielen, komme schwerlich Endzeit-Stimmung auf, hält der Bericht fest.
Fallout 76 might have released today, but it still doesn’t feel like it’s gotten completely started yet.
Kotaku
Die Mehrspieler-Elemente, folgert die Seite, würden damit permanent das hintertreiben, was ansonsten ein „halbwegs anständiges Einzelspieler-Fallout sein könnte“. Kotaku urteilt hier weniger kritisch. Die Rolle anderer Spieler, hofft die Seite, werde sich erst im Endgame richtig entfalten, weshalb sich das Spiel noch eher wie ein Tutorial anfühle. Dort könnten sie dann die Welt lebendig gestalten und eigene Geschichten entstehen lassen, die NPCs ersetzen – zumindest in der Theorie.
Nutzer urteilen vernichtend
Noch einmal kritischer urteilen Nutzer auf Metacritic und Jim Sterling auf YouTube. Dem Spiel wird vorgeworfen, ein seelenloses MMO zu sein, das überdies technische Schwächen wie Verbindungsprobleme und schlechte Bildraten aufweise. Survival- und Crafting-Aspekten seien anderswo besser gelöst, es gebe darüber hinaus keinen wirklichen Grund, Zeit in der Welt zu verbringen, in der immer gleiche Quests warten würden. Selbst im mittleren Wertungsbereich, der schon weit über dem Durchschnitt von 3.2 liegt, wird von einem „langweiligen, uninspirierten Fallout-Spiel“ gesprochen, dem Tiefe fehle.
Fazit: Abwarten
Ob Fallout 76 Spaß macht, scheint auf Basis der bisherigen Einschätzung stark von den Erwartungen abzuhängen. Wer auch eine Story oder ein klassischeres Fallout möchte, braucht 76 gemäß ersten Eindrücken nicht, wem ein Survival-Spiel im Fallout-Kostüm reicht, der kann offenbar – darauf deuten auch positivere Einzelberichte auf Reddit hin – ordentlich unterhalten werden. Interessenten sollten am besten noch abwarten, bis die inhaltliche Bewertung des Titels sich manifestiert hat.
Auch in Bezug auf die Technik kann das nicht schaden, denn aktuell krankt es in Fallout nicht nur an der Steuerung. Abstürze hatte die Redaktion zwar nicht zu beklagen, aber es gilt noch Darstellungsfehler zu beheben und an der Engine zu feilen.
Mikrotransaktionen
Fallout 76 verkauft kosmetische Extras in einem Ingame-Shop für eine Premium-Währung. Die sogenannten „Atome“ können in Paketen zwischen 500 und 5.000 Stück für rund 5 bis 40 Euro erworben werden. Gegenstände kosten zwischen 700 Atomen für Skins (~ 7 Euro) und 50 Atomen (50 Cent) für Icons, schreibt GameStar. Mit täglichen und wöchentlichen Aufgaben können maximal 570 Atome pro Bethesda-Nutzerkonto verdient werden, ergänzt die Seite.
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.