Für MBUX und Autonomie: Daimler und Nvidia arbeiten am Auto-Supercomputer
Mit dem zur CES 2019 vorgestellten neuen CLA hat Mercedes-Benz die mit der A-Klasse im Februar 2018 erstmals vorgestellte neue Mercedes-Benz User Experience (MBUX) erneut überarbeitet. Das System basiert auf Hardware von Nvidia. Für das nächste Jahr stellen beide Partner aber noch ein viel gewichtigeres Produkt in Aussicht.
MBUX mit optionalem Interieur Assistant
Schon im Herbst 2018 hatte MBUX nach einem guten halben Jahr Verfügbarkeit eine erste Überarbeitung erfahren. Mit dem neuen GLE hatte Mercedes MBUX um eine Hand- und Gestenerkennung erweitert, Interieur Assistent genannt. Dabei erfasst eine Kamera in der Dachbedieneinheit die Bewegungen der Hände und Arme von Fahrer und Beifahrer. Nähert sich eine Hand dem Touchscreen oder dem Touchpad auf der Mittelkonsole, ändert sich die Darstellung im Media-Display, einzelne Elemente werden beispielsweise hervorgehoben oder eingeblendet und sind so beim Fahren einfacher zu erreichen. Hinzu kommen Funktionen, die sich mit einfachen Handbewegungen steuern lassen. Beides gibt es als Sonderausstattung jetzt auch im neuen CLA.
Optimierte Spracherkennung
Vorerst exklusiv dem CLA vorbehalten ist hingegen die Überarbeitung der Spracherkennung. Der Assistent soll jetzt noch besser mit ganz natürlich formulierten und auch komplizierteren Anfragen zurecht kommen. Als Beispiel führte Daimler zur Präsentation in Las Vegas die Anfrage „Hey Mercedes, finde mir ein asiatisches Restaurant, aber nicht Sushi, in Las Vegas, das mindestens eine Vier-Sterne-Bewertung hat“.
Bei der Hardware bleibt der CLA hingegen seiner Plattform treu: Wie in der A-Klasse kommen maximal zwei 10,25 Zoll große Displays mit jeweils 1.920 × 720 Bildpunkten zum Einsatz. Die Berechnungen übernehmen verschiedene System-on-a-Chips von Nvidia, genauer gesagt ein Reilly PX für die kleine und mittlere Ausführung mit zwei 7-Zoll-Displays (545/549 und DK1) sowie ein Parker 128 für die beiden großen Ausführung mit zwei 10,25-Zoll-Displays (DK2 und DK3).
Ob und wann auch die anderen MBUX-Fahrzeuge der Klassen A, B, GLE und Vito die neue Spracherkennung per OTA-Update erhalten, diese Frage blieb in Las Vegas vorerst unbeantwortet. Im Gegensatz zum Interieur Assistant sollte diese Funktion aber rein in Software umgesetzt sein.
Daimler und Nvidia arbeiten am „Auto-Supercomputer“
Dass Daimler und Nvidia ihre aktuelle Partnerschaft erst am Anfang sehen, machten im Nachgang der Vorstellung des CLA erneut Sajjad Khan, Vizepräsident Digital Vehicle und Mobility bei Daimler, und Jensen Huang, CEO Nvidia, deutlich. Ohne bereits ins Detail zu gehen, stellten beide für das kommende Jahr die Vorstellung einer neuen Recheneinheit für Fahrzeuge von Mercedes-Benz in Aussicht.
Im Sommer 2018 hatten Nvidia, Daimler und Bosch gemeinsam bekanntgegeben, bei der Entwicklung eines autonom fahrenden Fahrzeuges auf Nvidias Drive AGX zu setzen. Erste Testfahrzeuge mit Autonomie nach Level 4 sollen im Sommer (ohne Sicherheitsfahrer) in Kalifornien eingesetzt werden. Im Herbst 2018 fuhr bereits ein Versuchsfahrzeug von Nvidia erfolgreich 80 km durch das Silicon Valley, ohne dass ein Mensch eingreifen musste. Auch Volvo, Continental und Veoneer setzen auf dieses 4-Chip-System mit Xavier und Turing.
Die von Sajjad Khan und Jensen Huang mit viel Pathos gelobte Zusammenarbeit der beiden Konzerne wird im nächsten Jahr aber auf eine ganz andere Plattform setzen, die die Funktionen für autonomes Fahren und das Cockpit vereinen soll. Nvidias Drive AGX ist ausschließlich für den Einsatzzweck des autonomen Fahrens und nicht das Cockpit vorgesehen. Möglich, dass der Nachfolger, den Nvidia bereits als 2-Chip-System Orion benannt hat, die Funktionen in einem „Supercomputer für das Auto“ vereinen wird, oder die Kooperation mit Daimler am Ende sogar eine ganz eigene Lösung hervorbringt. Die Funktionen autonomes Fahren und Infotainment zu vereinen erscheint aus Anwendungssicht durchaus sinnvoll: Beide Bereiche verfügen über einen enormen Bedarf an Rechenleistung und neuerdings auch an AI-Beschleunigung.
Mehr Details zur CES 2020
Genauere Details wollen Daimler und Nvidia allerdings erst in der Zukunft teilen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es genau in einem Jahr zur CES 2020 Anfang Januar so weit sein. Erstmals über die eigene Kooperation gesprochen hatten Nvidia und Daimler auf der CES 2017. Ein Jahr später wurde MBUX präsentiert. Das Ziel, gemeinsam ein Fahrzeug mit AI-Funktionalität auf die Straße zu bringen, stand schon damals im Raum.
Während PKW noch etwas brauchen, um den Sprung von Level-2-Autonomie wie in der aktuellen E-Klasse (Test) auf Level-4-Autonomie zu schaffen, haben LKW zur Messe erstmals den Schritt auf Level 2 gemacht. Der von Daimler Trucks angekündigte neue Freightliner Cascadia wurde in Las Vegas für Mitte 2019 mit Level-2-Autonomie angekündigt. Wie aktuelle Mercedes-Benz PKW kann der LKW nicht nur die Geschwindigkeit an vorausfahrende Fahrzeuge bis zum vollständigen Stillstand anpassen, er hält auch die Spur und initiiert bei Bedarf eine Notbremsung.
Die verbesserte Spracherkennung steht nicht nur Käufern des neuen CLA zur Verfügung, sondern auch Bestandskunden mit MBUX-Fahrzeugen anderer Klassen. Allerdings betrifft das vorerst nur Nutzer in den USA, denn dort hat Daimler den Dienstleister gewechselt und der macht den Unterschied. Käufer des neuen CLA in Europa erhalten damit vorerst wie gehabt die von A- oder auch B-Klasse bekannte Spracherkennung. Der Wechsel auf den neuen Dienstleister wird in Europa erst später erfolgen.
Die Hand- und Gestenerkennung, die eine bisher nur in CLA und GLE verfügbare optionale Kamera im Innenraum voraussetzt, wird wiederum als neue Sonderausstattung ab Mitte des Jahres auch in der Serie von A- und B-Klasse eingeführt.