Anthem im Test: Sehr schöne Grafik, extreme GPU-Anforderungen

 4/4
Update Wolfgang Andermahr
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Wie gut ist Anthem? (Update)

Anthem ist ein weiterer MMO-artiger Loot-Shooter im Sci-Fi-Setting, der mit Frostbite-Engine und Mecha-Anzügen punkten möchte. Tatsächlich sind diese beiden Alleinstellungsmerkmale diejenigen Aspekte des Spiels, die universell Anklang finden. Grafik und Welt sind atemberaubend hübsch, das Bereisen der Spielwelt im Flug mit Jet-Mech-Anzügen ein unterhaltsames Highlight, verkündet jeder aktuell verfügbare Bericht.

Nur für ein paar Stunden toll

Der Rest von Anthem ist eher eine Aneinanderreihung von Tiefpunkten. Während die Vorzüge im besten Fall noch die ersten paar Stunden durch das Spiel tragen, stürzt der gute Ersteindruck spätestens danach schneller ab als EAs Aktienkurs in den vergangenen Wochen. Schuld daran hat das problematische, mithin generische Spieldesign, dem VG247 vorwirft, es basiere auf „Leistungskennzahlen und Google Trends“. Dadurch entsteht ein letztlich seelenloses Spiel, das möglichst breitenkompatibel und möglichst verkaufsträchtig sein soll, oberflächlich und hübsch, aber ohne Substanz daher kommt. Also ein typischer Vertreter seiner Triple-A-Generation.

Minute to minute, it feels great. The problem is everything else: mission design, story, pacing, and even customisation.

VG247

Das bringt eine „generische, Destiny-artige Spielerfahrung“ hervor, die Gamespot nicht in das Spiel ziehen kann; die Seite spielt nach eigenen Angaben nur noch, um einen vollständigen Bericht schreiben zu können. Problemzonen werden in den verschiedenen Berichten viele und meist übereinstimmend aufgeworfen: Ein sich permanent wiederholendes, einfaches Missionsdesign, häufige und überlange Ladezeiten, die erst der nächste Patch deutlich reduzieren soll, und die Konzeption als Teamspiel, in dem kaum Teamwork möglich sei. Es fehle etwa an einer Möglichkeit, andere Spieler auf das eigene Ableben hinzuweisen und zur Reanimation zu motivieren. Die Möglichkeit, als Gruppe Combo-Attacken auszuführen, weiß hingegen zu unterhalten, sie sei jedoch aufgrund übertriebener Effekte schwierig umzusetzen, schreibt PC Gamer.

Hürden und Widersprüche

Der Rest des Spiels, urteilt auch diese Seite, ist eine Ansammlung von „Eintönigkeit und Frustration“, zu der auch die Präsentation gezählt wird. Der zentrale Hub, eine Stadt, wird grundsätzlich als überflüssig erachtet: Bioware versuche hier, durch Story und Gespräche von Passanten den Spieler in die Welt zu ziehen. Dieser Hub wird von Testern allerdings im besten Fall für seine Bemühungen gelobt (Eurogamer lobt Charaktere und Kontextualisierung des Geschehens, auch wenn sie langweilig seien), im schlimmsten Fall als lästiges Hindernis empfunden. Bei PC Gamer entsteht so keine Beziehung zur Welt, die tote Kulisse stört hier wie das umständliche Interface nur. Wahrgenommen wird aber auch ein Bruch zwischen Mehrspieler-Gameplay und einer Erzählweise, die eigentlich aus Einzelspieler-Titeln stammt.

The customisation is clearly designed to push you towards spending real money. Even then, there’s barely anything to tempt you. [...] It’s a hollow experience that’s been designed to appeal to the widest market possible while squeezing more money out of those who are hooked in by its doggy treat design.

VG247

Genauso wird die Story beurteilt. Logikfehler und verwirrendes schon im Tutorial bemerkt Gamespot, man habe nur eine Rechtfertigung um Loot zu finden, nicht aber eine Basis für eine lebendige Welt geschaffen, die Spieler gerne erkunden wollen. Was bleibt, ist ein Spiel, das eine Umgebung zum Sammeln und Ausprobieren der Beute schafft und aus diesem Hamsterrad Reiz sowie weitere Verkäufe von Skins zu generieren sucht – ein Checklisten-Spiel, das sowohl im Design als auch vom Spieler das Abarbeiten von (immer gleichen) Standardaufgaben fordert.

End game content can be lengthy without being repetitive, but not here.

Tech Radar

Ob das Gefällt, ist eine Frage der Perspektive. Tech Radar sieht im Kampf und dem Design zumindest Potential, das mit Updates freigelegt werden kann – auch wenn die Basis nicht sonderlich solide sei. Unmöglich ist das nicht, für den Erfolg langfristiger Pflege gibt es mittlerweile zahlreiche Beispiele.

Selbst im besten Fall trüben Widersprüche im Spieldesign den Spaß in der Jetztzeit eines „faszinierenden, aber zutiefst mangelhaftem Spiels“, formuliert Eurogamer. Am anderen Ende steht ein Spiel, das einfach als generisch und damit als langweilig beurteilt wird. Finale Testberichte stehen zwar noch aus, schon jetzt lässt sich sagen, dass Anthem nicht der erwartete Mega-Hit geworden ist.

Wertungsüberblick für Anthem
Publikation Wertung
GamesRadar wip
GameSpot wip
Eurogamer wip
PC Gamer n.A.
Tech Radar 3/5
VG247 n.A.
Metacritic (PC) Presse: -/100
Nutzer: -/10

Fazit

Die PC-Version von Anthem sieht richtig gut aus und muss sich in diesem Punkt auch hinter Battlefield V nicht verstecken. In einem anderen hingegen schon: Im Gegenzug zur DICE-Entwicklung mit derselben Engine wird in Anthem deutlich schnellere Hardware benötigt, eine deutlich stärkere Grafikkarte ist für dasselbe Ergebnis Pflicht. Anspruchsvoller in Bezug auf die GPU ist derzeit vielleicht kein anderes Spiel.

Vor allem die Mittelklasse in Form der GeForce GTX 1060 und der Radeon RX 580 haben darunter zu leiden. Selbst in Full HD müssen für 60 FPS die Grafikdetails deutlich reduziert werden. Für 2.560 × 1.440 muss es dann direkt eine Grafik der Oberklasse sein und für Ultra HD reicht selbst eine GeForce RTX 2080 Ti für 60 FPS nicht aus. Mittlere Grafikdetails bringen in Anthem zwar viel Performance und reduzieren die Anforderungen deutlich. Allerdings sieht das Spiel dann auch nicht mehr im Ansatz so spektakulär aus.

Anthem im Technik-Test

Neben einer schnellen Grafikkarte benötigt Anthem auch eine schnelle CPU. Vor allem in hohen Detailstufen ist ein flotter Prozessor Pflicht, ansonsten ist der Multiplayertitel unspielbar. Doch auch bei reduzierten Details bleibt die CPU wichtig. So wichtig, dass Intel-CPUs mit vier Kernen und ohne Hyper-Threading sowie AMD-CPUs mit vier Kernen und mit SMT auch mit reduzierten Details immer mal wieder ruckeln.

Insgesamt erweist sich der Titel in der aktuellen Form damit zwar als sehr hübsch anzusehen, aber auch in Anbetracht der optischen Pracht als extrem schnell optimiert.

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