Im Test vor 15 Jahren: Intels Prescott war ein Rückschritt durch Fortschritt
tl;dr: Eine überarbeitete Mikroarchitektur, ein kleineres Fertigungsverfahren und SSE3-Unterstützung sollten den Intel Pentium 4 mit Codenamen Prescott (Test) an die Leistungsspitze befördern. Er stellte mit dem Ziel von 4 GHz zugleich die Spitze des Gigahertz-Rennens zwischen AMD und Intel dar.
Eine lange Leitung
Dank der neuen 90-nm-Fertigung war der Prescott deutlich kleiner als die vorherigen Pentium-4-Modelle. Die 125 Millionen Transistoren konnten auf 112 mm² untergebracht werden, während ein Northwood-Pentium mit nur 55 Millionen Transistoren auf mindestens 131 mm² kam. Der Pentium 4 in der Extreme Edition mit Northwood-2M-Kern erreichte mit 169 Millionen Transistoren gar 240 mm².
Die Überarbeitung der Mikroarchitektur brachte unter anderem einen mit 16 kByte doppelt so großen L1d-Cache mit sich. Der L2-Cache wurde von Intel außerdem von 512 kByte auf 1.024 kByte aufgebohrt. Der Prescott war zudem die erste Prozessor-Architektur, die die Befehlserweiterung SSE3 unterstützte. Die Hyper-Threading-Technik erfuhr mit dem Prescott Überarbeitungen. So konnten Operations-Arten parallel ausgeführt werden, was sich in einer gesteigerten Leistung bemerkbar machte.
Die wichtigste Änderung nahm Intel jedoch an der Befehls-Pipeline vor. Die bereits lange 20-stufige Pipeline des Northwood verlängerten die Ingenieure auf 31 Stufen. Unter anderem sollte die verlängerte Pipeline durch einfachere Stufen höhere Taktraten ermöglichen. Die zum Marktstart des Prescott vorgestellten Prozessoren boten aber bestenfalls die gleichen Taktraten wie die Northwood-Pentiums. Die angepeilten 4 GHz sollte Intel mit dem Prescott nie erreichen. Ein Nachteil, der mit der längeren Pipeline einher ging, war, dass die gesamte Pipeline geleert werden musste, falls die Sprungvorhersage des Prozessors falsch lag. Dementsprechend musste die CPU im Ernstfall 31 Befehle verwerfen.
Merkmale | Pentium 4 | Pentium 4 Extreme Edition | Athlon XP | Athlon 64 (FX) | |
---|---|---|---|---|---|
Kern | Prescott | Northwood | Northwood 2M | Thoroughbred Barton |
Clawhammer Clawhammer-512 |
Frontside-Bus | 533 MHz QDR 800 MHz QDR |
400 MHz QDR 533 MHz QDR 800 MHz QDR |
800 MHz QDR | 266 MHz DDR 333 MHz DDR 400 MHz DDR |
entfällt |
Fertigung | 90 nm | 130 nm | 130 nm SOI | ||
Sockel | Sockel 478 | Sockel A | Sockel 754 Sockel 940 (FX) |
||
Taktrate oder Modellnummer |
533 MHz QDR 2800 MHz A 800 MHz QDR 2800 MHz E HT+ 3000 MHz E HT+ 3200 MHz E HT+ 3400 MHz E HT+ HT+: Verbessertes Hyper-Threading |
400 MHz QDR 1600 MHz A 1800 MHz A 2000 MHz A 2200 MHz 2400 MHz 2500 MHz 2600 MHz 533 MHz QDR 2266 MHz 2400 MHz B 2533 MHz 2666 MHz 2800 MHz 3066 MHz HT 800 MHz QDR 2400 MHz C HT 2600 MHz C HT 2800 MHz C HT 3000 MHz HT 3200 MHz HT 3400 MHz HT HT: Hyper- Threading |
800 MHZ QDR 3200 MHz HT 3400 MHz HT HT: Hyper- Threading |
266 MHz DDR 1800+ 1900+ 2000+ 2100+ 2200+ 2400+ 2600+ 333 MHz DDR 2600+ 2700+ 2800+ 333 MHz DDR 2500+ 2600+ 2800+ 3000+ 400 MHz DDR 3000+ 3200+ |
Athlon 64: 3000+ 3200+ 3400+ Athlon 64 FX: 51 |
Transistoren | 125 Mio. | 55 Mio. | 169 Mio. | 37,5 Mio. (Tho.) 54,3 Mio. (Bar.) |
105,9 Mio. |
Die-Size | 112 mm² | 146 mm² (nB0) 131 mm² (nC1) 131 mm² (nD1) |
240 mm² (nM0) | 80 mm² (Tho. A) 84 mm² (Tho. B) 101 mm² (Bar.) |
193 mm² |
L1-Execution-Cache | 12.000 µ-Ops | 64 kByte | |||
L1-Daten-Cache | 16 kByte | 8 kByte | 64 kByte | ||
L1-Takt | CPU-Takt | ||||
L2-Cache | 1024 kByte | 512 kByte | 256 kByte (Tho.) 512 kByte (Bar.) |
512 kByte (3000+) 1024 kByte |
|
L2-Anbindung | 256 Bit | 64 Bit | 128 Bit | ||
L2-Cache-Takt | CPU-Takt | ||||
L2-Modus | L1 inclusive | L1 exclusive | |||
L3-Cache | – | 2048 kByte | – | ||
L3-Cache-Takt | – | CPU-Takt | – | ||
L3-Modus | – | L2 inclusive | – | ||
HW Data Prefetching | Ja | ||||
VCore | 1,250V 1,275V 1,300V 1,325V 1,350V 1,375V 1,400V |
1,475V 1,500V 1,525V 1,550V |
1,475V 1,500V 1,525V 1,550V 1,575V 1,600V |
1,50V 1,60V 1,65V |
1,55V |
Befehlssätze | MMX SSE SSE2 SSE3 |
MMX SSE SSE2 |
MMX SSE SSE2 |
MMX 3DNow! 3DNow!+ SSE |
MMX 3DNow! 3DNow!+ SSE SSE2 AMD64 |
Temperatur-Diode | Ja | ||||
Multiprozessor-fähig | Nein | ||||
CPU-Architektur | 31-stufige Pipeline | 20-stufige Pipeline | 15-stufige (FPU)/10-stufige (ALU) Pipeline | 17-stufige (FPU)/12-stufige (ALU) Pipeline |
Ein weiteres Problem des Prescott war die mit 103 Watt sehr hohe Verlustleistung. Intel begründete diese mit der gestiegenen Anzahl an Transistoren, der Pentium 4 in der Extreme Edition mit 130 nm kam jedoch ebenfalls auf 103 Watt bei deutlich mehr Transistoren. Tatsächlich schuld waren die hohen Leckströme, die letztendlich auch Intels 4-GHz-Plan vereitelten. Im Test resultierte die hohe Verlustleistung des Prescott in rund 10 K höheren Temperaturen als bei einem Northwood-Pentium mit gleicher Taktrate.
In puncto Leistung konnte der Prescott (Pentium 4 3,2E GHz) nicht überzeugen. In Spielen war er im Schnitt auf dem Niveau eines Northwood-Pentiums mit gleicher Taktrate. Einem Athlon 64 3000+ musste er sich bereits geschlagen geben und auch ein alter Athlon XP 3200+ rangierte nur vier Prozent hinter ihm. Selbst in Medienkodierungs-Anwendungen konnte er sich nicht gegen die vorherige Architektur durchsetzen, obwohl dies die Paradedisziplin für Hyper-Threading war. Ganze fünf Prozent lag er hinter dem Northwood mit 3,2 GHz. In den getesteten CAD-Anwendungen blieb am Ende immerhin im Durchschnitt ein Prozent Plus über. Im Mittel über alle Benchmarks blieb der Prescott rund zwei Prozent hinter Northwood zurück. Gegen den – exorbitant teuren – Pentium 4 in der Extreme Edition samt L3-Cache hatte er ohnehin keine Chance.
Intel übernahm für den Prescott die Preisgestaltung des Northwood. Damit konnten Nutzer für das gleiche Geld einen langsameren und heißeren Prozessor erwerben, der vor allem in der Theorie interessante Neuerungen bot. Für ComputerBase stand vor 15 Jahren fest, dass für Spieler der Athlon 64 und für Multimedia-Anwendungen der Pentium 4 Northwood zu empfehlen war. Der Prescott war „ein Rückschritt durch Fortschritt“.
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