Urheberrechtsreform: EU-Spitzen für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht
Nächster Schritt auf dem Weg zu Upload-Filtern und dem Leistungsschutzrecht: Die Spitze des EU-Parlaments hat sich gestern mit der EU-Kommission und dem EU-Rat auf eine gemeinsame Version für die europäische Urheberrechtsreform verständigt. Noch muss aber das Plenum des EU-Parlaments zustimmen.
Was gestern Abend beendet wurde, waren die sogenannten Trilog-Verhandlungen, bei der sich die Spitzen der EU-Gremien auf einen finalen Text verständigt haben. Das bestätigte die EU-Kommission. Wenn das der Fall ist, fehlt noch die Zustimmung von den Mitgliedsstaaten im EU-Rat sowie dem EU-Parlament. Normalerweise ein formaler Akt.
Da die Urheberrechtsreform aber äußerst umstritten ist, hoffen Kritiker in diesem Fall trotzdem auf die finale Abstimmung im EU-Parlament. Dort könnten die Abgeordneten die Reform noch stoppen oder umstrittene Passagen wie Artikel 11 und 13 streichen. Wie EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten) in einem Blog-Beitrag skizziert, dürfte die Abstimmung zwischen dem 25. März und dem 18. April stattfinden.
Upload-Filter in den umstrittensten Varianten
Grundlage für die Einigung der EU-Gremien ist der deutsch-französische Kompromiss, der in der letzten Woche für massive Kritik sorgte. Der beinhaltet sowohl die Vorgaben zum Leistungsschutzrecht (Artikel 11) als auch zu den Upload-Filtern (Artikel 13).
Artikel 13 besagt im Kern: Profitorientierte Online-Plattformen sollen künftig verantwortlich sein, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen. In der Praxis bedeutet das: Die Plattform-Betreiber müssen entweder Lizenzen bei den Rechteinhabern erwerben oder Upload-Filter installieren, um die Nutzerinhalte bereits vor dem Upload zu prüfen.
Das Aushandeln von Lizenzen gilt angesichts der Masse an Inhalten als unrealistisch. Und Upload-Filter sind höchst umstritten. YouTube benutzt zwar bereits Systeme wie ContentID, die sind aber jetzt schon fehleranfällig. Im Sinne der Reform müssten die Filter-Einstellungen nochmals verschärft werden. Kritiker befürchten daher, dass damit auch legale Inhalte im Rahmen von Zitaten oder Satire sowie Memes, GIFs oder Remixes erfasst werden.
Ausnahmen gibt es für Startups und kleine Anbieter, die jünger als drei Jahre sind, weniger als 10 Millionen Euro Jahresumsatz haben und nicht mehr als 5 Millionen Nutzer pro Monat. Es sollen auch nicht-kommerzielle Projekte wie Wikipedia nicht betroffen sein. Wo genau die Grenzen verlaufen, ist aber unklar.
Leistungsschutzrecht als weiterer Kritikpunkt
Ebenso umstritten sind die Vorgaben für ein EU-weites Leistungsschutzrecht. Das Ziel ist: Presseverlage sollen Gebühren von News-Aggregatoren wie Google erhalten, wenn die Auszüge aus den Online-Artikeln in den Suchergebnissen veröffentlichen. Ausnahmen gibt es nur für einzelne Wörter sowie kurze Text-Auszüge. Das Übernehmen von ganzen Texten oder Überschriften soll bereits unter das Leistungsschutzrecht fallen – und damit gebührenpflichtig sein.
Unklar ist nun, inwieweit etwa URLs betroffen sind, wenn diese Versatzstücke aus der Überschrift des Artikels enthalten. Ebenso fraglich ist die Reichweite des EU-Leistungsschutzrechts. Angesichts der aktuellen Formulierung könnten bereits Blogs betroffen sein, sofern sie Werbebanner einbinden.
Kritik reißt nicht ab
Seitens der EU-Gremien ist man mit der aktuelle Version zufrieden. Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für Digitalthemen, schreibt auf Twitter, es gebe nun eine Copyright-Reform, von der „alle profitieren“ würden.
Umstritten war die Reform – und insbesondere die Einführung von Upload-Filtern sowie dem Leistungsschutzrecht – von Anfang an. Spätestens mit dem Bekanntwerden des deutsch-französischen Kompromiss in der letzten Woche sind aber auch die letzten Unterstützer abgesprungen.
Angesichts der Einführung von Upload-Filtern sprechen Netzaktivisten und Bürgerrechtler von einem Ende des „freien Internets“, sollte die Reform durchgesetzt werden. Massiver Protest stammt auch aus dem Umfeld der YouTuber. Die warnen explizit, dass weniger die großen Plattformbetreiber wie Google betroffen sind. Sondern vielmehr die Kreativen, die legale Inhalte erstellen.
Wirtschaftsverbände warnen indes vor den Risiken für die Digitalwirtschaft. Am Ende stehe nun eine Reform, die allen schade, erklärte etwa der IT-Branchenverband Bitkom. Und selbst Medienkonzerne wie Bertelsmann – ursprünglich Befürworter – gehen mittlerweile auf Abstand. Ihnen geht die Reform allerdings nicht weit genug.
Kritiker hoffen nun auf die finale Abstimmung im EU-Parlament. Bereits bei dem Beschluss im September war das Mehrheitsverhältnis äußerst knapp. Selbst wenn die kommende Abstimmung also eigentlich nur formalen Charakter hat, gilt der Ausgang als offen.