Urheberrechtsreform: EU-Rat einigt sich auf Upload-Filter-Kompromiss
Nach längerem Streit in den letzten Monaten hat sich der EU-Rat nun auf einen Entwurf für die europäische Urheberrechtsreform verständigt, berichtet die Tagesschau. Grundlage dafür ist der deutsch-französische Kompromiss mit äußerst umstrittenen Vorgaben für die Upload-Filter-Regeln. Final ist der Beschluss aber noch nicht.
An den Upload-Filter-Regeln – also dem kontrovers diskutierten Artikel 13 – drohte die Verordnung zuletzt noch zu scheitern. Seit Januar standen die Verhandlungen still, vor allem Deutschland und Frankreich konnten sich nicht auf eine einheitliche Linie verständigen. Deutschland wollte Startups und kleine Anbieter ausnehmen, Frankreich nicht. Am Dienstag wurde aber der deutsch-französische Deal publik. Dem Kompromiss stimmten am Freitagabend dann auch 20 EU-Staaten zu.
Kaum noch Ausnahmen von den Upload-Filtern
Nur ist der deutsch-französische Kompromiss äußerst umstritten. Das Ziel von Artikel 13 ist weiterhin, dass Online-Plattformen verantwortlich sein sollen, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen. In der Praxis bedeutet das: Um Strafen zu entgehen, müssen sie entweder Lizenzen mit den Rechteinhabern aushandeln, was aber als unrealistisch gilt. Oder als Alternative die Upload-Filter implementieren, die Inhalte der Nutzer direkt prüfen.
Streitpunkt war nun vor allem, welche Plattformen von Artikel 13 betroffen sind. Als Kompromiss einigten sich Deutschland und Frankreich jetzt auf folgende Kriterien (PDF), die profitorientierte Plattformen erfüllen müssen, um nicht betroffen zu sein:
- Sie müssen jünger als drei Jahre sein.
- Der Jahresumsatz muss weniger als 10 Millionen Euro betragen.
- Sie dürfen nicht mehr als 5 Millionen Nutzer pro Monat haben.
Für Kritiker wie die EU-Abgeordnete Julia Reda von den Piraten ist das viel zu weitreichend. Die aktuelle Fassung ist ihrer Ansicht nach schlimmer als je zuvor.
Betroffen sind demnach nicht mehr nur die großen Anbieter wie Facebook, YouTube oder Twitter. Die Regeln gelten dann auch für die Foren von Nachrichtenseiten oder soziale Netzwerke zu Nischenthemen, wenn sie älter als drei Jahre sind. Selbst Dienste wie Patreon, die eigentlich darauf abzielen, Urheber für ihre Werke fair zu entlohnen, müssten Lizenzen einholen oder Upload-Filter einbauen.
Redas Fazit ist daher: „Unzählige völlig harmlose Apps und Webseiten, die nicht alle dieser Kriterien erfüllen, müssten demnach Upload-Filter installieren, die User und Betreiber gleichermaßen schädigen, selbst wenn die Plattform bisher überhaupt kein Problem mit Urheberrechtsverletzungen hat.“
Massive Kritik von allen Seiten
Kritik erhält der Entwurf von fast allen Seiten. Neben Netzaktivisten und Bürgerrechtlern warnen etwa auch YouTuber wie LeFloid vor den Konsequenzen der Reform. Im Gespräch mit heuteplus erklärt er, unter den Upload-Filtern würden weniger die Betreiber großer Plattformen wie YouTube leiden. Sondern vielmehr die Kreativen, die Inhalte erstellen.
Auch Wirtschaftsverbände lassen kaum ein gutes Haar an dem Kompromiss. So erklärt etwa der IT-Branchenverband Bitkom, für die geplanten Upload-Filter erhalte die EU nun von allen Seiten Gegenwind. „Neben der Digitalwirtschaft, Verbraucherschützern und Netzpolitikern stellen sich auch Medienunternehmen und Produktionsfirmen gegen den Artikel 13 der Urheberrechtsreform. Die Botschaft könnte kaum klarer sein: Wer für Upload-Filter stimmt, schadet allen“, so Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Zudem wären nun sogar kleine und mittlere Unternehmen gezwungen, Upload-Filter zu installieren.
Der Internetwirtschaftsverband eco kritisiert, die deutsche Regierung wäre sowohl beim Leistungsschutzrecht als auch den Upload-Filtern schwach geworden. „Dass Deutschland eine konsequente Ausnahme für kleine und mittelständische Unternehmen aufgegeben und einer Regelung zugestimmt hat, die keinem Unternehmen realistisch weiterhelfen wird, ist eine herbe Enttäuschung“, so eco-Vorstand Oliver Süme. Der Bundesverband deutsche Startups hofft angesichts der Regelung nun auf die anstehenden Trilog-Verhandlungen.
EU-Parlament und Kommission müssen noch zustimmen
Denn noch ist der Entwurf nicht final beschlossen. Der EU-Rat hat sich zwar mehrheitlich auf eine Position verständigt, es fehlt aber noch die Zustimmung des EU-Parlaments und der EU-Kommission. Die sogenannten Trilog-Verhandlungen könnten bereits nächste Woche starten. Je nachdem wie lange diese dauern, ist eine Einigung noch vor der Europawahl im Mai denkbar. Falls nicht, bleibt offen, wie es mit der Reform weitergeht.
Vertreter der EU-Kommission zeigen sich zufrieden mit dem Kompromiss. Fraglich ist aber vielmehr, ob das EU-Parlament zustimmt. Die Mehrheiten für Artikel 13 (Upload-Filter) und das Leistungsschutzrecht (Artikel 11) waren schon bei der Abstimmung im September knapp.
Umstritten bei der Urheberrechtsreform sind aber nicht nur die Upload-Filter. Auch das europaweite Leistungsschutzrecht sowie weitere Aspekte wie die Beteiligung von Urhebern an den Einnahmen der Rechteinhaber bleiben massive Kritikpunkte.