80Plus Gold ab 60 Euro im Test: be quiet!, BoostBoxx, Corsair und NZXT im Schlagabtausch
2/5Technik im Detail analysiert
Nach dem Lösen der Schrauben und dem Öffnen des Netzteils fällt der Blick auf die Elektronik. Wie immer gilt: Nicht nachmachen – Lebensgefahr!
Das jeweilige technische Grundgerüst der getesteten Netzteile ist bereits aus vorherigen Tests bekannt. So baut das be quiet! Pure Power 11 500W CM auf seinem Vorgänger, das BoostBoxx Power Boost 600W auf dem Enermax Revolution X't II 550W, das RM550x auf dem Bitfenix Whisper M 550W und das NZXT E500 auf dem Sea Sonic Focus Plus Gold 550W auf. Die größten Modifikationen hat dabei das RM550x erfahren, das im Layout stark modifiziert wurde und kaum noch an die ursprüngliche Plattform „GPU“ von CWT erinnert.
Technische Daten | Pure Power 11 500W CM | Power Boost 600W | RM550x (2018) | E500 |
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Primärseite | ||||
EMV-Filter | 2 X-, 4 Y-Kondensatoren, 1 DM-, 2 CM-Drosseln, Ferrit | 2 X-, 4 Y-Kondensatoren, 2 CM-Drosseln, Ferrit | ||
Sicherungen | Feinsicherung, gasgefüllter Überspannungsableiter | Feinsicherung, MOV | ||
Brückengleichrichter | ? | GBU806 | 2 Diodes GBU 1006 | |
Aktive PFC | 2 MOSFETs (Jilin JCS18N50H), 1 Diode (ST STTH8R06FP) | 2 MOSFETs (Great Power GP28S50GN220FP), 1 Diode (CREE C3D06060A) | 2 MOSFETs (Fairchild-FCPF190N60E), 1 Diode (CREE C3D04060A) | 2 MOSFETs (Great Power GPT13N50DG), 1 Diode (NXP BYC8X-600) |
Einschaltstrombegrenzer | NTC | NTC + Relais | NTC | NTC + Relais |
Zwischenkreiskondensator | Teapo (LH-Serie) 270 µF, 420 V, 85 °C | Elite (GM-Serie) 330 µF, 400 V, 85 °C | Nichicon (GG-Serie) 330 µF und Nippon-Chemi-Con (KMR-Serie) 220 µF, 400 V, 105 °C | Hitachi (HU-Serie) 390 µF, 400 V, 105 °C |
Standby-IC | ? | Power Integrations TNY197PN | ? | |
Konvertertopologie | ACR-Forward | LLC-Halbbrücke | LLC-Vollbrücke | |
Schalter | 2 ST STF25N80K5 (Forward-Schalter), 1 CET CEF03N8 (Reset-Schalter) | 2 Silan SVF20N50F | 2 Infineon IPA50R280CE | 4 Great Power GPT13N50DG |
Sekundärseite | ||||
Wandlung Minor-Rails (5 V und 3,3 V) | DC-DC | |||
Gleichrichter +12 V | 2 MOSFETs | 4 „SG40N01D“ | 4 MOSFETs (Infineon BSC017N04LS) | 2 MOSFETs (NXP PSMN2R6-40YS) |
Gleichrichter Minor-Rails | 1 MOSFET (Infineon IPD060N03L) | – | ||
DC-DC-Schalter 5 V und 3,3 V | je 1 Infineon IPD060N03L und 1 IPD040N03L | Sync Power SPN3006 | je 3 CKD0234 | MOSFETs |
Filterkondensatoren +12 V | 2 Teapo 3.300 µF (SC-Serie), 2 Teapo 2.200 µF (SY-Serie) | 1 Suscon 1.000 µF (GM-Serie), 8 Feststoffkondensatoren 470 µF | 4 Nippon-Chemicon-Elkos 2.200 µF und 6 Feststoffkondensatoren 470 µF | 2 Nippon-Chemicon-Elkos 3.300 µF, Feststoffkondensatoren 4 470 µF und 3 270 µF |
Filterkondensatoren 5 V | 2 Teapo 3.300 µF (SC-Serie) | 2 Feststoffkondensatoren 820 µF | 1 Feststoffkondensator 1.500 µF | 3 Feststoffkondensatoren 560 µF |
Filterkondensatoren 3,3 V | 2 Teapo 3.300 µF (SC-Serie) | 2 Feststoffkondensatoren 820 µF | 1 Feststoffkondensator 1.500 µF | 3 Feststoffkondensatoren 560 µF |
Filterkondensatoren 5 VSB | 2 Teapo 3.300 µF (SC-Serie) | Capxon (GF-Serie) 2.200 µF und 1.000 µF (KF-Serie) | Nippon-Chemi-Con-Elkos 1 2.200 µF (KZE-Serie) und 1 1.000 µF (KY-Serie) | 2 Nippon-Chemi-Con-Elkos 2.200 µF (KZE-Serie) |
Supervisor-IC | Weltrend WT7527V | Sitronix ST9S313-DAG | Weltrend WT7502 | Weltrend WT7527V |
Lüfter | ||||
Modellbezeichnung | be quiet! BQ QF1-12025-MS | Yate Loon D12SL-12 | Corsair NR135L | Hong Hua HA1225H12SF-Z |
Technische Daten | 120 mm, Rifle-Gleitlager, 1.600 UPM | 120 mm, Sleeve-Gleitlager, 1.350 UPM | 135 mm, Rifle-Gleitlager, ? UPM | 120 mm, FD-Gleitlager, 2.200 UPM |
Für die Eingangsfilterung setzen alle vier Hersteller auf zahlreiche Filterbauelemente, damit Störungen vom Netzteil andere Geräte im Heimnetz nicht beeinträchtigen. Ein Überspannungsschutz bestehend aus einem MOV beziehungsweise beim Pure Power 11 500W CM aus einem gasgefüllten Überspannungsableiter sollen gegen transiente Überspannungen aus dem Netz schützen. Während ein MOV je nach Energie der Überspannungspulse schon nach wenigen Auslösungen dauerhaft ausfallen kann, soll der gasgefüllte Überspannungsableiter bis zu 200 Mal einsetzbar sein. Im Gegenzug besitzt der gasgefüllte Überspannungsableiter eine kurze Auslöseverzögerung.
Zur AC-auf-DC-Wandlung wird eine aktive PFC eingesetzt, die eine Boost-Stufe enthält und Energie in den Zwischenkreiskondensator speichert. Während be quiet! und BoostBoxx hierfür einer taiwanesischen und chinesischen Marke vertraut, setzen Corsair und NZXT mit Nichicon, Nippon Chemi-Con und Hitachi auf japanisches Know-how. Qualitativ gelten Produkte von Teapo und Elite als unbedenklich, allerdings kann in diesem Fall eine höhere Lebensdauer von den japanischen Fabrikaten erwartet werden, weil diese mit 105 °C eine höhere Temperaturspezifikation besitzen. Mit Betrieb des Netzteils im 230-Volt-Niederspannungsnetz altern die 85-°C-Kondensatoren aber auch nur sehr langsam, weil die Wechselstrom- und Hitzebelastung geringer sind. Der hohe Einschaltstrom, der durch die hohe Kapazität dieser Kondensatoren hervorgeht, wird mit einem NTC-Widerstand begrenzt. Im normalen Betrieb wird dieser im Power Boost 600W und E500 über ein Relais überbrückt, sodass keine Verlustleistung in diesem Bauelement umgesetzt wird.
Die Ausgangsspannungen werden über einen zweiten Wandler bereitgestellt. Hier setzt be quiet! weiterhin auf einen Forward-Wandler mit aktiver Klemmung, wie er erstmals 2011 im Straight Power E9 eingesetzt wurde. Die drei anderen Testprobanden verfügen über einen LLC-Resonanzwandler, der ebenso eine verlustarme Energiewandlung ermöglicht. Die 3,3- und 5-Volt-Schienen (Minor-Rails) werden von DC-DC-Abwärtswandlern gespeist, wobei die Umsetzung von be quiet! hier etwas im Nachteil liegt, weil diese Wandler nicht von der geregelten 12-Volt-Schiene ihre Energie beziehen, sondern über eine zweite Ausgangswicklung des ACR-Forward-Wandlers. Dies bedeutet für die Ausgangsspannungen der Minor-Rails eine höhere Ripple-Spannung sowie eine nicht ganz unabhängige Spannungsregelung.
Geräuschoptimiertes Schaltungsdesign des Pure Power 11
Die Gleichrichtung auf der Sekundärseite erfolgt über MOSFETs, die als Synchrongleichrichter angesteuert werden. Die TO-220-Halbleiter im be-quiet!-Netzteil können die Hitze sehr effektiv abführen, sind aber mit einem höheren Verlustwiderstand mit den langen bedrahteten Beinchen gegenüber den SMD-Varianten der drei anderen Testkandidaten behaftet. Die effektivere Wärmeabfuhr soll aber als Vorteil des Pure Power 11 500W CM gelten. Neben dem Temperatursensor am Kühlkörper der Synchrongleichrichter gibt es nämlich einen weiteren, nach dem der Lüfter gesteuert und eine Überhitzung erkannt wird. Eine weitere Maßnahme von be quiet!, Geräusche zu minimieren, stellt das Verkleben der Transformatorhälften dar.
Am mächtigsten dimensioniert ist die Ausgangsfilterung des RM550x, das auf der 12-Volt-Schiene zahlreiche Elkos mit festem und flüssigem Elektrolyt besitzt. be quiet! setzt im Wesentlichen auf flüssige Elkos, die gegenüber der festen Variante schneller altern. Lediglich auf der Anschlussplatine verstecken sich wenige kleine Feststoff-Elkos. Erneut vertrauen be quiet! und BoostBoxx hier chinesischen beziehungsweise taiwanesischen Marken, während Corsair und NZXT auf Japaner setzen. Das kabellose Platinendesign des RM550x und des E500 erlaubt einen ungehinderten Luftstrom zur Kühlung aller Bauteile.
Mit dem FD-Gleitlager des Hong-Hua-Lüfters im E500 besitzt dieses das hochwertigste Lager unter den Probanden. Die Rifle-Lagerung des be-quiet!- und des Corsair-Lüfters gilt als eine verbesserte Variante eines Standardgleitlagers, die das Schmiermittel länger, aber nicht so lange wie eine FD-Lagerung halten können soll. Nur BoostBoxx vertraut hierbei einem konventionellen Gleitlager.
Luftleitfolie fokussiert Luftstorm
Die NTC-Widerstände als Temperatursensor platzieren BoostBoxx, Corsair und NZXT auf der Platinenunterseite, um die Temperatur der Synchrongleichrichter zu messen. Die Verwendung von Luftleitfolie hat be quiet! bisher stets vermieden, weil diese eine zusätzliche Geräuschquelle darstellt. Im Pure Power 11 setzt der Hersteller diese nun erstmals ein, wodurch die Kühlleistung bei gleicher Drehzahl verbessert werden soll. Indem die Folie an drei Punkten fixiert und die Folienstärke relativ dick gewählt wird, sollen Resonanzen mit dem Lüfter unterbunden werden.
Obwohl das RM550x und das E500 mit dem Mikrochip PIC16F1503 beziehungsweise PIC16F1454 über Mikro-Controller verfügen, sind nach wie vor analoge Supervisor-ICs vorhanden, von denen außerdem Schutzfunktionen bereitgestellt werden. Nur der Mikro-Controller des E500 mit der achtfachen Speicherkapazität hat einen zusätzlichen Funktionsumfang, sodass neben dem Auslesen von Ausgangsspannungen und Strömen auch das Verändern des Überstromschutzes erlaubt wird. Als einziges Netzteil steuert das E500 den Lüfter zudem über PWM.
BoostBoxx und be quiet! mit einfachem PCB-Design
Mit der Hartpapier-Platine hat das Power Boost 600W ein weiteres Downgrade gegenüber der Variante von Enermax erfahren. Verglichen mit dem Straight Power 9 und 10 drückt aber auch be quiet! bei der Pure-Power-Serie die Kosten, indem ein einlagiges (Hartpapier-)PCB eingesetzt wird, weshalb viele Jumper zu sehen sind, mit denen Leiterbahnen trotz einlagiger Platine gekreuzt werden können. Ansonsten weisen alle Testkandidaten aber eine einwandfreie Verarbeitungsqualität auf.