CDU und Artikel 13: Schein-Kompromiss bei Upload-Filtern
#NieMehrCDU als Trending-Hashtag, Proteste vor der Parteizentrale in Berlin – der Widerstand gegen Artikel 13 sowie die Upload-Filter geht nicht spurlos an der Union vorbei. Nun legt die Partei einen Kompromiss-Vorschlag vor, der Upload-Filter verhindern soll. Kritiker bezeichnen das allerdings als Nebelkerze.
Was die CDU-Digitalpolitiker rund um den Generalsekretär Paul Ziemiak vorlegen, ist allerdings keine Änderung der EU-Richtlinie. Stattdessen zielt der Vorschlag auf das Gesetz, mit dem die Reform binnen der nächsten zwei Jahre in Deutschland umgesetzt werden muss.
Unter dem Motto „Bezahlen statt Blocken“ sprechen sich die CDU-Politiker nun für Pauschallizenzen aus. Alle Inhalte sollen zunächst hochgeladen werden können, unterhalb einer zeitlichen Grenze wären keine Lizenzgebühren nötig. Wenn diese Grenze überschritten ist, müssen Plattformen bei Urhebern eine Lizenz erwerben. Urheberrechtliche Werke sollen dabei mit einem digitalen Fingerabdruck identifizierbar sein. Für die CDU wäre das der Normalfall.
Rechteinhaber könnten zudem auf ihre Rechte verzichten oder eine Löschung beantragen. „Im Übrigen gilt eine gesetzlich verpflichtend ausgestaltete Pauschallizenz“, so der Vorschlag, der Upload-Filter verhindern soll.
Vor dem schützen, was man in Europa beschließt
Markus Beckedahl, Netzpolitik.org-Chefredakteur und bei den Protesten engagiert, hält wenig von dem Unionsvorschlag. Als „absurde Beruhigungspille“ bezeichnet er die Idee. Die CDU versuche nun, das – vor allem bei jungen Wählern – angekratzte Image aufzubessern. Und will dafür auf nationaler Ebene jetzt die Regelungen aushebeln, für die man in zwei Wochen in Brüssel stimmen wird.
Was in den anderen EU-Staaten passiert, ob die dann Upload-Filter bekommen, was das alles für den digitalen Binnenmarkt heißt, ist jetzt vollkommen egal: Hauptsache raus aus der Image-Krise vor der Europawahl.
Markus Beckedahl, Netzpolitik.org
Was Beckedahl meint, sind die praktischen Probleme, die bei solchen Ausnahmen bestehen. Denn allzu viel Spielraum haben nationale Gesetzgeber nicht, es ist also fraglich, inwieweit sich Deutschland von anderen EU-Staaten absetzen könnte. Zweifelhaft ist daher, ob Plattformbetreiber wie YouTube überhaupt bereit wären, speziell in Deutschland auf Upload-Filter zu verzichten, wenn die Regeln europaweit anders ausgelegt werden.
Wenig beeindruckt ist daher auch der Rechtsanwalt Christian Solmecke. Allein die Vorgabe mit dem digitalen Fingerprint hält er für illusorisch: Wenn Nutzer geschützte Inhalte hochladen, würden sie die Werke nicht entsprechend markieren. Unklar ist auch, wie die Ausnahme für Werke funktionieren soll, die eine bestimmte Zeitgrenze nicht überschreiten. Und bei der Pauschallizenz bleibt offen, inwieweit die wirken sollen. So würden es Rechteinhaber trotz pauschaler Vereinbarung mit Sicherheit nicht begrüßen, wenn Nutzer einfach aktuelle Kinofilme hochladen.
Von den inhaltlichen Zweifeln abgesehen, bleibt Solmecke auch bei der Umsetzung skeptisch. Nur weil ein parteiinterner Beschluss gefasst wurde, heiße das nicht, dass in zwei Jahren ein entsprechendes Gesetz entstehe. Solche Zusagen wären also nicht bindend.
SPD gegen nationale Alleingänge
Widerspruch erntet die Union zudem noch innerhalb der Koalition. Die SPD spricht sich ebenfalls gegen eine deutsche Sonderregel aus. „Nationale Alleingänge zu Upload-Filtern, wie von der Union jetzt vorgeschlagen, sind nicht sinnvoll“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil laut einem Bericht der Tagesschau. Man wolle Upload-Filter stattdessen europaweit verhindern. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken erklärte zudem auf Twitter, eine Pauschalabgabe habe er schon im Sommer vorschlagen, um Artikel 13 umzusetzen. Das habe Axel Voss als für die Reform verantwortlicher Berichterstatter des Parlaments aber ignoriert.
Auch Bundesregierung rechnet mit Upload-Filtern
Was aber angesichts des CDU-Kompromisses umso deutlich wird: Während Befürworter der Reform wie Axel Voss oder die GEMA lange Zeit lautstark erklären, es werde keine Upload-Filter geben, scheint man selbst im Lager der Bundesregierung anderer Ansicht zu sein. Bestätigt wurde dies auf eine kleine Anfrage der FDP. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, heißt es in dem Schreiben: „Aus Sicht der Bundesregierung werden bei großen Datenmengen bereits aus Praktikabilitätsgründen wohl algorithmenbasierte Maßnahmen anzuwenden sein.“
Auf der Straße formieren sich weiterhin die Proteste. Höhepunkt soll der kommende Samstag sein. Dann sind europaweite Protestaktionen angesetzt. Die finale Abstimmung im EU-Parlament soll Ende März stattfinden.