iNEXT: Ein Einblick in BMWs Data Center für autonomes Fahren
Der BMW iNEXT wird ab 2021 optional autonomes Fahren nach Level 3 beherrschen und es dem Fahrer ermöglichen, auf der Autobahn die Fahraufgaben bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h über einen längeren Zeitraum an das Fahrzeug abzugeben. Damit das klappt, müssen Unmengen von Daten verarbeitet werden.
In Unterschleißheim bei München hat BMW auf seinem Autonomous Driving Campus einen weiteren Einblick in die Strategie für autonomes Fahren gegeben. Bekannt war bereits, dass BMW ab 2021 mit dem Serienfahrzeug der Konzeptstudie Vision iNEXT autonomes Fahren nach Level 3 ermöglichen will, damit der Fahrer über längere Zeit die Fahraufgaben an das Auto abgeben kann. Heute ist BMW konkret geworden und hat bekannt gegeben, dass im iNEXT optional das autonome Fahren nach Level 3 bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn angeboten werden soll.
Gleichzeitig dazu entwickelt BMW das autonome Fahren nach Level 4, das in definierten Umfeldern das Fahren ohne jedwede Fahrerintervention ermöglichen soll. Dafür will BMW seine Testfahrzeugflotte von derzeit 80 Fahrzeugen auf 185 Fahrzeuge in Deutschland, den USA, Israel und China aufstocken. Parallel zu den Erprobungsfahrten auf der echten Straße führt BMW auch simulierte Fahrten im Data Center durch, um die anvisierten knapp 250 Millionen Testkilometer abzuspulen, die laut BMW für eine zuverlässige autonome Fahrt vorausgesetzt werden. Welche Datenmengen BMW im Data Center verarbeitet und wie die Strategie für die kommenden Jahre aussieht, hat das Unternehmen heute erläutert.
8 TB pro Stunde generiert ein Testfahrzeug
In BMWs aktueller Fahrzeugflotte für autonomes Fahren generiert jedes Testauto 8 TB an Daten pro Stunde, von denen alleine 80 Prozent auf die Videoaufnahmen der zahlreichen rund um das Auto verbauten Kameras entfallen. Diese Daten überträgt BMW täglich innerhalb von etwa 8 Stunden über Kopierstationen in das Data Center. Als Speichermedien kommt eine Mischung aus 12 TB großen HDDs und Flash-basierten Speicherlösungen zum Einsatz. Testfahrer sind mit mehreren Laufwerken unterwegs, um bei ihren Erprobungsfahrten nicht über die Speicherkapazität limitiert zu sein.
High Performance D³ nennt BMW die Plattform für autonomes Fahren, die vom Fahrzeug selbst, das Sammeln von Daten, Verarbeiten von Daten, Labeling von erkannten Objekten, die Analyse, das Reprocessing, das Machine Learning und wieder zurück zum Auto reicht. Die gesamte Kette der Datenverarbeitung für das autonome Fahren wird unter diesem Begriff bei BMW zusammengefasst. Data-Driven Development (D³) bildet bei BMW die Grundlage für die Entwicklung und Absicherung von hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen, die für 2021 als Sonderausstattung geplant sind.
Eine Viertelmilliarde Testkilometer braucht es
Die Basis der D³ Plattform bilden Daten von rund fünf Millionen realen Testkilometern, davon erfolgt eine Auswahl von etwa zwei Millionen besonders relevanter Fahrszenarien für den nächsten Schritt der Verarbeitung. Es folgt das sogenannte Reprocessing, das zum Beispiel nach der Integration neuer Software auf die Steuergeräte durchgeführt wird, um festzustellen, was das Update in der Praxis bringt. BMW arbeitet aber auch mit simulierten Fahrten, da mit tatsächlich gefahrenen Tests nicht genügend Kilometer abgespult werden können. 240 Millionen Kilometer stammen aus dem Simulator, was ähnlich wie bei Nvidias Drive Constellation per Hardware in the Loop (HiL) erfolgt, indem die im Fahrzeug verbaute Hardware mit Daten aus dem Simulator gefüttert wird.
Data Center ist mit 3,75 Tbit/s angebunden
Das wenige Fahrminuten nördlich vom Autonomous Driving Campus gelegene Data Center von BMW hat aktuell eine Speicherkapazität von 230 Petabyte und wird stetig erweitert. Für die Verarbeitung der Daten setzt BMW auf eine Mischung aus CPU- und GPU-Computing: 100.000 Rechenkerne von mehreren tausend Intel-CPUs und 200 GPUs von Nvidia werkeln in BMWs neuem Data Center. Für die Datenanbindung zwischen Data Center und den wenige Meter neben dem Autonomous Driving Campus gelegenen HiL-Stationen sind 96 100-Gbit/s-Glasfaserleitungen mit einer nutzbaren Datenrate von insgesamt 3,75 Tbit/s verantwortlich. Das entspricht einer Datenrate von 470 GB/s. In den HiL-Stationen findet alle 14 Tage ein Reprocessing von 50 Petabyte statt.
Partner beim Aufbau der verschiedenen Systeme ist das Unternehmen DXC Technology, das 2017 aus der Fusion der Enterprise Services aus Hewlett-Packards Enterprise-Sparte mit der Computer Sciences Corporation (CSC) entstanden war. BMW setzt ausschließlich auf lokal verarbeitete Daten, was auch für Testfahrzeuge außerhalb Deutschlands gilt, und nutzt keine Anbieter wie Amazon AWS oder Microsoft Azure für die Verarbeitung. Azure kommt aber zum Beispiel bei BMW Connected zum Einsatz.