Amazon Kindle 2019 im Test: Der Einstiegs-Reader, der keiner mehr ist
tl;dr: Mit der 2019er-Version des Kindle erweitert Amazon seinen Einstiegs-Reader um eine Beleuchtung und Audible-Unterstützung. Andere verbesserungswürdige Stellen wie die niedrige Auflösung werden wiederum außer Acht gelassen. Am Ende wird damit nicht klar, welches Ziel der Händler mit dem neuen Gerät überhaupt verfolgt.
Design und Verarbeitung
Amazon hat den Ur-Kindle nach drei Jahren erneut einer Aktualisierung unterzogen und ihm neben der neuen Carta-Display-Technologie eine Beleuchtung spendiert. War der einfache Kindle in den letzten Jahren eher als günstige Gelegenheit für den Einstieg in das digitale Lesen zu verstehen, ist davon heute kaum noch etwas zu merken: Konnte ein Kindle mit „Spezialangeboten“ 2012 noch für 49 Euro erstanden werden, ist der Preis in den Folgejahren mit nunmehr 80 Euro auf fast das Doppelte angestiegen. Alleine gegenüber dem Vormodell liegt die Preissteigerung bei 10 Euro.
An den verwendeten Materialien und dem Design hat sich seitdem nicht viel verändert, zu sehr setzt Amazon auf eine deutliche Abgrenzung zum Hauptkonkurrenten aus eigenem Haus, dem Kindle Paperwhite (Test). Während dieser seit dem letzten Jahr von Amazon mit einer planen Oberfläche versehen wurde, weist der Kindle 2019 weiterhin die von E-Book-Readern bekannten Ränder auf. Das Display ist wie beim Vorgänger aber lediglich rund zwei Millimeter im Gehäuse eingelassen, somit stören die Ränder bei der Bedienung nicht.
Gegenüber dem Paperwhite verwendet Amazon beim Kindle einen weniger hochwertigen Kunststoff, der den Reader gegenüber dem großen Bruder ein wenig spröder erscheinen lässt und auch den günstigeren Preis deutlich macht. Dennoch ist die Verarbeitung wie von Amazon gewohnt gut, die seitlichen Übergänge zwischen Vorder- und Rückseite weisen jedoch scharfe Kanten auf. Während Amazon beim Paperwhite seit geraumer Zeit auf eine leicht gummierte Rückseite zur besseren Haptik setzt, ist der neue Kindle durch den reinen Kunststoff relativ glatt und kann daher leicht aus der Hand gleiten.
Amazon Kindle 2019 | Amazon Kindle 2016 | Amazon Kindle Paperwhite (2018) | PocketBook Basic Lux 2 | Tolino Page | |
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Betriebssystem: | proprietäres Betriebssystem | Android | |||
Display: | 6,00 Zoll 600 × 800, 167 ppi E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet |
6,00 Zoll 600 × 800, 167 ppi E-Ink Pearl, 16 Graustufen Farbdarstellung?, ? |
6,00 Zoll 1.080 × 1.440, 300 ppi E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet Farbdarstellung?, ? |
6,00 Zoll 768 × 1.024, 213 ppi E-Ink Carta, 16 Graustufen, beleuchtet |
6,00 Zoll 600 × 800, 167 ppi E-Ink Carta, 16 Graustufen Farbdarstellung?, ? |
Blaulichtfilter: | – | ||||
Helligkeitssensor: | Helligkeitssensor? | ||||
Bedienung: | Touch | Physische Tasten | Touch | ||
SoC: | 1,0 GHz, 1 Kern/e | ||||
RAM: | 512 MB | 256 MB | 512 MB | ||
Interner Speicher: | 4 GB (3,1 GB verfügbar) Variante 8 GB (6,0 GB verfügbar) |
4 GB (3,1 GB verfügbar) |
8 GB (7,1 GB verfügbar) Variante 32 GB (31,1 GB verfügbar) |
8 GB, erweiterbar (7,1 GB verfügbar) |
4 GB, erweiterbar (2,1 GB verfügbar) |
Konnektivität: | Micro-USB 2.0 802.11 b/g/n |
||||
Bluetooth: | Ja | – | |||
Mobilfunk: | – | – Variante 3G |
– | ||
Größe (B×H×T): | 113,0 × 160,0 × 8,7 mm | 115,0 × 160,0 × 9,1 mm | 116,0 × 167,0 × 8,2 mm | 108,0 × 161,3 × 8,0 mm | 116,0 × 175,0 × 9,7 mm |
Gewicht: | 174 g | 161 g | 182 g | 155 g | 170 g |
Schutzart: | – | IPX8 | – | ||
Akku: | ? | 1.300 mAh | 1.000 mAh | ||
Kabellose Laden: | Nein | Ja? | |||
Textformate: | DOC, DOCX, HTM, HTML, Kindle (AZW), Kindle Format 8 (AZW3), Mobi (ungeschützt), PDF, PRC (nativ), TXT | Kindle (AZW), Kindle Format 8 (AZW3), Mobi (ungeschützt), PDF, PRC (nativ) | DOC, DOCX, HTML, Kindle (AZW), Kindle Format 8 (AZW3), Mobi (ungeschützt), PDF, PRC (nativ), TXT | ACSM, CHM, CBR, CBZ, DJVU, DOC, DOCX, Epub, FB2, FB2.zip, HTM, HTML, Mobi (ungeschützt), PDF, PRC, RTF, TXT | Epub, PDF, TXT |
DRM-Formate: | Kindle (AZW) | Kindle (AZW), LCP / Care? | Adobe-DRM E-Pub, Adobe-DRM PDF, LCP / Care? | ||
Audio-Formate: | Audible Hörbücher | – | |||
Vorlesefunktion: | Text-To-Speech | – | |||
Preis: | 79,99 € / 109,99 € | 69,99 € | ab 130 € / 149,99 € / 229,99 € | 85 € | 69 € |
Die Größe des E-Book-Readers konnte Amazon in der neuen Version mit 113 × 160 × 8,7 mm noch einmal verringern. Die Beleuchtung sorgt jedoch für einen Anstieg des Gewichtes von 161 Gramm auf 174 Gramm. Dennoch bleibt das Lesegerät mit seinen Abmessungen recht kompakt, was gerade der mobilen Nutzung zugutekommt.
Wie von den meisten Kindle-Geräten bekannt, verfügt auch das neue Produkt kaum über haptische Bedienelemente und Anschlüsse. An der Unterseite findet der Nutzer lediglich den Ein-und-aus-Schalter sowie den USB-Anschluss. Eine Speichererweiterung wird auch beim neuen Reader vergeblich gesucht. An einen Wasserschutz sollte in dieser Preisklasse erst gar nicht gedacht werden.
Beleuchtetes Display bei gleicher Auflösung
Das Display des Kindle 2019 misst wie sein Vorgänger sechs Zoll und löst auch weiterhin gegenüber dem großen Bruder Paperwhite mit 600 × 800 Bildpunkten deutlich niedriger auf. PocketBook stattet den eigenen Basic Lux (Test) dagegen mit einer Display-Auflösung von 768 × 1.024 Bildpunkten aus, wenn auch ohne Touchscreen und somit mit reiner Tastenbedienung bei einem leicht höheren Preis von 85 Euro. Wird jedoch bedacht, dass Amazon den Kindle durch Werbung und den Verkauf von Inhalten aus dem eigenen Onlineshop refinanziert, hätte dieser gegenüber der Konkurrenz ebenfalls eine höhere Auflösung erhalten müssen. Beim Vorgänger war diese an der technischen Entwicklung gemessen noch gerechtfertigt, heute kann sie nicht mehr als zeitgemäß angesehen werden.
Neu ist auch der Wechsel von der alten Pearl-Display- hin zur aktuellen Carta-Technologie, die für ein besseres Kontrastverhältnis in der Darstellung sorgt.
Die größte Neuerung zum aktuellen Kindle stellt aber die erstmals in der Modellreihe integrierte Beleuchtung dar. Auch wenn diese im Gegensatz zum Paperwhite mit lediglich vier statt fünf Leuchtdioden versehen ist, erfolgt die Verteilung des Lichtes relativ gleichmäßig. Lediglich am unteren Bildschirmrand werden ein paar Lichthöfe deutlich, die bei anderen Kindle-Geräten in dieser Stärke nicht auftreten. Da jedoch zum Text ein ausreichend großer Abstand besteht, stören diese beim Lesen nicht.
Helligkeitsverteilung des Kindle 2019 in cd/m² | ||
---|---|---|
92 | 89 | 94 |
89 | 90 | 87 |
90 | 85 | 87 |
Durchschnittshelligkeit: 89 cd/m² Farbtemperatur: 5.635 Kelvin |
Helligkeitsverteilung des Kindle Paperwhite 2018 in cd/m² | ||
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98 | 95 | 99 |
95 | 96 | 95 |
86 | 87 | 88 |
Durchschnittshelligkeit: 93 cd/m² Farbtemperatur: 5.500 Kelvin |
Mit einer durchschnittlichen Helligkeit von 89 cd/m² reicht die Leuchtkraft des neuen Kindle zum Lesen mehr als aus. Da E-Book-Reader im Gegensatz zu Tablets und Smartphones ihre Beleuchtung nur bei schlechteren Lichtverhältnissen benötigen, genügt hier im Normalfall eine Helligkeit von 30 bis 40 cd/m² für ein komfortables Lesen. Auf einen Filter für die blauen Anteile im Licht müssen Nutzer dagegen verzichten.
Aufspielen von Inhalten
Gegenüber dem Vorgänger hat Amazon den internen Speicher für eigene Inhalte bei 4 GB belassen, von dem Nutzern nach Abzug des Systems lediglich rund 2,75 GB zur eigenen Verfügung stehen. Eine Speichergröße von 8 GB oder mehr bleibt somit dem Kindle Paperwhite und dem Kindle Oasis vorbehalten. Eine Möglichkeit zur Erweiterung mittels Speicherkarten bietet auch der neue Kindle nicht.
Inhalte auf den Kindle zu bekommen, gestaltet sich zumindest so lange einfach, wie sich der Nutzer im Amazon-Universum bewegt. Dann können E-Books wie auch Hörbücher von Audible einfach bei einer bestehenden WLAN-Verbindung über den internen Shop gekauft oder bereits erstandene Inhalte über das eigene Konto synchronisiert werden. Über eine Variante mit Mobilfunk-Funktion verfügt diese Modellreihe nicht. Alternativ können Inhalte auch per USB-Verbindung aufgespielt werden.
Nach wie vor geringe Format-Unterstützung
Da der Kindle neben Mobi nur das eigene proprietäre E-Book-Format unterstützt, können digitale Bücher in anderen Formaten, zum Beispiel EPUB, nur über den Umweg der Konvertierung auf den Reader gebracht werden. Da aber mittlerweile ein Großteil der Verlage auf einen harten Kopierschutz verzichtet und stattdessen auf weiches DRM mittels Wasserzeichen setzt, stellt dieses Anwender vor keine unüberwindbaren Hürden mehr. Hier bietet sich unter anderem Calibre, die Organisations-Software für E-Books, zur automatischen Wandlung an.
PDF-Dokumente werden auf dem Kindle zwar dargestellt, die Unterstützung seitens des Systems fällt aber rudimentär aus, sodass aufgrund fehlenden PDF-Reflows und mangels Zuschneidefunktion hier von einer Verwendung abgesehen werden sollte.
Nur eigene Flatrate sinnvoll
Nutzer verschiedener Verleihdienste wie etwa der Onleihe der öffentlichen Bibliotheken dürften dagegen mit dem Kindle nicht glücklich werden, da für deren Nutzung in den meisten Fällen wiederum die Unterstützung seitens des DRM-Systems von Adobe vorausgesetzt wird. Von Amazon selbst gibt's zwar auch diverse Leihangebote zu verschiedenen Konditionen, die jedoch nach wie vor recht dürftig ausfallen. Nicht zuletzt, weil viele der namhaften Verlage Amazon weiterhin ihre Teilnahme verweigern. Stehen beim Nutzer dagegen vor allem unabhängige Autoren hoch im Kurs, sind auch die Amazon-Dienste einen Blick wert.
Bluetooth-Funktionen erweitert
Wie bereits das Vorgängermodell verfügt der neue Kindle über eine Bluetooth-Schnittstelle. Nach dem Oasis 2 (Test) und dem aktuellen Paperwhite zieht die Audible-Unterstützung nun auch beim kleinsten Familienmitglied ein. Anders als bei PocketBook können Nutzer somit ebenfalls Audio-Inhalte ausgeben, die jedoch beim neuen Kindle auf die von der Amazon-Tochter Audible zur Verfügung gestellten Inhalte begrenzt sind. Andere Formate werden nach wie vor mit Nichtachtung gestraft.