Oculus Rift S im Test: In Summe das beste PC-VR-Headset am Markt

David Pertzborn
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Oculus Rift S im Test: In Summe das beste PC-VR-Headset am Markt
Bild: Oculus

tl;dr Im Test versagt die Oculus Rift S zwar beim Klang, ist aber trotzdem das aktuell beste PC-VR-Headset am Markt. Dazu trägt vor allem der im Vergleich zur ersten Generation deutlich vereinfachte Einstieg bei und auch die Bildqualität ist besser geworden. Zusammen mit dem Preis von 449 Euro steigt die Messlatte deutlich.

Eine Anekdote zur Installation

Zu Beginn des Tests eine kleine Anekdote: Um den Vergleich der Oculus Rift S mit der klassischen Oculus Rift zu ermöglichen, musste letztere zunächst vom Regal geholt, wieder angeschlossen und eingerichtet werden. Das heißt: Drei Sensoren müssen aufgestellt und drei USB-Kabel verlegt werden. Zum Glück waren noch drei USB-Ports am Rechner frei und zwei USB-Verlängerungskabel (davon eins aktiv) schon von früheren Tests zur Hand. Dann mussten die drei Sensoren nur noch (gefühlt sehr präzise) eingestellt werden, um den gesamten Spielbereich auf jeden Fall abzudecken. Zuletzt musste das Areal noch mit einem Controller in der Hand abgelaufen werden.

Wenn man nun nie einen der Sensoren verrückt, sich nicht an den vielen verlegten Kabeln stört und grundsätzlich immer den exakt selben Spielbereich nutzen kann, ist die Oculus Rift einsatzbereit. Die Oculus Rift S hingegen wird angeschlossen und aufgesetzt, dann zeigt man auf die Grenzen des Spielbereichs und es kann losgehen.

In diesem Moment wird klar, wo sich die Kompromisse auszahlen, die Oculus eingeht, wenn man sich bewusst nicht an Enthusiasten, sondern an den Mainstream richtet. Doch obwohl dieser Ersteindruck zugunsten der Oculus Rift S ausfällt, muss sich Facebooks neuestes PC-VR-Headset im Test noch beweisen und den Vergleich mit der zwar deutlich teureren, aber bereits ein Jahr alten HTC Vive Pro überstehen.

Rift und Rift S im Wechsel
Rift und Rift S im Wechsel

Technische Eckdaten

Rein auf die technischen Eckdaten bezogen wirkte die Oculus Rift S zunächst enttäuschend und die erste Einschätzung auf ComputerBase lautete „Zwei Schritte vor, einer (zwei?, drei?) zurück“. Dies stimmt zwar im Prinzip weiterhin, jedoch sind die Schritte nach vorne (Tracking, einfacher Einstieg und Bildqualität) im Test deutlich größer als erwartet. Nur einer der neu hinzugekommenen Rückschritte (die Audiolösung) erweist sich als echtes Problem.

Oculus Rift S Oculus Rift HTC Vive Pro
Tracking Inside-out
5 Kameras
Externe Sensoren SteamVR
Tracking 2.0
Display LCD OLED
Auflösung (pro Auge) 1.280 × 1.440, 80 Hz 1.080 × 1.200, 90 Hz 1.400 × 1.600, 90 Hz
Pixel insgesamt 3,69 Millionen 2,59 Millionen 4,61 Millionen
Audio Integriert,
1 × 3,5 mm
Integriert,
2 × 3,5 mm
Integriert,
1 × 3,5 mm
Gewicht 600 g (±20 g) 490 g (±20 g) 820 g (±20 g)

Das Inside-out-Tracking überzeugt

Wie bei der Oculus Quest (Test) ist die größte Neuerung der Oculus Rift S gegenüber dem Vorgänger das neue Inside-out-Tracking. Der bis dato recht umständliche, eingangs schon kritisierte Einrichtungsprozess wird somit vereinfacht und es muss kein dritter Sensor gekauft werden, um volles 360°-Roomscale zu ermöglichen.

Im Test konnte ComputerBase das Tracking der Oculus Rift S über die letzten Tage in den eigenen Räumlichkeiten ausführlich testen. Die Erkenntnis: Unter normalen Umständen funktioniert das Tracking ohne Probleme, es können aber Ausfälle provoziert werden, die auch in Anwendungen auftreten. Aber was kann das Tracking von Oculus Rift S überhaupt?

4+1-Kameras für das Tracking

Im Vergleich zum teils zittrigen Tracking von Microsofts Mixed-Reality-Plattform gibt es bei Rift S fünf Kameras im Headset statt nur zwei, womit es selbst im Vergleich zur Oculus Quest noch eine zusätzliche Kamera gibt. Drei der Sensoren zeigen nach unten links und rechts sowie nach oben, während zwei weitere nach vorne gerichtet sind. Mit dieser Kombination soll das Tracking der überarbeiteten Controller ebenfalls so gut funktionieren, dass alle Oculus-Rift-Spiele auch auf Oculus Rift S ohne Einschränkung spielbar sind. Diese Behauptung bestätigte sich nicht überall, im Test aber oft genug.

Oculus Insight ist die technische Grundlage für 6DoF-Tracking

Die fünf Kameras im Headset ersetzen die von Oculus Rift bekannten externen Sensoren oder die von HTC Vive und Vive Pro benutzten Lighthouse-Stationen, die vereinfacht gesagt als Fixpunkte für das Headset dienen, um die eigene Lage im Raum zu bestimmen. Die Oculus Rift S sucht sich auf Basis eines Computer-Vision-Algorithmus und mithilfe der verbauten Kameras selbst Fixpunkte in der Umgebung und orientiert sich an diesen. Im Test erkannte die Oculus Rift S eine Umgebung auch dann wieder, wenn alltägliche Veränderungen wie zum Beispiel verrückte Stühle oder herumliegende Klamotten vorgenommen wurden.

Die Beleuchtungssituation ist relevant

Da das Tracking der Oculus Quest auf optische Sensoren setzt, überrascht es nicht, dass eine falsche Beleuchtung zu Aussetzern führen kann. Insbesondere unter direkter Sonneneinstrahlung oder bei Dunkelheit scheitert die Erkennung der Umgebung und damit auch das Tracking. Beide Fehlerquellen lassen sich jedoch in geschlossenen Räumen leicht beseitigen: Sollte es zu dunkel für das Trackingsystem werden, reicht das Einschalten einer normalen Lampe, und gegen zu grellen Sonnenschein helfen Vorhänge. Bei künstlicher Beleuchtung erkennt die Software standardmäßig automatisch, ob diese mit einer Netzfrequenz von 50 oder 60 Hz pulsiert. Die Einstellung kann jedoch auch manuell vorgenommen werden, was aber im Test nicht nötig war.

Ein weiterer Vorteil des Wegfalls der externen Kameras wird bei den benötigten Anschlüssen klar. Statt bisher bis zu vier USB-Anschlüsse zu belegen, ist nun nur noch einer nötig. Für die Bildübertragung sorgt ein DisplayPort-Stecker, VirtualLink ist nicht vorhanden und eine drahtlose Lösung ist laut Facebook im Gegensatz zur Vive-Konkurrenz nicht in Planung. Im Vergleich zum Vorgänger ist das Kabel dabei einen Meter länger und damit nun fünf Meter lang, aber auch dicker und steifer als zuvor.

Aus dem Auge, aus dem Sinn

Einen echten Kritikpunkt an der grundsätzlichen Umsetzung des Trackings gibt es allerdings auch. Da die Sensoren zum Tracking der Controller vorne/seitlich am Headset sitzen, werden die Controller nur vor dem und seitlich des Headsets wahrgenommen. Damit können Aussetzer provoziert werden, wenn die Controller hinter dem Rücken verwendet werden oder der Spieler in eine Richtung schaut und mit dem Controller in eine andere zeigt. Während das Szenario mit dem Controller hinter dem Rücken eher konstruiert werden muss, tritt das andere, zum Beispiel bei Space Pirate Trainer, durchaus auf.

Wenn hier von zwei Seiten Gegnerwellen ankommen, hält die eine Hand den Schild oft in die eine, die andere Hand die Waffe hingegen genau in die andere Richtung. Und dann springt die Hand, wenn sie wieder ins Sichtfeld kommt, auch bei Oculus Quest um einige Zentimeter zurück an den korrekten Ort. Das ist weniger drastisch als bei Windows-Mixed-Reality-Headsets mit nur zwei Kameras, aber immer noch wahrnehmbar.

Und noch zwei weitere Probleme ergeben sich aus dem von Oculus gewählten Ansatz. Wenn die Sicht auf einen der Controller durch den anderen oder eine Armbewegung versperrt ist, fällt das Tracking auf die eingebauten Beschleunigungssensoren des Controllers zurück. Diese wurden angeblich im Vergleich zur ersten Generation verbessert und sind meistens gut genug, um kurze Unterbrechungen der Sicht auf die Controller auszugleichen. Auch wenn die Controller sehr nahe ans Headset herangebracht werden, muss auf diese Methode zurückgegriffen werden, und die Genauigkeit der Erfassung leidet.

Schnell und präzise

Ist es in der Umgebung gerade hingegen weder zu dunkel noch zu hell und befinden sich beide Controller im Sichtfeld der Sensoren, ist das Tracking latenzarm und präzise – selbst in hohen Schwierigkeitsstufen bei Beat Saber. Das Spiel vermeidet genau die oben genannten Problemfälle, man benötigt hier aber ein fehlerfreies und schnelles Tracking, um höhere Schwierigkeitsgrade meistern zu können. Und dies gelingt auf dem Nachfolger der Oculus Rift so gut, dass im Test sofort das Spiel selbst im Vordergrund stand und der Redakteur ähnliche Punktzahlen erreichte wie mit einer Oculus Rift oder HTC Vive Pro – der höchste Schwierigkeitsgrad (Expert+) wurde auf Grund der mangelnden Fähigkeiten des Redakteurs allerdings nicht getestet.

Damit gilt unter normalen Umständen, dass das Tracking bei Oculus Rift S in der Tat nicht mehr wie bei der Oculus Rift auf externe Sensoren angewiesen ist und trotzdem so gut funktioniert. In Einzelfällen, zum Beispiel direkt an der Grenze des Spielfeldes vor einer Zimmerwand, mit dem Körper zwischen den externen Sensoren und dem Controller, war das Tracking der Oculus Rift S sogar dem der HTC Vive Pro überlegen. Und dies, obwohl die beiden Lighthouse-Stationen an zwei gegenüberliegenden oberen Ecken des Raums angebracht sind, wie von HTC empfohlen. Damit bleibt zum Thema Tracking festzuhalten, dass die klassische Oculus Rift mit drei Sensoren und die HTC Vive (Pro) im Allgemeinen zuverlässiger arbeiten, das Tracking der Oculus Rift S in den meisten Fällen jedoch gut genug ist und es zu einem nicht ganz kleinen Teil auch darauf ankommt, wie sehr die Entwickler ihre Spiele an die Gegebenheiten der Headsets anpassen, wie es beispielsweise das Studio hinter Lone Echo und Echo Arena erklärt.

Erstmal ein Update
Erstmal ein Update

Der einfache Einstieg

Wie zuvor angedeutet, haben die Kompromisse, die Oculus beim Tracking eingeht, auch einen klaren Vorteil: Der Einstieg in die virtuelle Welt wird massiv vereinfacht. Wenn kein Software-Update mehr ansteht, wie es bei der ersten Benutzung des Testgeräts nötig war, vergehen zwischen dem Einstöpseln der Kabel und dem vollen VR-Erlebnis nur wenig mehr als 60 Sekunden. Außerdem müssen keine Kabel durch den Raum gelegt oder Sensoren angebracht werden.

Dieser Unterschied tritt nicht nur beim ersten Einrichten zu Tage, sondern jedes Mal, wenn sich der Spielbereich ändert oder die Sensoren einmal aus dem Weg geschoben werden müssen. Mit der Oculus Rift S wird es möglich, auf die Schnelle den Wohnzimmertisch wegzuräumen, um auch für eine kurze Spielsession mal einen größeren Spielbereich zu nutzen und danach wieder im kleinen Areal den nächsten Highscore in Beat Saber zu jagen. Damit bietet die Oculus Rift S in diesem Bereich zwar keine Vorteile für die Nutzergruppe, die einen fest eingerichteten VR-Spielbereich ihr Eigen nennt und bereit ist, für besseres Tracking mehr Zeit (und Geld) zu investieren. Sie ermöglicht es aber, eine kurze Runde in die virtuelle Realität abzutauchen, ohne noch mal so viel Zeit für die Einrichtung des Headsets und der Sensoren aufzuwenden.

Verfügbarkeit und Preis

Die Oculus Rift S ist seit dem 1. Mai 2019 für 449 € vorbestellbar und seit dem 21. Mai wird ausgeliefert. Für neue Bestellungen nennt Oculus derzeit als Lieferdatum den 27. Mai 2019.