WhatsApp, Threema und Co: Seehofer will Entschlüsselung der Chats erzwingen
Wie Der Spiegel berichtet, will Innenminister Seehofer Messenger-Dienste wie beispielsweise WhatsApp und Threema zur Entschlüsselung der Nutzerkommunikation zwingen. Sofern eine richterliche Anordnung vorliegt, sollen sie Chats und Telefonate entschlüsseln oder mitschneiden und den Behörden zur Verfügung stellen, so der Plan.
Die Verschlüsselung moderner Messenger gilt aufgrund der eingesetzten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als sicher und kann auch von Ermittlungsbehörden ohne Lücken nicht geknackt werden. Sofern Messenger dieser Aufforderung mit einer richterlichen Anordnung nicht nachkommen, soll die Bundesnetzagentur dazu angeordnet werden, die entsprechenden Dienste in Deutschland zu sperren. Die aktuellen Pläne sollen noch bis Ende des Jahres umgesetzt werden. Zur Innenministerkonferenz im Juni in Kiel soll ein entsprechender Beschlussvorschlag behandelt werden.
Bislang ist es Ermittlungsbehörden nur durch das Installieren von Trojanern möglich, die Kommunikation von verdächtigen Personen mitzuschneiden. Ein direkter Zugriff auf die Dienste von Anbietern selbst besteht bislang nicht.
Messenger-Dienste reagieren entsetzt
Alan Duric, Mitgründer des Messenger-Dienstes Wire, erklärte gegenüber dem Spiegel, dass ein solches Vorhaben „katastrophale Auswirkungen“ hätte, die Anwender nicht akzeptablen Risiken aussetzen würde und gefährlich sei. Auch Threema äußerte sich ablehnend und sei nicht bereit, irgendwelche Kompromisse bei der Vertraulichkeit der Kommunikation einzugehen. Von den rund 5 Millionen Nutzern von Threema seien zwar rund 80 Prozent aus dem deutschsprachigen Raum, die Infrastruktur stehe jedoch nicht in Deutschland, weshalb man ohnehin nicht unter deutsches Recht falle. Sofern die Bundesnetzagentur zu Sperrungen verpflichtet würde, „würde sich das Land nahtlos in die Reihen totalitärer Staaten wie China oder Iran einreihen“, so Threema gegenüber dem Spiegel.
Das Bundesinnenministerium sieht hingegen die Arbeit der Sicherheitsbehörden immer weiter erschwert, weshalb ein solcher Schritt notwendig sei. Auch der kommende Mobilfunkstandard 5G erschwere die Arbeit zusätzlich. Die Bedürfnisse der Sicherheitsbehörden und die Freiheit zum Einsatz von Verschlüsselung müssten in Einklang gebracht werden. Eine generelle Abkehr von der Verschlüsselung fordert das Innenministerium nicht, es müsse jedoch im Einzelfall gesetzlich geregelte Ausnahmen und Möglichkeiten geben.
Dienste können Nachrichten nicht entschlüsseln
Messenger-Dienste wie Telegram hatten einen direkten, unverschlüsselten Zugriff auf die Chatverläufe auch immer wieder mit der Begründung abgelehnt, dass sie selbst gar keinen Zugriff auf diese hätten und sie aufgrund der genutzten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung selbst nicht entschlüsseln könnten. Da beispielsweise Telegram deshalb auch der Aufforderung Russlands zur Herausgabe der Schlüssel zur Ver- und Entschlüsselung der gesicherten Nachrichten nicht nachgekommen war, wurde der Dienst in Russland gesperrt.