Handelskrieg: Apple bereitet sich auf eine Zukunft mit weniger China vor
Apple bereitet seine Zulieferer und Fertiger auf eine Zukunft vor, in der ein Großteil der Elektronikprodukte nicht mehr aus China kommen wird. Der Konzern will bis zu 30 Prozent der Produktionskapazität aus China abziehen und in Länder wie Mexiko, Indien, Vietnam und Malaysia verlagern. Auslöser ist der USA-China-Handelskrieg.
China ist für Apple der Produktionsstandort Nummer eins, 90 Prozent der Fertigung werden in dem Land übernommen. Bis zu 5 Millionen Arbeitsplätze sollen in China von Apple abhängig sein, davon 1,8 Millionen Software- und iOS-App-Entwickler und 10.000 eigene Mitarbeiter. Apple hat sich über die letzten zwei Jahrzehnte ein Netzwerk an Zulieferern und Fertigern in China aufgebaut, etwa Foxconn, Pegatron und Wistron für das iPhone, Quanta Computer für MacBooks und Compal Electronics für iPads.
Einem aktuellen Bericht von Nikkei zufolge will sich Apple trotz der teils mühsam aufgebauten Strukturen im Land neu ausrichten und bis zu 30 Prozent der Produktionskapazität in andere Länder verlegen. Auslöser sei der Handelskrieg zwischen den USA und China, der in der nächsten Runde 300 Milliarden US-Dollar an Strafzöllen zur Folge haben könnte.
Nicht mehr das China wie vor 20 Jahren
Für Apple ist der Handelskrieg aber nicht mehr der einzige Grund für eine Abwanderung aus China, wie Nikkei mehrere Quellen aus dem Kreise der Zulieferer und Fertiger zitiert. Der starke Fokus auf China berge auch ohne den Handelskrieg wachsende Risiken für Apple. Eine niedrige Geburtenrate im Land und somit fehlende neue Mitarbeiter, steigende Personalkosten und allgemein das Risiko einer zu starken Zentralisierung der Fertigung seien Faktoren, die selbst bei Bewältigung des Handelskrieges bestehen bleiben würden. Apple wolle sich flexibler aufstellen, so eine der zitierten Führungskräfte.
Mexiko, Indien, Vietnam und Malaysia sind Kandidaten
Deshalb erörtere Apple derzeit gemeinsam mit Zulieferern und Fertigern eine Verlagerung gewisser Produktionskapazitäten nach Mexiko, Indien, Vietnam und Malaysia. Für Apple wird es jedoch kein Leichtes sein, in diesen Ländern zu denselben beziehungsweise besseren Konditionen als in China fertigen zu lassen. In den frühen 2000er Jahren lockte China Großkonzerne wie Apple mit immensen Investitionen in die Infrastruktur, um beispielsweise die Wasser- und Energieversorgung für neue Fertigungsstätten sicherzustellen oder Straßen und Wohnungen für Arbeiter zu bauen.
In frühestens zwei Jahren soll der Wandel kommen
Was sich Apple über die letzten 20 Jahre in China aufgebaut hat, lässt sich nicht von heute auf morgen in anderen Ländern reproduzieren. Das musste in Bezug auf das Personal sogar schon Apple-CEO Tim Cook persönlich eingestehen, als er in der Debatte um eine potenzielle Produktion des iPhones in den USA im Interview sagte, dass das in China für die Produktion verantwortliche Personal schlichtweg besser als das in den USA sei. Einem Zulieferer zufolge könne es durchaus passieren, dass man sich einen Standort in einem Land mit weniger guter Infrastruktur für drei bis fünf Monate ansehe, nur um dann festzustellen, dass es ein hohes Risiko von Stromausfällen gebe.
Bis die Produktion an einem neuen Standort aufgenommen werden könne, sollen laut einer Quelle mindestens 18 Monate vergehen. Und selbst dann sei die Produktion zunächst nur in kleinen Stückzahlen möglich, wie die von Wistron geleitete Produktion von günstigeren iPhones in Indien zeigt, die auf Sparflamme läuft. Apple bereitet sich langfristig gesehen auf eine Zukunft mit weniger Fokus auf China vor, in frühestens zwei bis drei Jahren sei einem Zulieferer zufolge mit ersten Ergebnissen zu rechnen.