Intel an Mitarbeiter: Größter Konkurrenzdruck durch AMD seit Jahren
Ein Schreiben aus Intels Mitarbeiter-Portal ist an die Öffentlichkeit gelangt. Darin werden Mitarbeiter über die aktuelle Konkurrenzsituation mit AMD informiert. Intel spricht darin von der größten Wettbewerbsbedrohung seit Jahren durch das erstarkte AMD-Portfolio rund um Ryzen und Epyc.
Internes Mitarbeiter-Memo findet Weg auf reddit
Über reddit wurde der Artikel publik gemacht, der eigentlich nur für die Augen von Intel-Mitarbeitern bestimmt ist. In der internen Reihe „Circuit News“ unter Leitung von Managing Editor Walden Kirsch hatte Intel auf ähnliche Weise schon über andere Konkurrenten wie den Auftragshersteller TSMC informiert. Der AMD-Artikel beruft sich auf Beobachtungen von Steve Collins, der unter anderem für die Analyse von Intels Wettbewerbern zuständig ist. Die Authentizität des Schreibens wird durch zitierte Kommentare von Intel-Mitarbeitern untermauert.
Intel: Größte Bedrohung durch AMD seit Jahren
In dem Artikel wird deutlich formuliert, dass sich AMD in den letzten Jahren vom Underdog zur ernsten Bedrohung für diverse Geschäftsbereiche von Intel gemausert hat und dies obwohl Intel in puncto Umsatz und Mitarbeiterzahl AMD um mehr als das Zehnfache übertrifft.
By most accounts, the competitive threat to Intel from AMD is the greatest it has been in years.
Natürlich ist Intel nicht entgangen, dass AMD in den letzten zwei Jahren seine Umsätze kontinuierlich steigern konnte und der Börsenwert des Konkurrenten auf dem höchsten Niveau seit Jahren liegt. Treibende Kraft hinter dem Aufschwung ist vor allem die CPU-Architektur Zen, die AMDs langjährigen Rückstand hinter Intel bei der Leistung nahezu egalisiert hatte. Ob als Ryzen in Desktop- oder Notebook-PCs oder als Epyc für Server – mit den Zen-Prozessoren der ersten Generation sowie der Weiterentwicklung Zen+ konnte AMD in allen genannten Bereichen Intel bereits Marktanteile abknöpfen. Auch wenn es oft nicht für die Leistungskrone reichte, kann AMD vor allem mit mehr Kernen bei zugleich niedrigeren Preisen bei Kunden Punkte sammeln.
Ryzen 3000 und Epyc mit Zen 2 stehen vor der Tür
Doch die größte Bedrohung, die zugleich den Anlass für das Intel-Memo bildet, kommt erst dieses Jahr auf den Markt. Am 7. Juli wird AMD die ersten CPUs mit Zen-2-Architektur samt neuartigem Chiplet-Design und in fortschrittlicher 7-nm-Fertigung in der Desktop-Serie Ryzen 3000 mit dem Codenamen Matisse veröffentlichen. Mit bis zu 16 Kernen und mehr Leistung pro Kern und Takt hat Intel diesen nur wenig entgegen zu setzen. Die um Jahre verspätete 10-nm-Generation wird dieses Jahr in Form von Ice Lake vorerst nur den Notebook-Sektor bedienen und zwar hohe IPC-Steigerungen, aber vorerst nicht mehr Kerne und niedrigere Taktraten vorweisen.
Intel hat die Gefahr erkannt und spricht Matisse das Potenzial für den stärksten Wettbewerb in etwa einem Jahrzehnt zu. Doch auch durch die Server-Variante Rome in der Epyc-Familie, die noch diesen Sommer bis zu 64 Kerne auf Basis der gleichen Architektur mit sich bringt, sieht sich Intel großem Druck ausgesetzt.
AMD's upcoming next-generation Zen-core products, codenamed Rome for servers and Matisse for desktop, will intensify our desktop and especially server competition. The latter is likely to be the most intense in about a decade.
Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit mit Matisse und Rome
Auf Basis des von AMD gegebenen Ausblicks auf die neuen Ryzen auf der Computex und der E3 wagt Intel eine Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen. Wie jeder Hersteller es macht, habe AMD vorwiegend „Best-Case Benchmarks“ verwendet, in denen die AMD-CPUs den Intel-Probanden klar überlegen sind. Explizit wird dabei das Programm Cinebench angeführt, das aus Sicht von Intel „nicht repräsentativ“ für „Real Life Workloads“ sei. Für den Alltag vieler Privatnutzer mag dies zwar stimmen, doch gilt Cinebench durchaus als Real-World-Benchmark, denn die Tests basieren auf der Render-Software Cinema 4D, mit der meist im professionellen Umfeld Computergrafiken erstellt werden.
In the longstanding industry debate over benchmarks - whose to use? - Cinebench is often used by AMD, since it favors high core/thread count and represents one of the best-case benchmarks for AMD. Intel believes that Cinebench is not a representative benchmark for general platform evaluations and real life workloads. Intel continues to work with press on using real applications for evaluating performance, to produce pieces such as this one from PCPerspective.
Allgemein geht Intel davon aus, dass zumindest die eigenen Spitzenmodelle der Serie Core i9 in Anwendungen mit wenigen Threads sowie vielen Gaming-Benchmarks vor den Ryzen 3000 liegen werden. Damit dürfte der Core i9-9900K gemeint sein, der mit seinem hohen Turbo-Takt von 5 GHz in diesen Disziplinen von den neuen AMD-CPUs kaum zu schlagen sein dürfte. Dass AMDs Matisse aber in Multi-Thread-Anwendungen führen wird, davon geht auch Intel aus und liegt allein durch die höhere Anzahl an Kernen und Threads auf der Hand.
Intel 9th Gen Core processors are likely to lead AMD's Ryzen-based products on lightly threaded productivity benchmarks as well as many gaming benchmarks. For multi-threaded workloads, such as heavy content creation workloads, AMD's Matisse is expected to lead.
Bei der Zahl der Kerne wird AMD auch im Server-Segment mit Rome Intel überlegen sein, was in dem Schreiben anerkannt wird. Doch geht Intel davon aus, bei den Latenzen von Cache und Arbeitsspeicher weiter führend zu sein, was für Anwendungen die besonders kurze Antwortzeiten erfordern, von Vorteil sei.
In general, Intel's mainstream Xeon server products will be challenged on throughput-oriented benchmarks that scale well with core count. Architecturally, AMD's Rome product for servers is improved over 1st generation EPYC, but Xeon is still expected to have cache and memory latency advantages. For this reason, Intel still expects Xeon to be competitive on applications that require fast response times and are sensitive to memory latencies like database, analytics, web serving, and so on.
Intels Schlachtplan alias „Secret Sauce“
Mit dem Memo will Intel Mitarbeiter nicht nur informieren, sondern vor allem wachrütteln und anspornen. Daher sollen sich alle vereint auf die Stärken des Unternehmens besinnen, die unter anderem in der Software-Unterstützung liegen. Nach eigenen Angaben beschäftigt Intel inzwischen rund 15.000 Software-Entwickler, was allein mehr als die rund 10.000 Köpfe zählende gesamte Belegschaft von AMD wäre.
Software, one of the six pillars, has long been an unheralded Intel advantage. A key piece of our company's competitive strategy is to highlight our software smarts vis-à-vis AMD. Intel-designed software or software code contributions - which can touch everything from the Linux kernel to Adobe Lightroom - can capitalize on unique features in Intel architecture.
These often under-the-hood software assets differentiate Intel from AMD and can deliver a better experience to end users and customers. One metric of Intel's software strength: Our company's 15,000 software developers. That number is more than all of AMD's employees.
Intels Vormacht bei Software ist vor allem im Serverbereich zu spüren: Dells EMEA Vice President Dominique Vanhamme hatte kürzlich in einem Interview erklärt, dass der Wechsel zu AMD für Kunden noch immer eine große Hürde darstellt, da Workloads für die andere Plattform neu validiert werden müssten. Im selben Gespräch hatte der Manager aber auch eine mögliche Verdreifachung der AMD-Plattformen bei Dell in Aussicht gestellt und damit die Nachfrage nach AMD Epyc und den damit wachsenden Druck auf Intel bestätigt.
Intel hat Optane und Wi-Fi 6, AMD hat PCIe 4.0
Bei der Plattform-Hardware sieht sich Intel unter anderem durch die Optane-Produkte, Thunderbolt und Netzwerklösungen im Vorteil. Die kommenden Ice-Lake-CPUs werden sowohl Thunderbolt als auch eine Vorbereitung für den neuen Wi-Fi-6-Standard in sich vereinen. Intel verschweigt aber, dass AMD mit PCIe 4.0 sowohl im Desktop als auch bei Servern eine schnelle Schnittstelle zunächst exklusiv anbieten wird.
A final but essential point that Intel's competitive team underscores is that Intel versus AMD is not just a chip-to-chip matchup. Intel's unique strengths lie in the unequalled breadth of our overall portfolio across business, mobile, desktop, gaming-as well as platform advantages including Optane memory, WiFi, Thunderbolt, Turbo Boost 2.0, and other technologies.
A high-profile example of Intel's focus on platforms is Project Athena, a multi-year innovation program that aims to deliver a new class of advanced laptops. Another key Intel advantage is all the built-in acceleration for emerging workloads such as networking and AI. Features like Intel Deep Learning Boost, along with all the software and framework optimizations, create clear differentiation versus AMD.
Eine weitere Stärke von Intel ist die Dominanz bei OEMs wie den Herstellern von Desktop-PCs und Notebooks. Mit Project Athena will Intel eine neue Klasse von Notebooks schaffen und sieht sich mit führenden Lösungen für die Beschleunigung von Workloads der Bereiche Künstliche Intelligenz (AI) und Netzwerke besser aufgestellt als AMD.
Wenig bis keine Worte zu Fertigungsproblemen und Sicherheitslücken
Ein Kernproblem von Intel, nämlich der schleppende Fortschritt bei den Fertigungsprozessen rund um die unrühmliche 10-nm-Generation, wird in dem Schreiben nicht an die große Glocke gehängt. In diesem Punkt gelte es nun, die neuen 10-nm-Produkte möglichst schnell auf den Markt zu bringen, was mit Ice Lake in diesem Jahr passiert.
Die zahlreichen Sicherheitslücken in Intel-Prozessoren finden sogar gar keine Erwähnung, stellen aber einen klaren Pluspunkt für AMD dar, das nämlich nur von wenigen ebenfalls betroffen ist.
Letztlich sollen auch größere Anstrengungen bei Verkauf und Marketing Intel helfen, die schweren Zeiten zu durchstehen.
Our focus needs to be on getting our execution in shape as soon as possible. We're in a competitive time partly because of our execution issues, whether that's related to our process technology node, or to our products that intercept those nodes. So I think that execution to our roadmap and strategy will help tremendously.
Beyond product execution, we need to lean on our software expertise and strength and amplify our software differentiation - now more than ever.
Finally, in competitive times, overall marketing, ensuring our customers understand our differentiated value proposition, along with customer obsession, are critical. Now more than ever, we need to lean into our sales and marketing teams to help carry us through these product challenges.
Intel ist aus schweren Zeiten erstarkt hervorgegangen
Als abschließende Motivation wird daran erinnert, dass Intel schon frühere Zeiten der starken Konkurrenz durch AMD überstanden hat. Konkret wird die Zeit in den frühen 2000er Jahren angesprochen, wo AMDs Athlon mit Meilensteinen wie dem Erreichen von 1 GHz, 64-Bit-Support oder dem ersten integrierten Speichercontroller Intel das Leben schwer machten. „Intel hat sich auf jede Situation eingestellt und ist fast immer besser und stärker geworden“, erklärt Steve Collins. „Wenn wir alle 107.000 als ein Intel agieren, wie es CEO Bob Swan sagte, sind wir nicht zu stoppen“, mit diesen Worten des Ansporns endet das Memo.
Skeptische Reaktionen von Intel-Mitarbeitern
Auch Feedback von Intel-Mitarbeitern auf das Schreiben wurde veröffentlicht. Die von TechPowerUp gesammelten Kommentare zeugen weitgehend von Skepsis. Allerdings ist nicht klar, ob dies dem allgemeinen Tenor oder einer einseitigen Auswahl der Stimmen entspricht.