15 Jahre Nvidia SLI: Von der großen Bühne in die Abstellkammer
tl;dr: Nvidia SLI feiert den 15. Geburtstag. Ein Rückblick auf die Anfänge, die fetten Jahre und den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit. Die von 3dfx übernommene Idee, Grafikkarten in Spielen im Team rendern zu lassen, feierte nach den ersten Gehversuchen mit der GeForce 6 ihre Erfolge, durchsetzen konnte sie sich aber nicht.
2004: Ein Hauch von 3dfx kehrt zurück
Ende Juni 2004 verkündete ComputerBase „3dfx kehrt zurück: Nvidia mit SLI“ und Erinnerungen an den legendären Grafikbeschleuniger Voodoo 2 der nicht minder legendären Grafikkartenschmiede 3dfx Interactive wurden wach. Denn mit SLI bediente sich Nvidia einer Idee, die der im Jahr 2000 übernommene Ex-Konkurrent bei Voodoo schon einmal verfolgt hatte: Grafikkarten in Spielen im Verbund rendern zu lassen.
Technisch unterschied sich Nvidia SLI (Scalable Link Interface) allerdings vollständig von 3dfx SLI (Scan-Line Interleave) und anders als bei 3dfx-Grafikkarten wurde zur Nutzung der „neuen“ SLI-Technologie eine kleine Steckbrücke, die sogenannte „SLI-Bridge“, und kein Flachbandkabel mehr als Verbindung zwischen den beiden Karten benötigt. Ein Jahr später zog ATi (heute Teil von AMD) mit CrossFire nach.
Sechseinviertel Jahre nach der Vorstellung von 3dfx' legendärer Voodoo 2-Karte ist es wieder soweit: SLI hält erneut Einzug in PCs. Das damals als revolutionär geltende Feature, welches es erlaubte, mittels Koppelung zweier PCI-Karten die verfügbare 3D-Leistung auf einen Schlag quasi zu verdoppeln, wird mit PCI Express nun auch für GeForce 6-Karten verfügbar.
Bis sich SLI erstmals im Test beweisen musste, vergingen allerdings noch ein paar Monate. Erst im Dezember 2004 titelte ComputerBase „Nvidia SLI im Test: Grafikpracht durch Grafikkraft“. Mit der Asus Extreme N6600GT/TD und der Leadtek WinFast PX6800GT TDH standen zwei leistungsstarke Testkandidaten zur Verfügung, die auf einem Asus A8N-SLI Deluxe mit nForce4-SLI-Chipsatz betrieben wurden. Als CPU kam der ebenfalls kurz vorher von ComputerBase getestete AMD Athlon 64 3500+ zum Einsatz.
Das erste Fazit fiel dann aber eher gemischt aus. Die Redaktion schlussfolgerte: „Natürlich bietet SLI in Verbindung mit den entsprechenden Karten Frameraten, die trotz AA und AF jenseits von Gut und Böse liegen. Wer aber braucht SLI heute wirklich? Sicherlich niemand, der zum Spielen einen TFT einsetzt, da diese zum größten Teil auf eine maximale Auflösung von 1280x1024 Punkte beschränkt sind.“ Wer brauchte SLI also? In erster Linie Hardware-Enthusiasten am absoluten Leistungs-Limit.
Ein Aspekt, der später eine große Rolle spielen sollte, blieb zu diesem Zeitpunkt noch vollständig außen vor: die Frametimes, also der Zeitabstände zwischen zwei gerenderten Frames. Denn wie sich zeigen sollte, hatten sowohl SLI als auch und insbesondere CrossFire mit stark schwankenden Frametimes zu kämpfen, den so genannten Mikrorucklern.
2006: Die GeForce 8800 GTX im SLI-Test
Auch Ende 2006 war das noch kein Thema und nachdem ComputerBase bereits im November 2006 die durchaus revolutionäre GeForce 8800 GTX zum neuen König unter den Grafikkarten gekürt hatte, folgte nur einen Monat später ein ausführlicher SLI-Test. Der G80-Grafikprozessor aus der GeForce-8-Serie war im SLI-Verbund extrem schnell und noch schneller mit Intels Core 2 Extreme.
Die mit der Auflösungen stark wachsende Differenz zwischen einer GeForce 8800 GTX und zwei Exemplaren der High-End-Beschleuniger macht eins deutlich: Selbst der Intel Core 2 Extreme X6800 kann die Rechenkraft der Grafikkarten in 1280x1024 nicht komplett entfalten und limitiert selbst noch in 1600x1200. Falls eine High-End-Grafikkarte gekauft werden soll, ein starker Prozessor vorhanden ist und man entsprechend tief in den Geldbeutel greifen kann, führt derzeit nichts an einer GeForce 8800 GTX oder sogar zwei Karten als SLI-System vorbei.
2007: Die Mikroruckler werden sichtbar
Im Jahr 2007 war es dann der Nutzer tombman im Forum von 3DCenter, der darauf aufmerksam machte, dass SLI-Systeme trotz hoher FPS in einigen Spielen nicht richtig rund liefen. Der dafür verantwortlichen Schluckauf zwischen zwei Frames wurde daraufhin als „Mikroruckler“ bekannt. Im ersten Quartal 2008 griff dann auch ComputerBase das Thema wiederholt auf.
Das Thema kam zu einem kritischen Zeitpunkt auf: Immer mehr Spiele konnten mit SLI und CrossFire umgehen und sowohl Nvidia als auch AMD trauten sich ab dem Jahr 2006 deshalb Grafikkarten zu, die zwei GPUs per SLI oder CrossFire auf einem PCB vereinten – aus Multi-GPU wurde Dual-GPU. Bei Nvidia machten GeForce 7900 GX2 und GeForce 7950 GX2 (Test) den Anfang, die im Doppelpack sogar Quad-SLI (Test) ermöglichten. AMD zog zwei Jahre später mit der Radeon HD 3870 X2 (Test) nach.
Noch vor der offiziellen Umsetzung hatten sich Boardpartner SLI bereits für diesen Zweck zu Nutze gemacht. Legendär ist die zur CeBIT 2005 präsentierte GeForce 6800 Ultra Dual von Asus mit ihrem gigantischen PCB, die ComputerBase noch am Vortag der Messe auf dem unfertigen Stand des Herstellers in einem Umzugskarton ablichten konnte. Um den Fund schnellstmöglich veröffentlichen zu können, wurde damals noch ein Internet-Café in Hannover angesteuert.
2009: 3-Way-SLI und Quad-SLI vs. CrossFire X
Die Möglichkeit, immer mehr GPUs im Verbund rendern zu lassen, gipfelte Anfang 2009 im Vergleich zwischen Nvidias 3-Way-SLI und Quad-SLI gegen ATIs CrossFire X. Das Fazit: Nvidia hatte Mikroruckler dank neuer Treiber bei Dual- und Triple-Setups mittlerweile einigermaßen im Griff, Quad-SLI und CrossFire hingegen nicht.
CrossFire und SLI sind in Form der Radeon HD 4870 X2 und der GeForce GTX 295 mittlerweile im Mainstream-Markt angekommen und nicht mehr nur etwas für absolute Enthusiasten. Die Techniken sind sehr ausgereift und bereiten dem Kunden nur noch wenige Probleme. Eins dieser Probleme sind die Mikroruckler, die insbesondere für ATi weiterhin ziemlich schmerzlich sind. Wenn es mehr als zwei GPUs sein sollen, führt aktuell eigentlich kein Weg an Nvidia und einem 3-Way-SLI-System vorbei. Die Profile für drei Rechenkerne sind gut optimiert und die Mikroruckler hat man durch „Brute Force“ im Griff.
Insgesamt empfehlen wir nur erfahrenen Anwendern, denen es ausschließlich auf Leistung ankommt, 3-Way-SLI. Von Quad-SLI können wir dagegen nur abraten. So sind die Profile für vier Rechenkerne nur selten gut und die Skalierung liegt meistens unter der der drei GeForce-GTX-285-Karten.
Zwischen 2006 und 2012 hatten SLI und Multi-GPU-Setups ihre Hochphase und konnten sich vor allem in den Systemen echter Enthusiasten einen festen Platz sichern. Und Nvidia behielt in Bezug auf die Mikroruckler die Führung, wie ein detaillierter Test im Jahr 2013 bewies. Um den Vorsprung besser sichtbar zu machen, erkor Nvidia sogar das Analyse-Tool FCAT, das den Output der Grafikkarte an der I/O-Blende auf einer RAM-Disk mitschnitt und analysieren konnte, weil jedes Frame zuvor farblich markiert worden war.
2013: GTX 780 Ti SLI vs. R9 290(X) CF
Auch Ende 2013 widmete sich ComputerBase den mit dem Massenmarkt inkompatiblen aber stets von Massen beäugten Multi-GPU-Systemen, die im kleinen Kreise der Enthusiasten auch 2013 noch auf große Resonanz stießen. Das Muli-GPU-Duell zwischen zwei Nvidia GeForce 780 Ti und zwei AMD Radeon R9 290X endete damals mit einem klassischen Unentschieden.
Radeon R9 290(X) im CrossFire-Modus und GeForce GTX 780 Ti mit SLI: Egal welche der drei Kombinationen es ist, die Grafikleistung ist extrem hoch. Selbst in 3.840 × 2.160 sind fast alle Spiele flüssig wiederzugeben. Bei der Skalierung hat CrossFire die Nase aktuell knapp vor SLI – die Unterschiede sind aber minimal und zu vernachlässigen.
Danach wurde es ruhiger um die Technologie, beide Firmen gingen schleichend auf Abstand. Die Pflege der Plattformen war einfach zu aufwendig und teuer, der Betrieb von mehreren GPUs nur für Enthusiasten unter Inkaufnahme von Einschränkungen überhaupt sinnvoll. Abgesehen von einem letzten Duell zweier GeForce GTX 980 Ti und zweier Radeon R9 Fury X in UHD/12K, welches Nvidia knapp für sich entscheiden konnte, wurde es damit ruhiger um SLI und CrossFire. Es war ein Abschied auf Raten, auch wenn 2015 noch leise Hoffnung auf DirectX 12 bestand.
Überall zugegen sind die Mikroruckler. Ihre Ausprägung variiert von Spiel zu Spiel, spielen mit einer Grafikkarte – mit dann reduzierten Details – fühlt sich aber fast immer besser an. Sehr gut ist das Erlebnis mit einem Multi-GPU-System auch im Jahr 2015 noch nicht. Solange AMD und Nvidia an AFR festhalten, wird sich daran auch nichts mehr ändern. Besserung verspricht allerdings DirectX 12.
2019: SLI ist nur noch eine Randerscheinung
Noch immer berichtet ComputerBase über Enthusiasten-Hardware und SLI, wenn es etwas zu berichten gibt. Doch abseits der Nvidia SLI-HB-Bridge im Jahr 2016, die durch ihre höhere Bandbreite ab 3.840 × 2.160 Pixeln zu weniger Mikrorucklern führt, und der quantitativen Einschränkung des SLI-Verbunds gab es keine relevanten Neuerungen mehr. Immer weniger Spiele kamen mit SLI oder CrossFire zurecht.
So blieb auch ComputerBase im Jahr 2018 nichts anderes übrig, als SLI und der Multi-GPU-Technologie zu bescheinigen, dass sie auch auf Grund fehlender Profile und Unterstützung früher meist schnell, heute meist schlecht ist. Seit dem Test der Titan RTX mit SLI Anfang 2019 lautet der aktuelle Status zur einst so prestigeträchtigen Technologie: auch 2 × 16 PCIe-Lanes und NVLink retten SLI nicht.
Ob es eine Fortsetzung geben wird, ist derzeit ungewiss. Eher könnte der Wechsel auf GPU-Chiplets in Ferner Zukunft das Thema Multi-GPU auf die Package-Ebene verschieben. Mit dem SLI, wie es die letzten 15 Jahre zum Einsatz kam, hat auch das dann aber nichts mehr zu tun.
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