Ubuntu: Zukunft als Spiele-Distribution in Frage gestellt
Canonical hat mit unbedachten Alleingängen dafür gesorgt, dass die Zukunft von Ubuntu als eine für Spiele geeignete Linux-Distribution in Frage gestellt werden darf. Die unbedachte Ankündigung, die Pflege von 32-Bit-Paketen einzustellen, lässt Steam und Wine den Schwerpunkt auf andere Distributionen legen.
32 Bit sind für viele Spiele noch essentiell
Angekündigt war zunächst, dass die i386-Architektur aus den Archiven von Ubuntu entfernt wird. Nutzer mit Bedarf an nativer 32-Bit-Unterstützung sollten unter anderem auf Ubuntu 18.04 zurückgreifen, das bis zum April 2023 gepflegt wird, oder das OS in einem Container ausführen. Die meisten Pakete, hieß es, gebe es auch in einer 64-Bit-Version. Die Anwendungen, die i386-Komponenten benötigen, sind allerdings Spiele, die 32-Bit-Pakete für die Installation oder den Betrieb voraussetzen. Ohne (aktuelle) 32-Bit-Unterstützung entfällt die Option, solche Titel zu nutzen, wodurch sich die Anzahl lauffähiger Spiele zumindest erheblich reduzieren würde.
Die Entwickler der Windows-Laufzeitumgebung Wine haben daraufhin die Bereitstellung zukünftiger Pakete für Ubuntu zur Diskussion gestellt. Noch deutlicher war Valve: Ubuntu werde, kündigte ein Entwickler an, künftig weder offiziell unterstützt noch empfohlen. Das ist ein drastischer Schritt, war die Distribution doch lange Zeit diejenige, die auf der Steam-Homepage verlinkt wurde. Steam wird sich aber – so wie auf allen anderen Distributionen von Linux – auch weiterhin mit Ubuntu installieren lassen, besondere Qualitätsgarantien entfallen jedoch.
Canonical rudert halb zurück
Nach der erwartbaren Kritik ruderte Canocial zunächst zurück und sprach von einem Missverständnis: 32-Bit-Bibliotheken sollen nur eingefroren, also nicht mehr aktualisiert werden – was einer Lösung für die Gegenwart gleichkommt, da neue Hardware und neue Entwicklungen mittelfristig zu Problemen führen können. Darüber hinaus soll es nun weiterhin Aktualisierungen für ausgewählte i386-Pakete geben, die auch Ubuntu 20.04 LTS erhalten wird.
In vorherigen Diskussionen wären derart umfangreiche Bedenken wie nun in der Community nicht geäußert worden, führt Canonical als Entschuldigung an. Es gebe „jede Absicht sicherzustellen“, dass es einen klaren Weg gibt, 32-Bit-Anwendungen, darunter auch Spiele, auf neueren Ubuntu-Versionen lauffähig zu halten. Die Richtung wird jedoch verteidigt: Kaum benötigte 32-Bit-Software aktuell zu halten bedeute einen hohen Aufwand und Sicherheitsrisiken, die durch die geringe Anzahl Entwickler, Nutzer und das Fehlen von Sicherheits-Updates entstehen. Eine endgültige Entscheidung ist daher nicht getroffen worden, sie wurde nun lediglich vertagt. An der Haltung von Valve und den Wine-Entwicklern sowie der Skepsis gegenüber Ubuntus Zukunft im Spielebereich wird sich so schwerlich etwas ändern.
Alternativen für Spieler
In welche Richtung Valve künftig gehen wird, ist unklar. Als alternative Distributionen für Spiele und Spieler werden Pop!_OS, das auf Ubuntu basiert, oder Manjaro gehandelt. Beide werden, im Falle von Pop!_OS auch abweichend von Canonical, weiterhin 32-Bit-Bibliotheken pflegen und sind bereits in den vergangenen Monaten immer wieder anstelle von Ubuntu für Spiele empfohlen worden, weil sie wenig Konfigurationsaufwand beim Einrichten für dieses Einsatzgebiet erfordern. Für Spieler bleibt Linux ungeachtet des Canonical-Chaos somit eine mittlerweile gangbare Wahl. Eine Übersicht über (auch für Anfänger geeignete) Linux-Distributionen hält die ComputerBase-Community im Forum aktuell.
Die Redaktion dankt ComputerBase-Leser „Schmarall“ für den Hinweis zu dieser Meldung!